Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Feb. 2000 - 1 StR 5/00

published on 16/02/2000 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Feb. 2000 - 1 StR 5/00
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Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 5/00
vom
16. Februar 2000
in der Strafsache
gegen
wegen ausbeuterischer und dirigierender Zuhälterei u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Februar 2000 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 19. Juli 1999 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Die Revision hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Die Bestellung des bisherigen Wahlverteidigers Rechtsanwalt F. zum Pflichtverteidiger des Angeklagten verletzte dessen Recht auf eine wirksame Verteidigung (Art. 6 Abs. 3 Buchst. c MRK). Der Angeklagte hatte am dritten Verhandlungstag seinem Wahlverteidiger in einem schriftlich vorbereiteten Antrag das Mandat entzogen. Als Grund hatte er u.a. vorgebracht, sein Verteidiger habe ihm nahegelegt ein Geständnis abzulegen, das nicht der Wahrheit entspreche; dadurch sei ein Vertrauensverhältnis nicht mehr gegeben. Der Verteidiger hat zu dem Antrag Stellung genommen und erklärt, daß er seinerseits das Mandat wegen eines gestörten Vertrauensverhältnisses niederlege. Darauf hat das Landgericht Rechtsanwalt F. zum Pflichtverteidiger des Angeklagten bestellt und zur Begründung
angeführt, das Vertrauensverhältnis zwischen dem Verteidiger und dem Angeklagten sei auch unter Berücksichtigung der Behauptungen des Angeklagten vom Standpunkt eines vernünftigen und verständigen Angeklagten nicht gestört. Diese Entscheidung beanstandet die Revision zu Recht. Zwar steht die Berufung des Angeklagten auf ein gestörtes Vertrauensverhältnis der Bestellung des bisherigen Wahlverteidigers zum Pflichtverteidiger jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die vom Angeklagten vorgetragenen Behauptungen zwar erheblich, aber ersichtlich unzutreffend sind (BGHR StPO § 142 Abs. 1 Entpflichtung 1). So war es hier aber nicht. Der Verteidiger hatte sich zu den erhobenen Vorwürfen im einzelnen nicht geäußert; das Landgericht ist in seinem Beschluß ersichtlich von den Behauptungen des Angeklagten ausgegangen, die nach Wortlaut und Intention nur so verstanden werden konnten, daß der Verteidiger ihm wider besseres Wissen zu einem Geständnis geraten hatte. War es aber so gewesen, lag darin ein Umstand, der aus der Sicht eines verständigen Angeklagten geeignet erscheint, das Vertrauensverhältnis zu beeinträchtigen. Daß der vom Verteidiger erteilte Rat wirklich so war, steht freilich nicht fest. Das Landgericht hätte den Sachverhalt weiter aufklären können und auch müssen, indem es den Verteidiger zu einer detaillierten Stellungnahme aufforderte; dazu wäre der Verteidiger auch berechtigt gewesen, wenn ihn der Angeklagte nicht von seiner Schweigepflicht entbunden hätte, denn er durfte sich gegen den erhobenen Vorwurf zur Wehr setzen. Der Fehler liegt darin, daß das Landgericht eine Behauptung des Angeklagten ungeprüft seiner Entscheidung zugrundegelegt hat, die so wie aufgestellt geeignet war, eine Störung des Vertrauensverhältnisses darzutun. Eine nachträgliche Klärung der Frage durch den Senat wäre nicht mehr geeignet, das Verhältnis zwischen An-
geklagtem und Verteidiger zu bereinigen und dadurch eine sachgerechte Verteidigung zu ermöglichen. Für die neue Hauptverhandlung wird darauf hingewiesen, daß im Falle II 2 der Urteilsgründe der Schuldspruch wegen dirigierender Zuhälterei von den bisher festgestellten Tatsachen nicht getragen wird. Im Falle der Verurteilung wegen Urkundenfälschung (II 6) ist die Strafzumessungserwägung, das Motiv des Angeklagten sei in hohem Maße mißbilligenswert, rechtlich angreifbar. Über den Antrag der Staatsanwaltschaft München I, den jetzigen Wahlverteidiger des Angeklagten Rechtsanwalt Dr. W. gemäß § 146, § 146a Abs. 1 StPO zurückzuweisen, wird die neu erkennende Strafkammer zu entscheiden haben. Schäfer Maul Granderath Wahl Schluckebier
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Antrag des Beschuldigten nach § 141 Absatz 1 Satz 1 ist vor Erhebung der Anklage bei den Behörden oder Beamten des Polizeidienstes oder bei der Staatsanwaltschaft anzubringen. Die Staatsanwaltschaft legt ihn mit einer Stellungnahme unverzügli

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Der Antrag des Beschuldigten nach § 141 Absatz 1 Satz 1 ist vor Erhebung der Anklage bei den Behörden oder Beamten des Polizeidienstes oder bei der Staatsanwaltschaft anzubringen. Die Staatsanwaltschaft legt ihn mit einer Stellungnahme unverzüglich dem Gericht zur Entscheidung vor, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt. Nach Erhebung der Anklage ist der Antrag des Beschuldigten bei dem nach Absatz 3 Nummer 3 zuständigen Gericht anzubringen.

(2) Ist dem Beschuldigten im Vorverfahren ein Pflichtverteidiger gemäß § 141 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3 zu bestellen, so stellt die Staatsanwaltschaft unverzüglich den Antrag, dem Beschuldigten einen Pflichtverteidiger zu bestellen, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt.

(3) Über die Bestellung entscheidet

1.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft oder ihre zuständige Zweigstelle ihren Sitz hat, oder das nach § 162 Absatz 1 Satz 3 zuständige Gericht;
2.
in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 das Gericht, dem der Beschuldigte vorzuführen ist;
3.
nach Erhebung der Anklage der Vorsitzende des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(4) Bei besonderer Eilbedürftigkeit kann auch die Staatsanwaltschaft über die Bestellung entscheiden. Sie beantragt unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach ihrer Entscheidung, die gerichtliche Bestätigung der Bestellung oder der Ablehnung des Antrags des Beschuldigten. Der Beschuldigte kann jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen.

(5) Vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers ist dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, innerhalb einer zu bestimmenden Frist einen Verteidiger zu bezeichnen. § 136 Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Ein von dem Beschuldigten innerhalb der Frist bezeichneter Verteidiger ist zu bestellen, wenn dem kein wichtiger Grund entgegensteht; ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn der Verteidiger nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung steht.

(6) Wird dem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger bestellt, den er nicht bezeichnet hat, ist er aus dem Gesamtverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer (§ 31 der Bundesrechtsanwaltsordnung) auszuwählen. Dabei soll aus den dort eingetragenen Rechtsanwälten entweder ein Fachanwalt für Strafrecht oder ein anderer Rechtsanwalt, der gegenüber der Rechtsanwaltskammer sein Interesse an der Übernahme von Pflichtverteidigungen angezeigt hat und für die Übernahme der Verteidigung geeignet ist, ausgewählt werden.

(7) Gerichtliche Entscheidungen über die Bestellung eines Pflichtverteidigers sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Sie ist ausgeschlossen, wenn der Beschuldigte einen Antrag nach § 143a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 stellen kann.

Ein Verteidiger kann nicht gleichzeitig mehrere derselben Tat Beschuldigte verteidigen. In einem Verfahren kann er auch nicht gleichzeitig mehrere verschiedener Taten Beschuldigte verteidigen.

(1) Ist jemand als Verteidiger gewählt worden, obwohl die Voraussetzungen des § 137 Abs. 1 Satz 2 oder des § 146 vorliegen, so ist er als Verteidiger zurückzuweisen, sobald dies erkennbar wird; gleiches gilt, wenn die Voraussetzungen des § 146 nach der Wahl eintreten. Zeigen in den Fällen des § 137 Abs. 1 Satz 2 mehrere Verteidiger gleichzeitig ihre Wahl an und wird dadurch die Höchstzahl der wählbaren Verteidiger überschritten, so sind sie alle zurückzuweisen. Über die Zurückweisung entscheidet das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist oder das für das Hauptverfahren zuständig wäre.

(2) Handlungen, die ein Verteidiger vor der Zurückweisung vorgenommen hat, sind nicht deshalb unwirksam, weil die Voraussetzungen des § 137 Abs. 1 Satz 2 oder des § 146 vorlagen.