Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 07. Juni 2018 - 9 ZB 18.665

published on 07/06/2018 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 07. Juni 2018 - 9 ZB 18.665
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Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen ein Verbot der Haltung und Betreuung von Tieren sowie gegen eine damit verbundene Abgabeverpflichtung aller Tiere.

Mit Bescheid vom 16. Februar 2017 untersagte das Landratsamt M... der Klägerin das Halten und Betreuen von Tieren (Nummer 1) und gab ihr auf, innerhalb von 6 Monaten nach Zustellung der Anordnung alle Tiere abzugeben (Nummer 2). Darüber hinaus wurden der Klägerin weitere Verpflichtungen auferlegt, das gewerbsmäßige Handeln mit Wirbeltieren untersagt, die sofortige Vollziehung der Nummern 1 und 2 des Bescheids angeordnet sowie verschiedene Zwangsmittel angedroht (Nummern 3 - 9). Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Klage, die sie nach Verlängerung der mit Bescheid vom 16. Februar 2017 gesetzten Abgabefrist bis zum 30. April 2018 auf die Aufhebung des Haltungs- und Betreuungsverbots und der Abgabeverpflichtung beschränkte. Mit Urteil vom 15. November 2017 wies das Verwaltungsgericht München die Klage gegen Nummer 1 und 2 des Bescheids vom 16. Februar 2017 ab. Hiergegen richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung (§§ 124,124a Abs. 4 VwGO) hat keinen Erfolg.

Der von der Klägerin allein geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht gegeben. Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass die Klägerin im September 2016 41 Hunde (26 adulte Hunde, 15 Welpen) und 23 Kaninchen gehalten und dabei wiederholt und grob den Vorschriften des § 2 TierSchG und der Tierschutz-HundeverordnungTierSchHuV – zuwider gehandelt habe. Dadurch seien den Tieren erhebliche Schmerzen oder Leiden und Schäden zugefügt worden. Angesichts der Wirkungslosigkeit früherer Hinweise und Bescheide sei eine nachhaltige Verbesserung der Tierhaltung von der Klägerin prognostisch nicht zu erwarten und das vom Beklagten verhängte Tierhaltungs- und –betreuungsverbot nicht ermessensfehlerhaft. Diese Bewertung ist nicht ernstlich zweifelhaft.

a) Soweit die Klägerin vorträgt, die tierärztlichen Untersuchungen nach der Wegnahme hätten „beinahe ausnahmslos keine mehr als nur geringfügigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen“ der Tiere ergeben, ist das Zulassungsvorbringen nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu begründen.

Nach den von der Klägerin nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts genügte die Tierhaltung der Klägerin zum Zeitpunkt der Kontrolle im September 2016 nicht den Anforderungen des TierSchG und der TierSchHuV. Das Verwaltungsgericht führte hierzu aus, dass der Pflege- und Gesundheitszustand der Hunde nach den Feststellungen der Fachtierärztin für Verhaltenskunde Dr. S... des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), die sich der Amtstierarzt des Landratsamts M... zu eigen gemacht hat, „mäßig bis sehr schlecht“ gewesen sei. Es seien reizarme Haltung, schlechter Reinigungszustand, unzureichendes Platzangebot, fehlender Auslauf und unzureichende Beschäftigungsmöglichkeiten sowie Verschmutzungen und deutliche Kratz- und Nagespuren an Wänden und Möbeln auffällig gewesen. Dadurch seien den Hunden aus verhaltenspsychologischer Sicht erhebliche Schmerzen oder Leiden und Schäden zugefügt worden. Auch die Kaninchenhaltung der Klägerin sei erheblich mangelhaft gewesen. Mindestens einigen Tieren sei erhebliches Leiden dadurch zugefügt worden, dass ihnen kein Wasser zur Verfügung stand und gravierende Haltungsmängel vorlagen. Angesichts der bereits in der Vergangenheit festgestellten und beanstandeten Missstände bei der Tierhaltung der Klägerin sei die Prognose nicht zu beanstanden, dass eine nachhaltige dauerhafte Verbesserung der Tierhaltung von der Klägerin nicht zu erwarten sei. Diesen Feststellungen des Amtstierarztes hinsichtlich der Beurteilung, ob die Anforderungen des § 2 TierSchG eingehalten sind bzw. ob grobe und wiederholte Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen vorliegen, kommt von Gesetzes wegen eine vorrangige Beurteilungskompetenz zu (stRspr., vgl. z.B. BayVGH, B.v. 6.11.2017 – 9 ZB 15.2608 – juris Rn. 8). Das unsubstantiierte Zulassungsvorbringen der Klägerin, es hätten sich bei tierärztlichen Untersuchungen nach der Wegnahme beinahe ausnahmslos keine mehr als nur geringfügigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen ergeben, ist nicht geeignet, die auf den tatrichterlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts beruhende Prognoseentscheidung in Frage zu stellen.

b) Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass sie am 19. September 2016 mit dem später eingeschläferten Welpen einen Tierarzt aufgesucht habe und das Gutachten des Instituts für Tierpathologie der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) keine Aussagen zu Schmerzen, Leiden oder Schäden des Welpen enthalte, ist ihr Vorbringen ebenfalls nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu begründen. Zum einen kann der erstmalige Tierarztbesuch vom 19. September 2016 Versäumnisse in der Hundepflege vor diesem Termin nicht ungeschehen machen. Zum anderen ändert der Hinweis auf fehlende Aussagen zu Schmerzen, Leiden oder Schäden im Gutachten der LMU nichts daran, dass nach der unter Hinzuziehung einer Fachtierärztin für Verhaltenskunde des LGL erfolgten fachlichen Beurteilung des Amtstierarztes dem später eingeschläferten Welpen wegen unzureichender Betreuung und Versorgung länger anhaltende erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt wurden. Diese Beurteilung beruht auf der vom Institut für Tierpathologie der LMU gestellten Diagnose „Hornhautulcus mit mittel- bis hochgradiger eitrig-fibröser Entzündung der vorderen Augenkammer und Linsenluxation, chronisch-interstitielle und Aspirations-Pneumonie, hochgradiger Lungenwurmbefall“, die den Hinweis enthält, dass die Befunde an Thymus und Lunge chronischer Natur seien und für eine länger andauernde und schwere Erkrankung sprechen. Dem wird im Zulassungsvorbringen nicht substantiiert entgegengetreten.

c) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich auch nicht in Bezug auf die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit des angeordneten Tierhaltungsverbots.

Der Einwand der Klägerin, das Landratsamt sei 4,5 Jahre bezüglich der Haltungsbedingungen bei der Klägerin untätig geblieben und müsse deshalb zunächst weniger einschneidende Anordnungen ergreifen, verfängt ebenso wenig wie die Einlassung, weder das Landratsamt, noch das Verwaltungsgericht hätten sich mit „Handlungsalternativen“ befasst. Angesichts der Kontrollen vom 9. März 2012, 28. März 2012, 12. November 2012, 28. Februar 2014, 24. April 2014, der vergeblichen Kontrollversuche vom 27. Mai 2015, 8. September 2015 und vom 6. April 2016 sowie der erlassenen Bescheide kann von einer Untätigkeit des Landratsamts über 4,5 Jahre nicht die Rede sein.

Das Vorbringen, weder das Landratsamt noch das Verwaltungsgericht hätten sich mit weniger schwer in die Rechte der Klägerin eingreifenden Handlungsalternativen befasst, trifft nicht zu. Die Begründung zur Anordnung des Tierhalte- und Betreuungsverbots im Bescheid des Landratsamts vom 16. Februar 2017 nimmt Bezug auf die „umfangreiche Vorgeschichte, die erhobenen Tatsachen und die fehlende Einsicht“ der Klägerin, die die Annahme rechtfertigten, dass die Klägerin weiterhin gegen das Tierschutzrecht verstoßen werde. Die Vorgeschichte, die erhobenen Tatsachen und die Umstände, die darauf schließen lassen, dass es der Klägerin an der erforderlichen Einsicht fehlt, werden umfassend in den Bescheidsgründen dargestellt. Auf dieser Grundlage kommt auch das Verwaltungsgericht zu der nachvollziehbaren und überzeugenden Bewertung, dass ein milderes Mittel aufgrund der Vielzahl tierschutzrechtlicher Verstöße und der erkennbaren Uneinsichtigkeit der Klägerin nicht in Betracht kommt. Von den tatsächlichen Verhältnissen ausgehend ist nicht ersichtlich, welche anderen Maßnahmen als das angeordnete Tierhalte- und Betreuungsverbot ernstlich in Betracht kommen könnten, um weitere tierschutzrechtliche Verstöße durch die Klägerin in Zukunft sicher ausschließen zu können. Eine von Seiten der Klägerin genannte Beschränkung durch Festlegung einer Höchstzahl von Hunden wurde bereits in der Vergangenheit angeordnet, ohne dass sich die Klägerin hieran gehalten hätte. Da sowohl die Hundehaltung der Klägerin als auch die Kaninchenhaltung massive Mängel aufwiesen, beschränkt sich die Ungeeignetheit der Klägerin zur Tierhaltung auch nicht lediglich auf eine bestimmte Tierart.

d) Auch die im Zulassungsverfahren geltend gemachten „ideellen Interessen“ der Klägerin begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, weil sie die gewichtigen Gründe des Tierschutzes nicht überwinden können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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published on 06/11/2017 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt. Gründe
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

1.
muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
2.
darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
3.
muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.