Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2001 - 1 StR 328/01

bei uns veröffentlicht am22.08.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 328/01
vom
22. August 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. August 2001 auf die
Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts NürnbergFürth
vom 13. Februar 2001 beschlossen:
1. Das Verfahren wird vorläufig eingestellt, soweit dem Angeklagten Betrug zum Nachteil der Firma T. hinsichtlich eines Betrages von 29.926,78 DM (brutto: 34.415 DM; Rechnung vom 21. Juli 1997) und eines Betrages von 1.145,12 DM (brutto: 1.316,89 DM; Rechnung vom 27. Juli 1997) zur Last liegt; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last. 2. Soweit der Angeklagte wegen Bankrotts verurteilt worden ist, wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben und der Angeklagte freigesprochen; auch insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Der Senat stellt klar, daß der Angeklagte des Betrugs in 45 Fällen, der vorsätzlichen verspäteten Konkursanmeldung und der Unterschlagung schuldig ist.
Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels und seine verbleibenden notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


Der Angeklagte wurde wegen Betrugs in 47 Fällen, vorsätzlich verspäteter Konkursanmeldung, Bankrotts und Unterschlagung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Seine Revision führt zu einer vorläufigen Verfahrenseinstellung hinsichtlich zweier Vorwürfe des Betrugs und zum Freispruch vom Vorwurf des Bankrotts , bleibt aber im übrigen erfolglos.
1. Die Urteilsgründe ergeben nur 46 Fälle des Betrugs. Dies hängt mit den Feststellungen zu den Betrugstaten zum Nachteil der Firma T. zusam- men:
Die Strafkammer hat festgestellt, daß der Angeklagte unter Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit bei dieser Firma insgesamt achtmal von dieser dann erbrachte Fuhrunternehmerleistungen in Auftrag gegeben hatte, wodurch dieser ein Gesamtschaden von netto 208.082,54 DM entstanden ist. Aufgeschlüsselt ist dies in sieben Fälle mit einem Gesamtschaden von (netto) 178.084,66 DM.
Von einer Differenz über 71,10 DM abgesehen, der nachzugehen der Senat keine Veranlassung sieht, erklärt sich all dies damit, daß die Strafkammer zwei Vorwürfe miteinander vermengt hat. Dem Angeklagten lag zur Last, er habe sowohl die am 21. Juli 1997 mit (netto) 29.926,78 DM in Rechnung gestellten Leistungen als auch die am 27. Juli 1997 mit (netto) 1.145,12 DM in Rechnung gestellten Leistungen bestellt. Die Strafkammer führt dagegen aus,
der Angeklagte habe die am 21. Juli 1997 mit (netto) 1.145,12 DM in Rechnung gestellten Leistungen bestellt.
Die ausweislich des Urteilstenors abgeurteilte Zahl von 47 Betrugstaten entspricht in Verbindung mit den übrigen Feststellungen der Annahme von acht Betrugstaten zum Nachteil der Firma T. ; dementsprechend sprechen die Urteilsgründe nicht nur von acht Bestellungen, sondern es sind auch wegen der Taten zum Nachteil der Firma T. acht Einzelstrafen verhängt. Damit sind sämtliche acht Vorwürfe Gegenstand des Urteils, so daß dem Senat insoweit eine Sachentscheidung möglich ist (vgl. BGHR StPO § 352 Prüfung 1 m.w.Nachw.).
Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts stellt der Senat das Verfahren hinsichtlich der den Rechnungen vom 21. Juli 1997 und 27. Juli 1997 zugrundeliegenden Bestellungen gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig ein.
2. Der Verurteilung wegen Bankrotts liegt zu Grunde, daß der Angeklagte als Verantwortlicher der H. Th. Bau GmbH keine Bilanz für 1996 aufgestellt hat (§ 283 Abs. 1 Nr. 7 b StGB).
Diese Verurteilung kann keinen Bestand haben (§ 349 Abs. 4 StPO). Der Angeklagte wurde auch wegen vorsätzlich verspäteter Konkursanmeldung verurteilt, da die H. Th. Bau GmbH jedenfalls seit Ende 1995 aus "Mangel an Zahlungsmitteln" nicht in der Lage war, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, er aber erst im August 1997 einen Konkursantrag gestellt hatte.
Darüber hinaus stellt die Strafkammer ausdrücklich fest, daß der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer S. , auf dessen Hilfe der Angeklagte bei der Bilanzerstellung ersichtlich angewiesen war und der auch frühere Bilanzen der Firma erstellt hatte, seine Arbeiten an der Bilanz 1996 nicht zuletzt deshalb abgebrochen hatte, weil seine Honorarforderungen nicht beglichen wurden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine Verurteilung gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 7 b StGB jedoch nicht in Betracht, wenn sich der Täter zur Erstellung einer Bilanz oder zu ihrer Vorbereitung der Hilfe eines Steuerberaters bedienen muß, jedoch die hierfür erforderlichen Kosten nicht aufbringen kann (vgl. nur BGH NStZ 1992, 182; NStZ 1998, 192, 193; w. Nachw. b. Achenbach NStZ 1998, 560, 562).
Da nicht erkennbar ist, daß noch Feststellungen getroffen werden könnten, die eine entsprechende Verurteilung zu tragen vermögen, spricht der Senat den Angeklagten insoweit frei (§ 354 Abs. 1 StPO).
3. Im übrigen hat die Überprüfung des Urteils weder in den Schuldsprüchen noch hinsichtlich der Einzelstrafen einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinem Antrag vom 23. Juli 2001, die auch durch die vom Angeklagten eingereichte Gegenerklärung (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) nicht entkräftet werden.
4. Obwohl die Verfahrenseinstellung (oben 1.) und der Freispruch (oben 2.) zum Wegfall der entsprechenden Einzelstrafen (6 Monate Freiheitsstrafe hinsichtlich des Betrugsschadens über 29.926,78 DM, 3 Monate Freiheitsstrafe hinsichtlich der unterlassenen Bilanzerstellung, 60 Tagessätze hinsichtlich des Betrugsschadens über 1.145,12 DM) führt, kann die (im übrigen rechtsfehlerfrei festgesetzte) Gesamtfreiheitsstrafe bestehen bleiben.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann nach Wegfall eines kleinen Teils von Einzelstrafen die Gesamtstrafe bestehen bleiben , wenn sie sich nach Sachlage, insbesondere auch aus Zahl und Höhe der übrigen Einzelstrafen, ohne weiteres rechtfertigt (vgl. nur BGH wistra 1999, 28, 29 m.w.Nachw.).
Dies ist hier der Fall; die Strafkammer hat die Gesamtfreiheitsstrafe aus 35 Einzelfreiheitsstrafen über insgesamt 17 Jahre und sieben Monate sowie 15 Einzelgeldstrafen über insgesamt 690 Tagessätze gebildet.
Ein Einfluß der weggefallenen Einzelstrafen auf die Gesamtfreiheitsstrafe ist unter diesen Umständen ausgeschlossen.
VRiBGH Dr. Schäfer ist wegen Nack Wahl Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Nack Schluckebier Schaal

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 352 Umfang der Urteilsprüfung


(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die gestellten Revisionsanträge und, soweit die Revision auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die bei Anbringung der Revisionsanträge bezeichnet worden sind. (2) Eine we

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(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die gestellten Revisionsanträge und, soweit die Revision auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die bei Anbringung der Revisionsanträge bezeichnet worden sind.

(2) Eine weitere Begründung der Revisionsanträge als die in § 344 Abs. 2 vorgeschriebene ist nicht erforderlich und, wenn sie unrichtig ist, unschädlich.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.