Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Feb. 2010 - 1 StR 14/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Die Revision des Angeklagten führt zu einer Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich der Fälle C. II. 1. a. und C. II. 2. c. der Urteilsgründe; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
I.
- 2
- Der Generalbundesanwalt weist zu Recht darauf hin, dass die Verurteilung des Angeklagten in den vorgenannten Fällen wegen zwei Fällen tateinheit- lich begangener Körperverletzung gemäß § 223 StGB keinen Bestand hat, da insoweit Verfolgungsverjährung eingetreten ist.
- 3
- Er hat dazu ausgeführt:
- 4
- "Der Schuldspruch ist zu berichtigen. Die Verurteilung wegen tateinheitlicher vorsätzlicher Körperverletzung in den Fällen C.II.1.a. und C.II.2.c. der Urteilsgründe hat keinen Bestand. Angesichts der festgestellten Tatzeiträume kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Gesetzesverletzungen zum Zeitpunkt der ersten Unterbrechungshandlung (Beschuldigtenvernehmung, SA Bl. 1 ff.) bereits verjährt waren (vgl. LK-Schmid 12. Aufl. Vor § 78 Rn. 12 ff.). Die tateinheitliche Verwirklichung eines anderen Tatbestandes ist unerheblich, da jede Gesetzesverletzung gesondert verjährt (Senat, Beschl. vom 06.05.2008 - 1 StR 176/08; BGH NStZ 1990, 80; 2008, 146; LK-Schmid 12. Aufl. § 78a Rn. 3)."
II.
- 5
- Der Senat hat dementsprechend den Schuldspruch geändert und neu gefasst.
- 6
- Die Korrektur des Schuldspruchs nötigt nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Sowohl die Einzelstrafen wie auch die Gesamtstrafe können bestehen bleiben (§ 354 Abs. 1 StPO). Zwar hat das Landgericht bei den Einzelstrafaussprüchen strafschärfend gewertet, dass der Angeklagte in zwei Fällen tateinheitlich bei Begehung des schweren sexuellen Missbrauchs auch noch jeweils eine Körperverletzung zum Nachteil des Opfers begangen hat, also strafschärfend auch auf die insoweit verjährten Taten abgestellt. Angesichts der jeweiligen Tatbilder, welche entscheidend durch den schweren sexuellen Missbrauch geprägt sind, und des Umstandes, dass im Verhältnis hierzu die einfachen Körperverletzungen nicht allzu schwer ins Gewicht fallen, kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht ohne die tateinheitlich begangenen, verjährten Straftaten der einfachen Körperverletzung auf niedrigere Einzel- oder auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte. Außerdem können tateinheitlich verwirklichte Gesetzesverletzungen auch dann strafschärfend berücksichtigt werden, wenn sie verjährt sind (vgl. Senat, Beschl. vom 18. Februar 2009 - 1 StR 14/09; Beschl. vom 6. Mai 2008 - 1 StR 176/08; BGH, Beschl. vom 12. Dezember 2008 - 2 StR 548/08; Beschl. vom 7. September 2006 - 5 StR 364/06; Beschl. vom 14. Mai 2009 - 3 StR 170/09). Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Graf
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.