Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juni 2015 - 2 ARs 113/15

bei uns veröffentlicht am09.06.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs113/15
2 AR80/15
vom
9. Juni 2015
in der Strafvollstreckungssache
gegen
wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz u.a.
Az.: 332 Js 804/12 Staatsanwaltschaft Duisburg
Az.: 43 Js 601/06 Staatsanwaltschaft Bochum
Az.: III StVK 794/14 BEW und III StVK 819/14 BEW Landgericht Bochum
- Strafvollstreckungskammer -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
am 9. Juni 2015 beschlossen:
Zuständig für die Entscheidung über den Widerruf der mit Beschlüssen des Landgerichts Bochum vom 13. Januar 2014 (Az. II-1 KLs 43 Js 601/06-22/07) und des Amtsgerichts Duisburg vom 13. November 2013 (Az. 82 Ds 332 Js 804/12-232/12) bewilligten Strafaussetzung zur Bewährung ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Duisburg.

Gründe:


1
1. Zur Vollstreckung der mit Urteil des Landgerichts Bochum vom 18. Juli 2007 (Az. II-1 KLs 43 Js 601/06-22/07) verhängten Freiheitsstrafe fand der Verurteilte am 11. Mai 2013 Aufnahme in die Justizvollzugsanstalt DuisburgHamborn. Seine Entlassung erfolgte - nach Zurückstellung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe gemäß § 35 BtMG - am 3. Juni 2013. Mit Beschluss vom 13. Januar 2014 setzte das Landgericht Bochum die Vollstreckung des Strafrests zur Bewährung aus.
2
Bereits zuvor hatte das Amtsgericht Duisburg mit Beschluss vom 13. November 2013 die Vollstreckung einer mit Urteil vom 15. Januar 2013 (Az. 82 Ds 332 Js 804/12-232/12) gegen den Verurteilten verhängten Freiheitsstrafe ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt.
3
Streitig ist, welchem Gericht die Entscheidung über den von der Staatsanwaltschaft beantragten Widerruf der beiden Strafaussetzungen obliegt. Die Landgerichte Bochum, Essen und Duisburg haben jeweils ihre Zuständigkeit verneint. Das Landgericht Bochum hat die Sache gemäß § 14 StPO dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
4
2. Zuständig für die Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzungen ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Duisburg.
5
Mit der Aufnahme des Verurteilten in die zu ihrem Bezirk gehörende Justizvollzugsanstalt wurde die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Duisburg für alle den Verurteilten betreffenden nachträglichen Entscheidungen zuständig (§ 462a Abs. 1 Satz 1 StPO). Diese einmal begründete Zuständigkeit wirkte auch nach Entlassung des Verurteilten am 3. Juni 2013 für Nachtragsentscheidungen nach Aussetzung des Strafrests zur Bewährung fort (§ 462a Abs. 1 Satz 2 StPO).
6
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Duisburg blieb auch nach der im Oktober 2014 erfolgten Aufnahme des Verurteilten in die Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne und (anschließend) in die Justizvollzugsanstalt Essen für die Entscheidung über den Widerruf der Bewährung zuständig, da sie zu diesem Zeitpunkt bereits mit dieser Sache „befasst“ im Sinne des § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO war. Dafür ausreichend ist, dass Tatsachen aktenkundig werden, die eine Entscheidung, wie zum Beispiel einen Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung, rechtfertigen können (Senatsbeschluss vom 14. August 1981 - 2 StR 174/81, BGHSt 30, 189, 191; Appl in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl., § 462a Rn. 17, 18). Eine solche Tatsache war hier der Eingang der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Duisburg vom 10. Januar 2014.
7
Nach dem Konzentrationsgrundsatz des § 462a Abs. 4 StPO obliegt der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Duisburg auch die Bewährungsüberwachung und die insoweit zu treffenden Entscheidungen hinsichtlich der vom Amtsgericht Duisburg mit Beschluss vom 13. November 2013 ausgesetzten Strafe (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juli 2006 - 2 ARs 302/06, NStZ-RR 2007, 94, 95).
Fischer Krehl Eschelbach
Ott Bartel

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Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 35 Zurückstellung der Strafvollstreckung


(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so k

Strafprozeßordnung - StPO | § 462a Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer und des erstinstanzlichen Gerichts


(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte z

Strafprozeßordnung - StPO | § 14 Zuständigkeitsbestimmung durch das gemeinschaftliche obere Gericht


Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Juli 2006 - 2 ARs 302/06

bei uns veröffentlicht am 21.07.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 ARs 302/06 2 AR 89/06 vom 21. Juli 2006 in der Bewährungssache wegen Diebstahls Az.: 50 StVK 138/06 Landgericht Braunschweig Az.: 15 VRs 517/99 Staatsanwaltschaft Bonn Az.: StVK 807/01 Landgericht Köln Az.: 91 Ws 46/0

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(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient, die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.

(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in diesem Falle auch über die Verweigerung der Zustimmung; es kann die Zustimmung selbst erteilen.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist oder
2.
auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt
und im übrigen die Voraussetzungen des Absatzes 1 für den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil der abgeurteilten Straftaten erfüllt sind.

(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.

(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung, wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der Vollstreckung nicht entgegen.

(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn

1.
bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 zurückgestellt wird oder
2.
eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.

(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. § 462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.

Besteht zwischen mehreren Gerichten Streit über die Zuständigkeit, so bestimmt das gemeinschaftliche obere Gericht das Gericht, das sich der Untersuchung und Entscheidung zu unterziehen hat.

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 ARs 302/06
2 AR 89/06
vom
21. Juli 2006
in der Bewährungssache
wegen Diebstahls
Az.: 50 StVK 138/06 Landgericht Braunschweig
Az.: 15 VRs 517/99 Staatsanwaltschaft Bonn
Az.: StVK 807/01 Landgericht Köln
Az.: 91 Ws 46/06 Generalstaatsanwaltschaft Köln
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
am 21. Juli 2006 beschlossen:
Zuständig für die nachträglichen Entscheidungen über die Strafrestaussetzung zur Bewährung ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig.

Gründe:

I.

1
Die Vollstreckung der Strafreste aus den Urteilen des Amtsgerichts Bonn vom 11. November 1999 und des Amtsgerichts Linz/Rhein vom 2. Oktober 2001 wurde von der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln mit Beschluss vom 8. Januar 2002 zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit von zunächst drei Jahren wurde durch Beschlüsse vom 3. Februar 2003 und vom 13. April 2004 um sechs Monate bzw. um ein Jahr verlängert. Am 1. Februar 2005 bildete das Amtsgericht Bonn durch Beschluss eine nachträgliche Gesamtstrafe von sieben Monaten aus den Strafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Bonn vom 11. November 1999 und des Amtsgerichts Linz vom 2. Oktober 2001, welche es für zwei Jahre zur Bewährung aussetzte. Die Auflagen aus dem Bewährungsbeschluss des Landgerichts Köln vom 8. Januar 2002 wurden aufrechterhalten. Vom 21. März bis zum 1. April 2005 verbüßte der Verurteilte eine Ersatzfreiheitsstrafe in den Justizvollzugsanstalten Braunschweig und Peine, also im Bezirk der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig.
2
Staatsanwaltschaft Die Bonn hatte am 20. September 2005 bei der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln den Widerruf der Reststrafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 11. November 1999 beantragt, weil der Verurteilte am 26. Mai 2005 vom Amtsgericht Braunschweig zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden war. Diesen Antrag nahm die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 4. Januar 2006 zurück, weil die der nachträglichen Verurteilung zugrunde liegende Tat nach dem Gesamtstrafenbeschluss vom 1. Februar 2005 begangen worden war. Am 7. Oktober 2005 ging beim Landgericht Köln die Ablichtung einer Anklage der Staatsanwaltschaft Braunschweig vom 20. September 2005 wegen eines am 15. Juni 2005 begangenen Diebstahls ein. In diesem Verfahren ist der Verurteilte am 5. Dezember 2005 vom Amtsgericht Braunschweig rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt worden. Am 23. Dezember 2005 wurde der Verurteilte zur Verbüßung der Freiheitsstrafe von vier Monaten aus dem Urteil vom 26. Mai 2005 in der Justizvollzugsanstalt Braunschweig aufgenommen.
3
Das Landgericht Köln hat am 9. Januar 2006 die Sache der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig zwecks Übernahme vorgelegt. Das Landgericht Braunschweig hat die Übernahme abgelehnt, weil die Fortwirkungszuständigkeit der Strafvollstreckungskammer durch den Beginn des Strafvollzugs in einer anderen Sache nicht beendet werde. Erst wenn das Gericht nach der Aufnahme des Verurteilten in die neue Justizvollzugsanstalt erneut mit einer Strafvollstreckungssache befasst werde, sei die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die neue Justizvollzugsanstalt liege, wenn sich der Verurteilte zu diesem Zeitpunkt noch in deren Bezirk in Strafhaft befinde. Das Landgericht Köln hat daraufhin die Sache dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

II.

4
Zuständig ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig. Die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln endete mit dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Bonn vom 1. Februar 2005. Die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 11. November 1999 bestand danach nicht mehr und die von der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln beschlossene Aussetzung der Vollstreckung des Restes dieser Strafe hatte ihre Grundlage verloren. Für die weitere Überwachung des Verurteilten war danach das Amtsgericht Bonn zuständig (vgl. Senatsbeschluss vom 5. August 1981 - 2 ARs 208/81).
5
Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Bonn für die Bewährungsüberwachung als erstinstanzliches Gericht endete mit der Aufnahme des Verurteilten in die Justizvollzugsanstalt Braunschweig zwecks Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe am 21. März 2005 (vgl. BGHSt 30, 223). Zu diesem Zeitpunkt wurde die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig für die im Rahmen der Bewährungsaufsicht zu treffenden Entscheidungen zuständig. Die Zuständigkeit zwischen dem Gericht des ersten Rechtszuges und der Strafvollstreckungskammer ist in § 462 a StPO besonders geregelt. Danach hat die Strafvollstreckungskammer bei Vollstreckung einer Freiheitsstrafe den Vorrang. Ihr obliegen die nachträglichen Entscheidungen, sobald gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt wird (BGHSt 26, 118; 26, 187, 189 f.; 30, 189, 192; BGHR StPO § 462 a Abs. 1 Befasstsein 2). Nach dem Konzentrationsgrundsatz des § 462 a Abs. 4 Satz 3 StPO obliegen ihr nicht nur die Vollstreckung der Strafe, die der Verurteilte in ihrem Bezirk verbüßt, sondern auch die Bewährungsüberwachung und die insoweit zu treffenden Entscheidungen hinsichtlich sonstiger ausgesetzter Strafen oder Strafreste. Dies gilt im Verhältnis zum erstinstanzlichen Gericht auch hinsichtlich solcher Entscheidungen, mit denen dieses zum Zeitpunkt des Strafantritts bereits befasst war (vgl. BGH a.a.O.). Der Übergang der Zuständigkeit auf die Strafvollstreckungskammer hängt nicht davon ab, ob zum Zeitpunkt der Inhaftierung eine Entscheidung ansteht (BGHSt 30, 223, 224), und sie endet auch nicht mit der Entlassung des Verurteilten aus der Justizvollzugsanstalt. Hingegen erfolgt der Übergang der örtlichen Zuständigkeit von einer Strafvollstreckungskammer auf eine andere mit der Aufnahme des Verurteilten in der anderen Justizvollzugsanstalt, soweit nicht die zunächst zuständig gewesene Strafvollstreckungskammer bereits konkret mit einer bestimmten Frage befasst war, über die sie dann noch zu entscheiden hat. Die zunächst zuständig gewesene Strafvollstreckungskammer bleibt nicht etwa solange zuständig, bis eine andere Strafvollstreckungskammer tatsächlich mit einer bestimmten Frage befasst wird (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Oktober 2003 - 2 ARs 334/03; BGH NStZ 2001, 165; 1984, 380).
6
Zuständigkeit Die der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig ist auch nicht dadurch entfallen, dass der Verurteilte am 23. Dezember 2005 wieder in Strafhaft gekommen ist. Denn er wurde wieder in der Justizvollzugsanstalt Braunschweig aufgenommen, so dass keine Verlagerung der örtlichen Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer erfolgt ist. Selbst wenn der Verurteilte in einer Justizvollzugsanstalt in einem anderen Landgerichtsbezirk seine Strafe angetreten hätte, wäre die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig hier für eine Entscheidung über den Widerruf oder die Verlängerung der Bewährungszeit aus Anlass der Verurteilung vom 5. Dezember 2005 noch zuständig, weil sie bereits vor dem neuen Strafantritt mit dieser Sache befasst war. Eine Befassung mit der Sache im Sinne des § 462 a Abs. 1 Satz 1 StPO trat hier am 7. Oktober 2005 ein, als die Anklage vom 20. September 2005 zu den Bewährungsakten des nicht mehr zuständigen Landgerichts Köln gelangte. Für das Befasstsein der Strafvollstreckungskammer genügt es nämlich, wenn die eine Entscheidung notwendig ma- chenden Unterlagen bei einem Gericht eingehen, das für die Entscheidung zuständig sein kann (BGHR StPO § 462 a Abs. 1 Befasststein 8). Zu diesem Zeitpunkt ergibt sich von Amts wegen das Erfordernis, wegen der neuen Straftat über einen Widerruf der Bewährung oder eine Verlängerung der Bewährungszeit zu entscheiden. Für diese Entscheidung bliebe die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Braunschweig deshalb auch bei späterer Aufnahme des Verurteilten in eine Justizvollzugsanstalt in einem anderen Landgerichtsbezirk zuständig. Otten Rothfuß Fischer Roggenbuck Appl