Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2019 - 9 ZB 19.31969

bei uns veröffentlicht am13.06.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, RN 14 K 17.33623, 04.04.2019

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der behauptete Verstoß gegen das rechtliche Gehör liegt nicht vor (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG).

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Das Gericht hat sich mit den wesentlichen Argumenten des Klagevortrags zu befassen, wenn sie entscheidungserheblich sind. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann jedoch nur dann festgestellt werden, wenn sich aus besonderen Umständen klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (vgl. BayVGH, B.v. 17.4.2019 - 9 ZB 19.30847 - juris Rn. 7)

a) Danach hat der Kläger mit dem Zulassungsvorbringen, das Verwaltungsgericht habe seinen Vortrag dazu, dass er „Transgender“ sei, nicht beachtet und einen „Gesetzesverstoß“ begangen, weil es nicht dargelegt habe, was die Ausübung einer unzüchtigen Handlung für eine Strafe nach sich ziehe, sowie außerdem eine Fluchtalternative angenommen habe, keinen Gehörsverstoß dargelegt, der auch vorliegt. Das Verwaltungsgericht hatte zwar Zweifel daran, dass der Kläger „Transgender“ sei. Es ist insoweit aber ebenso wie in Bezug auf die von ihm geltend gemachte Homosexualität, die es glaubte, davon ausgegangen, dass dem Kläger im Fall der Rückkehr keine Verfolgung drohe, weil ein Gesetz von 1861, welches die Absicht unzüchtiger Handlungen von Männern unter Strafe stelle und eine Gefängnisstrafe von zehn Jahren vorsehe, keine Anwendung finde. Für fehlende Schutzgewährung vor Verfolgungshandlungen Dritter durch staatliche Behörden in Sierra Leone lägen keine Erkenntnisse vor. Diskriminierungen, die der Kläger vor seiner Ausreise angeblich erlitten habe, erreichten nicht die Intensität einer schutzrelevanten Bedrohung. Ob der Kläger als „Transgender“ anzusehen ist oder für ihn eine Fluchtalternative angenommen werden kann, war somit nicht entscheidungserheblich. Der Kläger kritisiert letztlich die tatrichterliche Sachverhaltswürdigung durch das Verwaltungsgericht. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind nach § 78 Abs. 3 AsylG aber gerade kein Grund für die Zulassung der Berufung (vgl. BayVGH, B.v. 4.4.2019 - 9 ZB 17.31736 - juris Rn. 4).

b) Soweit der Kläger einen Gehörsverstoß darauf stützt, dass das Verwaltungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen habe, ob der Kläger im Fall seiner Rückkehr mit Unterstützung einer Familie bzw. durch Freunde rechnen könne, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Eine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht statuiert Art. 103 Abs. 1 GG nicht (vgl. BVerfG, B.v. 5.3.2018 - 1 BvR 1011/17 - juris Rn. 16). Insbesondere gibt Art. 103 Abs. 1 GG den am Prozess Beteiligten keinen Anspruch darauf, dass das Gericht von sich aus Beweis erhebt (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2019 - 9 ZB 18.33046 - juris Rn. 5). Im Übrigen ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger in der Lage sein werde, sein Existenzminimum eigenständig zu sichern (vgl. UA S. 11 und 15).

2. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 17.4.2019 - 9 ZB 19.30847 - juris Rn. 3). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.

Die Frage, ob angesichts der im Zulassungsvorbringen geschilderten Armut in Sierra Leone, der Schwierigkeiten beim Finden von Wohnraum, der Gefahr willkürlicher Festnahmen und Inhaftierungen und der fehlenden staatlichen Unterstützung Feststellungen dazu getroffen hätten werden müssen, ob der Kläger mit Unterstützung einer Familie bzw. Freunden rechnen könnte oder dürfte, lässt keine allgemeine, über den Einzelfall des Klägers hinausreichende Bedeutung erkennen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht auf die schwierigen Lebensbedingungen in Sierra Leone abgestellt und ist auf dieser Basis zu der Einschätzung gelangt, dass der Kläger als arbeitsfähiger Mann in der Lage sein wird, sein Existenzminimum zu sichern. Dem wird im Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegen getreten.

3. Inwieweit - wie der Kläger behauptet - die angefochtene Entscheidung von ober-gerichtlicher Rechtsprechung abweichen soll (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG), wird nicht ausreichend dargelegt. Es ist weder ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet, noch angegeben, von welchem Rechtssatz welchen Divergenzgerichts dieser abweichen soll (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2018 - 9 ZB 18.31509 - juris Rn. 7).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Mit der nach § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 78 Rechtsmittel


(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 138


Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn1.das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,2.bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes aus

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Tenor Das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Juli 2015 - 67 S 130/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil

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(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 26.2.2019 - 9 ZB 19.30057 - juris Rn. 2 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.

a) Der im Zulassungsvorbringen aufgeworfenen Frage: „Muss angesichts der Tatsache, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung am Rande des Existenzminimums lebt, der Kläger nachvollziehbar ausgeführt hat, dass er sich nicht dem Schutz einer Großfamilie unterstellen kann, davon ausgegangen werden, dass sich der Kläger zumindest sein Existenzminimum sichern kann oder muss davon ausgegangen werden, dass angesichts der Gesamtumstände und auch den speziellen Umstände beim Kläger bei einer Rückkehr davon ausgegangen werden muss, dass er unter dem Existenzminimum (und somit unter den inländischen Maßstäben unter Verstoß eines selbstbestimmten würdevollen Lebens) bleiben muss“ lässt sich bereits keine allgemeine, über den Einzelfall des Klägers hinausreichende Bedeutung entnehmen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht auf die schwierigen Lebensbedingungen in Sierra Leone abgestellt und ist auf dieser Basis zu der Einschätzung gelangt, dass sich der Kläger als junger, gesunder und erwerbsfähiger Mann, der über Schulbildung verfügt, im Fall der Rückkehr in sein Heimatland - selbst am Standort einer inländischen Fluchtalternative - ein neues Leben aufbauen können wird. Dem wird im Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegen getreten. Der Kläger wendet sich vielmehr im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Damit wird kein in § 78 Abs. 3 AsylG genannter Zulassungsgrund dargetan (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 - 9 ZB 18.32733 - juris Rn. 14).

b) Soweit im Zulassungsvorbringen ausgeführt wird, es sei grundsätzlich klärungs-bedürftig, ob der Kläger bei Bekanntwerden der Asylantragstellung mit politischer Verfolgung rechnen muss, kann der Antrag ebenfalls keinen Erfolg haben. Unabhängig davon, dass dieser (neue) Sachvortrag weder im Verfahren der Anhörung vor dem Bundesamt noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vom Kläger thematisiert wurde und damit im Zulassungsverfahren nicht mehr zu berücksichtigen sein dürfte (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2018 - 1 ZB 17.31272 - juris Rn. 10), genügt dieses Vorbringen ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG. Es fehlt hier jede Ausführung zur Klärungsbedürftigkeit oder Klärungsfähigkeit.

2. Der behauptete Verstoß gegen das rechtliche Gehör liegt nicht vor (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG).

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Das Gericht hat sich mit den wesentlichen Argumenten des Klagevortrags zu befassen, wenn sie entscheidungserheblich sind. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann jedoch nur dann festgestellt werden, wenn sich aus besonderen Umständen klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (vgl. BayVGH, B.v. 19.10.2018 - 9 ZB 16.30023 - juris Rn. 10).

Dies zugrunde gelegt, hat der Kläger keinen Gehörsverstoß dargetan. Er macht geltend, das Gericht hätte eine Auskunft des Auswärtigen Amtes zu der Problematik einholen müssen, dass er sich in Sierra Leone mit der Society bzw. mit einer entsprechenden Frauenvereinigung „angelegt“ habe und angesichts der Gefährlichkeit dieser Vereinigung u.a. keine Unterstützung bei seiner Wiederansiedlung erlangen könne. Für das Verwaltungsgericht bestand jedoch schon mangels Entscheidungserheblichkeit keine Veranlassung, die Konsequenzen eines derartigen Konfliktes aufzuklären, weil es dem Kläger die diesbezüglich vorgetragene Verfolgungsgeschichte nicht geglaubt hat (vgl. UA S. 7 f.).

3. Inwieweit - wie der Kläger behauptet - die angefochtene Entscheidung von ober-gerichtlicher Rechtsprechung abweichen soll (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG), wird nicht ausreichend dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG). Es ist weder ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet, noch angegeben, von welchem Rechtssatz welchen Divergenzgerichts dieser abweichen soll (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2018 - 9 ZB 18.31509 - juris Rn. 7).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Mit der nach § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 138 Abs. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG).

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Das Gericht hat sich mit den wesentlichen Argumenten des Klagevortrags zu befassen, wenn sie entscheidungserheblich sind. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann jedoch nur dann festgestellt werden, wenn sich aus besonderen Umständen klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (BayVGH, B.v. 19.10.2018 - 9 ZB 16.30023 - juris Rn. 10). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist allerdings nicht schon dann verletzt, wenn der Richter zu einer unrichtigen Tatsachenfeststellung im Zusammenhang mit der ihm obliegenden Tätigkeit der Sammlung, Feststellung und Bewertung der von den Parteien vorgetragenen Tatsachen gekommen ist. Auch die bloße Behauptung, das Gericht habe einem tatsächlichen Umstand nicht die richtige Bedeutung für weitere tatsächliche oder rechtliche Folgerungen beigemessen oder das Gericht habe es versäumt, Beweis zu erheben, vermag einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht zu begründen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 15.2.2017 - 2 BvR 395/16 - juris Rn. 5 m.w.N.).

Danach hat der Kläger mit dem Zulassungsvorbringen, das Verwaltungsgericht sei durch falsche Bewertung des wesentlichen Prozessstoffs zu der Feststellung gelangt, dass beim Kläger keine Homosexualität vorliege, welche geeignet sein könnte, eine begründete Furcht vor Verfolgung in seinem Herkunftsland zu begründen, keinen Gehörsverstoß dargelegt, der auch vorliegt. Der Kläger kritisiert hier die tatrichterliche Sachverhaltswürdigung durch das Verwaltungsgericht. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind nach § 78 Abs. 3 AsylG aber gerade kein Grund für die Zulassung der Berufung (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.2018 - 9 ZB 18.31509 - juris Rn. 9). Im Übrigen lässt sich dem erstinstanzlichen Urteil (s. UA S. 6 f.) entnehmen, dass das Verwaltungsgericht schon deshalb nicht die Überzeugung von der drohenden Verfolgung des Klägers in Sierra Leone wegen Homosexualität gewinnen konnte, weil Homosexualität nach der Auskunftslage in Sierra Leone „nicht unter Strafe gestellt“ bzw. hinsichtlich eines formal noch bestehenden Gesetzes aus der britischen Kolonialzeit („Offences against the Person Act“, Abschnitt 61) davon auszugehen sei, dass dieses nicht angewendet werde. Es könne aufgrund der Quellen auch nicht angenommen werden, dass der Staat nicht schutzfähig und schutzwillig in Bezug auf nichtstaatliche Akteure sei. Die Frage, ob der Kläger als homosexuell anzusehen ist, wovon das Verwaltungsgericht nach seinen weiteren, ergänzenden Ausführungen allerdings auch nicht überzeugt war, war somit nicht entscheidungserheblich.

2. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor.

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (BayVGH, B.v. 27.2.2019 - 9 ZB 19.30489 - juris Rn. 3). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.

Hinsichtlich der aufgeworfenen Frage, „ob homosexuelle Personen bei einer Rückkehr nach Sierra Leone Verfolgungshandlungen ausgesetzt sind“, fehlt es jedenfalls an einer ausreichenden Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Stützt sich das Verwaltungsgericht - wie hier - bei seiner Entscheidung auf bestimmte eingeführte Erkenntnismittel, ist erforderlich, dass das Zulassungsvorbringen zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen (z. B. Auskünfte, Stellungnahmen, Gutachten, Presseberichte) enthält, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 - 9 ZB 18.32733 - juris Rn. 13 m.w.N.). Der vom Kläger thematisierte Auszug aus Wikipedia war bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Mit seinem Inhalt - und weiteren vom Kläger benannten Erkenntnismitteln - hat sich das Verwaltungsgericht in seinem Urteil auseinandergesetzt (s. UA S. 6 f.). Aus den vom Kläger noch vorgelegten Presseberichten, dem Bericht von Amnesty International vom 8. Mai 2015 und den angeführten Urteilen des VG Augsburg vom 7. April 2011 (Au 7 K 10.30505 - juris) sowie des EuGH vom 7. November 2013 (C-199-12 - juris) lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass Homosexuelle in Sierra Leone allein wegen ihrer sexuellen Ausrichtung staatlichen Verfolgungshandlungen ausgesetzt sind oder der Staat hinsichtlich Verfolgungshandlungen von Seiten Dritter gegen Homosexuelle nicht in der Lage oder willens ist, Schutz zu gewähren (vgl. § 3d Abs. 1 und 2 AsylG). Aus aktuellen, allgemein zugänglichen Erkenntnisquellen ergibt sich nichts Gegenteiliges; dergleichen wird vom Kläger auch nicht dargelegt. Einzelne geschilderte Übergriffe belegen im Übrigen nicht die grundsätzliche Schutzunwilligkeit oder Schutzunfähigkeit des Staates (BVerwG, U.v. 5.7.1994 - 9 C 1/94 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 23.11.2017 - 9 ZB 17.30302 - juris Rn. 4).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Mit der nach § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

Das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Juli 2015 - 67 S 130/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil wird aufgehoben und die Sache an eine andere Zivilkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen. Der Beschluss des Landgerichts vom 15. September 2015 - 67 S 130/15 - wird damit gegenstandslos.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Land Berlin hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft zivilgerichtliche Entscheidungen, die ein Mieterhöhungsbegehren nach Modernisierung der Mietwohnung zum Gegenstand haben.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftshauses in Berlin-Mitte. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) ist Mieterin einer in dem Haus gelegenen Wohnung und wurde in einem Vorprozess zur Duldung von Modernisierungsmaßnahmen verurteilt. Daraufhin schlossen die Parteien am 3./6. September 2010 eine Modernisierungsvereinbarung, woraufhin die Klägerin ihre zunächst eingelegte Berufung zurücknahm. Die Arbeiten wurden in der Folgezeit durchgeführt und spätestens am 28. Oktober 2010 beendet. Im unmittelbaren Anschluss daran verlangte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 29. Oktober 2010 unter Bezugnahme auf sechs im selben Anwesen liegende Vergleichswohnungen die Zustimmung der Klägerin zu einer Erhöhung der monatlichen Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 BGB). Dabei legte sie die Ausstattung der Wohnung im modernisierten Zustand zugrunde. Die Klägerin stimmte dem Erhöhungsverlangen zu und zahlte ab November 2010 die um 37,32 € erhöhte Miete.

3

Etwa zehn Monate später machte die Beschwerdeführerin beginnend ab Mai 2012 eine Modernisierungsmieterhöhung (§ 559 Abs. 1 BGB in der vom 1. Januar 2002 bis 30. April 2013 gültigen Fassung, im Folgenden: a.F.) um monatlich 116,53 € geltend. Dem widersprach die Klägerin. Die Beschwerdeführerin reduzierte daraufhin den Betrag auf 79,21 €, so dass die bereits erfolgte Mieterhöhung nach § 558 BGB und die zuletzt begehrte Modernisierungsmieterhöhung zusammen einen Betrag von 116,53 € ausmachten. Die Klägerin zahlte die erhöhte Miete nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Den bis Juli 2014 vorbehaltlich gezahlten Erhöhungsbetrag von 2.138,67 € (für 27 Monate) forderte sie in dem der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegenden Ausgangsverfahren zurück. Außerdem beantragte sie festzustellen, dass sie der Beschwerdeführerin keinen "Modernisierungszuschlag" schulde.

4

Durch mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenem Urteil vom 10. März 2015 gab das Amtsgericht dem Zahlungsantrag statt und wies die Feststellungsklage ab. Es sei zwar zulässig, kumulativ nach § 558 und § 559 BGB vorzugehen. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass die Modernisierung doppelt berücksichtigt werde. Eine Modernisierungsmieterhöhung sei daher vorliegend ausgeschlossen, weil bereits zuvor auf der Grundlage des modernisierten Zustands eine Erhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete verlangt worden sei. Der Klägerin stehe daher der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch zu. Ihre Feststellungsklage sei dagegen unzulässig, weil kein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO bestehe.

5

Gegen das Urteil des Amtsgerichts legten beide Parteien Berufung ein. Mit angegriffenem Urteil vom 16. Juli 2015 gab das Landgericht unter Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin auch dem Feststellungsantrag der Klägerin und damit der Klage insgesamt statt.

6

Das Mieterhöhungsschreiben vom 29. Oktober 2010 sei aus Sicht eines verständigen Mieters so zu verstehen, dass die Beschwerdeführerin sämtliche aus der Modernisierung herrührenden Rechte geltend gemacht und auf weitergehende (Mieterhöhungs-) Ansprüche habe verzichten wollen. Die Beschwerdeführerin habe unmittelbar nach Abschluss der Modernisierungsmaßnahmen gestützt auf § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB die Miete erhöht, ohne die Möglichkeit einer späteren zusätzlichen Erhöhung nach § 559 Abs. 1 BGB a.F. auch nur zu erwähnen oder sie sich vorzubehalten. Für die Frage einer konkludenten vollständigen Abgeltung im Wege des Teilverzichts sei zwar auch von Bedeutung, ob sich einer der Vertragspartner zu einer "substantiellen Gegenleistung" verpflichtet habe und ob die Einigung in einer Situation erheblicher Unsicherheit für beide Parteien erfolgt sei. Dies sei vorliegend aber der Fall, denn die Beschwerdeführerin habe vor dem Hintergrund der nach Art und Umfang "bis heute" streitigen Auseinandersetzungen über die Duldung der Modernisierung auf Grundlage des neuen Ausstattungszustands und der streitigen Rechtsauffassung zum Verhältnis der § 558 und § 559 BGB die Zustimmung zu einer Mieterhöhung verlangt. Die Beschwerdeführerin müsse daher ihr im Schreiben vom 29. Oktober 2010 zu Tage getretenes Verhalten nach Treu und Glauben gegen sich gelten lassen, denn sie habe zugewartet und, obwohl ihr dies bereits spätestens zum Zeitpunkt dieses Schreibens möglich gewesen sei, über einen Zeitraum von zehn Monaten keine Modernisierungsmieterhöhung geltend gemacht. Durch den Verzicht sei ein Erlassvertrag im Sinne von § 397 Abs. 1 BGB zustande gekommen, den die Klägerin - ebenfalls konkludent - angenommen habe.

7

Da von einem Verzicht auf eine Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 Abs. 1 BGB a.F. auszugehen sei, bedürfe das im Einzelnen streitige und höchstrichterlich ungeklärte Verhältnis von § 558 und § 559 BGB keiner abschließenden Entscheidung, weshalb auch die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zuzulassen sei.

8

Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin Anhörungsrüge nach § 321a ZPO, mit der sie beanstandete, dass die Annahme eines stillschweigend geschlossenen Erlassvertrags eine unzulässige Überraschungsentscheidung sei. Dieser Gesichtspunkt sei weder in erster Instanz noch im Berufungsrechtszug erörtert worden, sondern erstmals im Urteil des Landgerichts zur Sprache gekommen. Wenn die Beschwerdeführerin auf eine solche rechtliche Bewertung ihres Verhaltens hingewiesen worden wäre, hätte sie unter anderem vorgebracht, dass sie niemals auf eine Modernisierungsmieterhöhung habe verzichten wollen und die gegenteilige Auslegung ihres Schreibens vom 29. Oktober 2010 auch ihrer objektiven Interessenlage widerspreche. Insbesondere sei sie zum Zeitpunkt ihres ersten Mieterhöhungsverlangens noch gar nicht in der Lage gewesen, nach § 559 Abs. 1 BGB a.F. vorzugehen, weil amtliche Bescheinigungen und Rechnungen noch nicht vorgelegen hätten, um die Modernisierungskosten abschließend zu beziffern.

9

Mit durch die Verfassungsbeschwerde angegriffenem Beschluss vom 15. September 2015 verwarf das Landgericht die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin als unzulässig. Die Beschwerdeführerin habe eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung entsprechend den Anforderungen des § 321a Abs. 2 Satz 5 in Verbindung mit § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht dargelegt. Eine Gehörsverletzung liege auch nicht vor.

10

2. Mit ihrer fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die vorgenannten Entscheidungen. Sie rügt die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG durch das Urteil des Amtsgerichts sowie eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG durch die landgerichtlichen Entscheidungen.

11

Das Landgericht habe eine unzulässige Überraschungsentscheidung gefällt und dadurch gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen. Auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter habe mit der Annahme eines Erlassvertrags nicht rechnen brauchen, weil diese fernliegend sei und den in Rechtsprechung und Lehre geklärten Anforderungen an das Zustandekommen von Erlassverträgen durch konkludentes Verhalten des Gläubigers widerspreche. Auf einen gerichtlichen Hinweis, dass die Annahme eines solchen Vertrages in Betracht komme, hätte die Beschwerdeführerin tatsächlich und rechtlich weiter vorgetragen. Die Annahme eines Erlassvertrages sei überdies grob falsch, abwegig und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt haltbar. Das Landgericht sei in willkürlicher Weise davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführerin eine Modernisierungsmieterhöhung spätestens zum 29. Oktober 2010 möglich gewesen sei.

12

Der die Anhörungsrüge verwerfende Beschluss verletze die Beschwerdeführerin erneut in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf rechtliches Gehör. Das Landgericht habe ihr Rügevorbringen weder zur Kenntnis genommen noch sich damit auseinandergesetzt.

13

3. Zu der Verfassungsbeschwerde haben der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, der Verband "Haus & Grund", die Klägerin des Ausgangverfahrens, der Deutsche Mieterbund, der Deutsche Anwaltverein sowie die Bundesrechtsanwaltskammer Stellung genommen. Der Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung des Landes Berlin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme; er hat von dieser aber abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

II.

14

Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen vor, soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landgerichts vom 16. Juli 2015 richtet. Die für die Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Rechtsfragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (vgl. BVerfGE 86, 133 <144 ff.>). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist im dargelegten Umfang zur Durchsetzung des Anspruchs der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit zulässig und offensichtlich begründet.

15

1. Das Urteil des Landgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG.

16

a) Das Gebot rechtlichen Gehörs gewährt den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens ein Recht darauf, im Verfahren zu Wort zu kommen, Anträge zu stellen und Ausführungen zu dem in Rede stehenden Sachverhalt, den Beweisergebnissen sowie zur Rechtslage zu machen (vgl. BVerfGE 83, 24 <35>; 86, 133 <144>; stRspr). Darüber hinaus enthält Art. 103 Abs. 1 GG als weitergehende Garantie den Schutz vor Überraschungsentscheidungen (vgl. BVerfGE 107, 395 <410>; BVerfGK 14, 455 <456>; stRspr). Da die Beteiligten gemäß Art. 103 Abs. 1 GG Gelegenheit erhalten sollen, sich zu dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt, den Beweisergebnissen und den Rechtsauffassungen vor Erlass der Entscheidung zu äußern, setzt eine den verfassungsrechtlichen Ansprüchen genügende Gewährung rechtlichen Gehörs voraus, dass die Verfahrensbeteiligten bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermögen, auf welchen Vortrag es für die Entscheidung ankommen kann (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>). Es kann daher der Verhinderung eines Vortrags zur Rechtslage gleichkommen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt abstellt. Dabei statuiert Art. 103 Abs. 1 GG zwar keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Gerichts (vgl. BVerfGE 66, 116 <147>; 84, 188 <190>). Die Parteien eines Zivilprozesses müssen, auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und ihren Vortrag darauf einstellen (vgl. BVerfGE 86, 133 <145>; 98, 218 <263>). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist aber dann anzunehmen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen eine gewissenhafte und kundige Partei auch unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen braucht (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; 98, 218 <263>; stRspr).

17

b) Nach diesen Maßstäben verletzt das Urteil des Landgerichts die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG.

18

aa) Die Annahme einer Verzichtserklärung und eines Erlassvertrages stellt eine Überraschungsentscheidung dar, mit der die Parteien nach dem Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchten. Ein möglicher Verzicht der Beschwerdeführerin war weder im Vorfeld von den Parteien erörtert noch vom Gericht in der mündlichen Verhandlung in Erwägung gezogen worden. Auch im erstinstanzlichen Urteil ist dieser Gesichtspunkt nicht zur Sprache gekommen. Die Annahme eines Verzichts lag auch nicht derart nahe, dass die Beschwerdeführerin dazu aus Gründen prozessualer Vorsorge oder unter Berücksichtigung des Gebots des sichersten Weges vorsorglich hätte vortragen müssen, um möglicherweise andernfalls drohenden Rechtsnachteilen zuvorzukommen.

19

Durch das Unterlassen eines entsprechenden rechtlichen Hinweises hat das Landgericht der Beschwerdeführerin die Möglichkeit abgeschnitten, zur Frage der Annahme eines Verzichtswillens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorzutragen.

20

bb) Die Entscheidung des Landgerichts beruht auch auf diesem Gehörsverstoß. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Entscheidung bei Gewährung rechtlichen Gehörs anders ausgefallen wäre.

21

Aus der Verfassungsbeschwerde und der mitgeteilten Anhörungsrüge geht hinreichend hervor, was die Beschwerdeführerin bei ordnungsgemäßer Gewährung rechtlichen Gehörs vorgebracht hätte. So hat sie unter anderem ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an das Vorliegen eines Verzichtswillens strenge Anforderungen zu stellen seien und der Verzichtswille unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände unmissverständlich sein müsse. Dabei könne für das Vorliegen eines unmissverständlichen Verzichtswillens zwar sprechen, wenn in einer Situation erheblicher Unsicherheit seitens der gegnerischen Partei eine "substantielle Gegenleistung" erfolgt sei. Vorliegend sei aber schon kein Raum für ein (weiteres) Entgegenkommen der Beschwerdeführerin gewesen, weil sie der Klägerin bereits bei Abschluss der Modernisierungsvereinbarung im September 2010 entgegenkommen war. Mit dieser Vereinbarung hätten sich die Parteien auch ausdrücklich über Art und Umfang der Modernisierungsmaßnahmen gütlich geeinigt. Entgegen der Annahme des Landgerichts habe daher im Hinblick auf die Modernisierungsmaßnahmen schon seit September 2010 zwischen den Parteien kein Streit mehr bestanden, weshalb insoweit auch weder eine "erhebliche Unsicherheit" vorgelegen habe noch die Zustimmung der Klägerin zur Mieterhöhung als "substantielle Gegenleistung" habe gewertet werden können. Auch aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin die Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB a.F. nicht sogleich erklärt, sondern zunächst zehn Monate zugewartet habe, könne nicht auf einen in dem Schreiben vom 29. Oktober 2010 enthaltenen stillschweigenden Verzicht geschlossen werden. Denn entgegen der Annahme des Landgerichts sei die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in der Lage gewesen, auf Grundlage von § 559 Abs. 1 BGB a.F. vorzugehen, weil ihr weder die exakten Modernisierungskosten bekannt gewesen seien noch sämtliche Rechnungen vorgelegen hätten. Eine Mieterhöhungserklärung setze aber voraus, dass die Arbeiten vollständig abgerechnet, die Richtigkeit der Rechnungen nachgeprüft und schließlich die gesamten Modernisierungskosten ermittelt worden seien. Dies nehme regelmäßig eine gewisse Zeit in Anspruch.

22

Danach spricht vieles dafür, dass dem Landgericht bei Gewährung rechtlichen Gehörs mit Blick auf die in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2015 - VIII ZR 99/14 -, juris, Rn. 19) die Annahme eines schlüssig erklärten Verzichts auf das Recht zur Modernisierungsmieterhöhung und eines konkludent zustande gekommenen Erlassvertrags versperrt geblieben wäre. Infolgedessen hätte sich das Landgericht zu der höchstrichterlich noch nicht geklärten Rechtsfrage zum grundsätzlichen Verhältnis zwischen den § 558 und § 559 BGB verhalten und insoweit - wovon es selbst ausgegangen ist - wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache, jedenfalls aber zur Fortbildung des Rechts die Revision zulassen müssen.

23

cc) Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann zwar grundsätzlich durch das weitere Verfahren geheilt werden (vgl. BVerfGE 5, 22 <24>; 62, 392 <397>; 73, 322 <326 f.>). Eine derartige Heilung scheidet hier jedoch aus. Die Ausführungen des Landgerichts in seinem Beschluss vom 15. September 2015, mit dem es über die Anhörungsrüge entschieden hat, sind hierzu nicht geeignet. Eine Heilung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das Landgericht die Anhörungsrüge als unzulässig verworfen hat.

24

2. Angesichts des festgestellten Verstoßes des landgerichtlichen Urteils gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann offen bleiben, ob die Verfassungsbeschwerde auch insoweit begründet ist, als die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Annahme eines Verzichtswillens eine Verletzung des Willkürverbots rügt. Ebenfalls kann offen bleiben, ob der die Anhörungsrüge verwerfende Beschluss des Landgerichts vom 15. September 2015 einen weiteren Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG begründet.

III.

25

1. Das Urteil des Landgerichts ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache an eine andere Zivilkammer des Landgerichts zurückzuverweisen. Der die Anhörungsrüge verwerfende Beschluss des Landgerichts wird damit gegenstandslos.

26

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts richtet, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen. Insoweit wird von einer Begründung nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

27

3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

28

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor.

1. Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (BayVGH, B.v. 27.2.2019 - 9 ZB 19.30489 - juris Rn. 2 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.

Hinsichtlich der Frage, „ob Erdogan-Gegner, die mit der Verteilung eines Flugblatts mit dem Inhalt ‚Nein zur Politik von Erdogan‘, ‚Nein zum Präsidialsystem‘ sowie vor allem ‚Freiheit für die Kurden‘ erwischt werden, nicht wegen separatistischer Betätigungen belangt werden“, fehlt es bereits an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit. Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger die angeblich gegen ihn gerichteten Bedrohungen oder gar Übergriffe in Folge der Verteilung von Flugblättern schon nicht geglaubt, sie jedenfalls nicht als ausreisemotivierend, sondern als einmalige, allenfalls lokale Angelegenheit angesehen (s. UA S. 21). Es ist ohne weitere Erläuterung nicht nachvollziehbar, wieso der Verteilung von Flugblättern für eine Verfolgungsgefahr des Klägers dennoch Bedeutung zukommen kann.

Außerdem ist auch die grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit nicht substantiiert dargetan. Das Verwaltungsgericht ist nach ausführlicher Darstellung der politischen Lage in der Türkei auf der Basis eingeführter Erkenntnismittel davon ausgegangen, dass der Kläger auch bei Wahrunterstellung der von ihm behaupteten einfachen Mitgliedschaft in der HDP nicht Adressat von Verfolgungsmaßnahmen wäre und die behauptete Verhaftung oder Bedrohung allenfalls als lokaler Amtswalterexzess zu bewerten sei. Deshalb käme auch eine Fluchtalternative in der Westtürkei für ihn in Betracht. Stützt sich das Verwaltungsgericht - wie hier - bei seiner Entscheidung auf bestimmte Erkenntnismittel oder gerichtliche Entscheidungen, ist erforderlich, dass das Zulassungsvorbringen zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen enthält, etwa entsprechende Auskünfte, Stellungnahmen, Gutachten, Presseberichte oder andere Gerichtsentscheidungen oder Erkenntnisse, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 - 9 ZB 18.32733 - juris Rn. 13 m.w.N.). Dem genügt die bloße Behauptung im Zulassungsantrag nicht, dass sich Personen, die Flugblätter mit separatistischem Inhalt verteilten, zu Tausenden in türkischen Gefängnissen befänden.

2. Soweit der Kläger insoweit meint, zur Klärung der tatsächlichen Gefährdung von Personen, die Flugblätter mit separatistischem Inhalt verteilen, sei eine Beweisaufnahme erforderlich, und damit einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) vorzubringen beabsichtigt, kann auch dies nicht zur Zulassung der Berufung führen. Eine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht statuiert Art. 103 Abs. 1 GG nicht (vgl. BVerfG, B.v. 5.3.2018 - 1 BvR 1011/17 - juris Rn. 16). Insbesondere gibt Art. 103 Abs. 1 GG den am Prozess Beteiligten keinen Anspruch darauf, dass das Gericht von sich aus Beweis erhebt (vgl. BayVGH, B.v. 26.2.2019 - 9 ZB 19.30163 - juris Rn. 7 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Mit der nach § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 26.2.2019 - 9 ZB 19.30057 - juris Rn. 2 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.

a) Der im Zulassungsvorbringen aufgeworfenen Frage: „Muss angesichts der Tatsache, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung am Rande des Existenzminimums lebt, der Kläger nachvollziehbar ausgeführt hat, dass er sich nicht dem Schutz einer Großfamilie unterstellen kann, davon ausgegangen werden, dass sich der Kläger zumindest sein Existenzminimum sichern kann oder muss davon ausgegangen werden, dass angesichts der Gesamtumstände und auch den speziellen Umstände beim Kläger bei einer Rückkehr davon ausgegangen werden muss, dass er unter dem Existenzminimum (und somit unter den inländischen Maßstäben unter Verstoß eines selbstbestimmten würdevollen Lebens) bleiben muss“ lässt sich bereits keine allgemeine, über den Einzelfall des Klägers hinausreichende Bedeutung entnehmen. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht auf die schwierigen Lebensbedingungen in Sierra Leone abgestellt und ist auf dieser Basis zu der Einschätzung gelangt, dass sich der Kläger als junger, gesunder und erwerbsfähiger Mann, der über Schulbildung verfügt, im Fall der Rückkehr in sein Heimatland - selbst am Standort einer inländischen Fluchtalternative - ein neues Leben aufbauen können wird. Dem wird im Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegen getreten. Der Kläger wendet sich vielmehr im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Damit wird kein in § 78 Abs. 3 AsylG genannter Zulassungsgrund dargetan (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 - 9 ZB 18.32733 - juris Rn. 14).

b) Soweit im Zulassungsvorbringen ausgeführt wird, es sei grundsätzlich klärungs-bedürftig, ob der Kläger bei Bekanntwerden der Asylantragstellung mit politischer Verfolgung rechnen muss, kann der Antrag ebenfalls keinen Erfolg haben. Unabhängig davon, dass dieser (neue) Sachvortrag weder im Verfahren der Anhörung vor dem Bundesamt noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vom Kläger thematisiert wurde und damit im Zulassungsverfahren nicht mehr zu berücksichtigen sein dürfte (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2018 - 1 ZB 17.31272 - juris Rn. 10), genügt dieses Vorbringen ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG. Es fehlt hier jede Ausführung zur Klärungsbedürftigkeit oder Klärungsfähigkeit.

2. Der behauptete Verstoß gegen das rechtliche Gehör liegt nicht vor (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG).

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Das Gericht hat sich mit den wesentlichen Argumenten des Klagevortrags zu befassen, wenn sie entscheidungserheblich sind. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann jedoch nur dann festgestellt werden, wenn sich aus besonderen Umständen klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (vgl. BayVGH, B.v. 19.10.2018 - 9 ZB 16.30023 - juris Rn. 10).

Dies zugrunde gelegt, hat der Kläger keinen Gehörsverstoß dargetan. Er macht geltend, das Gericht hätte eine Auskunft des Auswärtigen Amtes zu der Problematik einholen müssen, dass er sich in Sierra Leone mit der Society bzw. mit einer entsprechenden Frauenvereinigung „angelegt“ habe und angesichts der Gefährlichkeit dieser Vereinigung u.a. keine Unterstützung bei seiner Wiederansiedlung erlangen könne. Für das Verwaltungsgericht bestand jedoch schon mangels Entscheidungserheblichkeit keine Veranlassung, die Konsequenzen eines derartigen Konfliktes aufzuklären, weil es dem Kläger die diesbezüglich vorgetragene Verfolgungsgeschichte nicht geglaubt hat (vgl. UA S. 7 f.).

3. Inwieweit - wie der Kläger behauptet - die angefochtene Entscheidung von ober-gerichtlicher Rechtsprechung abweichen soll (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG), wird nicht ausreichend dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG). Es ist weder ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet, noch angegeben, von welchem Rechtssatz welchen Divergenzgerichts dieser abweichen soll (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2018 - 9 ZB 18.31509 - juris Rn. 7).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Mit der nach § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 14.12.2017 – 9 ZB 15.30129). Dem genügt das Zulassungsvorbringen nicht.

Die aufgeworfene Frage, „inwieweit eine solche Abwendung von der Society im Falle des Bekanntwerdens (wie vorliegend) zumindest ein Abschiebungsverbot im Sinne des Gesetzes vorliegt“ ist mangels Entscheidungserheblichkeit nicht klärungsfähig. Das Verwaltungsgericht stellt entscheidungstragend darauf ab, dass die Angaben des Klägers bezüglich einer Verfolgung durch eine Society nicht glaubhaft sind; es begründet seine Überzeugung umfassend.

Das Vorbringen, es sei davon auszugehen, „dass der Vortrag des Klägers, er werde zum Bleiben gezwungen bzw. müsste bei Verdacht des Geheimnisverrats sterben, hinreichend glaubhaft und schlüssig ist“, wendet sich im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung und gegen die Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht. Damit wird jedoch kein im Asylverfahrensrecht vorgesehener Zulassungsgrund angesprochen (vgl. BayVGH, B.v. 8.8.2017 – 9 ZB 17.30994 – juris Rn. 8 m.w.N.).

2. Die Berufung ist nicht nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG zuzulassen.

Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines der in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Im Zulassungsantrag muss daher ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet werden und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2018 – 9 ZB 18.30057 - juris Rn. 12 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht, weil schon kein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet wird, der von einem Rechtssatz des genannten Divergenzgerichts abweichen soll.

3. Die geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 Nr. 3 VwGO).

Der Kläger ist – anders als das Verwaltungsgericht – der Ansicht, dass sein Vortrag „hinreichend glaubhaft und schlüssig ist“. Mit der vom Kläger geübten Kritik an der tatrichterlichen Sachverhaltswürdigung durch das Verwaltungsgericht im Einzelfall kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör grundsätzlich nicht begründet werden. Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2018 – 9 ZB 18.30057 – juris Rn. 21 m.w.N.). Dem ist das Verwaltungsgericht nachgekommen. Der Kläger hat auch sonst keine gravierenden Verstöße gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung dargelegt. Im Ergebnis hält der Kläger die von dem Verwaltungsgericht vorgenommene Sachverhalts- und Beweiswürdigung für falsch. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind nach § 78 Abs. 3 AsylG jedoch kein Grund für die Zulassung der Berufung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.