Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Apr. 2011 - 2 ARs 120/11
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Amtsgericht Zerbst hat gegen den heranwachsenden Angeklagten am 19. November 2010 einen Strafbefehl wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort nach Erwachsenenstrafrecht erlassen, gegen den der Angeklagte rechtzeitig Einspruch eingelegt hat. Durch Beschluss vom 15. Dezember 2010 hat das Amtsgericht Zerbst die Sache an das Amtsgericht Tostedt abgegeben, da der Angeklagte im dortigen Bezirk bereits am 1. November 2010 seinen Wohnsitz genommen hatte.
- 2
- Die Abgabe des Verfahrens war nicht zulässig. Im Strafbefehlsverfahren ist - worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist - eine Abgabe des Verfahrens nach § 42 Abs. 3 JGG oder eine Übertragung nach § 12 Abs. 2 StPO erst zulässig, wenn die auf rechtzeitigen Einspruch anberaumte Verhandlung begonnen hat (BGHSt 13, 186, 187; Senat, Beschluss vom 16. März 2011 - 2 ARs 41/11). Das Amtsgericht Zerbst ist daher weiterhin für die Untersuchung und Entscheidung der Sache zuständig.
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(1) Neben dem Richter, der nach dem allgemeinen Verfahrensrecht oder nach besonderen Vorschriften zuständig ist, sind zuständig
- 1.
der Richter, dem die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben für den Beschuldigten obliegen, - 2.
der Richter, in dessen Bezirk sich der auf freiem Fuß befindliche Beschuldigte zur Zeit der Erhebung der Anklage aufhält, - 3.
solange der Beschuldigte eine Jugendstrafe noch nicht vollständig verbüßt hat, der Richter, dem die Aufgaben des Vollstreckungsleiters obliegen.
(2) Der Staatsanwalt soll die Anklage nach Möglichkeit vor dem Richter erheben, dem die familiengerichtlichen Erziehungsaufgaben obliegen, solange aber der Beschuldigte eine Jugendstrafe noch nicht vollständig verbüßt hat, vor dem Richter, dem die Aufgaben des Vollstreckungsleiters obliegen.
(3) Wechselt der Angeklagte seinen Aufenthalt, so kann der Richter das Verfahren mit Zustimmung des Staatsanwalts an den Richter abgeben, in dessen Bezirk sich der Angeklagte aufhält. Hat der Richter, an den das Verfahren abgegeben worden ist, gegen die Übernahme Bedenken, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht.
(1) Unter mehreren nach den Vorschriften der §§ 7 bis 11a und 13a zuständigen Gerichten gebührt dem der Vorzug, das die Untersuchung zuerst eröffnet hat.
(2) Jedoch kann die Untersuchung und Entscheidung einem anderen der zuständigen Gerichte durch das gemeinschaftliche obere Gericht übertragen werden.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Im Strafbefehlsverfahren ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Übertragung eines Verfahrens nach § 12 Abs. 2 StPO auf ein anderes Gericht erst zulässig, wenn die auf rechtzeitigen Einspruch anberaumte Verhandlung begonnen hat (BGHSt 26, 374 f.; Senat NStZ 2004, 449; Meyer-Goßner, StPO 53. Aufl. § 12 Rn. 6 mwN). Darüber hinaus müssen für eine Übertragung nach § 12 Abs. 2 StPO und damit für eine Abweichung von dem vorrangigen Gerichtsstand nach § 12 Abs. 1 StPO gewichtige Gründe sprechen (MeyerGoßner , aaO § 12 Rn. 5 mwN).
- 2
- Ob eine Übertragung hier überhaupt zulässig wäre, kann der Senat schon mangels einer auch nur ansatzweise ausreichenden Darstellung des Verfahrens nicht beurteilen. Darüber hinaus wäre eine behauptete Reiseunfä- higkeit, die eine Übertragung grundsätzlich rechtfertigen könnte (vgl. MeyerGoßner aaO) nicht durch Atteste belegt. Überwiegende Gründe der Prozessökonomie sprächen ebenfalls nicht für eine Übertragung, weil sich dann ein neuer Tatrichter in das Verfahren einarbeiten müsste.