Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juni 2012 - 2 ARs 223/12

bei uns veröffentlicht am27.06.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 223/12
2 AR 139/12
vom
27. Juni 2012
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern
Az.: 66 Js 394/10 Staatsanwaltschaft Bielefeld
Az.: 193 Js 204/12 Staatsanwaltschaft Köln
Az.: 191 Ls - 66 Js 394/10 - 436/11 Amtsgericht Bielefeld
Az.: 650 Ls 20/12 Amtsgericht Köln
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
am 27. Juni 2012 beschlossen:
1. Der Abgabebeschluss des Amtsgerichts Bielefeld - Jugendschöffengericht - vom 17. Januar 2012 wird aufgehoben. 2. Für die Untersuchung und Entscheidung der Sache ist weiterhin das Amtsgericht Bielefeld - Jugendschöffengericht - zuständig.

Gründe:

1
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift vom 25. Mai 2012 an den Senat folgendes ausgeführt: "Das Amtsgericht Bielefeld hat, nachdem es mit Eröffnungsbeschluss vom 30. September 2011 (Sachakte Bl. 150 f.) die Anklage vom 15. April 2011 zur Hauptverhandlung zugelassen hatte, das gegen den zur Tatzeit jugendlichen Angeklagten gerichtete Verfahren mit Beschluss vom 17. Januar 2012 (Sachakte Bl. 202 f.) an das Amtsgericht Köln abgegeben , da der Angeklagte seit 15. November 2011 in Köln wohnhaft sei. Das Amtsgericht Köln hat das Verfahren mit Beschluss vom 24. Januar 2012 (Sachakte Bl. 209) übernommen, diesen Beschluss jedoch am 23. März 2012 aufgehoben (Sachakte Bl. 230 f.), nachdem festgestellt worden war, dass der Angeklagte seit 1. Januar 2012 wieder an seiner alten Anschrift in Bielefeld gemeldet war. Da das Amtsgericht Bielefeld diesen Aufhebungsbeschluss für unzulässig und unwirksam und sich daher für nicht mehr zuständig hält, hat das Amtsgericht Köln die Sache gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 JGG dem Bundesgerichtshof vorgelegt.
Die Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Köln war nach § 42 Abs. 3 Satz 1 JGG nicht zulässig, denn der Angeklagte hatte seinen Wohnsitz zum Zeitpunkt des Abgabebeschlusses am 17. Januar 2012 bereits seit dem Jahresanfang wieder nach Bielefeld zurückverlegt (Sachakte Bl. 223, 228). Der Übernahmebeschluss des Amtsgericht Köln vom 24. Januar 2012 ist ohne Rechtswirkungen, nachdem das Amtsgericht Köln ihn mit Beschluss vom 23. März 2012 in zulässiger Weise aufgehoben hat. Eine trotz Fehlens der Voraussetzungen des § 42 Abs. 3 Satz 1 JGG ergangene Übernahme hat keine bindende Wirkung für das übernehmende Gericht, sondern kann aufgehoben und die Sache dem abgebenden Gericht zurückgegeben werden (vgl. Senat, Beschluss vom 28. April 1993 - 2 ARs 115/93, BGHR JGG § 42 Abs. 3 Abgabe 1). Die Annahme einer entsprechenden Bindungswirkung auch in diesen Fällen würde damit kollidieren , dass eine - auch aufgrund einer falschen Abgabe - zu Unrecht angenommene Zuständigkeit die Revision begründen kann (Diemer/Schatz/Sonnen JGG 6. Aufl. 2011 § 42 Rdnr. 35)."
2
Dem tritt der Senat bei.
Ernemann Fischer Appl Schmitt Eschelbach

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Jugendgerichtsgesetz - JGG | § 42 Örtliche Zuständigkeit


(1) Neben dem Richter, der nach dem allgemeinen Verfahrensrecht oder nach besonderen Vorschriften zuständig ist, sind zuständig 1. der Richter, dem die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben für den Beschuldigten obliegen,2. der Richter, in dessen

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(1) Neben dem Richter, der nach dem allgemeinen Verfahrensrecht oder nach besonderen Vorschriften zuständig ist, sind zuständig

1.
der Richter, dem die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben für den Beschuldigten obliegen,
2.
der Richter, in dessen Bezirk sich der auf freiem Fuß befindliche Beschuldigte zur Zeit der Erhebung der Anklage aufhält,
3.
solange der Beschuldigte eine Jugendstrafe noch nicht vollständig verbüßt hat, der Richter, dem die Aufgaben des Vollstreckungsleiters obliegen.

(2) Der Staatsanwalt soll die Anklage nach Möglichkeit vor dem Richter erheben, dem die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben obliegen, solange aber der Beschuldigte eine Jugendstrafe noch nicht vollständig verbüßt hat, vor dem Richter, dem die Aufgaben des Vollstreckungsleiters obliegen.

(3) Wechselt der Angeklagte seinen Aufenthalt, so kann der Richter das Verfahren mit Zustimmung des Staatsanwalts an den Richter abgeben, in dessen Bezirk sich der Angeklagte aufhält. Hat der Richter, an den das Verfahren abgegeben worden ist, gegen die Übernahme Bedenken, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht.