Bundesgerichtshof Beschluss, 28. März 2019 - 1 StR 598/18

bei uns veröffentlicht am28.03.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 598/18
vom
28. März 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:280319B1STR598.18.0


Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts am 28. März 2019 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 16. Juli 2018, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Landgericht Amberg zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Eines Eingehens auf die Verfahrensrüge bedarf es daher nicht.
2
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der nicht revidierende Mitangeklagte W. und die Angeklagte unterhielten seit etwa September/Oktober 2017 eine Liebesbeziehung. Ab diesem Zeitraum lebte der Mitangeklagte auch in der Wohnung der Angeklagten, in die er Marihuana verbrachte, um es dort zu portionieren, verpacken und anschließend gewinnbringend weiterzuverkaufen. Der Mitangeklagte, der die Betäubungsmittel von einem unbekannt gebliebenen Lieferanten erworben hatte, wickelte seine Betäubungsmittelgeschäfte vornehmlich über soziale Messenger -Dienste im Internet mit seinen Abnehmern ab. Diese erschienen nunmehr in der vom Mitangeklagten mitbewohnten Wohnung der Angeklagten, um das erworbene Marihuana in Empfang zu nehmen. Der Mitangeklagte verwahrte die zum Verkauf bestimmten, bereits von ihm portionierten Betäubungsmittel in einem versperrten Werkzeugkoffer, der in einer Metallkiste im Schlafzimmer der Wohnung verstaut war.
4
Die Angeklagte wusste, dass der Mitangeklagte W. größere Mengen Marihuana in ihre Wohnung zum gewinnbringenden Weiterverkauf verbrachte und dort vorrätig hielt. Sie war auch damit einverstanden, dass die Abnehmer in die Wohnung kamen, um das erworbene Marihuana vom Mitangeklagten im Schlafzimmer in Empfang zu nehmen. Des Weiteren vereinbarte sie mit dem Mitangeklagten W. zu einem nicht bezeichneten Zeitpunkt, in ihrem Freundeskreis weitere Abnehmer für das vorrätige Marihuana zu akquirieren , „was sie auf der Grundlage der gemeinsamen Vereinbarung auch bereits in der Vergangenheit so machte“. Darüber hinaus sollte sie im Falle der Ver- hinderung des Mitangeklagten die Übergabe der Drogen auf dessen „Geheiß“ an die Abnehmer durchführen und den Kaufpreis, den der Mitangeklagte auf Verhandlungsbasis und Verfügbarkeit der Betäubungsmittel im Einzelfall festlegte , von diesen entgegennehmen, was sie „bereits in der Vergangenheit gele- gentlich machte“. Die Angeklagte wusste, wo der Schlüssel zum versperrten Werkzeugkoffer aufbewahrt wurde, und hatte somit jederzeit Zugriff auf die Betäubungsmittel.
5
Am 7. November 2017 verwahrte der Mitangeklagte W. im Werkzeugkoffer 991,01 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von rund 13 % THC zum gewinnbringenden Weiterverkauf im Schlafzimmer der gemeinsamen Wohnung, was die Angeklagte wusste und zuließ. Das Rauschgift hatte der Mitangeklagte in 49 Druckverschlusstüten zu 5, 20 und 50 Gramm verkaufsfertig portioniert. Im Heizungsraum im Keller des Hauses bewahrten beide Angeklagte zudem 2,5 Gramm Metamphetamin sowie57,47 Gramm Marihuana und neun fertig gedrehte Joints auf, die zum Eigenverbrauch bestimmt waren.Der Angeklagten war es seitens des Mitangeklagten „gestattet, sich frei für ihren Eigenkonsum an diesen Drogen zu bedienen“.
6
2. Das Landgericht hat die Angeklagte wegen der im Schlafzimmer ihrer Wohnung aufgefundenen Betäubungsmittel wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Die Angeklagte habe dem Mitangeklagten W. ihre Wohnung auch dazu zur Ver- fügung gestellt, dass dieser darin die von ihm „weiter zu veräußernden Drogen aufbewahren“ und in der Wohnung auch seine Drogengeschäfte abwickeln konnte. Sie habe in dem Bewusstsein gehandelt, dass es bereits in der Vergangenheit zu einer Vielzahl an Drogenverkaufsvorgängen in der Wohnung im Schlafzimmer gekommen sei. In diesem Bewusstsein habe sie auch dem Mitangeklagten weiterhin ihre Wohnung zur Verfügung gestellt, so dass im konkreten – allein anklagegegenständlichen – Fall eine Beihilfehandlung zu sehen sei. Zudem sei es seitens beider Angeklagter „angedacht“ gewesen – „wie in der Vergangenheit bereits auch geschehen“ –, dass die Angeklagte im Hinblick auf die Handelsmenge von 991 Gramm Abnehmer in ihrem Freundeskreis suche und im Falle der Verhinderung des Mitangeklagten bei dem Verkaufsvorgang in dessen Auftrag tätig werde.
7
II. Die Verurteilung der Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 27 StGB) hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
8
1. Das Landgericht stellt bei der rechtlichen Bewertung der Beihilfehandlung der Angeklagten maßgeblich darauf ab, sie habe ihren Lebensgefährten für die von ihm am 7. November 2017 zum gewinnbringenden Weiterverkauf vorrätig gehaltene Handelsmenge an Marihuana in seiner Handelstätigkeit dadurch unterstützt, dass sie ihm hierfür ihre Wohnung zur Verfügung gestellt habe, obwohl sie bereits zuvor von seiner im Wohnbereich betriebenen Handelsstätigkeit Kenntnis hatte. Dieser rechtliche Ansatz ist vorliegend verfehlt.
9
a) Die Tat des Gehilfen ist allein seine Beihilfehandlung (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Mai 1999 – 4 StR 162/99, NStZ 1999, 451). Abzustellen ist hierbei – insbesondere bei der Gewichtung des Schuldumfangs der Beihilfehandlung – auf die konkret festzustellenden Beihilfebeiträge. Hierbei erfüllt allein die Kenntnis und Billigung eines Wohnungsinhabers von der Lagerung von Betäubungsmitteln und deren Verkauf aus der Wohnung heraus durch einen Dritten nicht die Voraussetzungen strafbarer Beihilfe. Ebenso wenig begründet es ohne Weiteres die Strafbarkeit des Wohnungsinhabers, dass er gegen den Betäubungsmittelhandel in seiner Wohnung nicht vorgegangen ist. Dies käme vielmehr nur in Betracht, wenn er als Wohnungsinhaber rechtlich verpflichtet gewesen wäre, gegen den in seiner Wohnung betriebenen Betäubungsmittelhandel einzuschreiten (§ 13 Abs. 1 StGB). Eine solche Rechtspflicht des Wohnungsinhabers ist aber grundsätzlich nicht gegeben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. September 2009 – 2 StR 329/09, NStZ 2010, 221 f.; vom 2. August 2006 – 2 StR 251/06, StraFo 2006, 468, 469 und vom 7. Januar 2003 – 3 StR 414/02, NStZ-RR 2003, 153).
10
b) Gemessen daran hat das Landgericht keine Umstände festgestellt, wonach die Angeklagte bereits durch die Aufnahme des Mitangeklagten W. in ihrer Wohnung diesen bei seinem Betäubungsmittelhandel unterstützt hat. Feststellungen dazu, dass die Angeklagte zu diesem Zeitpunkt von dessen Betäubungsmittelgeschäften Kenntnis hatte oder diesem die Wohnung in der Erwartung zur Verfügung stellte, an den Erlösen des Mitangeklagten in irgendeiner Form zu partizipieren, hat das Landgericht nicht getroffen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2003 – 3 StR 414/02, NStZ-RR 2003, 153). Es hat vielmehr ausgeführt, dass die vom Mitangeklagten zum Eigenkonsum bereit gestellten Betäubungsmittel keine Entlohnung für eine irgendwie geartete Tätigkeit der Angeklagten darstellen.
11
c) Eine rechtliche Verpflichtung der Angeklagten, gegen den Betäubungsmittelhandel ihres Lebensgefährten aus ihrer Wohnung heraus einzuschreiten , lag nicht vor. Umstände, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2003, aaO), sind nicht festgestellt.
12
2. Bei der Bewertung des Umfangs der Beihilfehandlung für die verfahrensgegenständliche Handelsmenge von 991 Gramm Marihuana wäre das Landgericht demnach gehalten gewesen, auf etwaige hierauf bezogene, konkrete Unterstützungsbeiträge der Angeklagten abzustellen. Insoweit bedarf es jedoch genauerer Feststellungen, insbesondere auch zur subjektiven Tatseite , wodurch die Angeklagte die Haupttat ihres Lebensgefährten im Einzelnen tatsächlich gefördert oder erleichtert hat. Nach den getroffenen Feststellungen ist die Angeklagte jedenfalls nicht in die Beschaffung der Betäubungsmittel eingebunden gewesen. Die Angeklagte hat sich demnach ausschließlich an nicht näher konkretisierten Akquisetätigkeiten, um Abnehmer für Marihuana im Freundes- und Bekanntenkreis zu finden, und „gelegentlichen“, vom Mitangeklagten veranlassten und nicht näher dargestellten Übergaben von Betäubungsmitteln an Abnehmer gegen Bezahlung – und zwar vor der verfahrensgegenständlichen Tat – beteiligt. Danach kommt als etwaige Beihilfehandlung der Angeklagten lediglich ihre Bereitschaft in Betracht, weiterhin solche Tätigkeiten zur Förderung der Haupttat auszuführen. Soweit eine solche Bereitschaftserklärung auf die Angaben des Nichtrevidenten gestützt sein sollte, ist dies jedenfalls nicht rechtsfehlerfrei begründet. Das Landgericht hat nämlich nicht erkennbar bedacht, dass die Angaben des Nichtrevidenten im Zusammenhang mit einer tatsächlichen Verständigung erfolgt sind und deshalb besonders kritischer Würdigung bedürfen, wenn sie die Belastung eines Mitangeklagten enthalten (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2014 – 1 StR 562/13, NStZ 2014, 287).
13
3. Die rechtsfehlerhafte Bewertung der Beihilfehandlung führt – ungeachtet des Umstands, dass die verhängte Strafe die Schuld der Angeklagten unvertretbar übersteigt – zur Aufhebung des Schuldspruchs und damit des Urteils insgesamt. Die Aufhebung erfasst auch die an sich rechtsfehlerfreie tateinheitliche Verurteilung wegen Besitzes von Betäubungsmitteln (Eigenkonsummenge im Heizungskeller).
14
Das neue Tatgericht wird genauere Feststellungen zu etwaigen Beihilfehandlungen der Angeklagten zu treffen und diese gegebenenfalls zu gewichten haben. Hierbei könnte es auch auf die Kenntnisse der Angeklagten hinsichtlich des Erwerbs der tatgegenständlichen Betäubungsmittel durch den Mitangeklagten ankommen.
15
III. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an ein zu demselben Land gehörendes anderes Landgericht zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).

Raum Bellay RinBGH Cirener ist erkrankt und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum Hohoff Pernice

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 27 Beihilfe


(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafgesetzbuch - StGB | § 13 Begehen durch Unterlassen


(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichun

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht.

(2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 329/09
vom
30. September 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringerMenge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 30. September 2009
gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 1. April 2009, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Ihre hiergegen eingelegte, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts teilten sich die Angeklagte und der Mitangeklagte A. seit sechs bis sieben Jahren eine Wohnung. Die Angeklagte übernachtete im Wohnzimmer oder in der Küche, während A. das Schlafzimmer benutzte. Zum Ausgleich für Unterkunft und Verpflegung leitete A. seine Hartz-IV-Bezüge an die Angeklagte weiter.
3
A. handelte "seit mindestens ein bis drei Jahren" mit Betäubungsmitteln , die er vorwiegend in den Niederlanden erwarb. Er nutzte das Schlafzimmer sowohl zur Lagerung der Drogen als auch zur Abwicklung der Drogengeschäfte mit Konsumenten. Dies war der Angeklagten bekannt und wurde von ihr geduldet. Auch bewahrte A. das zur Abwicklung der Drogengeschäfte bestimmte Geld in kleinen Scheinen in seinem Schlafzimmer auf; gelegentlich zählte er es vor den Augen der Angeklagten nach, bevor er sich zum Drogenkauf in die Niederlande aufmachte.
4
So geschah dies auch nach der ersten Oktoberwoche 2008 im Fall der im vorliegenden Verfahren abgeurteilten Einfuhr "größerer Mengen verschiedenster Betäubungsmittel zum Preis von etwa 2.100 €“, die der Mitangeklagte A. zur gewinnbringenden Veräußerung nach Deutschland verbrachte und von denen Teilmengen bei der Durchsuchung am 14. Oktober 2008 sichergestellt werden konnten.
5
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt, "weil sie ihm (dem Mitangeklagten A. ) die Wohnung zur Verfügung gestellt hat und gemäß der Bekundung des Zeugen KHK S. bei ihrer Vernehmung auch nicht erwähnt hat, jemals versucht zu haben, sein Handeln zu unterbinden".
6
2. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
7
Den widersprüchlichen Ausführungen des Landgerichts kann nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, dass die Angeklagte den Betäubungsmittelhandel des Mitangeklagten A. durch aktives Tun gefördert hätte. Die nicht weiter mit Tatsachen belegte Begründung der Strafkammer, die Angeklagte habe ihm die Wohnung zur Verfügung gestellt, genügt nicht. Nach den Feststellungen teilten sich die Angeklagte und der Mitangeklagte A.
bereits seit mehreren Jahren die Wohnung, bevor Letzterer mit dem Handel mit Betäubungsmitteln begann. A. nutzte hierfür das allein ihm zugewiesene Schlafzimmer. Den Ausführungen des Landgerichts lässt sich nicht entnehmen, inwieweit die Angeklagte hierbei die "Wohnung" zur Verfügung gestellt haben sollte. Allein die Kenntnis und Billigung der Lagerung und des Vertriebs der Betäubungsmittel in der Wohnung erfüllt für den Wohnungsinhaber die Voraussetzung strafbarer Beihilfe nicht (vgl. BGH NStZ 1999, 451; StV 2003, 280; 2007,

81).

8
Ebenso wenig begründet es die Strafbarkeit der Angeklagten, dass sie gegen die Aktivitäten des A. nicht vorgegangen ist. Dies käme vielmehr nur in Betracht, wenn sie als Wohnungsinhaberin rechtlich verpflichtet gewesen wäre, gegen den von A. in dem ausschließlich von ihm genutzten Schlafzimmer betriebenen Betäubungsmittelhandel einzuschreiten (§ 13 Abs. 1 StGB). Eine solche Rechtspflicht des Wohnungsinhabers ist aber grundsätzlich nicht gegeben (vgl. BGH, jew. aaO).
9
3. Die Sache bedarf daher erneuter Verhandlung und Entscheidung. Da die Strafkammer von einem unzutreffenden rechtlichen Ansatz ausgegangen ist, wird der neue Tatrichter insbesondere zu prüfen haben, ob die Angeklagte konkrete Unterstützungshandlungen zu dem Rauschgiftdelikt des als Haupttäter verurteilten Mitangeklagten A. geleistet hat. Eine Garantenstellung als Wohnungsinhaberin würde sie treffen, wenn ihr die Verfügungsgewalt über die ganze Wohnung zugestanden hätte und diese - etwa durch ihre Lage oder Beschaffenheit - eine besondere Gefahrenquelle für eine leichtere Ausführung von Straftaten darstellte (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 153). Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, ob die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Mitbesitzes an den im Schlafzimmer befindlichen und bei der Durchsuchung am 14. Oktober 2008 sichergestellten Betäubungsmitteln vorlagen (vgl. Senat StV 2007, 81).
Fischer Rothfuß Roggenbuck Appl Cierniak

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 251/06
vom
2. August 2006
in der Strafsache
gegen
alias:
alias:
alias:
alias:
wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 2. August 2006 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20. Dezember 2005 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz daran verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe,
c) im Ausspruch über die Einziehung mit Ausnahme des sichergestellten Reisepasses. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Crack und Kokain) in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz daran und wegen Verwahrens eines verfälschten amtlichen Ausweises" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.
2
In seiner Wohnung sichergestelltes Rauschgift, eine Kokainpresse, diverse Chemikalien, Kochutensilien, Feinwaagen sowie den verfälschten Reisepass hat es eingezogen.
3
Die Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge hin zur Aufhebung im aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.
4
1. Soweit sich die Revision des Angeklagten gegen seine Verurteilung wegen Verwahrens eines verfälschten amtlichen Ausweises wendet, ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Dass der Angeklagte, der sich nach den Feststellungen bei Anmietung zweier Wohnungen mit dem gefälschten Ausweis gegenüber dem Vermieter legitimiert hat, insoweit nicht wegen Urkundenfälschung verurteilt worden ist, beschwert ihn nicht.
5
2. Demgegenüber hält die Verurteilung wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge rechtlicher Prüfung nicht stand.
6
a) Nach den Feststellungen mietete der Angeklagte, der über keine legalen Einkünfte verfügte, am 1.5.2004 eine Wohnung in der Sch. straße in F. sowie am 1.11.2004 eine weitere Wohnung in der O. straße in F. . Die Mietkaution in Höhe von 1.500 bzw. 1.620 Euro entrichtete er in bar. Spätestens am 27.3.2005 überließ der Angeklagte die Wohnung in der Sch. straße dem flüchtigen H. zur entgeltlichen Nutzung, wobei der Angeklagte wusste, dass die Wohnung von ihm unbekannten Tätern als so genannter Rauschgiftbunker und so genannte "Crack-Küche" benutzt wurde, was er auch billigte. Der Angeklagte behielt außerdem einen Wohnungsschlüssel für sich, um so jederzeit Zugang zu der Wohnung und dem darin gelagerten und verarbeiteten Rauschgift zu haben (UA S. 5, 6).
7
Bei einer Überprüfung der Wohnung am 31. März 2005 fand die Polizei eine sichtbar betriebene "Crack-Küche" sowie 481,55 g Crack, über 200 g reines Kokain und ca. 90 g Kokainzubereitung. In der gesamten Wohnung befanden sich die Fingerabdrücke u. a. des Angeklagten sowie DNA-Spuren an von ihm gerauchten Zigarettenstummeln.
8
Der "geständigen" Einlassung des Angeklagten folgend - aber in Widerspruch zu den eingangs (UA S. 5, 6) getroffenen Feststellungen - geht die Strafkammer im Rahmen ihrer rechtlichen Würdigung davon aus, der Angeklagte habe am 27.3.2005 den H. in der Wohnung aufsuchen wollen, um diesem wegen seiner unregelmäßigen Mietzahlungen zu kündigen, diesen aber nicht angetroffen. Mittels eines bei ihm verbliebenen Wohnungsschlüssels habe er sich etwa eine Stunde in Abwesenheit des H. in der Wohnung aufgehalten und dabei erstmals festgestellt, dass dort erhebliche Mengen Rauschgift lagerten und Crack hergestellt wurde. Mit dem Tun des H. sei er nun einverstanden gewesen und habe sich davon zumindest den Ausgleich des anfallenden Mietzinses versprochen (UA S. 10, 11).
9
Den Anknüpfungspunkt für eine Beihilfe des Angeklagten zum unerlaubten Handeltreiben sieht das Landgericht darin, dass dieser nach Entdeckung der Crack-Küche am 27. März 2005 dem Mitbenutzer H. weder die Woh- nung kündigte noch andere Vorkehrungen faktischer Art traf, "um sich von seinem fortdauernden Besitz und der fortbestehenden Unterstützungshandlung zu distanzieren. Mit der weiteren Ermöglichung der Nutzung der Wohnung durch Dritte, die diese zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nutzen, unterstützte er willentlich und wissentlich deren rechtswidriges Tun" (UA S. 11, 17, 18).
10
b) Die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte habe sich wegen Beihilfe zum Betäubungsmittelhandel in nicht geringer Menge schuldig gemacht , weil er die Herstellung und Lagerung des Rauschgifts in seiner Wohnung geduldet und H. dadurch die Möglichkeit verschafft habe, Crack herzustellen und gewinnbringend an Dritte zu veräußern, hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
11
Den widersprüchlichen Ausführungen des Landgerichts kann nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, dass der Angeklagte den Betäubungsmittelhandel des H. durch aktives Tun gefördert hätte. Allein die Kenntnis und Billigung von der Herstellung und Lagerung der Betäubungsmittel in seiner Wohnung erfüllt die Voraussetzungen strafbarer Beihilfe nicht (BGH NStZ 1999, 451; StV 2003, 280). Ebenso wenig begründet es die Strafbarkeit des Angeklagten, dass er gegen die Aktivitäten des H. nicht vorgegangen ist. Dies käme vielmehr nur in Betracht, wenn er als Wohnungsinhaber rechtlich verpflichtet gewesen wäre, gegen den von H. in seiner Wohnung betriebenen Betäubungsmittelhandel einzuschreiten (§ 13 Abs. 1 StGB). Eine solche Rechtspflicht des Wohnungsinhabers ist aber grundsätzlich nicht gegeben (vgl. BGH NStZ 1999, 451; StV 2003, 280).
12
Da die Kammer von einem unzutreffenden rechtlichen Ansatz ausgegangen ist, wird der neue Tatrichter insbesondere zu prüfen haben, ob der Ange- klagte bereits bei Überlassung der Wohnung an H. von ihrer geplanten Verwendung als Crack-Küche und Rauschgiftdepot wusste, oder in sonstiger Weise an den Rauschgiftgeschäften des H. beteiligt war. Dabei werden die Indizien, wie sie u. a. von der Kammer - insoweit allerdings allein im Zusammenhang mit den in der Wohnung O. straße sichergestellten Betäubungsmitteln - aufgeführt und verwertet worden sind, umfassend zu würdigen sein.
13
3. Die Aufhebung des Urteils wegen Beihilfe zum Betäubungsmittelhandel in nicht geringer Menge erfasst auch die tateinheitliche Verurteilung wegen Besitz. Insoweit wird der neue Tatrichter gegebenenfalls näher als bisher geschehen zu prüfen haben, ob die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Mitbesitzes an den jeweils in der untervermieteten Wohnung befindlichen Betäubungsmitteln vorlagen. Die teilweise Aufhebung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Ausspruches über die Gesamtstrafe sowie der auf die Verurteilung wegen des Betäubungsmitteldelikts fußenden Einziehung. Otten Rothfuß Fischer Roggenbuck Appl

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 562/13
vom
28. Januar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum erpresserischen Menschenraub u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Januar 2014 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Nürnberg-Fürth vom 6. Juni 2013 mit den Feststellungen
aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen in Tatmehrheit mit versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Beihilfe zum erpresserischen Menschenraub in Tatmehrheit mit uneidlicher Falschaussage zu einer (Gesamt-)Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Daneben hat es Verfall von Wertersatz in Höhe von 4.500 Euro angeordnet. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
2
1. Das Urteil ist insgesamt angefochten.
2
3
Die in der Revisionsbegründung des Pflichtverteidigers enthaltene Beschränkung der Revision, nach der die Verurteilung des Angeklagten im Fall 4 der Urteilsgründe wegen falscher uneidlicher Aussage (§ 153 StGB) von der Anfechtung ausgenommen sein sollte, ist nicht wirksam. Zwar handelt es sich bei dieser Beschränkung nicht – wie vom Wahlverteidiger angenommen – um eine Revisionsrücknahme. Vielmehr wurde der Umfang der Revision des Angeklagten erst durch die Revisionsbegründungsschrift des Pflichtverteidigers rechtlich bindend festgelegt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 1991 – 4 StR 105/91, BGHSt 38, 4). Die Revisionsbeschränkung ist jedoch unwirksam, weil die Voraussetzungen einer teilweisen Anfechtbarkeit des Urteils insoweit nicht vorliegen.
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Eine Teilanfechtung setzt voraus, dass sie sich auf einen abtrennbaren Teil des Urteils bezieht und die übrigen Tatvorwürfe losgelöst und getrennt von diesem Fall beurteilt werden können (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 29. Februar 1956 – 2 StR 25/56, BGHSt 10, 100). Das ist hier nicht der Fall. Der Angeklagte wurde im Fall 4 der Urteilsgründe deshalb verurteilt, weil er in der Hauptverhandlung gegen K. bestritten hatte, zusammen mit dem Zeugen C. von K. Haschisch gekauft und dabei gewesen zu sein, als eine größere Menge Haschisch an K. übergeben worden sei (UA S. 10). Die Haschischerwerbe bei K. sind aber Gegenstand der Verurteilung des Angeklagten in den Fällen 1 und 3 der Urteilsgründe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Ob der Angeklagte diese Taten begangen hat und sich deshalb (nach Belehrung gemäß § 55 StPO) im Strafverfahren gegen K. einer uneidlichen Falschaussage schuldig gemacht hat, kann hier aber nur einheitlich beurteilt werden. Denn hat er die von ihm bestrittenen Taten nicht begangen, hat er insoweit durch Bestreiten seiner Tatbeteiligung im Verfahren gegen K. auch keine falschen Angaben gemacht, die eine Verurteilung gemäß § 153 StGB rechtfertigen könnten.
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2. Die Revision des Angeklagten hat mit der Verfahrensrüge Erfolg, das Landgericht habe nicht in die Hauptverhandlung eingeführt, dass mit dem Zeugen C. in dessen Verfahren als Angeklagten eine Verfahrensabsprache getroffen worden ist, welche die Benennung weiterer Tatbeteiligter zum Gegenstand hatte.
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a) Der zulässig erhobenen Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) liegt folgendes Geschehen zugrunde:
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Das Landgericht hat den Angeklagten in den Fällen 1 bis 3 der Urteilsgründe wegen Taten im Zusammenhang mit Betäubungsmittelgeschäften verurteilt , die der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen gemeinsam mit dem Zeugen C. begangen hat. Im Fall 4 der Urteilsgründe hat das Landgericht als uneidliche Falschaussage des Angeklagten gewertet, dass der Angeklagte im Verfahren gegen den Rauschgiftlieferanten K. seine Beteiligung an den Rauschgiftgeschäften mit diesem bestritten hatte.
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Seine Überzeugung vom Ablauf der Betäubungsmittelgeschäfte, einer damit zusammenhängenden räuberischen Erpressung u.a. (Fall 2 der Urteilsgründe ) sowie von der Täterschaft des Angeklagten stützt das Landgericht maßgeblich auf die Angaben des Zeugen C. als Mittäter des Angeklagten bei diesen Taten. Im Rahmen der Würdigung der Glaubhaftigkeit der Angaben dieses Zeugen berücksichtigt das Landgericht, dass C. die ihm zur Last gelegten Taten zwar zunächst bestritten habe, in der gegen ihn gerichteten Hauptverhandlung aber eingeräumt und den Angeklagten als Geldgeber für den Rauschgiftkauf bezeichnet habe. Die ohne Belastungseifer gemachten Aussagen des Zeugen wiesen eine deutliche Aussagekonstanz sowie erheblichen Detailreichtum auf, enthielten Realkennzeichen und würden durch die Aussagen weiterer Zeugen bestätigt (UA S. 16 f.).
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Keine Erwähnung in den Urteilsgründen findet der der Strafkammer bekannte Umstand, dass der Zeuge C. den Angeklagten erstmals als seinen Begleiter benannte, nachdem in der gegen ihn unter derselben Vorsitzenden geführten Hauptverhandlung eine Verständigung stattgefunden hatte. Darin war zwischen den Verfahrensbeteiligten vereinbart worden, was auch in das Hauptverhandlungsprotokoll aufgenommen wurde, dass C. im Falle eines umfas- senden Geständnisses „sowie bei Offenlegung eines weitergehenden Betäu- bungsmittelgeschäftes sowie Benennung weiterer Tatbeteiligter zu einer Ge- samtfreiheitsstrafe von nicht mehr als vier Jahren verurteilt werde“.
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b) Bei dieser Sachlage musste es sich dem Landgericht aufdrängen, dass es die mit dem Zeugen C. in dessen Verfahren getroffene Verfahrensabsprache in die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten einführen und C. s Aussage auch vor dem Hintergrund dieser Verfahrensabsprache würdigen musste. Denn bei der Aussage des Zeugen C. handelte es sich auch aus Sicht des Landgerichts trotz der die Richtigkeit dieser Aussage stützenden Angaben weiterer Zeugen um eine für das Verfahren entscheidungserhebliche Zeugenaussage, zumal das Landgericht nicht allen Zeugen glaubt. Die Verständigung im Verfahren gegen den Zeugen C. war vom Landgericht zu würdigen, weil es sich um eine Verfahrensabsprache zu Lasten Dritter (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 6. November 2007 – 1 StR 370/07, BGHSt 52, 78, 83 und Urteil vom 29. November 2011 – 1 StR 287/11, wistra 2011, 180 Rn. 14) und damit auch des Angeklagten handelte. Das Landgericht hatte deshalb zu prüfen, ob der Zeuge C. in seinem eigenen Verfahren irrig geglaubt haben könnte, eine Falschaussage zu Lasten des Angeklagten sei für ihn günstiger als wahre Angaben (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2012 – 1 StR 438/11, StV 2012, 393 und vom 15. Januar 2003 – 1 StR 464/02, BGHSt 48, 161, 168) und ob er im Verfahren gegen den Angeklagten nur deshalb bei die- ser Aussage geblieben ist, um sich nicht selbst zu widersprechen, obwohl das gegen ihn geführte Verfahren bereits abgeschlossen war. Da die Möglichkeit eines solchen Irrtums nicht davon abhängt, ob die Verfahren gegen C. und den Angeklagten verbunden waren oder nicht, bestand die Notwendigkeit der Würdigung der Verständigung unabhängig davon, ob diese mit einem anderen Tatbeteiligten im selben oder in einem anderen Verfahren stattgefunden hat. Was zu würdigen ist, muss auch in die Hauptverhandlung eingeführt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 – 1 StR 438/11, StV 2012, 393).
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c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Würdigung der mit dem Zeugen C. in dessen Strafverfahren getroffenen Verfahrensabsprache dessen den Angeklagten belastender Aussage in der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten geringeres Gewicht beigemessen und hinsichtlich aller vier dem Angeklagten zur Last liegenden Taten zu einer anderen Überzeugung gelangt wäre. Zwar hat das Landgericht die Verurteilung des Angeklagten nicht allein auf die Aussage des Zeugen gestützt; vielmehr hat es seine Überzeugung aus einer Gesamtwürdigung mehrerer Zeugenaussagen geschöpft. Jedoch wird deutlich, dass das Landgericht der Aussage des Zeugen C. als unmittelbar Tatbeteiligtem zentrale Bedeutung für die Überzeugungsbildung beigemessen hat. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer tatrichterlicher Aufklärung und Entscheidung.
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3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf die Vorschrift des § 157 Abs. 1 StGB hin. Denn, sollte das neue Tatgericht wieder zu denselben Feststellungen hinsichtlich der Betäubungsmitteldelikte gelangen, liegt es nahe, dass der Angeklagte im Verfahren gegen K. nur deshalb die Unwahrheit gesagt hat, um von sich die Gefahr abzuwenden, wegen dieser Delikte bestraft zu werden.
Raum Wahl Rothfuß
RinBGH Cirener ist erkrankt und deshalb an der Unterschriftsleistung verhindert. Jäger Raum

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.