Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Mai 2019 - 21 C 19.631

bei uns veröffentlicht am06.05.2019
vorgehend
Verwaltungsgericht Regensburg, RN 5 K 18.1900, 06.03.2019

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 6. März 2019 wird aufgehoben.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Dem Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen eine auf der Grundlage des § 75 Satz 3 VwGO ergangene Aussetzung des Klageverfahrens.

Die Regierung der Oberpfalz ordnete mit Bescheid vom 27. August 2012 das Ruhen der dem Kläger erteilten Approbation als Arzt an. Grundlage dafür war insbesondere ein Gutachten des Facharztes für psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. med. F. vom 6. August 2012.

Ein auf Veranlassung der Regierung von … von dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. R. erstelltes Gutachten vom 11. August 2016 kommt zu dem Ergebnis, es könne nicht befürwortet werden, dass dem Kläger die ärztliche Approbation wiedererteilt werde; er leide an einer schweren psychischen Erkrankung (schizotype Störung - ICD-10 F21), die chronisch sei und bei der keine Besserung zu erwarten sei.

Der Kläger beantragte am 11. August 2017 bei der Regierung von … die „Wiedererteilung der ärztlichen Approbation“ und verwies auf einen Arztbrief des Prof. Dr. S. (Max-Planck-Institut für Psychiatrie) vom 1. Februar 2017. Danach stehe die Entlassungsdiagnose (Anankastische Persönlichkeitsstörung - ICD-10 F60.5) aus Sicht der unterzeichnenden Ärzte einem beruflichen Wiedereinstieg grundsätzlich nicht entgegen.

Am 17. Mai 2018 ließ der Kläger (Untätigkeits-)Klage erheben. Mit Schreiben vom 24. Mai 2018 teilte die Regierung von … dem Kläger mit: Eine abschließende Beurteilung sei zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Nach der nunmehr vorliegenden internen fachärztlichen Stellungnahme sei von einer fortbestehenden gesundheitlichen Nichteignung des Klägers auszugehen.

Das Verwaltungsgericht Regensburg setzte mit Beschluss vom 6. März 2019 das Klageverfahren gemäß § 75 Satz 3 VwGO in Hinblick auf eine von der Regierung von … im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens in Auftrag gegebene, erneute Begutachtung des Klägers aus.

Dagegen richtet sich die Beschwerde, der das Verwaltungsgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die statthafte (§ 146 Abs. 1 VwGO) und auch sonst zulässige Beschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen des § 75 Satz 3 VwGO für die vom Verwaltungsgericht beschlossene Aussetzung des Klageverfahrens liegen nicht vor.

1. Ist über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht entschieden worden, kann die Untätigkeitsklage - wie hier - nach Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden (§ 75 Satz 1 und 2 VwGO). Das Verwaltungsgericht setzt nach § 75 Satz 3 VwGO das gerichtliche Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist (nur) dann aus, wenn der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen wurde und dafür ein zureichender Grund besteht.

Danach war dem Verwaltungsgericht eine Aussetzung schon deshalb verwehrt, weil die Regierung von … über den der Sache nach gestellten Antrag, die Ruhensanordnung vom 27. August 2012 aufzuheben, bereits mit Schreiben vom 24. Mai 2018 abschließend entschieden hatte. Unschädlich ist dabei, dass dieses Schreiben nicht den formalen Anforderungen an einen Bescheid entspricht. Denn bei der gebotenen objektiven Würdigung (vgl. Müller in Huck/Müller, VwVfG, 2. Aufl. 2016, § 35 Rn. 20 m.w.N.) ist dessen Inhalt nur als Ablehnung des Aufhebungsantrags zu verstehen. Das Schreiben beginnt mit dem Hinweis, eine abschließende Beurteilung sei wegen der laufenden internen fachärztlichen Bewertung der neu eingegangenen Unterlagen zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Vor diesem Hintergrund ist die sich anschließende Feststellung, wonach aufgrund der nun vorliegenden Stellungnahme von einer fortbestehenden gesundheitlichen Nichteignung auszugehen sei, nur als abschließende und damit verbindliche Entscheidung über den Antrag zu verstehen. Das gilt umso mehr, als nachfolgend ausdrücklich auf die vom Kläger mit dem Antrag eingereichten Unterlagen dahingehend Bezug genommen wird, dass sie die bereits vorliegenden Gutachten nicht entkräften könnten.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO

3. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil bei einer erfolgreichen in Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nicht besonders aufgeführten Beschwerde keine Gerichtskosten erhoben werden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Mai 2019 - 21 C 19.631

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Mai 2019 - 21 C 19.631

Referenzen - Gesetze

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Mai 2019 - 21 C 19.631 zitiert 6 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 3 Höhe der Kosten


(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Referenzen

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.