Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2020 - 1 StR 428/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 14. Januar 2020 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten verurteilt und angeordnet, dass hiervon vier Monate als Kompensation für eine überlange Verfahrensdauer als vollstreckt gelten. Die Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Strafausspruchs (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Zum Schuldspruch hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Strafausspruch hat jedoch keinen Bestand. Straferschwerend hat das Landgericht eine beträchtliche kriminelle Energie des Angeklagten gewertet, „die sich aus der von ihm gebilligten langen, planvollen und zielgerichteten Vorbereitung der Tat und der Verstrickung einer Reihe von Personen hierin“ ergibt (UA S. 121). Es hat hierbei allerdings nicht in den Blick genommen, dass der Angeklagte ausweislich der Urteilsfeststellungen an keinem der festgestellten, die Verlagerung der Gesellschaft nach Österreich vorbereitenden Gespräche mit seinem Steuerberater, den beratenden Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern teilnahm (UA S. 79). Nach den Feststellungen wurde der Plan, den mit der Bewertung des zu veräußernden Unternehmens zu beauftragenden Wirtschaftsprüfern einen äußerst günstigen Firmenwert als gewünschtes Bewertungsergebnis vorzugeben, um die Steuerbelastung möglichst niedrig zu halten, nicht vom Angeklagten, sondern vielmehr von Beratern des Angeklagten gefasst (UA S. 17). Der Angeklagte kannte und billigte lediglich die Planung und Umsetzung der Verlagerung nach Österreich einschließlich der steuerrechtlichen Folgen (UA S. 79). Das Landgericht hat daher der kriminellen Energie des Angeklagten rechtsfehlerhaft ein zu großes Gewicht beigemessen.
- 3
- Angesichts der vom Landgericht angeführten erheblichen Strafmilderungsgründe , darunter, dass die Taten des nicht vorbestraften Angeklagten mehr als elf Jahre zurückliegen, das Verfahren „überdurchschnittlich“ lange dauerte und der „Steuerschaden“ bereits im Ermittlungsverfahren vollständig ausgeglichen wurde (UA S. 121), kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne diesen Wertungsfehler auch mit Blick auf den hohen Verkürzungsumfang eine niedrigere als die verhängte Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten festgesetzt hätte. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen. Die Entscheidung über die Kompensation für eine überlange Verfahrensdauer ist von der Aufhebung im Straf- ausspruch nicht betroffen (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 – 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135 Rn. 8).
Vorinstanz:
Hildesheim, LG, 30.01.2019 - 5433 Js 23735/12 16 Kls
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.