Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Sept. 2007 - 1 StR 311/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Der Angeklagte wurde wegen Anstiftung zum Mord zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Seine auf Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
I.
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- Der näheren Ausführung bedarf dies nur hinsichtlich der Erwägungen, die die Strafkammer im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Dauer einer Autofahrt - von W. (Schweiz) nach R. - angestellt hat, die der Angeklagte am Tag nach der Tat abgesagt hat.
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- 1. Nach den Feststellungen der Strafkammer hat der Angeklagte seine Geliebte über Monate hin in einer Vielzahl von Gesprächen immer wieder dazu aufgefordert, seine Ehefrau zu töten. Am 16. März 2004 suchte sie die Ehefrau in deren Wohnung in W. (Schweiz) auf, wobei sie einen „Freundschaftsbesuch“ vortäuschte. Sie fiel über die völlig überraschte Ehefrau her, schlug sie mit einer Sektflasche nieder und erstach sie letztlich mit einem Küchenmesser. Dies entsprach insoweit nicht in vollem Umfang den Vorgaben des Angeklagten, als dieser gesagt hatte, sie solle die Pulsadern aufschneiden, damit es wie Selbstmord aussieht. Der Angeklagte, so stellt die Strafkammer fest, hielt sich während der Tat in K. auf. Nachdem ihm die Geliebte den Tathergang geschildert hatte, äußerte er Zweifel, „ob die Tat … für einen Selbstmord gehalten werden könne“. Er entschloss sich, selbst in die Schweiz zu fahren, um, so die Strafkammer, „nach dem Rechten zu sehen“. Er fuhr am Morgen des 17. März 2004 von seinem Wohnort K. nach W. . In der Nähe der Wohnung seiner Frau, aber noch bevor er dort war, rief er gegen 8.10 Uhr bei einem Geschäftspartner in R. an und sagte ein mit diesem für den gleichen Tag um 11.30 Uhr in R. vereinbartes geschäftliches Treffen ab. Als Begründung gab er - wahrheitswidrig - an, Nachbarn seiner Frau hätten ihn alarmiert, weil diese Kreislaufprobleme habe. Kurz darauf war er dann in der Wohnung und rief alsbald Nachbarn zu Hilfe, seine Frau liege tot in der Wohnung. Er wurde dann noch am Vormittag festgenommen.
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- Der Angeklagte hat jedes Fehlverhalten bestritten. Auch habe ihm die Angeklagte S. am 16. März 2004 nicht gesagt, dass sie seine Ehefrau umgebracht habe. Er habe sich am 17. März 2004 spontan zur Fahrt nach W. entschlossen, weil sich seine Ehefrau am Telefon nicht gemeldet habe.
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- 2. Die Strafkammer hat erwogen, dass (neben zahlreichen anderen, hiervon unabhängigen rechtsfehlerfrei festgestellten und gewürdigten Gesichtspunkten auch) der um 8.10 Uhr erfolgte Anruf bei dem Geschäftspartner den Ange- klagten erheblich belaste. Sie führt aus: „Er (der Angeklagte) erklärte wahrheitswidrig , er sei von Nachbarn verständigt worden, dass seine Frau einen Kreislaufzusammenbruch erlitten habe … . Indes befand sich der Angeklagte zum Zeitpunkt seines Anrufs, wie er selbst einräumte, in unmittelbarer Nähe (der Wohnung der Ehefrau). Wie er selbst angab, betrug seine übliche Fahrtzeit von W. nach R. etwa 2 Stunden 30 Minuten. Er hätte demnach, wie er schließlich selbst einräumte, im Zeitpunkt seines Anrufs den Termin … auch nach einem etwa 45-minütigen Aufenthalt … einhalten können. … (Es) wäre … nahe liegend gewesen, vor der Absage … zunächst zum Anwesen … zu fahren, sich … Klarheit … zu verschaffen und anschließend entweder … nach R. weiterzufahren oder … abzusagen. Dass der Angeklagte ... bereits um 8.10 Uhr … in unmittelbarer Nähe des Wohnanwesens seinen Geschäftspartner davon informierte, den Termin um 11.30 Uhr nicht wahrnehmen zu können, spricht dafür , dass er damit rechnete, seine … verletzte oder gar tote Ehefrau im Anwesen aufzufinden“.
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- 3. Die Annahme, der Angeklagte hätte sich 45 Minuten im Hause aufgehalten , wenn er - wie er nur wahrheitswidrig behauptet hat - dorthin gefahren wäre, weil er von einem Nachbarn alarmiert worden wäre, ist naturgemäß einer exakten Konkretisierung kaum zugänglich, bewegt sich aber freilich noch im Rahmen möglicher tatrichterlicher Beweiswürdigung. Ob der Senat, dem eine eigene Beweiswürdigung versagt ist, auf einer derartigen Grundlage vergleichbare Erwägungen wie die Strafkammer angestellt hätte, mag dahinstehen (vgl. jedoch allgemein zu Erwägungen, was daraus folgen würde, wenn es anders gewesen wäre als festgestellt BGH NStZ-RR 2005, 264, 265; Beschl. vom 28. September 2006 - 1 StR 410/06). Die genannten Erwägungen der Strafkammer sind jedoch letztlich insgesamt - also nicht nur zur mutmaßlichen Dauer eines Aufenthalts - mit hinreichender Klarheit nachvollziehbar und überschreiten die dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung gezogenen Grenzen nicht.
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- 4. Die von der Revision in diesem Zusammenhang geltend gemachten revisiblen Mängel bei der Beweiswürdigung liegen nicht vor. Die Größenordnung für den Zeitraum, den die Strafkammer für die Fahrt von W. nach R. - Entfernung: ca. 335 km - zu Grunde legt, mag knapp bemessen erscheinen , ist bei entsprechend zügiger individueller Fahrweise - auf deren Grundlage sich auch die Fahrtdauer verkürzt, die die von der Revision angesprochenen Computerprognosen errechnen - aber auch nicht völlig ausgeschlossen. Dass es sich bei alledem nicht um eine minutengenaue Fahrtzeitberechnung für eine dann tatsächlich nicht durchgeführte jedenfalls längere Fahrt handeln kann, sondern (ebenso wie bei der Annahme eines hypothetischen Aufenthalts von 45 Minuten in der Wohnung) um eine Einschätzung einer Größenordnung, liegt bei sinngerechtem Verständnis der Urteilsgründe auf der Hand. Es spricht nichts dafür, dass die Strafkammer die - kaum nachvollziehbare - Auffassung zum Ausdruck bringen wollte, dass es hier zwar nachhaltig gegen den Angeklagten spräche , wenn er spätestens um exakt 11.30 Uhr in R. hätte sein können, während es ihn entlasten würde, wenn er (nach den 45 Minuten Aufenthalt im Haus) damit hätte rechnen müssen, etwa 15 oder vielleicht auch 30 Minuten zu spät zu dem Termin zu kommen. Schon deshalb können die von der Revision aufgeführten Details der Verkehrsführung auf sich beruhen. Ein sachlich-rechtlicher, schon auf die Sachrüge zu beachtender Rechtsfehler liegt nach alledem jedenfalls nicht vor. Entgegen der Auffassung der Revision hat die Strafkammer auch nicht ihre Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) verletzt, weil sie sich in diesem Zusammenhang nicht durch einen Verkehrssachverständigen hat beraten lassen. Die, wie dargelegt, jedenfalls in ihrer Größenordnung nicht zwingend unzutreffenden Feststellungen zur notwendigen Fahrzeit beruhen ausweislich der maßgeblichen Urteilsgründe auf den Angaben, die der Angeklagte selbst zu diesem Punkt gemacht hat. Nachvollziehbare Gründe, warum der Angeklagte wahrheitswidrig behaupten sollte, er benötige für diese Strecke eine wesentlich kürzere Fahrtzeit, als dies tatsächlich der Fall ist, sind nicht erkennbar. Es ist daher nicht ersichtlich , warum sich die Strafkammer zur Einholung eines Verkehrsgutachtens hätte gedrängt sehen sollen.
II.
- 8
- Auch im Übrigen hat die auf Grund der Revisionsrechtfertigung gebotene Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts Bezug, die auch durch die Erwiderung der Revision (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) nicht entkräftet sind. Nack Wahl Boetticher Hebenstreit Graf
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.