Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2018 - 1 StR 506/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 21. November 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) soweit der Angeklagte im Fall II.2 der Urteilsgründe verurteilt wurde;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe (Ö. ) beziehungsweise die Einheitsjugendstrafe (K. ). 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verabredung zum Mord und wegen Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten und den nicht revidierenden, zur Tatzeit noch heranwachsenden Mitangeklagten K. wegen Verabredung zum Mord in Tateinheit mit Sich- Bereiterklären zum Erwerb von Kriegswaffen unter Einbeziehung weiterer Strafen aus früheren Verurteilungen zu der Jugendstrafe von sechs Jahren und acht Monaten verurteilt.
- 2
- Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
I.
- 3
- 1. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II.1 der Urteilsgründe wegen Bedrohung hält rechtlicher Nachprüfung stand.
- 4
- 2. Die Verurteilung im Fall II.2 der Urteilsgründe wegen Verabredung zum Mord begegnet durchgreifenden Bedenken. Die Feststellungen tragen nicht die rechtliche Würdigung des Landgerichts, die Angeklagten hätten sich verabredet, einen bereits in seinen wesentlichen Grundzügen konkretisierten Mord zu begehen.
- 5
- a) Die Strafbarkeit wegen Verabredung eines Verbrechens setzt nach § 30 Abs. 2, 3. Alt. StGB den Entschluss von mindestens zwei Personen zur Begehung eines bestimmten Verbrechens als Mittäter voraus (BGH, Beschluss vom 16. März 2011 – 5 StR 581/10, NStZ 2011, 570, 571; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 30 Rn. 12; Schönke/Schröder/Heine/Weißer, StGB, 29. Aufl., § 30 Rn. 24; jeweils mwN). Die in Aussicht genommene Tat muss dabei nicht bereits in allen Einzelheiten festgelegt, sie muss aber – ebenso wie dies beim Tatplan für eine mittäterschaftliche Tatbestandsverwirklichung oder beim Anstiftervorsatz der Fall ist (LK-Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 30 Rn. 67 mwN; MKJoecks , StGB, 3. Aufl., § 30 Rn. 57; Schönke/Schröder/Heine/Weißer, StGB, 29. Aufl., § 30 Rn. 24) – zumindest in ihren wesentlichen Grundzügen konkretisiert sein (BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 – 3 StR 140/07, NStZ 2007, 697; LKSchünemann , StGB, § 30 Rn. 67; Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl., § 30 Rn. 3 mwN). Eine strafbare Verbrechensverabredung wird danach zwar nicht dadurch ausgeschlossen, dass Zeit, Ort und Modalitäten der Ausführung im Einzelnen noch offen sind (BGH, Urteile vom 28. Juni 2007 – 3 StR 140/07, NStZ 2007, 697 und vom 29. März 1960 – 1 StR 636/59, BeckRS 1960, 31192534; LKSchünemann , StGB, 12. Aufl., § 30 Rn. 67 mwN). Tatzeit, Tatbeteiligte, Tatobjekt und sonstige Umstände der Tat können indes nicht völlig im Vagen bleiben (BGH, Beschluss vom 9. Februar 1994 – 2 StR 557/93, StV 1994, 528; MKJoecks , StGB, 3. Aufl., § 30 Rn. 62), weil sonst die Strafbarkeit zu weit ins Vorfeld der eigentlichen Tat vorverlagert würde. Besondere Anforderungen gelten vor allem dann, wenn es – wie vorliegend – bei der verabredeten Tat um eine Straftat gegen die Person geht (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl., § 30 Rn. 7 mwN; zum Meinungsstand LK-Schünemann, StGB, § 30 Rn. 68 mwN).
- 6
- b) Hieran gemessen war das vorliegend von den Angeklagten ins Auge gefasste Tötungsdelikt noch nicht hinreichend konkretisiert. Weder war nach den Feststellungen des Landgerichts die Tatzeit näher bestimmt noch die konkrete Begehungsform. Gesprochen wurde über einen Überfall auf die in der Justizvollzugsanstalt befindlichen S. , B. und M. , denen ein Mord am Bruder des Mitangeklagten zur Last gelegt wurde, sowie über ein Werfen von Handgranaten oder die Abgabe von Schüssen in die Werkstatt oder das Haus des Ma. , dem Onkel von S. und B. . Gerade in Anbetracht der erheblichen Schwierigkeiten des Mitangeklagten, die für den Erwerb der zur Tatbegehung erforderlichen Waffen nötigen Geldmittel zu beschaffen, war auch der Zeitpunkt der Tatbegehung noch ungewiss. Die Verabredung hatte sich auch noch nicht auf eine konkrete Person fokussiert, auf die der Angriff gerichtet sein sollte. Vielmehr standen nach den Feststellungen des Landgerichts S. , B. und M. als mögliche Zielpersonen im Raum sowie deren Angehörige und etwa im Anwesen des Ma. aufhältige Personen. Es lag damit hinsichtlich des ins Auge gefassten Tötungsdelikts lediglich ein allgemeines Planungs- und Vorbereitungsstadium vor, das sich noch nicht auf eine den Anforderungen des § 30 Abs. 2, 3. Alt. StGB entsprechend konkretisierte Tat bezog. Dies gilt umso mehr, weil weder Waffen noch Geld für die angedachte Tat vorhanden waren, zumal der Angeklagte einen zunächst vom Mitangeklagten eingesammelten Teilbetrag absprachewidrig für sich verwendete.
- 7
- c) Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Verurteilung im Fall II.2 der Urteilsgründe, jedoch nicht zum Freispruch des Angeklagten in diesem Punkt. Denn der Senat kann nicht ausschließen, dass Feststellungen getroffen werden können, aufgrund derer sich der Angeklagte nach einer der Varianten des § 30 Abs. 1 oder 2 StGB in Verbindung mit § 22a Abs. 1 Nr. 2 KrWaffKontrG in Verbindung mit der Kriegswaffenliste Teil A VII Nr. 46 strafbar gemacht haben könnte.
- 8
- 3. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II.2 der Urteilsgründe entzieht der Einzelstrafe und dem Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe einschließlich der getroffenen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) die Grundlage.
II.
- 9
- Die Aufhebung des Urteils ist gemäß § 357 StPO auf den nicht revidierenden Mitangeklagten K. zu erstrecken. Auch dessen Verurteilung beruht – ebenso wie die Verurteilung des revidierenden Angeklagten – auf der unzutreffenden Annahme, aus den getroffenen Feststellungen ergebe sich eine Verabredung der Angeklagten zur Begehung eines in seinen wesentlichen Grundzügen konkretisierten Tötungsdelikts. Da das Tatgeschehen und dessen rechtliche Bewertung hinsichtlich beider Angeklagter auch mit Blick auf den möglichen Verstoß gegen das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, erstreckt sich die teilweise Aufhebung des Urteils auf die Verurteilung des Mitangeklagten K. insgesamt.
Hohoff Pernice
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.
(1) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer
- 1.
Kriegswaffen ohne Genehmigung nach § 2 Abs. 1 herstellt, - 2.
die tatsächliche Gewalt über Kriegswaffen ohne Genehmigung nach § 2 Abs. 2 von einem anderen erwirbt oder einem anderen überläßt, - 3.
im Bundesgebiet außerhalb eines abgeschlossenen Geländes Kriegswaffen ohne Genehmigung nach § 3 Abs. 1 oder 2 befördern läßt oder selbst befördert; dies gilt nicht für Selbstbeförderungen in den Fällen des § 12 Absatz 6 Nummer 1 sowie für Inhaber einer Waffenbesitzkarte für Kriegswaffen gemäß § 59 Absatz 4 des Waffengesetzes von 1972 im Rahmen von Umzugshandlungen durch den Inhaber der Erlaubnis, - 4.
Kriegswaffen einführt, ausführt, durch das Bundesgebiet durchführt oder aus dem Bundesgebiet verbringt, ohne daß die hierzu erforderliche Beförderung genehmigt ist, - 5.
mit Seeschiffen, welche die Bundesflagge führen, oder mit Luftfahrzeugen, die in die Luftfahrzeugrolle der Bundesrepublik Deutschland eingetragen sind, absichtlich oder wissentlich Kriegswaffen ohne Genehmigung nach § 4 befördert, die außerhalb des Bundesgebietes ein- und ausgeladen und durch das Bundesgebiet nicht durchgeführt werden, - 6.
über Kriegswaffen sonst die tatsächliche Gewalt ausübt, ohne daß - a)
der Erwerb der tatsächlichen Gewalt auf einer Genehmigung nach diesem Gesetz beruht oder - b)
eine Anzeige nach § 12 Abs. 6 Nr. 1 oder § 26a erstattet worden ist,
oder - 7.
einen Vertrag über den Erwerb oder das Überlassen ohne Genehmigung nach § 4a Abs. 1 vermittelt oder eine Gelegenheit hierzu nachweist oder einen Vertrag ohne Genehmigung nach § 4a Abs. 2 abschließt.
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 4, 6 oder 7 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Straftaten verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds handelt.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
(4) Wer fahrlässig eine in Absatz 1 Nummer 1 bis 4, 6 oder Nummer 7 bezeichnete Handlung begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(5) Nach Absatz 1 Nr. 3 oder 4 wird nicht bestraft, wer Kriegswaffen, die er in das Bundesgebiet eingeführt oder sonst verbracht hat, freiwillig und unverzüglich einer Überwachungsbehörde, der Bundeswehr oder einer für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit zuständigen Behörde oder Dienststelle abliefert. Gelangen die Kriegswaffen ohne Zutun desjenigen, der sie in das Bundesgebiet eingeführt oder sonst verbracht hat, in die tatsächliche Gewalt einer der in Satz 1 genannten Behörden oder Dienststellen, so genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Kriegswaffen abzuliefern.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.