Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Jan. 2017 - 2 ARs 288/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts am 3. Januar 2017 beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Die Staatsanwaltschaft Aachen hat gegen den jetzt 17-jährigen Angeklagten am 26. Mai 2015 Anklage zum Jugendrichter des Amtsgerichts Geilenkirchen wegen einer in Ü. (Kreis Heinsberg) begangenen Straftat erhoben. Am 1. Juli 2015 hat das Amtsgericht das Hauptverfahren eröffnet und Termin zur Hauptverhandlung auf den 2. September 2015 bestimmt. Wegen einer Mitteilung der Kreisverwaltung H. vom 30. Juli 2015, wo- nach sich der Angeklagte „zurzeit übergangsweise“ imHaushalt seines Vaters in F. aufhalte, hob das Amtsgericht am 19. August 2015 den Hauptverhandlungstermin auf und gab auf Antrag der Staatsanwaltschaft Aachen mit Beschluss vom 31. August 2015 das Verfahren an das Amtsgericht - Jugendrichter - Frankfurt am Main ab, da sich der Angeklagte im Bezirk dieses Gerichts aufhalte. Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat die Übernahme abgelehnt. Es hält die Voraussetzungen des § 42 Abs. 3 JGG nicht für gegeben. Zugleich hat es die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit vorgelegt.
- 2
- 2. Auf die zulässige Vorlage des Amtsgerichts - Jugendrichter - Frankfurt am Main ist der Abgabebeschluss des Amtsgerichts - Jugendrichter - Geilenkirchen aufzuheben. Für die Durchführung des Hauptverfahrens ist das Amtsgericht - Jugendrichter - Geilenkirchen zuständig.
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- Zwar kommt vorliegend eine örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts - Jugendrichter - Frankfurt am Main grundsätzlich in Betracht, da es insoweit lediglich auf den faktischen Aufenthaltsort ankommt und nicht - wie nach § 8 StPO - auf den Wohnsitz oder auf die Meldeanschrift des Jugendlichen oder Heranwachsenden (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Juni 2014 - 2 ARs 114/14; Beschluss vom 10. Januar 2007 - 2 ARs 545/06). Die Abgabe an das Amtsgericht - Jugendrichter - Frankfurt am Main ist in der vorliegenden Fallkonstellation aber nicht sachgerecht. Zum einen hält sich der Angeklagte bereits seit Anfang September 2015 nicht mehr in F. auf, zum anderen kommen die in Betracht kommenden Tatzeugen aus dem Bezirk des Amtsgerichts Geilenkirchen. Auch waren sowohl der dortige Jugendrichter und die dortige Jugendgerichtshilfe bereits mit der Sache befasst. Fischer Appl Eschelbach Zeng Grube
Annotations
(1) Neben dem Richter, der nach dem allgemeinen Verfahrensrecht oder nach besonderen Vorschriften zuständig ist, sind zuständig
- 1.
der Richter, dem die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben für den Beschuldigten obliegen, - 2.
der Richter, in dessen Bezirk sich der auf freiem Fuß befindliche Beschuldigte zur Zeit der Erhebung der Anklage aufhält, - 3.
solange der Beschuldigte eine Jugendstrafe noch nicht vollständig verbüßt hat, der Richter, dem die Aufgaben des Vollstreckungsleiters obliegen.
(2) Der Staatsanwalt soll die Anklage nach Möglichkeit vor dem Richter erheben, dem die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben obliegen, solange aber der Beschuldigte eine Jugendstrafe noch nicht vollständig verbüßt hat, vor dem Richter, dem die Aufgaben des Vollstreckungsleiters obliegen.
(3) Wechselt der Angeklagte seinen Aufenthalt, so kann der Richter das Verfahren mit Zustimmung des Staatsanwalts an den Richter abgeben, in dessen Bezirk sich der Angeklagte aufhält. Hat der Richter, an den das Verfahren abgegeben worden ist, gegen die Übernahme Bedenken, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht.
(1) Der Gerichtsstand ist auch bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk der Angeschuldigte zur Zeit der Erhebung der Klage seinen Wohnsitz hat.
(2) Hat der Angeschuldigte keinen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes, so wird der Gerichtsstand auch durch den gewöhnlichen Aufenthaltsort und, wenn ein solcher nicht bekannt ist, durch den letzten Wohnsitz bestimmt.