Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Aug. 2019 - 1 StR 306/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 20. August 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 14 Fällen unter Einbeziehung der mit Urteil des Amtsgerichts Memmingen vom 3. April 2018 verhängten Freiheitsstrafe zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten und wegen eines weiteren Betruges zu einer weiteren Frei- heitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, ein Berufsverbot ausgesprochen und die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet.
- 2
- Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg und ist im Übrigen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
II.
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- Das angefochtene Urteil begegnet durchgreifenden sachlich-rechtlichen Bedenken, soweit eine Entscheidung über die Anrechnung der Leistungen des Angeklagten im Zusammenhang mit der im Urteil des Amtsgerichts Memmingen vom 3. April 2018 gewährten Strafaussetzung zur Bewährung unterblieben ist.
- 4
- Nach den Feststellungen hat das Amtsgericht Memmingen die Vollstreckung der Freiheitsstrafe von einem Jahr zur Bewährung ausgesetzt und dem Angeklagten auferlegt, einen Geldbetrag in Höhe von 4.000 € zu bezahlen. Diese Zahlungsauflage hat der Angeklagte bis zu seiner Inhaftierung in monatli- chen Raten zu je 200 € erfüllt; der von ihm auf die Bewährungsauflage geleiste- te Gesamtbetrag ist den Urteilsgründen allerdings nicht zu entnehmen.
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- Angesichts dieser – hinsichtlich der Höhe des insgesamt erbrachten Zahlungsbetrags unzulänglichen und daher insoweit ergänzungsbedürftigen – Feststellungen hätte sich die Strafkammer gedrängt sehen müssen, die Frage einer Anrechnung der auf die Bewährungsauflage erbrachten Leistung gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 StGB i.V.m. § 56f Abs. 3 Satz 2 StGB zu prüfen und in den Urteilsgründen zu erörtern (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. September 2015 – 2 StR 31/15 Rn. 3; vom 17. September 2013 – 1 StR 489/13 Rn. 3 und vom 7. März 2001 – 2 StR 43/01 Rn. 3). Nach dieser Regelung können Leistungen, die auf Bewährungsauflagen nach § 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 StGB erbracht worden sind, durch eine die Vollstreckung verkürzende Anrechnung auf die gebildete Gesamtfreiheitsstrafe ausgeglichen werden.
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- Der Mangel führt zur Teilaufhebung des Urteils. Die Frage der Anrechnung der vom Angeklagten erfüllten Bewährungsauflagen bedarf einer neuen tatrichterlichen Entscheidung, wobei zu berücksichtigen sein wird, dass die Leistungen des Angeklagten – wenn auch fehlerhaft – über einen Härteausgleich bei der Gesamtstrafenbildung zu seinen Gunsten Beachtung gefunden haben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. September 2013 – 1 StR 489/13 Rn. 4 und vom 7. März 2001 – 2 StR 43/01 Rn. 3 mwN).
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, so ist für die Strafaussetzung nach § 56 die Höhe der Gesamtstrafe maßgebend.
(2) Ist in den Fällen des § 55 Abs. 1 die Vollstreckung der in der früheren Entscheidung verhängten Freiheitsstrafe ganz oder für den Strafrest zur Bewährung ausgesetzt und wird auch die Gesamtstrafe zur Bewährung ausgesetzt, so verkürzt sich das Mindestmaß der neuen Bewährungszeit um die bereits abgelaufene Bewährungszeit, jedoch nicht auf weniger als ein Jahr. Wird die Gesamtstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt, so gilt § 56f Abs. 3 entsprechend.
(1) Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn die verurteilte Person
- 1.
in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, daß die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat, - 2.
gegen Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt oder sich der Aufsicht und Leitung der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers beharrlich entzieht und dadurch Anlaß zu der Besorgnis gibt, daß sie erneut Straftaten begehen wird, oder - 3.
gegen Auflagen gröblich oder beharrlich verstößt.
(2) Das Gericht sieht jedoch von dem Widerruf ab, wenn es ausreicht,
- 1.
weitere Auflagen oder Weisungen zu erteilen, insbesondere die verurteilte Person einer Bewährungshelferin oder einem Bewährungshelfer zu unterstellen, oder - 2.
die Bewährungs- oder Unterstellungszeit zu verlängern.
(3) Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen, Anerbieten, Weisungen oder Zusagen erbracht hat, werden nicht erstattet. Das Gericht kann jedoch, wenn es die Strafaussetzung widerruft, Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Auflagen nach § 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 oder entsprechenden Anerbieten nach § 56b Abs. 3 erbracht hat, auf die Strafe anrechnen.
(1) Das Gericht kann dem Verurteilten Auflagen erteilen, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen. Dabei dürfen an den Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.
(2) Das Gericht kann dem Verurteilten auferlegen,
- 1.
nach Kräften den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, - 2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zu zahlen, wenn dies im Hinblick auf die Tat und die Persönlichkeit des Täters angebracht ist, - 3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen oder - 4.
einen Geldbetrag zugunsten der Staatskasse zu zahlen.
(3) Erbietet sich der Verurteilte zu angemessenen Leistungen, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen, so sieht das Gericht in der Regel von Auflagen vorläufig ab, wenn die Erfüllung des Anerbietens zu erwarten ist.