Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2016 - 20 ZB 15.2385

published on 15/02/2016 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2016 - 20 ZB 15.2385
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Verwaltungsgericht Bayreuth, 4 K 14.77, 09/09/2015

Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 8.941,94 Euro festgesetzt.

Gründe

Der gemäß § 124a Abs. 4 Sätze 1 bis 5 VwGO zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Ausführungen des Beklagten tragen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit des erstinstanziellen Urteils, das die Nichtigkeit der Beitragsbescheide des Beklagten vom 11. Januar 2009 und vom 25. Dezember 2013 feststellt.

Weder der Bescheid vom 11. Januar 2009, noch der vom 25. Dezember 2013 machen nachvollziehbar deutlich, für welche Teilflächen des Grundstücks FlNr. 57/2 der Gemarkung ... der jeweilige Beitrag in Höhe von 1.680,00 Euro bzw. 3.069,60 Euro jeweils zuzüglich 16 Prozent Mehrwertsteuer gefordert wird. Dabei weist der Bescheid vom 11. Januar 2009 das Grundstück FlNr. 962/1, Gemarkung ..., als beitragsgegenständlich aus, was im Zulassungsverfahren keinen Niederschlag findet. Aber auch sofern man diesen Bescheid auf das Grundstück FlNr. 67/2 der Gemarkung ... beziehen wollte (vgl. Bl. 36 der Behördenakte), wäre das dem Begehren des Beklagten nicht dienlich. Fehlt es nämlich an einer konkreten Angabe, wofür ein Beitrag zu bezahlen ist, ist ein Bescheid nicht hinreichend bestimmt. Er leidet daher an einem offenkundigen schwerwiegenden Mangel, der gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG, § 125 Abs. 1 AO zur Nichtigkeit führt.

Beiden Bescheiden war kein Lageplan beigefügt, aus dem sich die Umgriffsfläche, die jeweils mit dem Beitrag belastet werden sollte, ergibt. Allein dieser Umstand führte noch nicht zur Nichtigkeit der Bescheide, wenn dem Beitragsschuldner klar ist oder aufgrund der ihm bekannten Umstände klar sein muss, welche Flächen konkret zur Beitragserhebung herangezogen werden. Aber auch hierfür war bei Erlass der Bescheide nichts ersichtlich und auch der Vortrag des Beklagten im Antragsverfahren gibt hierfür keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die Parteien haben sich hiernach bezüglich des Bescheides vom 11. Januar 2009 über das Ausmaß der heranzuziehenden Flächen von 1.400 m² nach einer Verhandlungsbasis von vorher 2.000 m² geeinigt, wobei aber der Beklagte auch im Zulassungsverfahren noch keine konkrete Aussage erbringt, wo die jeweils beitragsbelasteten Flächen auf dem Grundstück gelegen sein mögen.

Nicht hilfreich ist in diesem Zusammenhang der Hinweis des Beklagten auf einen Lageplan (Bl. 15 der Behördenakte), der der Klägerin zusammen mit einem Beitragsbescheid für ein anderes, hier nicht streitgegenständliches Grundstück, zugegangen sein soll, der aber auch das hier zu betrachtende Grundstück und darauf eine Linienführung darstellt, die durchaus eine Umgriffsbildung um dort vorhandene bauliche Anlagen abbilden könnte. Zumindest unklar wird diese Umgriffsbildung jedoch in Zusammenschau mit dem Plan auf Bl. 65 der Behördenakte, der noch eine weitere bauliche Anlage ohne eigenen Umgriff ausweist und im völligen Widerspruch dazu steht die Darstellung auf Bl. 66 der Behördenakte, die gänzlich andere Flächeneinteilungen vornimmt. Die dann im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz des Beklagten vom 17. August 2015 konkret beschriebene Umgriffsfläche (Bl. 91 der VG-Akte) war nach Aktenlage niemals vorher Betrachtungsgegenstand und schon von daher der Klägerin nicht bekannt. Viel spricht im Übrigen dafür, dass im Hinblick auf früher abweichende Darstellungen auch der Beklagte sich bei Bescheiderlass nicht im Klaren darüber war, wofür er den Beitrag forderte.

Die erstmals fallbezogene Konkretisierung konnte die von Anfang an bestehende Nichtigkeit des Bescheides nicht korrigieren (vgl. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG, § 126 Abs. 1 Nr. 2 AO). Dasselbe gilt für die offenbar vom Beklagten angestellte Erwägung, wonach jedenfalls nach Erlass des zweiten Bescheides vom 25. Dezember 2013 unzweifelhaft die gesamte Fläche des Grundstücks der Beitragspflicht unterworfen wäre, denn ein nichtiger Bescheid wird durch die Zusammenschau mit einem früheren nichtigen Bescheid nicht wirksam und vermag auch letzteren nicht wirksam zu machen.

Im Hinblick auf den Bescheid vom 11. Januar 2009 verweist der Beklagte im Ergebnis ohne Erfolg auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG, § 125 Abs. 4 AO, wobei die Teilnichtigkeit eines Verwaltungsakts nur dann zu dessen Nichtigkeit im Ganzen führt, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte. Für das zu unterstellende behördliche Verhalten trägt der Beklagte aber nichts vor, sondern belässt es lediglich bei dem im Ansatz wohl richtigen Hinweis, dass der für die Geschossfläche geforderte Beitrag in Höhe von 3.197,13 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer einer gesonderten Betrachtung zugeführt werden könnte. Auch eine gleichsam selbstverständliche und nicht darlegungsbedürftige Folgerung, dass der Beklagte den Bescheid für den Geschossflächenbeitrag als gewichtigen Bestandteil auch ohne den nichtigen Grundflächenbeitrag erlassen hätte, ist nicht angezeigt. Denn die Träger von Wasserversorgungseinrichtungen führen - wie dem Senat aus ständiger Praxis bekannt ist - die Beitragserhebung für die zulässige oder vorhandene Geschossfläche und Grundstücksfläche, wenn letztere beitragspflichtig ist, gemeinsam durch, sogar in jenen Fällen, in denen wegen einer noch zu vermessenden Grundstücksfläche die Beitragsforderung noch gar nicht exakt erhoben werden kann.

Das angefochtene Urteil ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil mit der Erkenntnis der Nichtigkeit der Bescheide ein „ungefragter“ Aspekt im Sinne des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. April 2002 (9 CN 1.01 - bei juris) entscheidungstragend wurde. Denn im Unterschied zum dortigen Fall handelt es sich hier einerseits um einen offenkundigen Mangel im Sinne des § 125 Abs. 1 AO und andererseits führt dessen Berücksichtigung nicht zu einem Ergebnis, an dem die Klägerin gar nicht interessiert war. Vielmehr war es ihr ersichtliches Klageziel, ihre Zahlungspflicht weitgehend oder - aus ihrer Sicht im günstigsten Fall - gänzlich in Wegfall zu bringen.

Der Vortrag des Beklagten wird der Darlegung besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten, derentwegen die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen wäre, nicht gerecht. Insbesondere ist über die unter dem Aspekt der ersichtlich nicht tragfähigen Ausführungen zu den behaupteten ernsthaften Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Urteils hinaus nicht dargelegt, welche besonders schwierige „Gesamtbetrachtung“ anzustellen wäre.

Eine die Berufungszulassung rechtfertigende Divergenz gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zum Senatsurteilvom 26. Oktober 1994 (23 B 93.2262 - bei juris) und zum Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. März 2015 (6 CS 15.389 - bei juris) ist nicht dargetan. Denn das angefochtene Urteil geht in Übereinstimmung mit der angeführten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs durchaus davon aus, dass eine beitragspflichtige Teilfläche auch ohne Darstellung in einem Lageplan hinreichend konkretisiert sein kann, macht aber auch deutlich, dass notwendige bekannte oder erkennbare Umstände zur Ermittlung der Fläche im konkreten Fall gerade nicht vorliegen. Solche stellt die Beklagte nicht einmal dar.

Der Vorwurf der mangelnden Sachaufklärung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wird schließlich ohne jede Substantiierung erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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published on 24/03/2015 00:00

Tenor I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 3. Februar 2015 - W 3 S 14.1370 - wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu trage
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Annotations

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 125 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Verwaltungsakt erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird,
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird,
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird,
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsakts erforderlich ist, nachträglich gefasst wird,
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 5 können bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsakts unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsakts versäumt worden, so gilt die Versäumung der Einspruchsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 110 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.