Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2012 - 1 StR 559/11

published on 12/01/2012 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Jan. 2012 - 1 StR 559/11
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 559/11
vom
12. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen bandenmäßigen unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Januar 2012 beschlossen
:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Augsburg vom 11. Juli 2011 werden als unbegründet verworfen
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:

1
Die Beschwerdeführer und zwei nichtrevidierende Mitangeklagte, im Tatzeitraum sämtlich Studenten, hatten sich Anfang des Jahres 2008 zum Zwecke des künftigen gemeinschaftlichen und arbeitsteiligen Anbaus erheblicher Mengen von Marihuana zusammengeschlossen, um jeweils ihren jährlichen Marihuanabedarf abzudecken. In den Jahren 2008 und 2009 konnten sie mehrere Kilogramm ernten. Die für das Jahr 2010 erneut durch Anbau vorbereitete Ernte verhinderte eine Polizeiaktion vom 23. Juli 2010. Gegen die Beschwerdeführer , so auch gegen den Angeklagten R. , der „innerhalb der Gruppierung betreffend die Tatbegehung eine tragende Rolle innehatte“ (UA S. 31), erging Anfang August 2010 Haftbefehl, der vollzogen, aber alsbald außer Vollzug gesetzt wurde.
2
Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurden die Angeklagten jeweils wegen bandenmäßigen Anbaus von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (§ 30a BtMG) und - für das Jahr 2010 - wegen bandenmäßigen Anbaus von Betäubungsmitteln (§ 30 BtMG) zu einem Jahr und sechs Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
3
Hiergegen richten sich die auf die nur vom Angeklagten R. näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revisionen. Sie sind unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
4
1. Der im Wesentlichen auf die Geständnisse der Angeklagten gestützte Schuldspruch ist ohne die Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler. Insoweit verweist der Senat auf den Antrag des Generalbundesanwalts, der dies zutreffend näher ausführt und belegt und der nicht durch die für den Angeklagten R. abgegebene Erwiderung (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) entkräftet wird. Es beschwert die Angeklagten auch nicht, dass sie trotz durchgeführter Ernte nur wegen Anbaus von Betäubungsmitteln verurteilt wurden.
5
2. Auch die Strafaussprüche halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Näher auszuführen ist dies nur hinsichtlich des Angeklagten R. . Er ist der Meinung, die Strafkammer habe die Auswirkungen der Verurteilung auf sein Berufsleben nicht rechtsfehlerfrei gewürdigt.
6
a) Der Angeklagte hat sein Lehramtsstudium, in dem er 2009 die Magis- terprüfung ablegte, „auch während des laufenden Ermittlungsverfahrens zielge- richtet fortgesetzt“ und mit dem Ersten Staatsexamen im Jahr 2010 abgeschlossen (UA S. 32). Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung war er bereits als Lehramtsanwärter (Studienreferendar) an einem Gymnasium in Bayern tätig.
7
b) Die Strafkammer erwägt im Rahmen der Prüfung der Strafaussetzung zur Bewährung die „nachteiligen Folgen betreffend seine Zukunft als Lehrer, insbesondere was seine Beamtenstellung angeht“ (UA S. 33), also die nach § 24 Abs. 1 BeamtStG zwingende Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und damit auch aus dem Vorbereitungsdienst (vgl. § 5 Abs. 1 BayLBG). Der Senat besorgt nicht, dass die Strafkammer, die ohnehin jeweils das Vorliegen eines minderschweren Falles bejaht hat, dies nicht auch schon bei der Strafzumes- sung im Blick gehabt hätte, zumal sie hervorhebt, dass „allein die Verurteilung“ zu diesen Folgen führen wird. Hierfür spricht überdies, dass gegen den Angeklagten R. trotz seiner „tragenden Rolle“ keine höhere Strafe als gegen die beiden Mitrevidenten und eine nur geringfügig höhere Strafe als gegen die je zu einem Jahr und drei Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilten Nichtrevidenten verhängt wurde.
8
Soweit die Strafkammer erwogen hat, der Angeklagte erhalte durch die Strafaussetzung zur Bewährung die Möglichkeit zu unmittelbarer weiterer Ausbildung oder beruflicher Umorientierung (UA S. 33), versteht dies der Senat nicht dahin, dass die Strafkammer das Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst verkannt hätte. Vielmehr hat sie - zutreffend - zum Ausdruck gebracht, dass der Angeklagte notwendige Maßnahmen, die sich aus seiner Verurteilung für eine künftige Berufstätigkeit ergeben, unmittelbar, also ohne vorangehenden Strafvollzug, in die Wege leiten kann.
9
Im Übrigen brauchte die Strafkammer hier die in Betracht zu ziehenden Wirkungen der Strafe, die für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB; hierzu z.B. BGH, Beschluss vom 3. November 2009 - 4 StR 445/09 mwN), nicht breiter als geschehen zu erörtern. Hierbei ist - unbeschadet der Frage nach etwaigen Mitteilungs- oder Offenbarungspflichten - auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte R. seinen Vorbereitungsdienst in Kenntnis des gegen ihn wegen bandenmäßigen Anbaus von Betäubungsmitteln geführten Strafverfahrens angetreten hat. Auch deshalb brauchte die Strafkammer in einem Wegfall der Anwärterbezüge oder der in dieser Zeit erworbenen (allenfalls sehr geringen) Versorgungsanwartschaften hier keinen bestimmenden und daher erörterungsbedürftigen Strafzumessungsgrund zu sehen (vgl. auch Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl., Rn. 430 ff. mwN).
Nack Wahl Graf Jäger Sander
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

5 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung s
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 03/11/2009 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 445/09 vom 3. November 2009 in der Strafsache gegen wegen schweren Raubes u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. Novemb
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wenn eine Beamtin oder ein Beamter im ordentlichen Strafverfahren durch das Urteil eines deutschen Gerichts

1.
wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder
2.
wegen einer vorsätzlichen Tat, die nach den Vorschriften über Friedensverrat, Hochverrat und Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit oder, soweit sich die Tat auf eine Diensthandlung im Hauptamt bezieht, Bestechlichkeit, strafbar ist, zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten
verurteilt wird, endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils. Entsprechendes gilt, wenn die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt wird oder wenn die Beamtin oder der Beamte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Artikel 18 des Grundgesetzes ein Grundrecht verwirkt hat.

(2) Wird eine Entscheidung, die den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat, in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben, gilt das Beamtenverhältnis als nicht unterbrochen.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.