vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 29 K 17.47277, 03.12.2018

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger - ein nach eigenen Angaben malischer Staatsangehöriger - wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 21. August 2017, mit dem sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt, die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurde, ferner festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, und die Abschiebung nach Mali oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht wurde. Mit Urteil vom 3. Dezember 2018 stellte das Verwaltungsgericht München das vom Kläger durch Klageerhebung initiierte gerichtliche Verfahren wegen teilweiser Klagerücknahme teilweise ein und wies die Klage im Übrigen - d.h. hinsichtlich des zuletzt noch gestellten Antrags, die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 21. August 2017 zu verpflichten, das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen - ab. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und weiche von obergerichtlicher Rechtsprechung ab; ferner habe das Verwaltungsgericht ihm gegenüber den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 78 Abs. 3 AsylG) sind nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.

a) Der vom Kläger behauptete Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2017 - 15 ZB 17.31475 - juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 24.4.2018 - 8 ZB 18.30874 - juris Rn. 4; B.v. 6. Juni 2018 - 15 ZB 18.31230).

Diesen Anforderungen genügt die Begründung des Zulassungsantrags nicht. In der Sache wendet sich der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen gegen die der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegenden tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung, ohne damit jedoch eine über den Einzelfall hinausgehende Klärungsbedürftigkeit einer entscheidungserheblichen Rechts- oder Tatsachenfrage hinreichend darzulegen.

Die vom Kläger als grundsätzlich angesehene Frage,

„ob ein Abschiebungsverbot für den Kläger vorliegt“,

ist in dieser allgemeinen Formulierung schon von vornherein keiner grundsätzlichen Klärung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugänglich, weil die Antwort auf diese von einer Vielzahl von Einzelumständen und Faktoren abhängig ist, sie deshalb nicht hinreichend konkret gefasst ist und sich in dieser Allgemeinheit somit in einem Berufungsverfahren in entscheidungserheblicher Weise nicht stellen würden (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2017 - 15 ZB 17.31475 - juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 9.8.2018 - 8 ZB 18.31801 - juris Rn. 8 m.w.N.). Im Übrigen muss zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit und der Entscheidungserheblichkeit bei Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Tatsachen- oder Rechtsfrage hinreichend substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte (BayVGH, B.v. 20.9.2018 - 15 ZB 18.32223 - juris Rn. 12; OVG LSA, B.v. 23.8.2018 - 3 L 293/18 - juris Rn. 3 m.w.N.; vgl. auch OVG NRW, B.v. 31.7.2018 - 19 A 1675.17.A - juris Rn. 12 m.w.N.). Soweit in der Antragsbegründung vorgetragen wird, dass die Ausführungen des Auswärtigen Amts im aktuellen Lagebericht nicht darauf schließen ließen, Rückkehrer seien in Südmali willkommen, dass Mali zu den ärmsten Ländern der Erde zähle, dass Bamako eine der weltweit am stärksten wachsenden Städte sei und dass Mali vom Klimawandel nachteilig betroffen sei, wird hierdurch die Argumentation und Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts, wonach nach der individuellen Situation des Klägers als jungem und gesundem Mann mit (überdurchschnittlicher) sechsjähriger Schulbildung weder ein Abschiebungsverbot gem. § 60b Abs. 5 AufenthG noch ein solches nach § 60 Abs. 5 AufenthG vorliege, nicht konkret in Frage gestellt. Auch mit der in diesem Zusammenhang formulierten und als grundsätzlich angesehenen Frage,

„ob und in welchem Umfang einem psychisch kranken Antragsteller zugemutet werden kann, in Bamako den Unterhalt für eine vierköpfige Familie zu verdienen oder ob nach den vorliegenden Auskünften (…) davon ausgegangen werden muss, dass eine solche Existenzsicherung nicht möglich ist, sondern der einzelne unter dem Existenzminimum verbleibt“,

vermag der Kläger mangels substantiierter Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen im angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts keine Berufungszulassung gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu begründen. Zum einen setzt sich die Antragsbegründung nicht mit der auf § 60a Abs. 2c Sätze 1 - 3 AufenthG gestützten Argumentation des Verwaltungsgerichts auseinander, wonach der Kläger die Vermutung, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, nicht durch ein qualifiziertes ärztliches Attest widerlegt hat. Zudem fehlt es an einer Auseinandersetzung mit der Erwägung des Verwaltungsgerichts, wonach der Kläger bei einer Rückkehr nach Mali als „aktuell alleinstehend“ anzusehen ist, weil „seine Ehefrau und die zwei überlebenden Kinder sich letzten Angaben zufolge im Senegal befinden und insofern keine nachgewiesenen, belastbaren Unterhaltslasten bestehen bzw. erfüllt werden“.

Soweit der Kläger vortragen lässt, dass eine Rückführung des Klägers von Seiten der malischen Regierung blockiert werde, hat dies zudem mit der Frage des Bestehens von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nichts zu tun (BVerwG, B.v. 10.10.2012 - 10 B 39.12 - InfAuslR 2013, 42 = juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 7.1.2019 - 15 ZB 18.32780 - juris Rn. 10).

b) Inwieweit - wie der Kläger behauptet - die angefochtene Entscheidung von obergerichtlicher Rechtsprechung abweichen soll (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG), gibt der Zulassungsantrag nicht an.

c) Nicht näher substantiiert ist auch die Behauptung, ihm sei das rechtliche Gehör versagt worden (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V. mit § 138 Nr. 3 VwGO). Nähere Darlegungen finden sich auch hierzu in der Zulassungsbegründung nicht.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

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Gründe 1 Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. 2 Der Kläger hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 Asylgesetz - AsylG -) nicht den Anforderungen des §

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger – ein nach eigenen Angaben (staatenloser) palästinensischer Volkszugehöriger aus dem Gazastreifen, der nach einem im behördlichen Antragsverfahren vorgelegten Dokument vom 7. April 2016 beim Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East – UNRWA) als palästinensischer Flüchtling registriert ist (vgl. Bl. 74 der Asylakte) – wendet sich gegen einen Bescheid des Bundesamts für ... (Bundesamt) vom 22. Juni 2017, mit dem ihm die Flüchtlingseigenschaft sowie der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurden (Nr. 1 und Nr. 3), der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt wurde (Nr. 3), festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4), er unter Androhung der Abschiebung in den Gazastreifen oder einen anderen aufnahmebereiten Staat aufgefordert wurde, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids bzw. im Falle der Anfechtung nach unanfechtbarem Verfahrensabschluss zu verlassen (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde gem. Nr. 6 des Bescheids auf 30 Tage ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Am 4. Juli 2017 ließ der Kläger über seinen Bevollmächtigten Klage erheben. In der Klageschrift mit dem Datum dieses Tages ließ er zunächst wörtlich beantragen, „die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheids (….) zu verpflichten, das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen“. Mit der am 24. Juli 2017 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Klagebegründung legte der Kläger – zunächst ohne schriftsätzliche Antragserweiterung – dar, dass aus seiner Sicht neben den Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) sowie für die Feststellung von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorlägen. Mit einem u.a. als „Klageänderung“ betitelten Schriftsatz vom 9. August 2017 beantragte der Kläger sodann, den Bescheid des Bundesamts vom 22. Juni 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen sowie ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise ihm subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG zu gewähren sowie weiter hilfsweise festzustellen, dass nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Mit Urteil vom 15. September 2017, das mit vorher erklärtem Einverständnis des Klägers ohne mündliche Verhandlung erging (§ 101 Abs. 2 VwGO) – wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage ab. Laut den Entscheidungsgründen hat das Erstgericht die Klage bereits als unzulässig angesehen, soweit sie sich auf die Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigten, zur Gewährung subsidiären Schutzes sowie zur Feststellung nationaler Abschiebungsverbote und gegen die Befristung gem. § 11 Abs. 1 AufenthG richtete. Soweit die Klage zulässigerweise auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichtet sei, sei sie unbegründet, weil der Bescheid insofern rechtmäßig sei und mithin den Kläger nicht in seinen Rechten verletze, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger habe den Gazastreifen weder wegen politischer Verfolgung i.S. von § 3 Abs. 1 AsylG verlassen noch drohe ihm bei Rückkehr eine solche. Ein individuelles Verfolgungsschicksal habe der Kläger weder gegenüber dem Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren substanziiert und glaubhaft geltend gemacht. Das Vorbringen des Klägers sei oberflächlich und ungenau gewesen; mit diesem sei zudem ein in den Akten befindliches „Certificate of Good Conduct“ des Innenministeriums der Autonomiebehörde in Gaza vom 26. August 2016 (Bl. 72 der Asylakte: „Is not reported to any vice or misconduct or to any crime and his manner is good“) inhaltlich nicht zu vereinbaren. Zudem stehe § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegen, weil der Kläger laut der vorliegenden Bestätigung der UNRWA deren Schutz unterliege. Es sei auch weder vorgebracht worden noch erkennbar, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG vorlägen.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung sowie dem Antrag, ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren und ihm einen bestimmten Rechtsanwalt beizuordnen, verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor bzw. ist vom Kläger nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.

Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 7.4.2017 – 15 ZB 17.30355 – juris Rn. 4; B.v. 14.9.2017 – 11 ZB 17.31124 – juris Rn. 3).

a) Der Kläger vermag sich nicht auf den Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu stützen, soweit er sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wendet, seine Klage sei wegen Verstreichens der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG) unzulässig, als sie sich auf die beantragte Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigten, zur Gewährung subsidiären Schutzes und zur Feststellung nationaler Abschiebungsverbote bezieht. Die vom Kläger erhobene Frage,

„ob die Erweiterung des Klageantrags auf die hilfsweise Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG und auf die hilfsweise Feststellung, dass Abschiebungsverbote gemäß §§ 60 Abs. 5 und 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen,nicht als Klageänderung anzusehen ist i.S.d. §§ 91, 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 264 ZPO“,

ist – wörtlich verstanden – mangels Entscheidungserheblichkeit keiner grundsätzlichen Klärung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugänglich. Aus den vom Kläger in der Zulassungsbegründung vorgebrachten Beispielen (Übergang von einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung auf eine solche auf Erteilung einer Bebauungsgenehmigung sowie von einer Fortsetzungsfeststellungsklage zu einer Anfechtungsklage, wenn der Klagegrund derselbe bleibt) und aus der Bezugnahme auf eine zitierte Kommentarstelle (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 91 Rn. 9) folgt, dass der Kläger von einem Fall der Erweiterung des Klageantrags entsprechend § 264 Nr. 2 ZPO ausgeht, wenn – wie hier – der abgelehnte Asylbewerber zunächst seine Klage beschränkt auf „teilweise Aufhebung des Bescheids“ sowie die Verpflichtung der Beklagten auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) und dann später im weiteren Verlauf des (erstinstanzlichen) gerichtlichen Verfahrens seinen Antrag erweitert auf vollständige Aufhebung des Bundesamtsbescheids sowie auf die Verpflichtung, ihm umfassenden Schutz zuzuerkennen (Anerkennung als Asylberechtigter, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise Gewährung subsidiären Schutzes, weiter hilfsweise Feststellung, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen).

Selbst wenn man von der Richtigkeit dieser rechtlichen Auffassung des Klägers ausginge, würde ihm dies für die Fallentscheidung nichts nutzen: Das Verwaltungsgericht hat im Zusammenhang mit der Annahme der (Teil-) Unzulässigkeit der Klage offengelassen, ob die am 9. August 2017 bei Gericht eingegangene Klageänderung sachdienlich i.S. von § 91 Abs. 1 VwGO war. Entscheidend war laut den Gründen des angegriffenen Urteils, dass die Klage gegen die Ablehnung der Asylanerkennung, gegen die Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzstatus sowie gegen die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, wegen Verstreichens der zweiwöchigen Klagefrist am Maßstab vom § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG zu spät erhoben worden war und der streitgegenständliche Bescheid insofern bestandskräftig geworden sei. Bei der hier erfolgten Ersatzzustellung am 27. Juni 2017 habe die Klagefrist am 28. Juni 2017 zu laufen begonnen und habe am 11. Juli 2017 geendet. Bei Eingang des geänderten Klageantrags bei Gericht am 9. August 2017 sei die Klagefrist daher bereits abgelaufen gewesen. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des Klageantrags im Schriftsatz vom 4. Juli 2017 scheide eine Auslegung dahingehend aus, dass damit eine umfassende Anfechtung des streitgegenständlichen Bescheids sowie umfassende Verpflichtungen der Beklagten im Sinne des geänderten Klageantrags gemeint waren. Die am 25. Juli 2017 und damit ebenfalls nach Ablauf der Klagefrist eingegangene Klagebegründung könne ebenso nicht zu einer erweiterten Auslegung des Klageantrags vom 4. Juli 2017 herangezogen werden. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien weder vorgetragen noch erkennbar.

An dieser Bewertung des Erstgerichts ändert sich nichts, wenn die Antragserstreckung im Laufe des gerichtlichen Verfahrens nicht als Klageänderung i.S. von § 91 Abs. 1 VwGO – deren Zulässigkeit von der Einwilligung der übrigen Beteiligten oder von der gerichtlichen Einschätzung als sachdienlich abhängt – angesehen wird, sondern als eine entsprechend § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache. Auch bei Einschlägigkeit des § 264 Nr. 2 ZPO folgt aus der dann ohne weiteres (d.h. über § 91 Abs. 1 VwGO hinaus) zulässigen Klageerweiterung noch nicht die Zulässigkeit der erweiterten Klage; denn dieser kann insbesondere die Bestandskraft des bislang unangefochtenen Teils der behördlichen Regelung entgegenstehen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 91 Rn. 13, 38). Die tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts, dass die Ablehnung der Asylanerkennung, die Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzstatus sowie die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, wegen zu später Klageerhebung bestandskräftig geworden sind, die (später erweiterte) Klage hiergegen folglich wegen Ablaufs der Zweiwochenfrist des § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG zu spät erhoben wurde und daher unzulässig ist, bleibt unabhängig davon bestehen, ob die Antragserweiterung § 91 VwGO oder § 264 Nr. 2 ZPO unterfällt.

Soweit den Ausführungen auf Seite 3 der Klagebegründung,

– wonach „ein auf Asylanerkennung gerichteter Antrag bei lebensnaher Betrachtung immer das Begehren“ enthalte, „hilfsweise auch subsidiären Schutz oder zumindest ein Abschiebungsverbot zuerkannt zu bekommen“, und

– wonach das Verwaltungsgericht den ursprünglich gestellten Klageantrag hätte lebensnah „umdeuten“ müssen,

zu entnehmen sein sollte, dass der Kläger in der Sache rügt, das Verwaltungsgericht habe den ersten Klageantrag vom 4. Juli 2017 zu eng ausgelegt – weil es ihm von Anfang an um die vollumfängliche Bescheidanfechtung sowie eine entsprechend umfassende Verpflichtung der Beklagten gegangen sei – vermag dies die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu begründen.

Insofern hat der Kläger bereits den Darlegungsanforderungen an die Geltendmachung des Berufungszulassungsgrundes (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) nicht genügt, weil er diesbezüglich keine fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert hat, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Unabhängig davon würde sich die Antwort auf eine entsprechend formulierte Frage – abgesehen von der Einzelfallcharakteristik – unmittelbar aus dem Wortlaut des § 88 VwGO ergeben, sodass es auch insofern keiner Klärung im Berufungsverfahren zur Wahrung der Rechtseinheit oder der Fortentwicklung des Rechts bedarf (mangelnde Klärungsbedürftigkeit, vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 38):

Der Senat geht mit dem Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass ein beim Bundesamt unterlegener Kläger mit seiner Klage i m Z w e i f e l einen Ablehnungsbescheid umfassend angreift und sämtliche Ansprüche auf Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 Asyl) sowie auf Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG) zum Gegenstand des Asylprozesses vor dem Verwaltungsgericht macht; ein regelungsimmanentes Rangverhältnis der einzelnen Anspruchsgrundlagen wirkt sich dabei über § 88 VwGO dahingehend aus, dass rangniedrigere Positionen – wie der subsidiäre Schutz oder die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten – typischerweise / regelmäßig nur im Wege eines Hilfsantrags verfolgt werden (BVerwG, U.v. 15.4.1997 – 9 C 19.96 – BVerwGE 104, 260 = juris Rn. 11, 12). Andererseits bilden die Ansprüche auf Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Zuerkennung subsidiären Schutzes sowie auf Feststellung von Abschiebungsverboten eigenständige Streitgegenstände bzw. jedenfalls rechtlich abtrennbare Streitgegenstandsteile (BVerwG, U.v. 15.4.1997 a.a.O. juris Rn. 11 m.w.N.). Aufgrund dessen handelt es sich um jeweils teilbare Regelungen des Asylbescheids, die mithin im Anwendungsbereich des § 74 Abs. 1 AsylVfG der teilweisen Bestandskraft zugänglich sind (VGH BW, U.v. 26.10.2016 – A 9 S 908/13 – VBlBW 2017, 373 = juris Rn. 32; allg. vgl. BVerwG, B.v. 30.7.2010 – 8 B 125.09 – juris Rn. 16). Vor diesem Hintergrund ist aufgrund des klaren Wortlauts des Klageantrags vom 4. Juli 2017 (und anders als im Fall OVG Hamburg, B.v. 13.1.1998 – Bf VI 141/97 – NVwZ-Beilage 5/1998, 44 f., wo von vornherein der Bescheid ersichtlich in seinem gesamten Regelungsgehalt angegriffen wurde; vgl. auch Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 74 Rn. 19) eindeutig, dass der Kläger zunächst nur und ausdrücklich die „teilweise“ Aufhebung des Bescheids vom 22. Juni 2017 begehrte, und zwar mit Blick auf den Verpflichtungsteil des Antrags nur in dem Umfang, als die Versagung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft betroffen ist und sich auswirkt (etwa bzgl. Nr. 5 des Bescheids). Wenn ein Kläger – wie hier – sein Begehren ausdrücklich auf eine Teilanfechtung und korrespondierend hierzu den Verpflichtungsteil des Antrags auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkt, ist es dem Verwaltungsgericht gerade wegen § 88 VwGO verwehrt, über dieses Begehren hinauszugehen (insofern ebenso Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 74 Rn. 20). Hierauf aufbauend ist die Annahme der Bestandskraft des Bescheides hinsichtlich der Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und die Feststellung des Nichtbestehens von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG) konsequent und aufgrund des eindeutigen Prozessrechts geboten. Sollte der Kläger der Ansicht sein, dass aufgrund neuerer Erkenntnismittel (z.B. aufgrund des zitierten UN-Berichts „Gaza – ten years later“ vom Juli 2017 oder aufgrund des Berichts von Amnesty international „Israel und besetzte parlamentarische Gebiete 2017“ v. 16.5.2017) etwa mit Blick auf die Versorgungslage oder die derzeit bestehende Ausreisebeschränkungen nunmehr z.B. von einem Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG auszugehen sei (verneinend VG Berlin, U.v. 28.7.2017 – 34 K 254.13 A – juris), müsste dies über einen Folgeantrag geltend gemacht werden, bei dessen Prüfung freilich auch die aktuellsten Entwicklungen zur Entspannung zu berücksichtigen wären (vgl. z.B. die Artikel in Spiegel Online, „Verfeindete Palästinensergruppen: Hamas meldet Versöhnung mit Fatah“ v. 12.10.2017 sowie „Hamas übergibt Kontrolle über Grenzübergang“ v. 1.11.2017; Zeit Online, „Hamas übergibt Grenzverwaltung an Palästinenserbehörde“ v. 1.11.2017).

b) Die Berufung des Klägers ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung hinsichtlich einzelner Rechts- oder Tatsachenfragen in Bezug auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) zuzulassen. Der Kläger hat mit seinem Zulassungsvorbringen auch insofern nicht den Darlegungsobliegenheiten gem. § 78 Abs. 4 Satz 4 i.V. mit Abs. 3 Nr. 1 AsylG genügt, weil er – bezogen auf die Frage, ob er einem Verfolgungstatbestand i.S. von §§ 3 – 3c AsylG unterfällt – in seinen Ausführungen gemäß Seiten 3 bis 9 der Zulassungsbegründung schon keine konkrete, klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage herausgearbeitet hat, der über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen soll.

Der Kläger trägt auf Seiten 3 bis 9 des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017 unter Darstellung des Sachverhalts aus seiner Sicht, unter Kritik an der Sachverhaltserforschung- und Sachverhaltsbewertung durch das Bundesamt für ... und durch das Verwaltungsgericht sowie unter Darlegung der aus seiner Sicht richtigen Rechtsanwendung (u.a. zu § 3 Abs. 3 AsylG) im Zulassungsantrag im Stil einer Berufungsbegründung vor, warum das Urteil des Verwaltungsgerichts aus seiner Sicht unzutreffend sei. Dies genügt zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG aber nicht, soweit – wie vorliegend – keine fallübergreifenden Fragen, denen grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zukommen soll, konkret formuliert werden (vgl. BayVGH, B.v. 22.8.2016 – 11 ZB 16.30132 – juris Rn. 8; B.v. 16.6.2017 – 15 ZB 17.30656 – juris Rn. 5; B.v. 19.6.2017 – 20 ZB 17.30637 – juris Rn. 3; OVG NRW, B.v. 16.8.2017 – 13 A 1526/17.A – juris Rn. 11, 12). Auf ernstliche Zweifel an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kann der Zulassungsantrag nicht gestützt werden, da nach der eindeutigen Regelung des § 78 Abs. 3 AsylG dieser Zulassungsgrund in asylrechtlichen Streitigkeiten nicht zur Verfügung steht (BayVGH, B.v. 20.9.2017 – 15 ZB 17.31105 – juris Rn. 5):

aa) Auf Seiten 3 – 5 der Zulassungsbegründung vom 13. Oktober 2017 wird – unter dem Vorwurf, die Beklagte habe den Sachverhalt (u.a. auch hinsichtlich des vom Innenministerium der Autonomiebehörde ausgestellten Führungszeugnisses sowie aufgrund einer ungenauen Übersetzung in der Anhörung) falsch bewertet und diesen durch Unterlassen eines „Nachhakens“ in der Anhörung nicht ordentlich aufgeklärt – schlicht die Verfolgungsgeschichte des Klägers wiederholt (Verfolgung und Folterung durch die Hamas nach Demonstrationsteilnahme) und rechtlich ausgeführt, dieser sei politisch aktiv gewesen (Verfolgungsgrund) und deswegen gefoltert und misshandelt worden (Verfolgungsgrund). Entgegen der Überschrift „2. Tatsachenfrage – Verfolgung des Klägers“ wird eine fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage weder konkret herausgearbeitet noch ist eine solche aus dem Vortrag der Sache nach ersichtlich.

bb) Soweit der Kläger die derzeitige politische Situation im Gazastreifen als grundsätzlich bedeutsam darstellt (Seiten 5 – 7 des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017), hat er es auch insofern unterlassen, eine konkrete, fallübergreifende und in einem Berufungsverfahren klärungsbedürftige Rechtsfrage herauszustellen. Dass die politische und wirtschaftliche Situation im Gazastreifen für eine Vielzahl von Asylgesuchen von Bedeutung ist, begründet als solches keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Denn zur Beurteilung eines jeden Asylgesuchs kommt es letztlich regelmäßig auf die politischen und wirtschaftlichen Umstände im Herkunftsstaat an.

Wird zugunsten des Klägers aufgrund der hervorgehobenen Überschrift unter a) (Seite 5) sowie aufgrund der umfangreichen Bezugnahme auf den UN-Bericht „Gaza – ten years later“ (Juli 2017) unterstellt, dieser habe in der Sache die Frage aufwerfen wollen, ob der Gazastreifen mittlerweile oder in absehbarer Zukunft nicht mehr (zumutbar) bewohnbar ist bzw. ob die Situation im Gazastreifen derzeit schlicht menschenunwürdig ist, ist dies nicht entscheidungserheblich: Soweit der Kläger unter Berufung auf den UN-Bericht vom Juli 2017 auf unmenschliche Lebensbedingungen Bezug nimmt (zunehmende Unterversorgung mit Trinkwasser und Lebensmitteln, hohe Arbeitslosigkeit, auf Leben und Sicherheit der Bewohner des Gazastreifens auswirkende Methoden Israels zur Durchsetzung von Zugangsbeschränkungen), hat dies für die (mit Blick auf die im Übrigen – s.o. – eingetretene Bestandskraft) nur noch fallrelevante Frage nach einem Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG) keine Bedeutung. Denn die Flüchtlingseigenschaft ist einem Ausländer nach § 3 Abs. 1, 4 AsylG – ohne Berücksichtigung des Schutzes gem. § 3 Abs. 3 AsylG, hierzu unten sub cc) – nur zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgungwegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder wenn er sich aus den genannten Gründen außerhalb des Landes befindet, in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang über den UN-Bericht vom Juli 2017 auch auf Menschenrechtsverletzungen seitens der Hamas (z.B. Beschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung, der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit; willkürliche Verhaftungen, Belästigungen, Folterungen bis hin zum Tod in Gewahrsam) oder Israels (in den sog. „Access Restricted Areas“) beruft und weiter darauf hinweist, dass die Hamas auf der europäischen Liste terroristischer Vereinigungen stehe sowie dem dort lebenden Volk der Palästinenser nicht einmal die grundlegenden Menschenrechte gewähre, wäre eine hieraus etwa wie folgt ggf. vom Kläger in der Sache als zu klären gewollte (so tatsächlich im Zulassungsverfahren aber nicht formulierte) Frage,

ob Menschen, die im Gazastreifen leben, aufgrund von festgestellten Menschenrechtsverletzungen seitens der Hamas und Israels die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist,

ebenfalls keiner grundsätzlichen Klärung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugänglich. Denn die Antwort auf diese Frage ist von einer Vielzahl von Einzelumständen und Faktoren abhängig, sie wäre deshalb nicht hinreichend konkret gefasst und würde sich in dieser Allgemeinheit somit in einem Berufungsverfahren in entscheidungserheblicher Weise nicht stellen (vgl. BVerwG, B.v. 21.9.2016 – 6 B 14.16 – juris Rn. 7 ff.; BayVGH, B.v. 9.9.2013 – 2 ZB 13.30255 – juris Rn. 8; B.v. 7.11.2016 – 15 ZB 16.30425 – juris Rn. 6). Auch wenn es im Gazastreifen Handlungen der Hamas gab und gibt, die gegenüber einzelnen Betroffenen den Verfolgungstatbestand gem. § 3 Abs. 1 AsylG erfüllen, und auch wenn es solche Handlungen trotz der Entwicklungen der letzten Monate ggf. auch in Zukunft ggf. geben mag, folgt im Falle einer positiven Beantwortung der Frage nicht, dass praktisch jedem oder jedem mit bestimmten Gruppeneigenschaften – unabhängig von seiner individuellen Situation im Übrigen – automatisch mit der gebotenen beachtlichen Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG droht (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – BVerwGE 146, 67 = juris Rn. 19; U.v. 1.3.2012 – 10 C 7.11 – juris Rn. 12; B.v. 11.7.2017 – 1 B 116.17 u.a. – juris Rn. 8; BayVGH, U.v. 24.8.2017 – 11 B 17.30392 – juris Rn. 16). Das Verwaltungsgericht ist speziell zum Fall des Klägers zu dem Ergebnis gekommen, dieser habe ein individuelles Verfolgungsschicksal nicht substanziiert und glaubhaft geltend gemacht. Es ist zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger den Gazastreifen weder wegen politischer Verfolgung i.S. von § 3 Abs. 1 AsylG verlassen habe und dass ihm auch bei Rückkehr keine solche drohe.

cc) Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) auch nicht deswegen zuzulassen, soweit der Kläger unter der Überschrift „4. Rechtsfrage – Flüchtlingseigenschaft trotz ‚offiziellem‘ Schutz durch UNRWA“ (Seiten 7 – 9 des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017) die Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts in Bezug auf § 3 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 AsylG angreift und sich darauf beruft, die UNRWA könne aufgrund der Foltermaßnahmen gegen ihn und aufgrund der unbewohnbaren Verhältnisse im Gazastreifen ihren Schutzauftrag nicht mehr erfüllen.

Die abstrakten Rechtsfragen hierzu sind wie folgt geklärt: Die Flüchtlingseigenschaft kann von vornherein an der Ausschlussklausel des § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG scheitern, vgl. auch Art. 1 D Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1958 (Genfer Konvention – GK). Zu den dort genannten Schutz und Beistand leistenden Organisationen und Einrichtungen zählt die durch Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen Nr. 302/IV vom 8. Dezember 1949 errichtete UNRWA, deren Aufgabe in der Hilfeleistung für palästinensische Flüchtlinge in Jordanien, im Libanon, in Syrien, der West Bank und dem Gazastreifen besteht. Als Nachweis einer Inanspruchnahme des Schutzes oder Beistandes genügt es grundsätzlich, wenn die Betroffenen – wie vorliegend der Kläger – von UNRWA förmlich registriert worden sind (EuGH, U.v. 17.6.2010 – C-31/09 – NVwZ 2010, 1211 = juris Rn. 52; BVerwG, U.v. 4.6.1991 – 1 C 42.88 – BVerwGE 88, 254 = juris Rn. 25; U.v. 21.1.1992 – 1 C 21.87 – BVerwGE 89, 296 = juris, Rn. 22; VGH BW, U.v. 28.6.2017 – A 11 S 664/17 – juris Rn. 22; OVG Saarl., U.v. 21.9.2017 – 2 A 447/17 – juris Rn. 22; VG Ansbach, U.v. 31.7.2017 – AN 9 K 16.31851 – juris Rn. 22; Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 3 Rn. 72). Umgekehrt ist – automatisch – ein Ausländer als Flüchtling gem. § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG anzuerkennen, der den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen gem. Art. 1 Abschnitt D GK genossen hat, dem aber ein solcher Schutz oder Beistand nicht länger gewährt wird, ohne dass die Lage des Betroffenen endgültig geklärt worden ist (vgl. ebenso Art. 1 D Abs. 2 GK; Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU = Qualifikationsrichtlinie). § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG beinhaltet eine Rechtsfolgenverweisung. Die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention sind nach Art. 1 D Abs. 2 GFK „ipso facto“ anwendbar, d.h. unmittelbar ohne dass es einer Einzelfallprüfung der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft bedürfte, mithin unabhängig davon, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG vorliegen. Die Prüfung ist im Falle einer Ausreise des Betroffenen grundsätzlich auf die Feststellung beschränkt, ob der Betroffene Schutz und Beistand von einer entsprechenden Organisation genossen hat und ob dieser aus von seinem Willen unabhängigen Gründen entfallen ist und keine Ausschlussgründe nach Abs. 2 vorliegen (vgl. EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 66 ff., 81; OVG Saarl., U.v. 21.9.2017 – 2 A 447/17 – juris Rn. 20, 21; VGH BW, U.v. 28.6.2017 – A 11 S 664/17 – juris Rn. 22 ff.; OVG NRW, B.v. 22.2.2012 – 18 A 901/11 – juris Rn. 13 ff.; Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 3 Rn. 74 ff.). Nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die bloße Abwesenheit des Betreffenden vom Gebiet der Schutzgewährung oder die freiwillige Entscheidung, dieses zu verlassen, regelmäßig unzureichend, um die Annahme zu rechtfertigen, der Schutz sei im vorgenannten Sinn weggefallen. Vielmehr kommt es auf die fehlende Freiwilligkeit des Ausreiseentschlusses aufgrund von seinem Willen unabhängiger Zwänge an, weil der Betroffene „sich in einer sehr unsicheren persönlichen Lage befindet“ und es UNRWA unmöglich ist, ihm im Mandatsgebiet Lebensverhältnisse zu gewährleisten, die mit der übertragenen Aufgabe in Einklang stehen (EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 58, 59, 64, 65; VGH BW, U.v. 28.6.2017 – A 11 S 664/17 – juris Rn. 24; OVG Saarl., U.v. 21.9.2017 a.a.O. Rn. 23).

Soweit der Kläger in tatsächlicher Hinsicht im Zulassungsverfahren – unter Bezugnahme auf die Anhörung vor dem Bundesamt am 22. März 2017 – darauf abstellt, gefoltert worden zu sein, sowie die Behauptung aufstellt, er habe nicht gewusst, wo er Schutz vor weiteren Folterungen und Inhaftierungen hätte suchen können, weil die UNRWA ihm keinen Schutz habe gewähren können, und dass deswegen seine Ausreise aus dem Schutzgebiet durch Umstände bzw. Zwänge verursacht worden sei, die von seinem Willen unabhängig gewesen sei, wäre eine – ggf. vom Kläger in der Sache gewollte (zu seinen Gunsten unterstellte) – Fragestellung,

ob speziell beim Kläger aufgrund von stattgefundenen Folterungen und mangels tatsächlicher Schutzgewährung seitens der UNRWA Umstände vorlagen, die für ihn eine unsichere persönliche Lage und daher einen Zwang zur Ausreise begründeten,

keiner grundsätzlichen Klärung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugänglich, weil es sich insofern nicht um eine fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage handelt, sondern ausschließlich um eine Frage einer individuellen Verfolgungssituation, die das Verwaltungsgericht dem Kläger nicht geglaubt hat. Dass dem Kläger eine Rückkehr in den Gazastreifen nicht möglich wäre – und dass ggf. deshalb für ihn der Schutz und Beistand der UNRWA i.S. von § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG weggefallen wäre (vgl. VG München, U.v. 2.2.2017 – M 17 K 16.34829 – juris Rn. 24; VG Berlin, U.v. 22.6.2017 – 34 K 254.13 A – juris Rn. 41 ff.) – wird vom Kläger weder behauptet noch dargelegt.

Soweit bei wohlwollender Auslegung des Zulassungsantrags das Vorbringen des Klägers auf Seite 9 (oben) des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017 dahingehend aufgefasst werden sollte, dass er sinngemäß die Frage aufwirft, ob im Gazastreifen der UNRWA-Schutz generell – also für alle Unterschutzgestellten und deshalb auch für ihn – entfallen sei, weil es dieser Hilfsorganisation aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse tatsächlich unmöglich geworden sei, ihre Aufgabe zu erfüllen (vgl. etwa EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 56), genügt auch das diesbezügliche Vorbringen den Klägers inhaltlich nicht den Darlegungsanforderungen des Art. 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG. Der Verweis des Klägers darauf, dass laut dem UN-Bericht „Gaza – ten years later“ vom Juli 2017“ der Gazastreifen mittlerweile so gut wie unbewohnbar sei, und die von ihm hieraus gezogene Schlussfolgerung, dass UNRWA aufgrund der politischen Verhältnisse nicht mehr in der Lage sei, Schutz zu gewähren, ist für die Darlegung des Zulassungsgrundes gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu unsubstanziiert.

Bei einem auf die grundsätzliche Bedeutung einer Tatsachenfrage gestützten Zulassungsantrag ist im Einzelnen darzulegen, welche genauen Anhaltspunkte für eine bestimmte, vom Erstgericht abweichende Tatsacheneinschätzung bestehen. Der Antragsteller muss die Gründe, aus denen seiner Ansicht nach die Berufung zuzulassen ist, dartun und in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht erläutern. Hierzu genügt es nicht, bloße Zweifel an den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Gegebenheiten im Herkunftsland des Ausländers zu äußern oder schlicht gegenteilige Behauptungen aufzustellen. Vielmehr ist es erforderlich, unter Benennung bestimmter Erkenntnisquellen und Einzelfakten zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass der behauptete (nicht mit der Einschätzung des Verwaltungsgerichts sich deckende) Umstand zutreffend ist und dass es deswegen zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf (BayVGH, B.v. 13.6.2016 – 13a ZB 16.30062 – juris Rn. 5 m.w.N.; OVG NRW, B.v. 5.9.2017 – 13 A 923/17.A – juris Rn. 14). Diese Anforderung hat der Kläger im Zulassungsverfahren nicht erfüllt. Er hat weder im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen (geschweige denn unter Beweis gestellt) noch im Berufungszulassungsverfahren konkret ausgeführt, dass UNRWA im Gazastreifen generell die Aufgabe, Hilfe und Schutz zu gewähren, nicht mehr erfüllen kann (vgl. auch VG Berlin, U.v. 22.6.2017 – 34 K 254.13 A – juris Rn. 33, 40). Insoweit bleiben die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 13. Oktober 2017 trotz der Bezugnahme auf den UN-Bericht vom Juli 2017 bloße unsubstanziierte Behauptung. Zwar geht aus dem Bericht hervor, dass sich die Lebensbedingungen u.a. aufgrund der von Israel ausgehenden Blockade im Gazastreifen weiter – und zwar drastischer als von den Vereinten Nationen im Jahr 2012 prognostiziert – verschlechtert haben (u.a.: hohes Bevölkerungswachstum; Rückgang des Pro-Kopf-BIP; zunehmende Arbeitslosigkeit, Rückgang der Bereitstellung von Basisdiensten im Gesundheits- und Bildungssektor; schlechte Stromversorgung; schlechte Trinkwasserversorgung, verbunden mit der Gefahr, dass die bestehende Trinkwasserversorgungseinrichtung bis Ende 2017 unbrauchbar wird). Ebenso geht aus dem UN-Bericht vom Juli 2017 hervor, dass es weiterhin zu Menschenrechtsverletzungen seitens der Hamas kommt (willkürliche Verhaftungen, Schikanen und Folterungen, Tötungen in der Haft). Weder führt der Kläger aber im Einzelnen auf noch ergibt sich aus dem Bericht, dass es UNRWA aufgrund der dort beschriebenen Umstände nunmehr unmöglich geworden sei, die Versorgungs- und Schutzaufgabe gegenüber den von ihr geschützten (insbesondere gegenüber den von ihr förmlich registrierten) Personen zu erfüllen (vgl. etwa EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 56). Im Gegenteil wird im Bericht hervorgehoben, dass – trotz eines weiter zu prognostizierenden Abwärtstrends der Lebensbedingungen im Gazastreifen – insbesondere die Dienstleistungen der UNRWA dazu beigetragen haben, der Verschlechterung der Lebensbedingungen im Gazastreifen insgesamt entgegenzuwirken (vgl. Seite 3; zur Nahrungsmittelversorgung durch UNRWA vgl. Seite 14; zu Dienstleistungen durch UNRWA im Gesundheits- und Bildungssektor vgl. Seite 22 ff.).

c) Soweit der Kläger in der Sache Ausführungen zur Gewährung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) und zur Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG) macht, kann diesbezüglich schon wegen eingetretener Bestandskraft und verspäteter Klageerhebung (s.o.) keine Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG erfolgen.

2. Der zulässige Antrag, dem Kläger Prozesskostenhilfe zu gewähren (§ 166 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und ihm den von ihm bevollmächtigen Rechtsanwalt beizuordnen (§ 121 ZPO), ist nicht begründet. Die Absicht des Klägers, die Zulassung der Berufung zu erreichen, hat aus den vorgenannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der ausdrücklich geltend gemachte Zulassungsgrund der „ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils“ kann die Zulassung der Berufung nicht begründen. Im Asylverfahren sind die Zulassungsgründe in der Sonderregelung des § 78 Abs. 3 AsylG abschließend aufgeführt. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO findet darin keine Entsprechung (OVG NW, B.v. 15.12.2017 – 13 A 2936/17.A – juris Rn. 11; OVG Berlin-Bbg, B.v. 19.3.2018 – OVG 10 N 7.18 – juris Rn. 5 m.w.N.).

2. Die von den Klägerinnen geltend gemachte grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist nicht in einer Weise dargetan, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.

Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtlich Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2017 – 11 ZB 17.31711 – juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 21.11.2017 – 1 B 148.17 u.a. – juris Rn. 4 zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist. Ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2017 – 11 ZB 17.31711 – juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 30.9.2015 – 1 B 42.15 – juris Rn. 3). Darzulegen sind mithin die konkrete Frage sowie ihre Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit und allgemeine Bedeutung (vgl. OVG NRW, B.v. 15.12.2017 – 13 A 2841/17.A – juris Rn. 3 ff.).

Stützt sich das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung auf bestimmte Erkenntnismittel oder gerichtliche Entscheidungen, genügt es den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG in Bezug auf die grundsätzliche Bedeutung einer Tatsachenfrage nicht, wenn lediglich die Behauptung aufgestellt wird, die für die Beurteilung maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse stellten sich anders dar als vom Verwaltungsgericht angenommen. Vielmehr bedarf es in diesen Fällen zumindest eines überprüfbaren Hinweises auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- und Erkenntnisquellen (z.B. Gutachten, Auskünfte, Presseberichte), die zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit aufzeigen, dass die aufgeworfene Tatsachenfrage anders als in der angefochtenen Entscheidung zu beantworten ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2007 – 1 ZB 07.30025 – juris Rn. 3; B.v. 13.6.2016 – 13a ZB 16.30062 – juris Rn. 5; OVG NRW, B.v. 12.12.2016 – 4 A 2939/15.A – juris Rn. 4 f.; SächsOVG, B.v. 30.11.2017 – 1 A 1046/17.A – juris Rn. 5; OVG LSA, B.v. 29.3.2017 – 3 L 249/16 – juris Rn. 14; HessVGH, B.v. 17.1.2017 – 3 A 2970/16.Z.A – juris Rn. 2).

Diesen Anforderungen wird das klägerische Vorbringen nicht gerecht. Die Klägerinnen formulieren schon keine konkrete Frage, deretwegen der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Vielmehr beschränkt sich ihr Vortrag darauf, die oben ausgeführten abstrakten Voraussetzungen anzuführen, unter denen eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zu bejahen ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger, der am 28. Juni 2016 unter Angabe georgischer Staatsangehörigkeit in Deutschland einen Asylantrag gestellt hatte, wendet sich gegen einen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 27. April 2017, mit dem ihm die Flüchtlingseigenschaft sowie der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurden (Nr. 1 und Nr. 3), der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt wurde (Nr. 2), festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4), er unter Androhung der Abschiebung nach Georgien oder einen anderen aufnahmebereiten Staat aufgefordert wurde, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids bzw. im Falle der Anfechtung nach unanfechtbarem Verfahrensabschluss zu verlassen (Nr. 5), sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet wurde (Nr. 6).

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage, mit der er beantragt hatte, die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 27. April 2017 zu verpflichten, seinen Anträgen vom 28. Juni 2016 stattzugeben, trug er vor, er habe die Ukraine, wo er sich seit 2005 aufgehalten habe, verlassen, weil er dort den Kriegsdienst verweigert habe und in Konflikt mit dem ukrainischen Militär und den ukrainischen Behörden geraten sei. In sein Heimatland Georgien habe er aufgrund von Aktivitäten, die er bei den Wahlen zu Gunsten der Partei „Nationale Bewegung“ im Jahr 2012 entfaltet habe, nicht mehr reisen können. Auch im Jahr 2015, als er sich nochmals in Georgien aufgehalten habe, sei ihm gedroht worden. Ihm sei sogar eine Inhaftierung in Aussicht gestellt worden, falls er Georgien nicht verlassen würde. An der Macht sei heute Margwelaschwili, der mit seinen Gefolgsleuten all diejenigen verfolge, die sich 2012 – wie die Anhänger der Partei „Nationale Bewegung“ – für den ehemaligen Präsidenten Saakaschwili eingesetzt hätten.

Unter dem 1. März 2018 lud das Verwaltungsgericht Ansbach zur mündlichen Verhandlung am 9. April 2018, ohne dass das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet wurde. Mit Telefax vom 4. April 2018 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers, den Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben, weil der Kläger infolge einer Erkrankung verhandlungsunfähig sei. Beigefügt war ein ärztliches Attest eines Facharztes für Allgemeinmedizin vom 3. April 2018, indem es zum Kläger heißt:

„Patient …, geb.

wohnhaft …

befindet sich bei uns in Behandlung mit Diagnosen:

Pneumonie

Fieber

Aufgrund der akuten Pneumonie ist der Patient bis mindestens 15.04.18 reise- und anhörungsunfähig und kann den Termin am 09.04.18 nicht wahrnehmen.“

Am 5. April 2018 teilte die Geschäftsstelle der zuständigen Kammer des Verwaltungsgerichts in richterlichem Auftrag dem Bevollmächtigten des Klägers per Telefax mit, dass der Termin stattfinden werde; durch die Attestierung sei eine Verhinderung des anwaltlich vertretenen und im Übrigen nicht persönlich geladenen Klägers nicht glaubhaft gemacht worden.

In der mündlichen Verhandlung am 9. April 2018 wies das Gericht ausweislich der Niederschrift darauf hin, dass es das Attest als unglaubhaft bewerte. Der Bevollmächtigte des Klägers, der kein ergänzendes Attest vorlegte, teilte mit, es sei nicht Aufgabe eines Juristen, die ärztliche Kenntnis in Zweifel zu ziehen. Er könne verhandeln, falls das Gericht den klägerischen Vortrag als glaubhaft einschätze. Das Gericht stellte dies laut Niederschrift ausdrücklich nicht in Aussicht. Es folgte ein Rechtsgespräch über die Beurteilung von Wehrdienstfragen im Rahmen des Asylrechts sowie über die Lage in Georgien und in der Ukraine und sodann die Stellung der Klageanträge.

Mit Urteil vom 9. April 2018 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, dass das Gericht am 9. April 2018 habe verhandeln können. Der Kläger sei anwaltlich vertreten gewesen und seine persönliche Anwesenheit sei nicht angeordnet gewesen. Dem Terminverlegungsantrag sei nicht stattzugeben gewesen, da der geltend gemachte erhebliche Grund der fiebrigen Erkrankung an einer Lungenentzündung nicht glaubhaft gemacht worden sei. Insbesondere habe das vorgelegte ärztliche Attest keinen erheblichen Grund glaubhaft gemacht. Insofern setze das Verwaltungsgericht nicht seine eigene ärztliche Fachkenntnis an die Stelle des Facharztes, sondern beurteile vielmehr die Glaubhaftigkeit des Attestes. Es liege ein Fall vor, in dem der Facharzt lediglich pauschal eine Rechtsfolge behauptet und nur stichwortartig Diagnosen aufgestellt habe. Es sei nicht erkennbar, auf welcher Grundlage die Diagnose erfolgt sei, wann der Kläger bei dem Arzt vorstellig geworden sei, ob beim Kläger Fieber gemessen worden sei und ob bei ihm überhaupt eine Untersuchung stattgefunden habe. Das Attest reiche daher nicht zur Glaubhaftmachung eines erheblichen Grundes i.S. des § 173 VwGO i.V. mit § 227 ZPO aus. Hierauf sei der Bevollmächtigte des Klägers am 5. April 2018 per Telefax hingewiesen worden, ohne dass im Termin eine ergänzende Attestierung vorgelegt worden sei. In der Sache sei die Klage unbegründet.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Die Berufung sei zum einen gem. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG wegen Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs zuzulassen. Das Verwaltungsgericht habe seinem Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung nicht in Aussicht gestellt, den bisherigen klägerischen Vortrag als glaubhaft einzuschätzen. Hieraus folge, dass das Verwaltungsgericht sich über eine persönliche Anhörung insbesondere auch zu seiner Glaubwürdigkeit einen persönlichen Eindruck hätte verschaffen müssen, zumal es auch in materiell-rechtlicher Hinsicht die Auffassung vertreten habe, dass er – der Kläger – im Wesentlichen nur pauschal auf die politische Betätigung verwiesen habe. Insbesondere hinsichtlich seiner Stellung im Rahmen der Partei „Nationale Bewegung“ habe das Verwaltungsgericht offensichtlich noch Fragen gehabt, die ungeklärt geblieben seien. Ein richterlicher Hinweis sei ebenfalls unterblieben. Zum andern beruft sich der Kläger auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, § 78 Abs. 3 Nr. 1 VwGO.

II.

1. Der Antrag hat keinen Erfolg.

a) Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2, § 138 Nr. 3 VwGO) ist nicht hinreichend dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG). Es kann dabei offen bleiben, ob die vorgelegte ärztliche Bescheinigung geeignet war, eine Verhandlungsunfähigkeit des Klägers glaubhaft zu machen.

Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs kommt nur dann in Betracht, wenn ein erheblicher Grund für eine Verlegung i.S.v. § 173 VwGO i.V. mit § 227 Abs. 1 ZPO vorliegt und dem Gericht unterbreitet worden ist (vgl. BVerwG, B.v. 22.5.2006 – 10 B 9.06 – NJW 2006, 2648 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 26.1.2018 – 10 ZB 17.31356 – juris Rn. 2 m.w.N.). Vorliegend ist weder gegenüber dem Erstgericht noch im Zulassungsverfahren gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof (vgl. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) substantiiert vorgetragen worden‚ dass ein solcher erheblicher Grund bestanden hat.

Auch im Asylprozess ist ein erheblicher Grund für eine Vertagung nicht bereits dann – quasi automatisch – anzunehmen, wenn ein anwaltlich vertretener Verfahrensbeteiligter wegen Krankheit oder aus anderen persönlichen Gründen verhindert ist, selbst an der Verhandlung teilzunehmen. Hat der Beteiligte – wie hier der Kläger – einen Prozessbevollmächtigten‚ der ihn im Termin vertreten kann‚ ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör regelmäßig genügt‚ wenn dieser an der mündlichen Verhandlung teilnehmen kann. Insbesondere verlangt Art. 103 Abs. 1 GG nicht‚ dem Beteiligten neben seinem Anwalt die Möglichkeit zu persönlichen Erklärungen zu geben. Die Prozessordnung sieht auch im Asylrechtsstreit keinen generellen Anspruch des anwaltlich vertretenen Klägers auf eine persönliche Anhörung vor. Das bloße Anwesenheitsinteresse einer anwaltlich ausreichend vertretenen Partei wird mithin durch ihren Gehörsanspruch nicht geschützt (BVerwG, B.v. 4.2.2002 – 1 B 313/01, 1 PKH 40.01 – Buchholz 303 § 227 ZPO Nr. 31 = juris Rn. 5 m.w.N.; B.v. 8.8.2007 – 10 B 74.07 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 25.11.2015 – 15 ZB 15.30229 – juris Rn. 4; B.v. 12.12.2017 – 11 ZB 17.31689 – juris Rn. 4; B.v. 26.1.2018 – 10 ZB 17.31356 – juris Rn. 3; B.v. 20.4.2018 – 11 ZB 18.30839 – juris Rn. 4; Geiger in Eyermann‚ VwGO‚ 14. Aufl. 2014, § 102 Rn. 6). Etwas anderes gilt nur dann‚ wenn gewichtige Gründe substantiiert vorgetragen werden‚ die die persönliche Anwesenheit des Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur effektiven Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als erforderlich erscheinen lassen (vgl. BVerwG, U.v. 30.8.1982 – 9 C 1.81 – DÖV 1983, 247 = juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 25.11.2015 – 15 ZB 15.30229 – juris Rn. 3; B.v. 26.1.2018 – 10 ZB 17.31356 – juris Rn. 4). So kann das Unterbleiben einer persönlichen Anhörung je nach den Umständen des Einzelfalles verfahrensfehlerhaft sein, wenn es für die Entscheidung nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Gerichts auf den persönlichen Eindruck von dem Asylbewerber ankommt, etwa weil das Gericht auf seine Glaubwürdigkeit oder die Glaubhaftigkeit seiner Angaben abstellt (vgl. BVerwG, B.v. 8.8.2007 – 10 B 74.07 – juris Rn. 8 m.w.N.; BayVGH, B.v. 12.12.2017 a.a.O.; B.v. 20.4.2018 a.a.O.; SächsOVG, B.v. 20.12.2017 – 4 A 577/16.A – juris Rn. 4).

Ein solcher Fall ist vorliegend allerdings nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht hatte das persönliche Erscheinen des Klägers nicht angeordnet (§ 95 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und seine ablehnende Entscheidung – wie schon das Bundesamt – entscheidungstragend nicht auf die Unglaubwürdigkeit des Klägers oder auf die Unglaubhaftigkeit des klägerischen Sachvortrags zum Fluchtgeschehen, sondern vielmehr darauf gestützt, dass aus dem Vortrag des Klägers bei der Anhörung gem. § 25 AsylG die Tatbestandsvoraussetzungen für asylrechtliche Anspruchsgrundlagen aus Art. 16a GG, §§ 3, 4 AsylG, § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 AufenthG nicht abgeleitet werden können: Bei der Anhörung am 14. Juli 2016 gab der Antragsteller auf konkrete Nachfrage nach Schwierigkeiten mit dem georgischen Staat an, er habe nur „nach den Wahlen 2012 kleine Schwierigkeiten“ gehabt. Vor 2012 habe er keine Schwierigkeiten gehabt. Vor den Wahlen 2012 sei er nach Georgien gereist und habe seinen Freunden der Partei „Nationale Bewegung“ bei Propagandaarbeiten geholfen. Nachdem diese Partei bei den Wahlen verloren habe, habe er „dann Probleme mit der neuen Partei bekommen“. Es sei „zu Schwierigkeiten gekommen“ und man habe ihm „empfohlen, Georgien zu verlassen“. Es sei „zwar nicht zu Schlägereien gekommen, aber zu Wortgefechten“. Im November 2015 sei er wieder nach Georgien in das Gebiet Osurgeti gereist. Dort hätten „sie“ erfahren, dass er wieder in Georgien sei. „Die“ hätten ihn dann bedroht. Er habe nicht einmal seine Eltern besuchen können und er habe das Land verlassen sollen. Auf Nachfrage gab der Kläger weiter an, dass er für den Fall der Rückkehr nach Georgien befürchte, „ins Gefängnis gesteckt“ zu werden. Hinsichtlich der Verneinung von Ansprüchen auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) sowie der Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a Abs. 1 GG) ist hierauf aufbauend in den Gründen des angefochtenen Bescheids des Bundesamts vom 27. April 2017 unter Ausführung weiterer Details und unter Bezugnahme auf diverse, auf Georgien bezogene Quellen ausgeführt, dass sich schon aus dem V o r t r a g des Klägers keine Anhaltspunkte ergäben, wonach er persönlich bei Rückkehr mit staatlichen oder relevanten nichtstaatlichen Repressionsmaßnahmen zu rechnen hätte (Seiten 2 ff.). Der Kläger habe allein aufgrund seiner Anhängerschaft, Zugehörigkeit und / oder Mitarbeit hinsichtlich der früheren Regierungspartei „Vereinte Nationale Bewegung“ keine relevante Verfolgung zu befürchten. Darüber hinaus – so die Gründe des Bescheids weiter – sei dem Vorbringen des Klägers auch keine asylerhebliche Intensität i.S. von § 3a AsylG zu entnehmen; der Kläger habe lediglich von Wortgefechten berichtet. Es sei ausschließlich auf Georgien als das Land, dessen Staatsangehörigkeit der Kläger habe, abzustellen, sein Sachvortrag hinsichtlich der Geschehnisse in der Ukraine, wo er sich seit 2005 aufgehalten habe, sei demgegenüber nicht zu berücksichtigen. Auch hinsichtlich eines Anspruchs auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gem. § 4 AsylG (Seite 5 f.) sowie hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 AufenthG sah der Bescheid schon den Vortrag des Klägers nicht als geeignet an, entsprechende Anspruchspositionen zu begründen. In der angefochtenen Entscheidung des Bundesamts haben Fragen hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Klägers und der Glaubhaftigkeit seines Vortrags im Rahmen der Anhörung gem. § 25 AsylG am 14. Juli 2016 mithin schon keine tragende Rolle gespielt. Das Verwaltungsgericht hat sich im Wesentlichen die Bescheidsgründe durch Bezugnahme gemäß § 77 Abs. 2 AsylG zu eigen gemacht. Ergänzend führte das Verwaltungsgericht aus, dass der Kläger mit Blick auf die vermeintliche Verfolgung in Georgien im Wesentlichen nur pauschal auf die politische Betätigung verweise. Ausweislich des Lageberichts sei eine asylrelevante Verfolgung von einfachen Mitarbeitern und Anhängern der Partei „Nationale Bewegung“ nicht zu besorgen. Eine über die Stellung eines einfachen Anhängers hinausgehende exponierte Position habe der Kläger nicht behauptet. Dieser Vortrag reiche – ebenso wie sein Vortrag zu den Vorkommnissen in der Ukraine – nicht für eine asylrelevante Verfolgung.

Das Verwaltungsgericht hat mithin keine negativen Schlüsse bezüglich der Glaubhaftigkeit des Klagevortrags bzw. der Glaubwürdigkeit des Klägers gezogen, sondern hat den klägerischen Vortrag von vornherein als zu unsubstantiiert angesehen, um aus ihm Anhaltspunkte für die Annahme von Anspruchsvoraussetzungen aus Art. 16a GG, §§ 3, 4 AsylG, § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 AufenthG ableiten zu können. Bei dieser Sachlage gab es – unabhängig von der Frage, ob eine krankheitsbedingte Verhandlungsunfähigkeit des Klägers hinreichend glaubhaft gemacht wurde – aus Sicht des Erstgerichts zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinen erheblichen Grund für eine Vertagung oder eine Terminverlegung. Der Kläger hatte ferner in dem seit Juni 2016 währenden Asylverfahren auch hinreichend Gelegenheit, seinen Mitwirkungspflichten gem. § 15, § 25 AsylG nachzukommen und seine Asylgründe umfassend darzulegen und ggf. zu ergänzen (vgl. BayVGH, B.v. 25.11.2015 – 15 ZB 15.30229 – juris Rn. 3; B.v. 12.12.2017 – 11 ZB 17.31689 – juris Rn. 4 m.w.N.). Schließlich hat der Kläger im Zulassungsverfahren nicht gem. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt, was er im Falle seiner Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung ergänzend vorgetragen hätte (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 11 ZB 17.30041 – juris Rn. 15, 18; B.v. 8.8.2017 – 15 ZB 17.30494 – juris Rn. 24; B.v. 15.12.2017 – 11 ZB 17.31632 – juris Rn. 5).

b) Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu. Dies wäre nur dann der Fall, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2017 – 15 ZB 17.31475 – juris Rn. 7 m.w.N.).

Mit der Formulierung der in der Zulassungsbegründung als grundsätzlich angesehenen Fragen,

„ob bei Vorlage eines eindeutigen fachärztlichen Attestes, ohne weitere Anhörung des ausstellenden Arztes, das Verwaltungsgericht die Kompetenz hat, eine Diagnose und die hieraus sich resultierenden Verhandlungs- bzw. nicht Anwesenheitsfähigkeit zu beurteilen“,

„ob zumindest ein Hinweis hätte erteilt werden müssen, eine ergänzende Attestierung vorzulegen“,

„ob (…) das Gericht (…) verpflichtet ist, ergänzende Aufklärungsfragen an den diagnostizierenden Facharzt zu stellen“, sowie

„ob bei einem diesbezüglichen Terminverlegungsantrag nach § 173 VwGO i,V. mit § 227 Abs. 1 ZPO es erforderlich ist, die Grundlagen der Diagnosen im fachärztlichen Attest aufzuführen bzw. welchen Inhalt ein solches haben muss“,

ist der Kläger diesen Anforderungen nicht gerecht geworden. Denn es fehlt insbesondere an einer substantiierten Darlegung des Klägers, weshalb die gestellten Fragen im vorliegenden Fall entscheidungserheblich (klärungsfähig) sind. Auch insofern ist ausschlaggebend, dass das Verwaltungsgericht den Vortrag als zu pauschal ansah, um unter die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruchs nach Art. 16a GG, § 3 AsylG, § 4 AsylG und / oder § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG subsumieren zu können, und dass der Kläger weder gegenüber dem Erstgericht im Zusammenhang mit der Stellung seines Antrags auf Terminaufhebung noch gegenüber dem Senat im Zulassungsverfahren näher dargelegt hat, was er konkret über seinen Vortrag gegenüber dem Bundesamt hinaus vorgebracht hätte, wenn er an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hätte, vgl. oben a).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger – ein nach eigenen Angaben (staatenloser) palästinensischer Volkszugehöriger aus dem Gazastreifen, der nach einem im behördlichen Antragsverfahren vorgelegten Dokument vom 7. April 2016 beim Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East – UNRWA) als palästinensischer Flüchtling registriert ist (vgl. Bl. 74 der Asylakte) – wendet sich gegen einen Bescheid des Bundesamts für ... (Bundesamt) vom 22. Juni 2017, mit dem ihm die Flüchtlingseigenschaft sowie der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurden (Nr. 1 und Nr. 3), der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt wurde (Nr. 3), festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4), er unter Androhung der Abschiebung in den Gazastreifen oder einen anderen aufnahmebereiten Staat aufgefordert wurde, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids bzw. im Falle der Anfechtung nach unanfechtbarem Verfahrensabschluss zu verlassen (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde gem. Nr. 6 des Bescheids auf 30 Tage ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Am 4. Juli 2017 ließ der Kläger über seinen Bevollmächtigten Klage erheben. In der Klageschrift mit dem Datum dieses Tages ließ er zunächst wörtlich beantragen, „die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheids (….) zu verpflichten, das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen“. Mit der am 24. Juli 2017 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Klagebegründung legte der Kläger – zunächst ohne schriftsätzliche Antragserweiterung – dar, dass aus seiner Sicht neben den Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) sowie für die Feststellung von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorlägen. Mit einem u.a. als „Klageänderung“ betitelten Schriftsatz vom 9. August 2017 beantragte der Kläger sodann, den Bescheid des Bundesamts vom 22. Juni 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen sowie ihm die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise ihm subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG zu gewähren sowie weiter hilfsweise festzustellen, dass nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Mit Urteil vom 15. September 2017, das mit vorher erklärtem Einverständnis des Klägers ohne mündliche Verhandlung erging (§ 101 Abs. 2 VwGO) – wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage ab. Laut den Entscheidungsgründen hat das Erstgericht die Klage bereits als unzulässig angesehen, soweit sie sich auf die Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigten, zur Gewährung subsidiären Schutzes sowie zur Feststellung nationaler Abschiebungsverbote und gegen die Befristung gem. § 11 Abs. 1 AufenthG richtete. Soweit die Klage zulässigerweise auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichtet sei, sei sie unbegründet, weil der Bescheid insofern rechtmäßig sei und mithin den Kläger nicht in seinen Rechten verletze, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger habe den Gazastreifen weder wegen politischer Verfolgung i.S. von § 3 Abs. 1 AsylG verlassen noch drohe ihm bei Rückkehr eine solche. Ein individuelles Verfolgungsschicksal habe der Kläger weder gegenüber dem Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren substanziiert und glaubhaft geltend gemacht. Das Vorbringen des Klägers sei oberflächlich und ungenau gewesen; mit diesem sei zudem ein in den Akten befindliches „Certificate of Good Conduct“ des Innenministeriums der Autonomiebehörde in Gaza vom 26. August 2016 (Bl. 72 der Asylakte: „Is not reported to any vice or misconduct or to any crime and his manner is good“) inhaltlich nicht zu vereinbaren. Zudem stehe § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegen, weil der Kläger laut der vorliegenden Bestätigung der UNRWA deren Schutz unterliege. Es sei auch weder vorgebracht worden noch erkennbar, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG vorlägen.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung sowie dem Antrag, ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren und ihm einen bestimmten Rechtsanwalt beizuordnen, verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor bzw. ist vom Kläger nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.

Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 7.4.2017 – 15 ZB 17.30355 – juris Rn. 4; B.v. 14.9.2017 – 11 ZB 17.31124 – juris Rn. 3).

a) Der Kläger vermag sich nicht auf den Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu stützen, soweit er sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wendet, seine Klage sei wegen Verstreichens der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG) unzulässig, als sie sich auf die beantragte Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigten, zur Gewährung subsidiären Schutzes und zur Feststellung nationaler Abschiebungsverbote bezieht. Die vom Kläger erhobene Frage,

„ob die Erweiterung des Klageantrags auf die hilfsweise Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG und auf die hilfsweise Feststellung, dass Abschiebungsverbote gemäß §§ 60 Abs. 5 und 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen,nicht als Klageänderung anzusehen ist i.S.d. §§ 91, 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 264 ZPO“,

ist – wörtlich verstanden – mangels Entscheidungserheblichkeit keiner grundsätzlichen Klärung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugänglich. Aus den vom Kläger in der Zulassungsbegründung vorgebrachten Beispielen (Übergang von einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung auf eine solche auf Erteilung einer Bebauungsgenehmigung sowie von einer Fortsetzungsfeststellungsklage zu einer Anfechtungsklage, wenn der Klagegrund derselbe bleibt) und aus der Bezugnahme auf eine zitierte Kommentarstelle (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 91 Rn. 9) folgt, dass der Kläger von einem Fall der Erweiterung des Klageantrags entsprechend § 264 Nr. 2 ZPO ausgeht, wenn – wie hier – der abgelehnte Asylbewerber zunächst seine Klage beschränkt auf „teilweise Aufhebung des Bescheids“ sowie die Verpflichtung der Beklagten auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) und dann später im weiteren Verlauf des (erstinstanzlichen) gerichtlichen Verfahrens seinen Antrag erweitert auf vollständige Aufhebung des Bundesamtsbescheids sowie auf die Verpflichtung, ihm umfassenden Schutz zuzuerkennen (Anerkennung als Asylberechtigter, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise Gewährung subsidiären Schutzes, weiter hilfsweise Feststellung, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen).

Selbst wenn man von der Richtigkeit dieser rechtlichen Auffassung des Klägers ausginge, würde ihm dies für die Fallentscheidung nichts nutzen: Das Verwaltungsgericht hat im Zusammenhang mit der Annahme der (Teil-) Unzulässigkeit der Klage offengelassen, ob die am 9. August 2017 bei Gericht eingegangene Klageänderung sachdienlich i.S. von § 91 Abs. 1 VwGO war. Entscheidend war laut den Gründen des angegriffenen Urteils, dass die Klage gegen die Ablehnung der Asylanerkennung, gegen die Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzstatus sowie gegen die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, wegen Verstreichens der zweiwöchigen Klagefrist am Maßstab vom § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG zu spät erhoben worden war und der streitgegenständliche Bescheid insofern bestandskräftig geworden sei. Bei der hier erfolgten Ersatzzustellung am 27. Juni 2017 habe die Klagefrist am 28. Juni 2017 zu laufen begonnen und habe am 11. Juli 2017 geendet. Bei Eingang des geänderten Klageantrags bei Gericht am 9. August 2017 sei die Klagefrist daher bereits abgelaufen gewesen. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des Klageantrags im Schriftsatz vom 4. Juli 2017 scheide eine Auslegung dahingehend aus, dass damit eine umfassende Anfechtung des streitgegenständlichen Bescheids sowie umfassende Verpflichtungen der Beklagten im Sinne des geänderten Klageantrags gemeint waren. Die am 25. Juli 2017 und damit ebenfalls nach Ablauf der Klagefrist eingegangene Klagebegründung könne ebenso nicht zu einer erweiterten Auslegung des Klageantrags vom 4. Juli 2017 herangezogen werden. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien weder vorgetragen noch erkennbar.

An dieser Bewertung des Erstgerichts ändert sich nichts, wenn die Antragserstreckung im Laufe des gerichtlichen Verfahrens nicht als Klageänderung i.S. von § 91 Abs. 1 VwGO – deren Zulässigkeit von der Einwilligung der übrigen Beteiligten oder von der gerichtlichen Einschätzung als sachdienlich abhängt – angesehen wird, sondern als eine entsprechend § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache. Auch bei Einschlägigkeit des § 264 Nr. 2 ZPO folgt aus der dann ohne weiteres (d.h. über § 91 Abs. 1 VwGO hinaus) zulässigen Klageerweiterung noch nicht die Zulässigkeit der erweiterten Klage; denn dieser kann insbesondere die Bestandskraft des bislang unangefochtenen Teils der behördlichen Regelung entgegenstehen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 91 Rn. 13, 38). Die tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts, dass die Ablehnung der Asylanerkennung, die Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzstatus sowie die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, wegen zu später Klageerhebung bestandskräftig geworden sind, die (später erweiterte) Klage hiergegen folglich wegen Ablaufs der Zweiwochenfrist des § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG zu spät erhoben wurde und daher unzulässig ist, bleibt unabhängig davon bestehen, ob die Antragserweiterung § 91 VwGO oder § 264 Nr. 2 ZPO unterfällt.

Soweit den Ausführungen auf Seite 3 der Klagebegründung,

– wonach „ein auf Asylanerkennung gerichteter Antrag bei lebensnaher Betrachtung immer das Begehren“ enthalte, „hilfsweise auch subsidiären Schutz oder zumindest ein Abschiebungsverbot zuerkannt zu bekommen“, und

– wonach das Verwaltungsgericht den ursprünglich gestellten Klageantrag hätte lebensnah „umdeuten“ müssen,

zu entnehmen sein sollte, dass der Kläger in der Sache rügt, das Verwaltungsgericht habe den ersten Klageantrag vom 4. Juli 2017 zu eng ausgelegt – weil es ihm von Anfang an um die vollumfängliche Bescheidanfechtung sowie eine entsprechend umfassende Verpflichtung der Beklagten gegangen sei – vermag dies die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu begründen.

Insofern hat der Kläger bereits den Darlegungsanforderungen an die Geltendmachung des Berufungszulassungsgrundes (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) nicht genügt, weil er diesbezüglich keine fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert hat, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Unabhängig davon würde sich die Antwort auf eine entsprechend formulierte Frage – abgesehen von der Einzelfallcharakteristik – unmittelbar aus dem Wortlaut des § 88 VwGO ergeben, sodass es auch insofern keiner Klärung im Berufungsverfahren zur Wahrung der Rechtseinheit oder der Fortentwicklung des Rechts bedarf (mangelnde Klärungsbedürftigkeit, vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 38):

Der Senat geht mit dem Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass ein beim Bundesamt unterlegener Kläger mit seiner Klage i m Z w e i f e l einen Ablehnungsbescheid umfassend angreift und sämtliche Ansprüche auf Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 Asyl) sowie auf Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG) zum Gegenstand des Asylprozesses vor dem Verwaltungsgericht macht; ein regelungsimmanentes Rangverhältnis der einzelnen Anspruchsgrundlagen wirkt sich dabei über § 88 VwGO dahingehend aus, dass rangniedrigere Positionen – wie der subsidiäre Schutz oder die Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten – typischerweise / regelmäßig nur im Wege eines Hilfsantrags verfolgt werden (BVerwG, U.v. 15.4.1997 – 9 C 19.96 – BVerwGE 104, 260 = juris Rn. 11, 12). Andererseits bilden die Ansprüche auf Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Zuerkennung subsidiären Schutzes sowie auf Feststellung von Abschiebungsverboten eigenständige Streitgegenstände bzw. jedenfalls rechtlich abtrennbare Streitgegenstandsteile (BVerwG, U.v. 15.4.1997 a.a.O. juris Rn. 11 m.w.N.). Aufgrund dessen handelt es sich um jeweils teilbare Regelungen des Asylbescheids, die mithin im Anwendungsbereich des § 74 Abs. 1 AsylVfG der teilweisen Bestandskraft zugänglich sind (VGH BW, U.v. 26.10.2016 – A 9 S 908/13 – VBlBW 2017, 373 = juris Rn. 32; allg. vgl. BVerwG, B.v. 30.7.2010 – 8 B 125.09 – juris Rn. 16). Vor diesem Hintergrund ist aufgrund des klaren Wortlauts des Klageantrags vom 4. Juli 2017 (und anders als im Fall OVG Hamburg, B.v. 13.1.1998 – Bf VI 141/97 – NVwZ-Beilage 5/1998, 44 f., wo von vornherein der Bescheid ersichtlich in seinem gesamten Regelungsgehalt angegriffen wurde; vgl. auch Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 74 Rn. 19) eindeutig, dass der Kläger zunächst nur und ausdrücklich die „teilweise“ Aufhebung des Bescheids vom 22. Juni 2017 begehrte, und zwar mit Blick auf den Verpflichtungsteil des Antrags nur in dem Umfang, als die Versagung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft betroffen ist und sich auswirkt (etwa bzgl. Nr. 5 des Bescheids). Wenn ein Kläger – wie hier – sein Begehren ausdrücklich auf eine Teilanfechtung und korrespondierend hierzu den Verpflichtungsteil des Antrags auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkt, ist es dem Verwaltungsgericht gerade wegen § 88 VwGO verwehrt, über dieses Begehren hinauszugehen (insofern ebenso Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 74 Rn. 20). Hierauf aufbauend ist die Annahme der Bestandskraft des Bescheides hinsichtlich der Anerkennung als Asylberechtigter, auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und die Feststellung des Nichtbestehens von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG) konsequent und aufgrund des eindeutigen Prozessrechts geboten. Sollte der Kläger der Ansicht sein, dass aufgrund neuerer Erkenntnismittel (z.B. aufgrund des zitierten UN-Berichts „Gaza – ten years later“ vom Juli 2017 oder aufgrund des Berichts von Amnesty international „Israel und besetzte parlamentarische Gebiete 2017“ v. 16.5.2017) etwa mit Blick auf die Versorgungslage oder die derzeit bestehende Ausreisebeschränkungen nunmehr z.B. von einem Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG auszugehen sei (verneinend VG Berlin, U.v. 28.7.2017 – 34 K 254.13 A – juris), müsste dies über einen Folgeantrag geltend gemacht werden, bei dessen Prüfung freilich auch die aktuellsten Entwicklungen zur Entspannung zu berücksichtigen wären (vgl. z.B. die Artikel in Spiegel Online, „Verfeindete Palästinensergruppen: Hamas meldet Versöhnung mit Fatah“ v. 12.10.2017 sowie „Hamas übergibt Kontrolle über Grenzübergang“ v. 1.11.2017; Zeit Online, „Hamas übergibt Grenzverwaltung an Palästinenserbehörde“ v. 1.11.2017).

b) Die Berufung des Klägers ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung hinsichtlich einzelner Rechts- oder Tatsachenfragen in Bezug auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) zuzulassen. Der Kläger hat mit seinem Zulassungsvorbringen auch insofern nicht den Darlegungsobliegenheiten gem. § 78 Abs. 4 Satz 4 i.V. mit Abs. 3 Nr. 1 AsylG genügt, weil er – bezogen auf die Frage, ob er einem Verfolgungstatbestand i.S. von §§ 3 – 3c AsylG unterfällt – in seinen Ausführungen gemäß Seiten 3 bis 9 der Zulassungsbegründung schon keine konkrete, klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage herausgearbeitet hat, der über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen soll.

Der Kläger trägt auf Seiten 3 bis 9 des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017 unter Darstellung des Sachverhalts aus seiner Sicht, unter Kritik an der Sachverhaltserforschung- und Sachverhaltsbewertung durch das Bundesamt für ... und durch das Verwaltungsgericht sowie unter Darlegung der aus seiner Sicht richtigen Rechtsanwendung (u.a. zu § 3 Abs. 3 AsylG) im Zulassungsantrag im Stil einer Berufungsbegründung vor, warum das Urteil des Verwaltungsgerichts aus seiner Sicht unzutreffend sei. Dies genügt zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG aber nicht, soweit – wie vorliegend – keine fallübergreifenden Fragen, denen grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zukommen soll, konkret formuliert werden (vgl. BayVGH, B.v. 22.8.2016 – 11 ZB 16.30132 – juris Rn. 8; B.v. 16.6.2017 – 15 ZB 17.30656 – juris Rn. 5; B.v. 19.6.2017 – 20 ZB 17.30637 – juris Rn. 3; OVG NRW, B.v. 16.8.2017 – 13 A 1526/17.A – juris Rn. 11, 12). Auf ernstliche Zweifel an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kann der Zulassungsantrag nicht gestützt werden, da nach der eindeutigen Regelung des § 78 Abs. 3 AsylG dieser Zulassungsgrund in asylrechtlichen Streitigkeiten nicht zur Verfügung steht (BayVGH, B.v. 20.9.2017 – 15 ZB 17.31105 – juris Rn. 5):

aa) Auf Seiten 3 – 5 der Zulassungsbegründung vom 13. Oktober 2017 wird – unter dem Vorwurf, die Beklagte habe den Sachverhalt (u.a. auch hinsichtlich des vom Innenministerium der Autonomiebehörde ausgestellten Führungszeugnisses sowie aufgrund einer ungenauen Übersetzung in der Anhörung) falsch bewertet und diesen durch Unterlassen eines „Nachhakens“ in der Anhörung nicht ordentlich aufgeklärt – schlicht die Verfolgungsgeschichte des Klägers wiederholt (Verfolgung und Folterung durch die Hamas nach Demonstrationsteilnahme) und rechtlich ausgeführt, dieser sei politisch aktiv gewesen (Verfolgungsgrund) und deswegen gefoltert und misshandelt worden (Verfolgungsgrund). Entgegen der Überschrift „2. Tatsachenfrage – Verfolgung des Klägers“ wird eine fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage weder konkret herausgearbeitet noch ist eine solche aus dem Vortrag der Sache nach ersichtlich.

bb) Soweit der Kläger die derzeitige politische Situation im Gazastreifen als grundsätzlich bedeutsam darstellt (Seiten 5 – 7 des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017), hat er es auch insofern unterlassen, eine konkrete, fallübergreifende und in einem Berufungsverfahren klärungsbedürftige Rechtsfrage herauszustellen. Dass die politische und wirtschaftliche Situation im Gazastreifen für eine Vielzahl von Asylgesuchen von Bedeutung ist, begründet als solches keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Denn zur Beurteilung eines jeden Asylgesuchs kommt es letztlich regelmäßig auf die politischen und wirtschaftlichen Umstände im Herkunftsstaat an.

Wird zugunsten des Klägers aufgrund der hervorgehobenen Überschrift unter a) (Seite 5) sowie aufgrund der umfangreichen Bezugnahme auf den UN-Bericht „Gaza – ten years later“ (Juli 2017) unterstellt, dieser habe in der Sache die Frage aufwerfen wollen, ob der Gazastreifen mittlerweile oder in absehbarer Zukunft nicht mehr (zumutbar) bewohnbar ist bzw. ob die Situation im Gazastreifen derzeit schlicht menschenunwürdig ist, ist dies nicht entscheidungserheblich: Soweit der Kläger unter Berufung auf den UN-Bericht vom Juli 2017 auf unmenschliche Lebensbedingungen Bezug nimmt (zunehmende Unterversorgung mit Trinkwasser und Lebensmitteln, hohe Arbeitslosigkeit, auf Leben und Sicherheit der Bewohner des Gazastreifens auswirkende Methoden Israels zur Durchsetzung von Zugangsbeschränkungen), hat dies für die (mit Blick auf die im Übrigen – s.o. – eingetretene Bestandskraft) nur noch fallrelevante Frage nach einem Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG) keine Bedeutung. Denn die Flüchtlingseigenschaft ist einem Ausländer nach § 3 Abs. 1, 4 AsylG – ohne Berücksichtigung des Schutzes gem. § 3 Abs. 3 AsylG, hierzu unten sub cc) – nur zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgungwegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder wenn er sich aus den genannten Gründen außerhalb des Landes befindet, in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang über den UN-Bericht vom Juli 2017 auch auf Menschenrechtsverletzungen seitens der Hamas (z.B. Beschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung, der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit; willkürliche Verhaftungen, Belästigungen, Folterungen bis hin zum Tod in Gewahrsam) oder Israels (in den sog. „Access Restricted Areas“) beruft und weiter darauf hinweist, dass die Hamas auf der europäischen Liste terroristischer Vereinigungen stehe sowie dem dort lebenden Volk der Palästinenser nicht einmal die grundlegenden Menschenrechte gewähre, wäre eine hieraus etwa wie folgt ggf. vom Kläger in der Sache als zu klären gewollte (so tatsächlich im Zulassungsverfahren aber nicht formulierte) Frage,

ob Menschen, die im Gazastreifen leben, aufgrund von festgestellten Menschenrechtsverletzungen seitens der Hamas und Israels die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist,

ebenfalls keiner grundsätzlichen Klärung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugänglich. Denn die Antwort auf diese Frage ist von einer Vielzahl von Einzelumständen und Faktoren abhängig, sie wäre deshalb nicht hinreichend konkret gefasst und würde sich in dieser Allgemeinheit somit in einem Berufungsverfahren in entscheidungserheblicher Weise nicht stellen (vgl. BVerwG, B.v. 21.9.2016 – 6 B 14.16 – juris Rn. 7 ff.; BayVGH, B.v. 9.9.2013 – 2 ZB 13.30255 – juris Rn. 8; B.v. 7.11.2016 – 15 ZB 16.30425 – juris Rn. 6). Auch wenn es im Gazastreifen Handlungen der Hamas gab und gibt, die gegenüber einzelnen Betroffenen den Verfolgungstatbestand gem. § 3 Abs. 1 AsylG erfüllen, und auch wenn es solche Handlungen trotz der Entwicklungen der letzten Monate ggf. auch in Zukunft ggf. geben mag, folgt im Falle einer positiven Beantwortung der Frage nicht, dass praktisch jedem oder jedem mit bestimmten Gruppeneigenschaften – unabhängig von seiner individuellen Situation im Übrigen – automatisch mit der gebotenen beachtlichen Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG droht (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – BVerwGE 146, 67 = juris Rn. 19; U.v. 1.3.2012 – 10 C 7.11 – juris Rn. 12; B.v. 11.7.2017 – 1 B 116.17 u.a. – juris Rn. 8; BayVGH, U.v. 24.8.2017 – 11 B 17.30392 – juris Rn. 16). Das Verwaltungsgericht ist speziell zum Fall des Klägers zu dem Ergebnis gekommen, dieser habe ein individuelles Verfolgungsschicksal nicht substanziiert und glaubhaft geltend gemacht. Es ist zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger den Gazastreifen weder wegen politischer Verfolgung i.S. von § 3 Abs. 1 AsylG verlassen habe und dass ihm auch bei Rückkehr keine solche drohe.

cc) Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) auch nicht deswegen zuzulassen, soweit der Kläger unter der Überschrift „4. Rechtsfrage – Flüchtlingseigenschaft trotz ‚offiziellem‘ Schutz durch UNRWA“ (Seiten 7 – 9 des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017) die Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts in Bezug auf § 3 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 AsylG angreift und sich darauf beruft, die UNRWA könne aufgrund der Foltermaßnahmen gegen ihn und aufgrund der unbewohnbaren Verhältnisse im Gazastreifen ihren Schutzauftrag nicht mehr erfüllen.

Die abstrakten Rechtsfragen hierzu sind wie folgt geklärt: Die Flüchtlingseigenschaft kann von vornherein an der Ausschlussklausel des § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG scheitern, vgl. auch Art. 1 D Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1958 (Genfer Konvention – GK). Zu den dort genannten Schutz und Beistand leistenden Organisationen und Einrichtungen zählt die durch Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen Nr. 302/IV vom 8. Dezember 1949 errichtete UNRWA, deren Aufgabe in der Hilfeleistung für palästinensische Flüchtlinge in Jordanien, im Libanon, in Syrien, der West Bank und dem Gazastreifen besteht. Als Nachweis einer Inanspruchnahme des Schutzes oder Beistandes genügt es grundsätzlich, wenn die Betroffenen – wie vorliegend der Kläger – von UNRWA förmlich registriert worden sind (EuGH, U.v. 17.6.2010 – C-31/09 – NVwZ 2010, 1211 = juris Rn. 52; BVerwG, U.v. 4.6.1991 – 1 C 42.88 – BVerwGE 88, 254 = juris Rn. 25; U.v. 21.1.1992 – 1 C 21.87 – BVerwGE 89, 296 = juris, Rn. 22; VGH BW, U.v. 28.6.2017 – A 11 S 664/17 – juris Rn. 22; OVG Saarl., U.v. 21.9.2017 – 2 A 447/17 – juris Rn. 22; VG Ansbach, U.v. 31.7.2017 – AN 9 K 16.31851 – juris Rn. 22; Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 3 Rn. 72). Umgekehrt ist – automatisch – ein Ausländer als Flüchtling gem. § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG anzuerkennen, der den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen gem. Art. 1 Abschnitt D GK genossen hat, dem aber ein solcher Schutz oder Beistand nicht länger gewährt wird, ohne dass die Lage des Betroffenen endgültig geklärt worden ist (vgl. ebenso Art. 1 D Abs. 2 GK; Art. 12 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU = Qualifikationsrichtlinie). § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG beinhaltet eine Rechtsfolgenverweisung. Die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention sind nach Art. 1 D Abs. 2 GFK „ipso facto“ anwendbar, d.h. unmittelbar ohne dass es einer Einzelfallprüfung der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft bedürfte, mithin unabhängig davon, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG vorliegen. Die Prüfung ist im Falle einer Ausreise des Betroffenen grundsätzlich auf die Feststellung beschränkt, ob der Betroffene Schutz und Beistand von einer entsprechenden Organisation genossen hat und ob dieser aus von seinem Willen unabhängigen Gründen entfallen ist und keine Ausschlussgründe nach Abs. 2 vorliegen (vgl. EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 66 ff., 81; OVG Saarl., U.v. 21.9.2017 – 2 A 447/17 – juris Rn. 20, 21; VGH BW, U.v. 28.6.2017 – A 11 S 664/17 – juris Rn. 22 ff.; OVG NRW, B.v. 22.2.2012 – 18 A 901/11 – juris Rn. 13 ff.; Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 3 Rn. 74 ff.). Nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die bloße Abwesenheit des Betreffenden vom Gebiet der Schutzgewährung oder die freiwillige Entscheidung, dieses zu verlassen, regelmäßig unzureichend, um die Annahme zu rechtfertigen, der Schutz sei im vorgenannten Sinn weggefallen. Vielmehr kommt es auf die fehlende Freiwilligkeit des Ausreiseentschlusses aufgrund von seinem Willen unabhängiger Zwänge an, weil der Betroffene „sich in einer sehr unsicheren persönlichen Lage befindet“ und es UNRWA unmöglich ist, ihm im Mandatsgebiet Lebensverhältnisse zu gewährleisten, die mit der übertragenen Aufgabe in Einklang stehen (EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 58, 59, 64, 65; VGH BW, U.v. 28.6.2017 – A 11 S 664/17 – juris Rn. 24; OVG Saarl., U.v. 21.9.2017 a.a.O. Rn. 23).

Soweit der Kläger in tatsächlicher Hinsicht im Zulassungsverfahren – unter Bezugnahme auf die Anhörung vor dem Bundesamt am 22. März 2017 – darauf abstellt, gefoltert worden zu sein, sowie die Behauptung aufstellt, er habe nicht gewusst, wo er Schutz vor weiteren Folterungen und Inhaftierungen hätte suchen können, weil die UNRWA ihm keinen Schutz habe gewähren können, und dass deswegen seine Ausreise aus dem Schutzgebiet durch Umstände bzw. Zwänge verursacht worden sei, die von seinem Willen unabhängig gewesen sei, wäre eine – ggf. vom Kläger in der Sache gewollte (zu seinen Gunsten unterstellte) – Fragestellung,

ob speziell beim Kläger aufgrund von stattgefundenen Folterungen und mangels tatsächlicher Schutzgewährung seitens der UNRWA Umstände vorlagen, die für ihn eine unsichere persönliche Lage und daher einen Zwang zur Ausreise begründeten,

keiner grundsätzlichen Klärung i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zugänglich, weil es sich insofern nicht um eine fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage handelt, sondern ausschließlich um eine Frage einer individuellen Verfolgungssituation, die das Verwaltungsgericht dem Kläger nicht geglaubt hat. Dass dem Kläger eine Rückkehr in den Gazastreifen nicht möglich wäre – und dass ggf. deshalb für ihn der Schutz und Beistand der UNRWA i.S. von § 3 Abs. 3 Satz 2 AsylG weggefallen wäre (vgl. VG München, U.v. 2.2.2017 – M 17 K 16.34829 – juris Rn. 24; VG Berlin, U.v. 22.6.2017 – 34 K 254.13 A – juris Rn. 41 ff.) – wird vom Kläger weder behauptet noch dargelegt.

Soweit bei wohlwollender Auslegung des Zulassungsantrags das Vorbringen des Klägers auf Seite 9 (oben) des Schriftsatzes vom 13. Oktober 2017 dahingehend aufgefasst werden sollte, dass er sinngemäß die Frage aufwirft, ob im Gazastreifen der UNRWA-Schutz generell – also für alle Unterschutzgestellten und deshalb auch für ihn – entfallen sei, weil es dieser Hilfsorganisation aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse tatsächlich unmöglich geworden sei, ihre Aufgabe zu erfüllen (vgl. etwa EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 56), genügt auch das diesbezügliche Vorbringen den Klägers inhaltlich nicht den Darlegungsanforderungen des Art. 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG. Der Verweis des Klägers darauf, dass laut dem UN-Bericht „Gaza – ten years later“ vom Juli 2017“ der Gazastreifen mittlerweile so gut wie unbewohnbar sei, und die von ihm hieraus gezogene Schlussfolgerung, dass UNRWA aufgrund der politischen Verhältnisse nicht mehr in der Lage sei, Schutz zu gewähren, ist für die Darlegung des Zulassungsgrundes gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu unsubstanziiert.

Bei einem auf die grundsätzliche Bedeutung einer Tatsachenfrage gestützten Zulassungsantrag ist im Einzelnen darzulegen, welche genauen Anhaltspunkte für eine bestimmte, vom Erstgericht abweichende Tatsacheneinschätzung bestehen. Der Antragsteller muss die Gründe, aus denen seiner Ansicht nach die Berufung zuzulassen ist, dartun und in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht erläutern. Hierzu genügt es nicht, bloße Zweifel an den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Gegebenheiten im Herkunftsland des Ausländers zu äußern oder schlicht gegenteilige Behauptungen aufzustellen. Vielmehr ist es erforderlich, unter Benennung bestimmter Erkenntnisquellen und Einzelfakten zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass der behauptete (nicht mit der Einschätzung des Verwaltungsgerichts sich deckende) Umstand zutreffend ist und dass es deswegen zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf (BayVGH, B.v. 13.6.2016 – 13a ZB 16.30062 – juris Rn. 5 m.w.N.; OVG NRW, B.v. 5.9.2017 – 13 A 923/17.A – juris Rn. 14). Diese Anforderung hat der Kläger im Zulassungsverfahren nicht erfüllt. Er hat weder im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen (geschweige denn unter Beweis gestellt) noch im Berufungszulassungsverfahren konkret ausgeführt, dass UNRWA im Gazastreifen generell die Aufgabe, Hilfe und Schutz zu gewähren, nicht mehr erfüllen kann (vgl. auch VG Berlin, U.v. 22.6.2017 – 34 K 254.13 A – juris Rn. 33, 40). Insoweit bleiben die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 13. Oktober 2017 trotz der Bezugnahme auf den UN-Bericht vom Juli 2017 bloße unsubstanziierte Behauptung. Zwar geht aus dem Bericht hervor, dass sich die Lebensbedingungen u.a. aufgrund der von Israel ausgehenden Blockade im Gazastreifen weiter – und zwar drastischer als von den Vereinten Nationen im Jahr 2012 prognostiziert – verschlechtert haben (u.a.: hohes Bevölkerungswachstum; Rückgang des Pro-Kopf-BIP; zunehmende Arbeitslosigkeit, Rückgang der Bereitstellung von Basisdiensten im Gesundheits- und Bildungssektor; schlechte Stromversorgung; schlechte Trinkwasserversorgung, verbunden mit der Gefahr, dass die bestehende Trinkwasserversorgungseinrichtung bis Ende 2017 unbrauchbar wird). Ebenso geht aus dem UN-Bericht vom Juli 2017 hervor, dass es weiterhin zu Menschenrechtsverletzungen seitens der Hamas kommt (willkürliche Verhaftungen, Schikanen und Folterungen, Tötungen in der Haft). Weder führt der Kläger aber im Einzelnen auf noch ergibt sich aus dem Bericht, dass es UNRWA aufgrund der dort beschriebenen Umstände nunmehr unmöglich geworden sei, die Versorgungs- und Schutzaufgabe gegenüber den von ihr geschützten (insbesondere gegenüber den von ihr förmlich registrierten) Personen zu erfüllen (vgl. etwa EuGH, U.v. 19.12.2012 – C-364/11 – NVwZ-RR 2013, 160 = juris Rn. 56). Im Gegenteil wird im Bericht hervorgehoben, dass – trotz eines weiter zu prognostizierenden Abwärtstrends der Lebensbedingungen im Gazastreifen – insbesondere die Dienstleistungen der UNRWA dazu beigetragen haben, der Verschlechterung der Lebensbedingungen im Gazastreifen insgesamt entgegenzuwirken (vgl. Seite 3; zur Nahrungsmittelversorgung durch UNRWA vgl. Seite 14; zu Dienstleistungen durch UNRWA im Gesundheits- und Bildungssektor vgl. Seite 22 ff.).

c) Soweit der Kläger in der Sache Ausführungen zur Gewährung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) und zur Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG) macht, kann diesbezüglich schon wegen eingetretener Bestandskraft und verspäteter Klageerhebung (s.o.) keine Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG erfolgen.

2. Der zulässige Antrag, dem Kläger Prozesskostenhilfe zu gewähren (§ 166 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und ihm den von ihm bevollmächtigen Rechtsanwalt beizuordnen (§ 121 ZPO), ist nicht begründet. Die Absicht des Klägers, die Zulassung der Berufung zu erreichen, hat aus den vorgenannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

Gründe

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1.1 Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist nicht in einer Weise dargetan, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.

Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtlich Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2017 – 11 ZB 17.31711 – juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 21.11.2017 – 1 B 148.17 u.a. – juris Rn. 4 zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist. Ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2017 – 11 ZB 17.31711 – juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 30.9.2015 – 1 B 42.15 – juris Rn. 3). Darzulegen sind mithin die konkrete Frage sowie ihre Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit und allgemeine Bedeutung (vgl. OVG NRW, B.v. 15.12.2017 – 13 A 2841/17.A – juris Rn. 3 ff.).

Diesen Anforderungen wird das klägerische Vorbringen nicht gerecht. Die vom Kläger im Zulassungsantrag für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Tatsachenfrage,

„inwieweit die Zugehörigkeit des Klägers zu einer Hochrisikogruppe tatsächlich ein nationales Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Äthiopien mit besonderem Blick auf die aktuelle Versorgungslage in Äthiopien begründen kann“,

ist ebenso wenig einer generellen Klärung zugänglich wie die von ihm sinngemäß aufgeworfene Tatsachenfrage,

„ob für den Fall, dass der Ausländer eine solche nahezu geistige Behinderung hat und auch körperlich stark eingeschränkt ist, welche ihm die körperlich schweren Arbeiten und dem Umgang in der Gesellschaft deutlich erschweren würden und bisweilen unmöglich machen, die verfassungsrechtlichen Grenzen, die Art. 1 [Abs. 1] Satz 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG für § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zieht, überschreitet und folglich in solchen Extremfällen eine Feststellung des nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Äthiopien angezeigt ist“.

Beide Fragen sind in dieser Allgemeinheit nicht klärungsfähig, weil die Antworten auf diese von einer Vielzahl von Einzelumständen und Faktoren abhängig sind, sie deshalb nicht hinreichend konkret gefasst sind und sich in dieser Allgemeinheit somit in einem Berufungsverfahren in entscheidungserheblicher Weise nicht stellen würden (vgl. BVerwG, B.v. 21.9.2016 – 6 B 14.16 – juris Rn. 14 f.; BayVGH, B.v. 2.11.2017 – 15 ZB 17.31494 – juris Rn. 9, 20; OVG NW, B.v. 1.12.2017 – 13 A 2643/17.A – juris Rn. 23). Die hier aufgeworfenen Fragestellungen setzen wegen § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG das Vorliegen einer Extremgefahr voraus (vgl. BayVGH, B.v. 2.11.2017 – 15 ZB 17.31494 – juris Rn. 19; OVG NW, B.v. 1.12.2017 – 13 A 2643/17.A a.a.O. jew. m.w.N.), die sich aufgrund der geltend gemachten körperlichen bzw. geistigen Einschränkungen des Klägers und unter Berücksichtigung der konkret zu erwartenden Rückkehrumstände sowie der Unterstützungsmöglichkeiten vor Ort mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach der Rückkehr realisieren muss (vgl. BVerwG, U.v. 29.9.2011 – 10 C 24.10 – NVwZ 2012, 451 = juris Rn. 19, 23). Das Verwaltungsgericht hat – unter Würdigung der maßgeblichen Umstände – die Rückkehr des Klägers nach Addis Abeba als zumutbar erachtet und ausgeführt, dass er dort mit der Unterstützung durch seinen Onkel rechnen könnte. Etwaige Probleme seien so ausgleichbar. Sein Onkel habe ihm nicht nur die Ausreise finanziert und organisiert, sondern ihn zuvor ein Jahr bei sich aufgenommen. Soweit der Kläger sich darauf beruft, eine Rückkehr zu seinem Onkel sei ihm wegen drohender menschenunwürdiger Behandlung durch dessen Ehefrau nicht zumutbar, hat das Verwaltungsgericht den Vortrag mit nachvollziehbaren Erwägungen als unglaubwürdig bewertet. Sein dagegen im Zulassungsverfahren erhobenes Vorbringen ist nicht geeignet, einen Klärungsbedarf für ein Berufungsverfahren i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu begründen. Im Ergebnis wendet sich der Kläger gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), die vom Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht erfasst wird.

Dem vorgelegten Bericht der Welthungerhilfe, der sich allgemein mit Ernteausfällen in Äthiopien, Kenia, Somalia und dem Südsudan befasst, lassen sich im Übrigen ebenso wenig wie dem sonstigen Vortrag konkrete Anhaltspunkte für eine extreme Gefahrenlage für den Kläger entnehmen. Die bloße Behauptung eines potenziellen Gefahrentatbestandes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG genügt den Begründungsanforderungen zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass sich das Zulassungsvorbringen näher mit dem Erkenntnismaterial auseinandersetzt (BayVGH, B.v. 2.11.2017 – 15 ZB 17.31494 – a.a.O. Rn. 21 m.w.N.; OVG NW, B.v. 1.12.2017 – 13 A 2643/17.A juris Rn. 5). Daran fehlt es hier ebenfalls.

Schließlich wird nicht ersichtlich, worin in den aufgeworfenen Fragestellungen (vgl. oben) eine klärungsbedürftige Rechtsfrage liegen soll. Es fehlt an einer konkreten Fragestellung in Bezug auf die Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (vgl. dazu BVerwG, U.v. 29.9.2011 – 10 C 24.10 – NVwZ 2012, 451 = juris Rn. 19 ff.; BayVGH, B.v. 2.11.2017 – 15 ZB 17.31494 – juris Rn. 19 m.w.N.), die über die Rechtsanwendung im Einzelfall hinausreicht.

1.2 Der geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) wegen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist ebenfalls nicht in einer Weise dargetan, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 91 Abs. 1 BV) hat eine zweifache Ausprägung: Zum einen gibt es den Beteiligten einen Anspruch darauf, dass rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung in Erwägung gezogen wird, soweit es aus verfahrens- oder materiell-rechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann. Zum anderen untersagt es dem Gericht, seiner Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde zu legen, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten. (vgl. BayVerfGH, E.v. 25.8.2016 – Vf. 2-VI-15 – juris Rn. 34 f.; BVerfG, B.v. 5.4.2012 – 2 BvR 2126/11 – NJW 2012, 2262; BVerwG, B.v. 17.6.2011 – 8 C 3.11 u.a. – juris Rn. 3). Eine danach unzulässige Überraschungsentscheidung liegt aber nur vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen braucht (BVerfG, B.v. 19.5.1992 – 1 BvR 986.91 – BVerfGE 86, 133 = juris Rn. 36; BayVGH, B.v. 11.12.2017 – 4 ZB 17.31557 – juris Rn. 6 f. m.w.N.). Aus dem Prozessgrundrecht des Art. 103 Abs. 1 GG folgt dagegen keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Gerichts (vgl. BVerwG, B.v. 15.7.2016 – 5 P 4.16 – juris Rn. 3 m.w.N.). Vor allem muss es die Beteiligten grundsätzlich nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (BVerwG, B.v. 15.7.2016 a.a.O. Rn. 3; BayVGH, B.v. 11.12.2017 – 4 ZB 17.31557 – a.a.O. jew. m.w.N.).

Eine solche Überraschungsentscheidung liegt hier nicht vor. Die Klägerseite beruft sich zu Unrecht darauf, es habe eines Hinweises darauf bedurft, dass der Vortrag zu dem Verhalten des Onkels und dessen Ehefrau gegenüber dem Kläger als unzulässige Steigerung des klägerischen Vortrags und damit als unglaubhaft gewertet werde. Dass das Verwaltungsgericht von einer Steigerung des Vorbringens (im Verhältnis zu den Angaben bei der Anhörung vor dem Bundesamt) ausgehen und damit die klägerischen Angaben für unglaubhaft halten könnte, ergibt sich bereits aus der Nachfrage in der mündlichen Verhandlung. Hinzu kommt, dass die Unglaubwürdigkeit nicht allein auf diesen Umstand gestützt wurde, sondern auch auf die teils widersprüchlichen, teils substanzlosen Angaben im gerichtlichen Verfahren selbst. Das Verwaltungsgericht hat dazu im Einzelnen ausgeführt, welche Unstimmigkeiten sich zwischen dem schriftlichen Vorbringen in erster Instanz und den Angaben des Klägers bei der informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung ergeben und dass der Kläger die menschenunwürdige Behandlung nicht näher dargelegt habe. Dazu wird im Zulassungsantrag lediglich eine „offensichtlich zugrunde liegenden Sprachbarriere“ in Bezug auf die Aussage des Klägers, er habe im Haus des Onkels übernachtet (und nicht im Freien, wie schriftsätzlich vorgetragen worden war), pauschal behauptet. Dadurch lassen sich die in den Urteilsgründen im Einzelnen dargelegten Widersprüche jedoch nicht erklären. Vor allem wird nicht ersichtlich, warum der Kläger bei seiner informatorischen Anhörung die Umstände nicht näher dargelegt hat, aus denen sich ergeben soll, dass der Aufenthalt bei seinem Onkel und dessen Ehefrau unzumutbar gewesen sei. Im Übrigen hat die Klägerseite die Lernbehinderung, mit der sie das gesteigerte Vorbringen erklären will, bereits zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht und auch das Attest vom 4. Mai 2018 schon im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegt, womit sich das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil ebenfalls auseinandergesetzt hat.

Der Sache nach rügt der Kläger die Würdigung des Streitstoffs durch das Verwaltungsgericht. Mit der Kritik an der tatrichterlichen Sachverhaltswürdigung im Einzelfall kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör aber nicht begründet werden. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn diese auf einem Rechtsirrtum beruht, objektiv willkürlich ist oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Natur- oder Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, missachtet (BVerwG, B.v. 30.7.2014 – 5 B 25.14 – juris Rn. 13 m.w.N.). Derartige Verstöße zeigt die Zulassungsbegründung nicht auf.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG.

3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil der Zulassungsantrag – wie sich aus obigen Ausführungen ergibt – keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dementsprechend war auch der Antrag auf Beiordnung der Bevollmächtigten als Rechtsanwältin (§ 166 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO) abzulehnen.

Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Gründe

1

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

2

Der Kläger hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 Asylgesetz - AsylG -) nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechend dargelegt.

3

„Grundsätzliche Bedeutung“ im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2016 - 4 A 2103/15.A -, juris). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist daher nur dann im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren. Des Weiteren muss substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 9. Oktober 2015 - 8 LA 146/15 -, juris).

4

Hieran gemessen wird die Zulassungsschrift des Klägers den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht gerecht.

5

Die Antragsschrift wirft die Fragen auf,

6

„1. ob Rückkehrer ins Herkunftsland Afghanistan wie der Berufungskläger eine reale Chance haben, dort namentlich zum Leben in Kabul, Herat oder Mazar-e-Sharif, eine ausreichende Lebensgrundlage finden,“

7

2. ob nicht für den Berufungskläger, sowie für alle zivile Personen im gesamten Staatsgebiet Afghanistans, ein solches Gewaltniveau herrscht, dass im Sinne der Rechtsprechung des EuGH das Risiko besteht, allein aufgrund seiner Anwesenheit aktuell oder in naher Zukunft einen ernsthaften Schaden hinsichtlich des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit zu erleiden und allein schon deswegen die Voraussetzungen subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 AsylG gegeben sind, wenn dazu zwingend und laufend eine Aktualisierung der Sicherheits- und Gefährdungslage in Afghanistan orientiert am Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts angefertigt [wird]“,

8

3. ob zurückkehrende Asylbewerber wie der Kläger einer besonderen, individuellen und asylrechtsrelevanten Gefährdung unterliegen, weil sie sich für längere Zeit im westlichen Ausland befunden ha[ben] und deshalb seitens extremistischer Kreise als Verräter oder Handlanger des Westens angesehen w[erden], und auch dazu laufend eine nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 27.03.2017 zwingend notwendige Aktualisierung der Sicherheits- und Gefahrenlage in Afghanistan orientiert am Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes anzufertigen ist.“

9

Der Kläger hält diese Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig und begründet dies damit, dass sie in der Rechtsprechung - ohne diese ausdrücklich zu bezeichnen - unterschiedlich behandelt bzw. nicht berücksichtigt würden und eine einheitliche obergerichtliche Rechtsprechung nicht bekannt bzw. auf die aktuelle Situation nicht anwendbar sei, weil diese bereits veraltet sei und die aktuelle Situation nicht wiedergebe (so etwa: VGH Hessen, Urteil vom 30. Januar 2014 - 8 A 119/12 A. -; Beschluss vom 25. Januar 2017 - 13a ZB16.30374 - [vgl. Zulassungsschrift S. 5]). Hiermit wird er dem Darlegungserfordernis nicht gerecht.

10

1. Soweit der Kläger geltend macht, dass die aktuelle Auskunftslage für ganz Afghanistan, speziell auch für die Hauptstadt Kabul mittlerweile im Widerspruch zur obergerichtlichen Rechtsprechung stehe, mit der sich die Obergerichte in ihrer Komplexität noch nicht auseinandergesetzt hätten (vgl. Zulassungsschrift Seite 3), vermag der Senat mit Blick auf die neueren Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg dem nicht zu folgen. Denn entgegen der Annahme des Klägers (vgl. Zulassungsschrift S. 22) sind jüngere - die aktuelle Sicherheits- und Versorgungslage wiedergegebene und die Auffassung des Klägers nicht teilende - Berufungsurteile (vgl. zuletzt: VGH BW, Urteile vom 11. April 2018 - A 11 S 924/17 - und - A 11 S 1729/17 -, Urteil vom 24. Januar 2018 - A 11 S 1265/17 -, Urteil vom 17. Januar 2018 - A 11 S 241/17 -; Urteil vom 5. Dezember 2017 - A 11 S 1144/17 -, alle juris) vorhanden, hinsichtlich derer der Kläger die erforderliche Auseinandersetzung bereits vermissen lässt.

11

Es ist auch nicht erkennbar, dass diese obergerichtlichen Entscheidungen - wie der Kläger allgemein behauptet - auf veralteten Erkenntnismittel fußen. Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg das Gutachten von Frau Stahlmann für das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 28. März 2018 bei seiner Bewertung der Sicherheits- und Versorgungslage in seinen Entscheidungen aus April 2018 berücksichtigt. Hierbei ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass bei afghanische Flüchtlingen unter dem allgemeinen Gesichtspunkt der schlechten humanitären Situation mangels Akteurs die Gewährung von subsidiärem Schutz auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ausscheide bzw. die landesweiten Lebensverhältnisse in Afghanistan und gerade der in Kabul trotz Fehlens eines familiären oder sozialen Netzwerkes bei einem nicht unterhaltspflichtigen arbeitsfähigen Mann kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK rechtfertigten und ein ernsthafter Schaden in Gestalt einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht in Kabul (und weiteren - hier nicht streitbefangenen - Provinzen) drohe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) bzw. auch im Hinblick auf die schwierige Sicherheitslage in Kabul kein Verstoß im Sinne von § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 ERMK festzustellen sei.

12

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang der Auffassung ist, dass aus dem Gutachten von Frau Stahlmann, das er in Auszügen zitiert, ein „differenziert-vertieftes, völlig anderes Bild der Situation in Afghanistan hervorgeh[e]“, das den Schluss zulasse, dass sich die Verhältnisse in Afghanistan eher verschlimmert bzw. schon immer die Qualität eines Bürgerkrieges hätten, übersieht er, dass der etwaigen rechtlichen Würdigung der Gutachterin keine Indizwirkung zukommt, sondern diese den Gerichten vorbehalten ist (vgl. so auch: VGH BW, Urteile vom 11. April 2018, a. a. O.). Abgesehen davon lag das aktuelle Gutachten von Frau Stahlmann der Entscheidungsfindung zugrunde, wie die richterliche Verfügungen an die Beteiligten vom 9. Mai 2018 (vgl. Gerichtsakte Bl. 61 f.), wonach die mit der Ladung versandte Erkenntnismittelliste (Stand: 14. März 2018) um das Gutachten vom 28. Marz 2018 ergänzt wurde, und die Sitzungsniederschrift vom 28. Mai 2018 offenbaren. Dass das Gutachten in der Entscheidung nicht ausdrücklich bezeichnet wird, steht dem nicht entgegen.

13

Soweit der Kläger unter Berufung auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zur Auslegung des subsidiären Schutzes nach der Qualifikationsrichtlinie (vom 17. Februar 2009 - Rs C-465/07 -) einwendet, mit den „häufigen und unberechenbaren, immer wieder unvorhersehbar auftretenden Todesgefahren in ganz Afghanistan [sei] eine Situation erreicht, wonach willkürliche Gewalt jenseits von Statistiken über Todesfälle und regionale Überlegungen vorlieg[e]“, verkennt er, dass maßgebender Bezugspunkt für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG die Herkunftsregion des Betroffenen - hier: Provinz Balkh - ist, in die er typischer Weise zurückkehren wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, juris). Das Gleiche gilt, soweit er geltend macht, dass die allgemeine Gefährdungslage in der Zentralregion, in Kandahar oder Kabul habe eine so starke Intensität erreicht habe. Hiervon ist auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen (vgl. Urteilsabdruck S. 8 [3. Absatz]).

14

Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger in seiner Herkunftsregion durch seinen Onkel bedroht worden sein soll. Denn das Verwaltungsgericht hat die insoweitige Versagung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 AsylG selbstständig tragend darauf gestützt, dass der Kläger nicht um den möglichen staatlichen Schutz vor der Bedrohung durch seinen Onkel - als nichtstaatlichen Akteur im Sinne des § 3c Nr. 3 AsylG - nachgesucht habe (vgl. Urteilsabdruck S. 7 [4. Absatz]). Hiermit hat sich der Kläger nicht zulassungsbegründend auseinandergesetzt. Er beschränkt sich darauf, dass ihm nach den persönlichen Umständen eine Rückkehr nicht möglich sei, ohne sich mit der Begründung des Verwaltungsgerichtes auseinanderzusetzen. Ist aber ein Urteil - wie hier - in je selbstständig tragender Weise mehrfach begründet worden, so muss im Hinblick auf jeden Begründungsteil ein Zulassungsgrund dargelegt und gegeben sein (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16. Dezember 1994 - 11 B 182.94 -, und vom 10. Mai 1990 - 5 B 31.90 -; OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2002 - 19 A 1609/00.A -, alle juris).

15

Der Kläger zeigt auch nicht auf, dass die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Auskunftslage zur Provinz Balkh unrichtig ist, mithin die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG gerechtfertigt sein könnte.

16

Die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer Tatsachenfrage setzt eine intensive, fallbezogene Auseinandersetzung mit den von dem Verwaltungsgericht herangezogenen und bewerteten Erkenntnismitteln voraus. Es ist Aufgabe des Antragstellers, durch die Benennung bestimmter begründeter Informationen, Auskünfte, Presseberichte oder sonstiger Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern seine gegenteiligen Bewertungen in der Antragsschrift zutreffend sind, sodass es zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. Dies kann durch eine eigenständige Bewertung der bereits vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnismittel geschehen oder auch durch Berufung auf weitere, neue oder von dem Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte Erkenntnismittel. Dabei gilt allgemein, dass die Anforderungen an die Darlegung nicht überspannt werden dürfen, sondern sich nach der Begründungstiefe der angefochtenen Entscheidung zu richten haben (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 29. März 2017 - 3 L 249/16 -, juris [m. w. N.]).

17

Zwar behauptet der Kläger, dass entgegen der verwaltungsgerichtlichen Feststellung in der Region Balkh eine erhöhte Gefährdung aufgetreten sei und beruft sich hierbei auf einen Bericht von ACCORD vom 25. Juni 2018 (www.ecoi.net), wonach in der Provinz Balkh 13 Vorfälle mit 94 Toten erfasst worden seien. Dieses in Bezug genommene Erkenntnismittel steht jedoch nicht im Widerspruch zu der Feststellung des Gerichtes, wonach in der Provinz Balkh im Jahr 2017 insgesamt 129 Zivilpersonen getötet oder verletzt worden sind (vgl. UNAMA, Annual Report 2017). Denn die vom Kläger zitierten Zahlen sind dem von ACCORD zusammengestellten Bericht „Afghanistan, First Quarter 2018: Update on incidents according to the Armed Conflict Location & Event Data Projekt“ vom 25. Juni 2018 zu entnehmen und unterscheiden nicht zwischen zivilen und nichtzivilen Verlusten im ersten Quartal 2018. Zudem kann einem weiteren Bericht von ACCORD gleichen Datums („Brief compilation on the security situation in Afghanistan an security-related events in Kabul [covering January 2017 to May 2018]“) entnommen werden, dass die von UNAMA in ihrem Quartalsbericht vom April 2018 dokumentierte Anzahl aller zivilen Opfer in Afghanistan (763 Tote und 1.495 Verletzte, Januar bis März 2018) im selben Quartal der Jahre 2016 und 2017 vergleichbar groß gewesen sei, wobei Bewohner der Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryar und Kandahar vom Konflikt am stärksten betroffen gewesen sein sollen. Die Provinz Balkh wird in diesem Bericht nicht explizit erwähnt. Auch aus dem Bericht von EASO vom 1. Mai 2018 (vgl. Report Afghanistan: Security Situation - update -) ergeben sich keine anderen Erkenntnisse, die für das erste Quartal 2018 bzw. das Jahr 2017 den Schluss zuließen, dass sich in der Provinz Balkh die Gefährdungslage gegenüber den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes verschlechtert hätte. Dementsprechend ist die Bewertung des Verwaltungsgerichtes nicht zu bestanden, dass bei einer Bevölkerungszahl von schätzungsweise 1,38 Mio. Menschen die Wahrscheinlichkeit, im Jahr 2017 Opfer eines Anschlages in der Provinz Balkh zu werden, bei 0,009% und damit weit unterhalb der vom Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 -, juris) als beachtlich angenommenen Schwelle liegt.

18

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang einwendet, das Zahlenmaterial von UNAMA, das auch vom Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung zugrunde gelegt wurde, sei zwar valide im Sinne methodischer Verlässlichkeit, könne aber nicht den Anspruch erheben, die tatsächliche Anzahl ziviler Opfer zu erfassen (so auch Stahlmann, Gutachten vom 28. März 2018), hat das Verwaltungsgericht diesen Aspekt hinreichend berücksichtigt. Es hat in seine Überlegung eingestellt, dass in den Statistiken von UNAMA alle Vorfällen unberücksichtigt blieben, die nicht von drei unabhängigen, überprüfbaren Quellen bestätigt worden seien und daher eine Untererfassung als zwingend angesehen. Das Verwaltungsgericht ist ausgehend vom rechnerisch ermittelten Risiko in der Provinz Balkh von 0,009% sodann zu dem - zutreffenden - Ergebnis gelangt, dass auch bei einer tatsächlich wesentlich höheren Opferzahl als 129 Zivilisten eine tatsächliche Gefahr mit Blick auf die vom Bundesverwaltungsgericht bezeichneten Schwellenwerte bei Weitem zu verneinen sei (vgl. so auch zu anderen afghanischen Provinzen [Kandahar und Kabul): VGH BW, Urteil vom 11. April 2018 - A 11 S 924/17 -, a. a. O. Rn. 101, 367).

19

Der Kläger dringt auch nicht mit seinen Einwendungen gegen die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Maßstäbe der Bewertung einer Gefahrenlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG durch.

20

Er beschränkt sich darauf, einen Vergleich zum Gewaltniveau in Deutschland anzustrengen und daraus zu folgern, dass nicht allein eine quantitative Betrachtungsweise von Opferzahlen für die Beurteilung bürgerkriegsähnliche Zustände ausschlaggebend, sondern der Gesamtkonflikt ins Auge zu fassen sei. Insbesondere bedürfe es - seiner Auffassung nach - vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur tagesaktuellen Berücksichtigung von Erkenntnismitteln (Beschluss vom 27. März 2017 - 2 BvR 681/17 -, juris) einer grundsätzlichen Neubewertung des Tatbestandes des innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes.

21

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes kann ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt jedoch nicht allein deshalb bejaht werden, weil ein Zustand permanenter Gefährdungen der Bevölkerung und schwerer Menschenrechtsverletzungen im Rahmen des innerstaatlichen Konflikts festgestellt wird. Vielmehr erfordert die Bestimmung der Gefahrendichte eine quantitative Ermittlung der Verletzten und getöteten Zivilpersonen im Verhältnis zur Einwohnerzahl (Gewaltniveau), wobei zudem eine wertende Gesamtbetrachtung zu erfolgen hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 und 10 C 11.10 - sowie vom 13. Februar 2014 - 10 C 6.13 -, alle juris). Das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteile vom 17. November 2011, a. a. O.) hatte bezogen auf die Zahl der Opfer von willkürlicher Gewalt eines Jahres das Risiko, von 1:800 (0,125 %) bzw. 1:1.000 (0,1 %) verletzt oder getötet zu werden, als weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt angesehen.

22

Die Zulassungsschrift setzt sich nicht differenziert mit diesen bundesverwaltungsgerichtlichen Vorgaben auseinander. Zwar ergänzt der Kläger seine unter Ziffer 2. gestellte Frage dahingehend, „ob es unabhängig von bzw. ergänzend zu den zu entscheidenden Einzelfällen und theoretischer Statistiken der UNAMA, die nicht verlässlich genug sind, zu einer grundsätzlichen und momentan tagesaktuellen Beurteilung der Sicherheitslage von allgemeiner, übergreifender Bedeutung dahingehend kommen muss, dass es in Afghanistan einfach nicht mehr kalkulierbar ist, ob man Opfer eines willkürlichen Attentates allein durch die Anwesenheit vor Ort wird“ (vgl. Zulassungsantrag, S. 22). Jedoch wird der Kläger auch insoweit den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht gerecht.

23

Zum einen übersieht er, dass das Bundesverwaltungsgericht neben der quantitativen Ermittlung auch eine wertende Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung verlangt (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 - a.a.O. Rn. 33). Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2011 - 10 C 11.10 -, Rn. 21, juris). Hiermit setzt sich der Kläger bezogen auf die Provinz Balkh ebenso wenig auseinander, wie mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichtes zu etwaigen gefahrerhöhenden Umständen auf Seiten des Klägers (vgl. Urteilsabdruck S. 9 [2. Absatz]).

24

Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht - entgegen der bundesverfassungsgerichtlichen Vorgaben (Beschluss vom 27. März 2017 - 2 BvR 681/17 -) - die neuesten Entwicklungen der Sicherheitslage bei seiner Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt hätte. Richtig ist, dass sich Behörden und Gerichte bei der Beantwortung der Frage, ob ein Antragsteller in ein Land abgeschoben werden darf, in dem wegen einer stetigen Verschlechterung der Sicherheitslage die Gefahr besteht, dass die Schwelle des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG oder des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG überschritten sein könnte, laufend über die tatsächlichen Entwicklungen unterrichten und nur auf Grundlage aktueller Erkenntnisse entscheiden dürfen. Bloße Verweisungen auf - auch nur Monate zurückliegende - frühere Entscheidungen oder Quellen werden vor dem Hintergrund des Art. 103 Abs. 1 GG dem Vortrag der Verfahrensbeteiligten dann nicht gerecht, wenn diese sich auf neuere relevante Dokumente berufen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. März 2017 - 2 BvR 681/17 -, juris Rn. 11).

25

Solche neueren relevanten Dokumente, die eine andere Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Kläger zeichnen, als vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegt, zeigt der Kläger in Bezug auf die Provinz Balkh nicht auf. Für eine schwellenüberschreitende Verschlechterung der Sicherheitslage der Provinz Balkh ist auch unter Berücksichtigung der vom Kläger herangezogenen neueren - vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigten - Erkenntnismittel (Amnesty Internation, Bericht an das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 5. Februar 2018, ACCORD-Berichte vom 25. Juni 2018; EASO, Report Afghanistan: Security Situation - update - vom 1. Mai 2018, S. 47 ff.) nichts ersichtlich (siehe auch Darstellung oben). Die im Übrigen vom Kläger bezeichneten und in Auszügen zitierten Publikationen und Presseartikel aus den Jahren 2018 bis 2009 beziehen sich im Wesentlichen auf Afghanistan im Allgemeinen bzw. die Provinz Kabul und enthalten schon keine die momentane Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Klägers konkretisierenden Aussagen. Auch die mit Verweis auf den Afghanistan Weekly Field Report von OCHA vom 26. März bis 1. April 2018 (www.unocha.org) geltend gemachte starke Binnenfluchtbewegung betrifft weder die Heimatprovinz des Klägers, noch sind anhand jüngerer Berichte von OCHA (Zeitraum Juni-Juli 2018) Binnenfluchtbewegungen in der Provinz Balkh erkennbar. Dementsprechend sind Anhaltspunkte dafür, dass sich die Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Klägers (Balkh) gegenüber der vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Auskunftslage (UNAMA, Annual Report 2017, S. 67; EASO, Afghanistan: Security Situation, Stand: Dezember 2017) mittlerweile derart verändert hätte, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in der Heimatprovinz des Klägers gegeben wäre, weder dargelegt noch ersichtlich. Dies zugrunde gelegt ist für eine weitere Relativierung der quantitativen Betrachtungsweise schon kein Raum.

26

Auch der Verweis des Klägers auf eine neuere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (Beschluss vom 25. April 2018 - 2 BvR 2425/17 -, juris) führt zu keiner anderen Betrachtung. Gegenstand des stattgebenden Kammerbeschlusses war die rechtschutzgarantieverletzende Abweisung einer Asylklage als offensichtlich unbegründet, wenn das Asylland (Afghanistan) von einer äußerst volatilen und zudem regional sehr unterschiedlichen Sicherheitslage geprägt ist, so dass die Gefahr besteht, dass dort wegen einer stetigen Verschlechterung der Sicherheitslage die Schwelle des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG überschritten ist. Vorliegend steht eine Offensichtlichkeitsentscheidung nach § 78 Abs. 1 AsylG weder im Raum, noch hat das Verwaltungsgericht unter Berufung auf eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung die Sicherheitslage anhand überholter Erkenntnismitteln geprüft. Dass die Sicherheitslage in Afghanistan unbeständig ist und sich stetig verschlechtert hat, rechtfertigt für sich betrachtet die Zulassung der Berufung nicht, wenn die (tages-)aktuelle Auskunftslage keinen greifbaren Anhalt für eine Überschreitung des vom Bundesverwaltungsgericht bezeichneten Schwellenwertes bietet.

27

2. Nach der unter Ziffer 1. zur ausreichenden Lebensgrundlage aufgeworfene Fragestellung soll die (Neu-)Bewertung der humanitären Lage des Herkunftslandes anhand des Gutachtens von Frau Stahlmann vom 28. März 2018 die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 AsylG und hilfsweise ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG rechtfertigen (vgl. Zulassungsantrag S. 3 und 20). Auch insoweit wird der Kläger dem Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Er setzt sich weder mit den Gründen der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes (vgl. Urteilsabdruck S. 7, 10) und den herangezogenen Erkenntnismitteln (UNHCR, Richtlinie zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 29. Oktober 2016) auseinander, noch zeigt er auf, dass sich das 354-seitige Gutachten zu den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes zur Versorgungslage in Widerspruch setzt. Der Kläger beschränkt sich darauf, hinsichtlich der Sicherheitslage aus dem Gutachten zu zitieren, nimmt jedoch die auch maßgebende Versorgungslage und damit die Frage, ob für zurückkehrende Asylbewerber die Möglichkeit besteht, eine ausreichende Existenzgrundlage zu finden, nicht in den Blick. Der Kläger zeigt zudem nicht auf, dass spezifische individuelle Einschränkungen bei ihm bestehen, die eine andere Sichtweise rechtfertigen (vgl. insbesondere Urteilsabdruck S. 7 [3. Absatz]). Abgesehen davon scheidet unter dem allgemeinen Gesichtspunkt einer schlechten humanitären Situation mangels Akteurs die Gewährung von subsidiärem Schutz auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG von vornherein aus (vgl. zum Ganzen: VGH BW, Urteil vom 11. April 2018 - A 11 S 1729/17 -, a. a. O. Rn. 43). Im Übrigen wird auf die differenzierten und überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg in seinen Urteilen vom 11. April 2018 (vgl. a. a. O.) verwiesen.

28

3. Obgleich der Kläger im Rahmen der von ihm aufgeworfenen Fragen nicht ausdrücklich, aber wohl in der Sache geltend macht, dass die Sicherheitslage Kabuls - als End- und Ankunftsort der Abschiebung - die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK rechtfertige, ist auch nach der neueren - die aktuelle Auskunftslage abbildenden (s. o.) - obergerichtlichen Rechtsprechung ein Verstoß im Sinne von § 60 Abs. 5 AufenthG, Art. 3 EMRK nicht festzustellen. Danach entspricht die Gefahrendichte in der Provinz Kabul insbesondere nicht der, wie sie im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zur Gewährung subsidiären Schutzes erforderlich wäre. Denn bei einer auf das Jahr 2017 bezogenen rechnerischen Wahrscheinlichkeit, aufgrund willkürlicher Gewalt getötet oder körperlich verletzt zu werden, von unter 0,07% (Zahlenmaterial UNAMA, Annual Report 2017: 1.831 zivile Opfer [479 Tote, 1352 Verletzte) und einer Einwohnerzahl von 3.000.000 besteht keine tatsächliche Gefahr einer unmenschlichen Behandlung allein aufgrund des Ausmaßes vorherrschender Gewalt im Falle einer Rückkehr. Hierbei gleicht der Verwaltungsgerichtshof die zu niedrigen Angaben von UNAMA durch eine konservative Annahme von Einwohnern der Provinz Kabul aus (vgl. VGH BW, Urteil vom 11. April 2018 - A 11 S 1729/17 -, a. a. O. Rn. 359-361).

29

Die vom Kläger zur Sicherheitslage in Kabul im Jahr 2017 in Bezug genommenen Erkenntnismittel zeichnen kein abweichendes Bild (Deutschlandfunk, 30. November 2017 „Anschläge, Bomben, Raketenbeschuss: Kabul ist eine Stadt in ständiger Anspannung. Fast täglich gibt es Zwischenfälle. […] Die Stadtbewohner führen ein Leben in Angst“; Süddeutsche Zeitung, 31. Mai 2017, „Explosion im Diplomatenviertel in Kabul - Deutsche Botschaft bei schwerem Anschlag massiv beschädigt: […] mindestens 64 Menschen seien getötet und weitere 320 verletzt worden […] Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sprach sogar von 80 Toten und 350 Verletzten. […]“; Tagesschau, 31. Mai 2017 „Anschlag in Kabul ist der vorläufige Tiefpunkt“). Auch unter Berücksichtigung der vom Kläger zur Sicherheitslage Kabuls seit Januar 2018 in Bezug genommenen Erkenntnismittel lässt einen den Schwellenwert übersteigenden Anstieg von Gefahren nicht erkennen. So hat die Tagesschau am 27. Januar 2018 berichtet, dass mindestens 95 Menschen in Kabul ums Leben gekommen seien, als ein Sprengsatz im Stadtzentrum detonierte. Hierbei soll es sich um den bereits dritten großen Anschlag in Kabul gehandelt haben (Tagesschau, 27. Januar 2018). Der neuste Bericht von UNAMA vom 15. Juli 2018 (Afghanistan Protection of Civilians in Armed Conflict Midyear Update - 2018) beschreibt, dass in den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 das Leben von Zivilisten in Afghanistan auf demselben Level wie im vorangegangenen Jahr betroffen gewesen sei. In dieser Zeitspanne dokumentierte UNAMA 1.692 tote und 3.430 verletzte Zivilisten (Rückgang um 3% im Vergleich zum Jahr 2017) und damit ein im Vergleich zu ersten Halbjahren der Jahre 2017 und 2016 gleiches Maß an Schadensfällen. Wie in der Vergangenheit sollen am stärksten Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar betroffen gewesen seien. Eine konkrete Aufschlüsselung nach afghanischen Provinzen enthält dieser Halbjahresbericht zwar nicht. Dass die Schadensfälle in der Provinz Kabul über das bisherige Maß hinaus zugenommen hätten, kann jedoch den Ausführungen ebenfalls nicht entnommen werden, zumal der Kläger als Paschtune sunnitischen Glaubens keiner besonders (anschlags-)gefährdeten Gruppe angehört.

30

4. Auch hinsichtlich der unter Ziffer 3. der Zulassungsschrift aufgeworfene Fragestellung wird der Kläger den Anforderungen an die Darlegung nicht gerecht.

31

Die Fragestellung, ob zurückkehrende Asylbewerber - wie der Kläger - einer besonderen individuellen und asylrechtsrelevanten Gefährdung unterliegen, weil sie sich für längere Zeit im westlichen Ausland befunden haben und deshalb seitens extremistischer Kreise als Verräter oder Handlager des Westens angesehen werden, zielt im Wesentlichen darauf ab, ob ihnen durch radikale Kräfte eine gezielte Verfolgung aufgrund ihrer Einreise aus dem Westen droht. Der Kläger trägt unter Berufung auf UNHCR zwar vor, dass in den von Taliban beherrschten Gebieten, Rückkehrer der Scharia-Paralleljustiz ausgesetzt seien, weil sie als „verwestlicht“ wahrgenommen werden würden. Dass Kabul, der Zielort der Abschiebung, bzw. Balkh, die Heimatprovinz des Klägers, von den Taliban beherrscht würden, behauptet der Kläger jedoch schon nicht. Zwar drohen auch bei Überlandreisen Personen, deren Kleidung und Äußeres nicht den Regeln der Taliban entsprechen, Gefahren durch regierungsfeindliche Kräfte. Dass sich dieses Risiko regelmäßig bei Rückkehrern aus dem westlichen Ausland, die Überlandreisen unternehmen, realisiert, zeigt der Kläger jedoch nicht auf. Abgesehen davon kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass jeder „Europa-Rückkehrer“ als „verwestlicht“ wahrgenommen werden wird. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang einwendet, dass Rückkehrer aus Europa oder aus dem Iran, die in jungen Jahren Afghanistan verlassen haben, mit den kulturellen Gepflogenheiten nicht vertraut seien und sich dadurch stigmatisierten, da sie an ihrer Sprache, ihrer Kleidung und ihrem Verhalten als fremd zu erkennen seien bzw. diese keine Erfahrungen im Umgang mit den alltäglichen Bedrohungen hätten, trifft dies auf den Kläger schon nicht in dieser Gesamtheit zu. Das Verwaltungsgericht hat - ohne dass sich der Kläger dagegen wendet - darauf abgestellt, dass der Kläger mit den Verhältnissen in Afghanistan vertraut sei und bei seinen Befragungen keine Befürchtungen hinsichtlich seiner Existenzsicherung angegeben oder diesbezügliche erhebliche Probleme in Afghanistan vorgetragen habe (vgl. Urteilsabdruck, S. 7 [3. Absatz]). Darüber hinaus hat der Kläger seinen Angaben nach sein Heimatland 2015, im Alter von 20 Jahren verlassen und ausweislich der Ausführungen des Gerichtes, mit seiner früheren selbstständigen Tätigkeit als Verkäufer von Textilien bereits bewiesen, dass er in der Lage sei, sich eine Existenz in Afghanistan aufzubauen. Auch seien Diskriminierungen nicht zu befürchten, weil der Kläger als Paschtune sunnitischer Religion der größten Bevölkerungsgruppe Afghanistans und der verbreitetsten Religion angehöre (vgl. Urteilsabdruck, S. 7 [2. Absatz]). Mit alldem setzt sich der Kläger nicht auseinander.

32

Soweit der Kläger daneben unter Bezugnahme auf das Gutachten von Frau Stahlmann vom 28. März 2018 geltend macht, dass unfreiwillige „Europa-Rückkehrer“ vom Zugang zu sozialen Netzwerken ausgeschlossen seien, weil ihre Vertrauenswürdigkeit regelmäßig durch die Stigmatisierung als Versager, Annahmen der Verwestlichung und des Abfalls vom Glauben sowie Kriminalität als Ursache der Abschiebung in Frage gestellt werde, fehlt es bereits am erforderlichen Zusammenhang mit der aufgeworfenen Fragestellung, die auf eine individuelle und asylrechtsrelevante Gefährdung von aus dem Westen zurückkehrenden Asylbewerbern durch extremistische Kreise abzielt.

33

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83b AsylG.

34

III. Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 78 Abs. 5 Satz 2, 80 AsylG, 152 Abs. 1 VwGO).


(1) Einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer wird die Duldung im Sinne des § 60a als „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“ erteilt, wenn die Abschiebung aus von ihm selbst zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, weil er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt oder er zumutbare Handlungen zur Erfüllung der besonderen Passbeschaffungspflicht nach Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 nicht vornimmt. Dem Ausländer ist die Bescheinigung über die Duldung nach § 60a Absatz 4 mit dem Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ auszustellen.

(2) Besitzt der vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer keinen gültigen Pass oder Passersatz, ist er unbeschadet des § 3 verpflichtet, alle ihm unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zumutbaren Handlungen zur Beschaffung eines Passes oder Passersatzes selbst vorzunehmen. Dies gilt nicht für Ausländer ab der Stellung eines Asylantrages (§ 13 des Asylgesetzes) oder eines Asylgesuches (§ 18 des Asylgesetzes) bis zur rechtskräftigen Ablehnung des Asylantrages sowie für Ausländer, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt, es sei denn, das Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 7 beruht allein auf gesundheitlichen Gründen.

(3) Im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 ist dem Ausländer regelmäßig zumutbar,

1.
in der den Bestimmungen des deutschen Passrechts, insbesondere den §§ 6 und 15 des Passgesetzes in der jeweils geltenden Fassung, entsprechenden Weise an der Ausstellung oder Verlängerung mitzuwirken und die Behandlung eines Antrages durch die Behörden des Herkunftsstaates nach dem Recht des Herkunftsstaates zu dulden, sofern dies nicht zu einer unzumutbaren Härte führt,
2.
bei Behörden des Herkunftsstaates persönlich vorzusprechen, an Anhörungen teilzunehmen, Lichtbilder nach Anforderung anzufertigen und Fingerabdrücke abzugeben, nach der Rechts- und Verwaltungspraxis des Herkunftsstaates erforderliche Angaben oder Erklärungen abzugeben oder sonstige nach der dortigen Rechts- und Verwaltungspraxis erforderliche Handlungen vorzunehmen, soweit dies nicht unzumutbar ist,
3.
eine Erklärung gegenüber den Behörden des Herkunftsstaates, aus dem Bundesgebiet freiwillig im Rahmen seiner rechtlichen Verpflichtung nach dem deutschen Recht auszureisen, abzugeben, sofern hiervon die Ausstellung des Reisedokumentes abhängig gemacht wird,
4.
sofern hiervon die Ausstellung des Reisedokumentes abhängig gemacht wird, zu erklären, die Wehrpflicht zu erfüllen, sofern die Erfüllung der Wehrpflicht nicht aus zwingenden Gründen unzumutbar ist, und andere zumutbare staatsbürgerliche Pflichten zu erfüllen,
5.
die vom Herkunftsstaat für die behördlichen Passbeschaffungsmaßnahmen allgemein festgelegten Gebühren zu zahlen, sofern es nicht für ihn unzumutbar ist und
6.
erneut um die Ausstellung des Passes oder Passersatzes im Rahmen des Zumutbaren nachzusuchen und die Handlungen nach den Nummern 1 bis 5 vorzunehmen, sofern auf Grund einer Änderung der Sach- und Rechtslage mit der Ausstellung des Passes oder Passersatzes durch die Behörden des Herkunftsstaates mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gerechnet werden kann und die Ausländerbehörde ihn zur erneuten Vornahme der Handlungen auffordert.
Der Ausländer ist auf diese Pflichten hinzuweisen. Sie gelten als erfüllt, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er die Handlungen nach Satz 1 vorgenommen hat. Weist die Ausländerbehörde den Ausländer darauf hin, dass seine bisherigen Darlegungen und Nachweise zur Glaubhaftmachung der Erfüllung einer bestimmten Handlung oder mehrerer bestimmter Handlungen nach Satz 1 nicht ausreichen, kann die Ausländerbehörde ihn mit Fristsetzung dazu auffordern, die Vornahme der Handlungen nach Satz 1 durch Erklärung an Eides statt glaubhaft zu machen. Die Ausländerbehörde ist hierzu zuständige Behörde im Sinne des § 156 des Strafgesetzbuches.

(4) Hat der Ausländer die zumutbaren Handlungen nach Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 unterlassen, kann er diese jederzeit nachholen. In diesem Fall ist die Verletzung der Mitwirkungspflicht geheilt und dem Ausländer die Bescheinigung über die Duldung nach § 60a Absatz 4 ohne den Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ auszustellen. Absatz 5 Satz 1 bleibt unberührt.

(5) Die Zeiten, in denen dem Ausländer die Duldung mit dem Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ ausgestellt worden ist, werden nicht als Vorduldungszeiten angerechnet. Dem Inhaber einer Duldung mit dem Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden. Er unterliegt einer Wohnsitzauflage nach § 61 Absatz 1d.

(6) § 84 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und Absatz 2 Satz 1 und 3 findet Anwendung.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Gründe

I.

Die Kläger - nach eigenen Angaben staatenlose Palästinenser, wobei die Klägerinnen zu 3 und 4 in Saudi-Arabien und die Klägerinnen zu 5 und 6 in der Bundesrepublik Deutschland geboren sind sowie der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 (Eltern der Klägerinnen zu 3 - 6) Jordanien als Geburtsland angeben - wenden sich gegen die Bescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 4. Mai 2017, vom 5. Mai 2017 und vom 27. März 2018, mit denen ihnen jeweils ihre Anträge auf Asylanerkennung abgelehnt, ihnen die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurde, ferner festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, und die Abschiebung nach Jordanien oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht wurde. Mit Urteil vom 5. September 2018 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die von den Klägern erhobenen Klagen mit den Anträgen, die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 4. Mai 2017, vom 5. Mai 2017 und vom 27. März 2018 zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen, hilfsweise ihnen die Flüchtlingseigenschaft und weiter hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen sowie (in der Sache: weiter hilfsweise) festzustellen, dass bei ihnen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, ab. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) und eines Verfahrensfehlers gem. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG wegen Versagung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2, § 138 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind von den Klägern nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügen.

1. Die Berufung ist nicht gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zuzulassen.

Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2017 - 15 ZB 17.31475 - juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 24.4.2018 - 8 ZB 18.30874 - juris Rn. 4; B.v. 6. Juni 2018 - 15 ZB 18.31230).

a) Die von den Klägern als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehenen Behauptungen,

„dass sie im Falle einer Rückführung bzw. freiwilligen Rückkehr nach Jordanien (…) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit als Staatenlose im Vergleich zu anderen Staatsangehörigen von Jordanien von öffentlichen Behörden und Funktionsträgern erheblich diskriminiert und benachteiligt werden mit der Konsequenz, dass das notwendige Existenzminimum der Kläger wie Wohnung, Einkommen, Nahrung, medizinische Versorgung und Bildung nicht sichergestellt ist, so dass Gefahr für Leib und Leben der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit vorliegt, deshalb Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Kläger rechtlich geboten ist“ und

„dass eine freiwillige Rückkehr oder Aufnahme der Kläger in Jordanien tatsächlich und rechtlich nicht möglich ist, weil die jordanischen Behörden eine Wiederaufnahme von einmal aus Jordanien ausgereisten, staatenlosen Palästinensern nachhaltig auf unabsehbare Zeit verweigern, so dass für den Fall einer illegalen Wiedereinreise der Kläger in Jordanien deren notwendiges Existenzminimum wie Wohnung, Nahrung, Einkommen, medizinische Versorgung und Bildung, insbesondere für die minderjährigen Kinder, nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit durch die Organisation UNRWA sichergestellt ist, so dass für die Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr für Leib und Leben besteht, mithin die Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Zuerkennung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Aufenthaltsgesetz für alle Kläger vorliegen“,

vermag eine Berufungszulassung gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht zu begründen.

aa) Das gilt zunächst für den Einwand, die Wiedereinreise nach Jordanien sei ihnen unmöglich. Aus Sicht der Kläger entspreche es der aktuellen und gefestigten Erkenntnislage, dass nach Ausreise von staatenlosen Palästinensern aus Jordanien für diese kein weiteres Reisedokument für eine Rückkehr bzw. Rückführung und freiwillige Wiedereinreise ausgestellt werde. Insofern werde auf ein Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 24. April 2018 an einen Rechtsanwalt verwiesen, der einen Verwandten der Kläger vertreten habe, der gleichfalls staatenloser Palästinenser mit Herkunft aus Jordanien sei. Dort werde zutreffend ausgeführt, dass die Vertretung des Königreichs Jordanien entgegen ihrer bisherigen Praxis Personen palästinensischer Volkszugehörigkeit, die ihren ständigen Wohnort in Jordanien innehätten oder innegehabt hätten, keine neuen Pässe oder ersatzweise Heimreisescheine mehr ausstelle. Somit sei es für die Kläger überhaupt nicht möglich, neue Dokumente, die zur Einreise nach Jordanien berechtigten, zu erhalten.

Die aktuelle Möglichkeit der Einreise in den in der Abschiebungsandrohung benannten Zielstaat ist allerdings nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Abschiebungsandrohung. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass bei der Beendigung des Aufenthalts erfolgloser Asylbewerber das Bundesamt auf die Prüfung und Feststellung von sog. zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten beschränkt ist. Weiter ist geklärt, dass das Bundesamt auch in Fällen, in denen aus tatsächlichen Gründen wenig oder keine Aussicht besteht, den Ausländer in absehbarer Zeit abschieben zu können, ermächtigt und regelmäßig gehalten ist, eine „Vorratsentscheidung“ zum Vorliegen von Abschiebungsverboten in Bezug auf bestimmte Zielstaaten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG zu treffen und diese auch in der Abschiebungsandrohung zu bezeichnen. Damit wird dem Asylsuchenden die gerichtliche Überprüfung dieser Entscheidung eröffnet und insoweit eine frühzeitige Klärung herbeigeführt (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2003 - 1 C 21.02 - BVerwGE 118, 308 = juris Rn. 12), die aber nur die in dem Bescheid geprüften jeweiligen Zielstaaten erfasst, ohne den Rechtsschutz für andere Zielstaaten auszuschließen (vgl. BVerwG, U.v. 29.9.2011 - 10 C 23.10 - NVwZ 2012, 244 = juris Rn. 19). Durch diese Rechtsprechung ist grundsätzlich geklärt, dass das Bundesamt in der Abschiebungsandrohung auch einen Zielstaat bezeichnen darf, für den aus tatsächlichen Gründen wenig oder keine Aussicht besteht, den Ausländer in absehbarer Zeit abschieben zu können, wenn für ihn keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote bestehen (BVerwG, B.v. 10.10.2012 - 10 B 39.12 - InfAuslR 2013, 42 = juris Rn. 4; vgl. auch BVerwG, U.v. 10.7.2003 a.a.O. juris Rn. 9).

Soweit die freiwillige Rückkehr oder die zwangsweise Rückführung nach Jordanien tatsächlich am Widerstand Jordaniens scheitern sollte, haben die Kläger schon aus diesem Grund keine Gefahren i.S. von § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Zielstaat Jordanien zu befürchten.

bb) Soweit die Antragsbegründung darauf abstellt, dass die Kläger für den Fall der - aus Sicht Jordaniens: illegalen und unerwünschten - Rückkehr nach Jordanien von dortigen öffentlichen Behörden und Funktionsträgern erheblich diskriminiert und benachteiligt würden mit der Konsequenz, dass dann das notwendige Existenzminimum der Kläger wie Wohnung, Einkommen, Nahrung, medizinische Versorgung und Bildung nicht sichergestellt sei und deswegen von einer Gefahr für Leib und Leben der Kläger auszugehen sei, genügt dies für die Darlegung eines Berufungszulassungsgrundes gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht.

Die gem. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG erforderliche Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG erfordert, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht. „Darlegen“ bedeutet „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Der Orientierungspunkt des Darlegungserfordernisses ist die Begründung der angefochtenen Entscheidung, mit der sich die Begründung des Zulassungsantrags substantiiert auseinandersetzen muss (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 28.12.2017 - 15 ZB 17.31740 - juris Rn. 2 m.w.N.). Der ohne weitere inhaltliche Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung erfolgte pauschale klägerische Vortrag in der Antragsbegründung, aus dem dargestellten Verhalten des jordanischen Staates (kein Ausstellen von Dokumenten für eine Rückkehr bzw. Rückführung und freiwillige Wiedereinreise von Personen palästinensischer Volkszugehörigkeit) sei der Schluss zu ziehen, dass die Kläger im Falle einer Wiedereinreise nach Jordanien - sollte diese überhaupt möglich sein - einer gesteigerten Diskriminierung als palästinensische Staatenlose im Vergleich zu anderen Jordaniern und Palästinensern mit jordanischer Staatsangehörigkeit unterliegen würden, weil sie praktisch unerwünschte Personen seien, erfüllt diese Anforderungen nicht.

Es ist schon im Ansatz nicht ersichtlich, ob sich die Kläger mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung gegen die Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts in Bezug auf Art. 16a GG (Ablehnung eines Anspruchs auf Anerkennung als Asylberechtigte), §§ 3 ff AsylG (Ablehnung eines Anspruchs auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft) sowie auf § 4 AsylG (Ablehnung eines Anspruchs auf Zuerkennung subsidiären Schutzes) wenden. In den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils vom 5. September 2018 wird insofern ausgeführt, für die Kläger zu 1 - 4 sei - entgegen der im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamts vertretenen Rechtsansicht - nicht auf Jordanien, sondern auf Saudi-Arabien als Land des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AsylG) abzustellen. Den Klägern drohe dort keine Verfolgung gem. §§ 3 ff. AsylG. Da die in Deutschland geborenen Klägerinnen zu 5 und 6 kein Land des vorherigen Aufenthalts und damit kein Herkunftsland hätten, komme eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für sie nicht in Betracht; sollte man hingegen für diese auf das Land des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts ihrer Eltern und älteren Geschwister abstellen - mithin auf Saudi-Arabien - so drohe auch ihnen aus denselben Gründen wie bei den Klägern zu 1 bis 4 dort keine Verfolgung. Da allen Klägern jedenfalls in Saudi-Arabien keine Verfolgung drohe, komme - weil über den asylrechtlichen Abschiebungsschutz nur einheitlich entschieden werden könne - die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft selbst dann nicht in Betracht, wenn (was allerdings rechtlich abzulehnen sei) als Land des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts auch auf Jordanien abzustellen wäre. Aufgrund derselben Erwägungen wie zu §§ 3 ff. AsylG hätten die Kläger auch keinen Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigte. Weil es an einer entsprechenden Gefahrenlage fehle, scheide auch ein Anspruch auf Gewährung subsidiären Schutzes gem. § 4 AsylG aus. Mit diesen Erwägungen setzen sich die Kläger nicht ansatzweise auseinander.

Das Verwaltungsgericht hat ferner das weitere Ergebnis seiner Rechtsanwendung, dass in Bezug auf den (in den Bescheiden des Bundesamts thematisierten) Zielstaat Jordanien keine Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und / oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen, ausführlich wie folgt begründet:

- In Bezug auf Jordanien kämen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG nicht in Betracht, weil die Kläger ihren Lebensunterhalt dort sicherstellen könnten. Insoweit stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Kläger nach der Wertung des § 3 Abs. 3 Satz 1 AsylG ihren Lebensunterhalt in zumutbarer Weise durch Inanspruchnahme der Hilfen von UNRWA sichern könnten, selbst wenn dem Kläger zu 1 eine Arbeitsaufnahme in Jordanien erheblich erschwert sein sollte und sie über kein Wohneigentum verfügten. Es sei - gestützt auf diverse Erkenntnisquellen (vgl. die ausführliche Darstellung in Rn. 64 der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils) - davon auszugehen, dass UNRWA jedenfalls in Jordanien in der Lage sei, einen gewissen Mindeststandard in Bezug auf die Befriedigung der Grundbedürfnisse zu gewährleisten und dass die Kläger diesen Schutz in Jordanien auch tatsächlich in Anspruch nehmen könnten. Flüchtlinge aus Gaza seien laut einschlägigen Erkenntnisquellen berechtigt, Leistungen von UNRWA in Anspruch zu nehmen. Eine Registrierung erfordere einen schriftlichen Antrag unter Vorlage von Dokumenten, die die Anspruchsberechtigung belegten. Auch Nachkommen von Vätern, die die Kriterien eines palästinensischen Flüchtlings erfüllten, können sich registrieren lassen. Nachweisdokumente seien zum einen die Registrierungsdokumente naher Verwandter väterlicherseits. Es genüge laut einer einschlägigen Erkenntnisquelle auch, dass die Antragsteller als palästinensische Flüchtlinge bei den relevanten Regierungsbehörden des jeweiligen Landes, in dem UNRWA aktiv sei, entsprechend den Kriterien der Behörde registriert seien. Hiervon ausgehend gelangte das Verwaltungsgericht zu der Überzeugung, dass UNRWA den Lebensunterhalt palästinensischer Flüchtlinge in Jordanien auf einfachem, aber zumutbarem Niveau sicherstellen könne (Rn. 66 der angefochtenen Entscheidung). Eine Unterkunft werde durch die zehn Flüchtlingslager der UNRWA in Jordanien sichergestellt, ebenso eine Grundversorgung mit Lebensmitteln und - wenn auch geringe - Barauszahlungen zur Deckung der sonstigen Bedürfnisse. Die Schulbildung der Klägerinnen zu 3 bis 6 sei in gewissem Umfang gewährleistet. Der Kläger zu 1 könne sich als hochqualifizierte Person mit internationaler Erfahrung in der Buchhaltung darüber hinaus um eine Anstellung bei UNRWA bemühen und wie schon sein Vater dadurch ein Erwerbseinkommen sichern. Sollte ihm dies nicht gelingen, sorge UNRWA für die Sicherung der Grundbedürfnisse seiner Familie. Den Klägern sei eine Integration in die jordanischen Lebensverhältnisse, insbesondere ein Schulbesuch der Klägerinnen zu 3 bis 6 auch sprachlich möglich. Die Kläger könnten sich auch bei UNRWA registrieren lassen, da sie Nachkommen von Flüchtlingen aus Gaza seien und dies auch nachweisen könnten. Die Kläger zu 1 und 2 seien als Kinder auf den Registrierungskarten ihrer Eltern anspruchsberechtigt gewesen und hätten durch ihren jeweils neunjährigen Schulbesuch UNRWA-Leistungen bereits in Anspruch genommen. Durch ihre jordanischen Reisepässe mit dem Vermerk „two years Gaza“ könnten sie darüber hinaus auch unabhängig von den Registrierungskarten ihrer Eltern bzw. Großeltern die Anspruchsberechtigung nachweisen. Eine tatsächliche Inanspruchnahme der Leistungen von UNRWA sei den Klägern daher möglich. Im Übrigen könnten die Kläger auch auf familiäre Unterstützung sowohl in Jordanien als auch in der Bundesrepublik zurückgreifen, weil die Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hätten, in Jordanien lebten noch Verwandte sowohl des Klägers zu 1 (Mutter, Onkel, drei verheiratete Schwestern mit jordanischer Staatsbürgerschaft, zwei Brüder) als auch der Klägerin zu 2 (Eltern, verheiratete Schwester mit jordanischer Staatsangehörigkeit). In Jordanien bestehe daher ein großes familiäres Netzwerk, das die Kläger bei der Netzwerkbildung und der Wiedereingliederung unterstützen könne. Zudem sei davon auszugehen, dass die vier in der Bundesrepublik (besonders gut qualifizierten und erwerbstätigen) Brüder der Klägerin zu 2 im Bedarfsfall sowohl finanziell in der Lage als auch willig seien, ihre Schwester und deren Familie in Jordanien finanziell zu unterstützen, zumal die finanzielle Unterstützung in Euro oder USD erfolgen könne, was die Kaufkraft der klägerischen Familie in Jordanien erheblich steigere.

- Auch krankheitsbedingte Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG lägen bei den Klägern nicht vor: Der Kläger zu 1 habe mit der Vorlage eines Attestes schon nicht glaubhaft gemacht, an einer schwerwiegenden Darmerkrankung zu leiden, die sich bei einer Rückkehr nach Jordanien alsbald wesentlich verschlechtern würde (vgl. die weiteren Ausführungen gem. Rn. 80 der angegriffenen Entscheidung). Soweit er unter Bluthochdruck leide, habe er nicht geltend gemacht, dass sich diese Erkrankung bei einem Behandlungsabbruch alsbald wesentlich verschlechtere. Nur auf Dauer bestehe nach dem vorgelegten Attest eine erhöhte Gefahr für Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Es handele sich dabei indes um Langzeitfolgen, nicht um alsbald eintretende Folgeerkrankungen. Des Weiteren fehlten auch Angaben dazu, ob und wie die Erkrankung überhaupt behandlungsbedürftig sei. Im Übrigen stehe zur Überzeugung des Verwaltungsgerichts fest, dass UNRWA auf einem zumutbaren Niveau die Behandlung des Klägers wird sicherstellen können (vgl. die umfangreichen Ausführungen in Rn. 82 des angegriffenen Urteils). Darüber hinaus bestehe für die Kläger auch die Möglichkeit, auf finanzielle Unterstützung durch ihre Verwandten zurückzugreifen. Ein in der Bundesrepublik aufenthaltsberechtigter Bruder der Klägerin zu 2 sei Chirurg; ihre Eltern reisten für medizinische Behandlungen regelmäßig in die Bundesrepublik ein und würden hierbei von den vier Brüdern der Klägerin zu 2 finanziell unterstützt. Aufgrund der engen Verbundenheit auch der Kläger mit den Brüdern der Klägerin zu 2 sei daher davon auszugehen, dass die Verwandten der Klägerin zu 2 die medizinische Grundversorgung der Kläger werden sicherstellen können. Auch die Klägerin zu 3 habe nicht glaubhaft gemacht, an einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung zu leiden, die sich bei einer Rückkehr alsbald wesentlich verschlechtern würde (vgl. im Einzelnen die Ausführungen in Rn. 85 der angegriffenen Entscheidung). Im Übrigen könne auch die Klägerin zu 3 auf die Gesundheitsangebote von UNRWA sowie auf die Unterstützung ihrer Onkel zurückgreifen, insoweit befinde sie sich in derselben Lage wie der Kläger zu 1.

Auch diesen ausführlichen rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts haben die Kläger mit ihrer Antragsbegründung, die sie insofern zudem durch keinerlei Erkenntnisquellen untermauern, nichts Substantielles entgegenzusetzen. Bei einem auf die grundsätzliche Bedeutung einer Tatsachenfrage gestützten Zulassungsantrag ist im Einzelnen darzulegen, welche genauen Anhaltspunkte für eine bestimmte, vom Erstgericht abweichende Tatsacheneinschätzung bestehen. Der Kläger muss die Gründe, aus denen seiner Ansicht nach die Berufung zuzulassen ist, dartun und in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht erläutern. Hierzu genügt es nicht, bloße Zweifel an den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Gegebenheiten im Zielstaat zu äußern oder schlicht gegenteilige Behauptungen aufzustellen. Vielmehr ist es erforderlich, unter Benennung bestimmter Erkenntnisquellen und Einzelfakten zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass der behauptete (nicht mit der Einschätzung des Verwaltungsgerichts sich deckende) Umstand zutreffend ist und dass es deswegen zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf (BayVGH, B.v. 7.11.2017 - 15 ZB 17.31475 - juris Rn. 33 m.w.N.). Diese Anforderung haben die Kläger im Zulassungsverfahren nicht erfüllt. Eine argumentative Auseinandersetzung mit den vorgenannten tragenden Erwägungen der Entscheidungsgründe, wie sie § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG erfordert, erfolgte seitens der Kläger im Berufungszulassungsverfahren nicht. Dies gilt auch für den weiteren Einwand in der Antragsbegründung, das Erstgericht habe übersehen, dass die USA sowohl der UNO als auch der UNRWA dringend benötigte Fördergelder in erheblichem Umfang gestrichen hätten, sodass eine gefahrlose Versorgung bezüglich des notwendigen Existenzminimums für staatenlose Palästinenser in den von UNRWA betreuten Flüchtlingscamps nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit sichergestellt werden könne. Das Verwaltungsgericht hat insofern ausgeführt (Entscheidungsgründe, Rn. 67), die Kläger hätten nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass UNRWA - insbesondere wegen der drohenden Zahlungseinstellung der USA - nicht mehr leistungsfähig sei. Nach dem Verwaltungsgericht seien an die Feststellung, dass eine von den Vereinten Nationen unterhaltene Einrichtung, deren Schutz regelmäßig auch internationalen Schutz ausschließe (vgl. § 3 Abs. 3 AsylG), nicht mehr leistungsfähig sei, hohe Anforderungen zu stellen, die durch die Vorlage einiger journalistischer Texte nicht erfüllt werde. Dass die USamerikanische Regierung derzeit Leistungskürzungen prüfe, führe - so das Verwaltungsgericht weiter - daher nicht zum Ausfall des Schutzes durch UNRWA, zumal andere Staaten (u.a. die Bundesrepublik Deutschland) schon angekündigt hätten, etwaige Zahlungsausfälle der USA auszugleichen. Auch mit diesen Erwägungen hat sich die Antragsbegründung nicht in einer die Obliegenheiten des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG erfüllenden Art und Weise auseinandergesetzt.

b) Schließlich ist die von den Klägern als Grundsatzfrage angesehene Behauptung, dass es nach Beendigung des letzten Aufenthaltes der Kläger zu 1 bis 4 in Saudi-Arabien ihnen - den Klägern (einschließlich der in Deutschland geborenen Klägerinnen zu 5 und 6) nicht mehr möglich sei, von Saudi-Arabien wieder aufgenommen zu werden bzw. wieder freiwillig nach Saudi-Arabien einreisen zu können, und dass deswegen auch eine Abschiebung und Rückführung der Kläger nach Saudi-Arabien nicht möglich sei, ebenfalls nicht geeignet, eine Berufungszulassung gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu begründen. Denn (unabhängig davon, dass es auch insofern an jeglichen substantiierten Ausführungen i.S. von § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG fehlt) ist - wie bereits oben ausgeführt, vgl. a) aa) - in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits grundsätzlich geklärt, dass das Bundesamt in der Abschiebungsandrohung auch einen Zielstaat bezeichnen darf, für den aus tatsächlichen Gründen wenig oder keine Aussicht besteht, den Ausländer in absehbarer Zeit abschieben zu können, wenn für ihn keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote bestehen. Zu Letzterem hat das Verwaltungsgericht (vgl. Rn. 89 der angegriffenen Entscheidung) - ohne dass die Kläger dies substantiiert angegriffen haben - ausgeführt, dass ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Saudi-Arabien gem. § 60 Abs. 5 und § 60 Abs. 7 AufenthG nicht vorliege, weil die gerichtliche Überzeugung bestehe, dass die klägerische Familie dort ihren Lebensunterhalt sicherstellen könne. Der Kläger zu 1 sei - so das Erstgericht - für 15 Jahre bei renommierten internationalen Konzernen tätig gewesen und habe dabei zuletzt mehr als 1.900 USD verdient. Die Töchter der Klägerfamilie hätten Privatschulen besucht, ihre wirtschaftliche Situation hätten sowohl der Kläger zu 1 als auch die Klägerin zu 2 als gut beschrieben. Es stehe zudem zur Überzeugung des Verwaltungsgerichts fest, dass der gut qualifizierte Kläger zu 1 bei einer Rückkehr nach Saudi-Arabien erneut eine adäquate Stelle, die ihm und seiner Familie den Lebensunterhalt sichere, werde finden können. Im Übrigen könne er auch in Saudi-Arabien auf finanzielle Unterstützung seiner Familie zurückgreifen (vgl. oben).

2. Auch der Zulassungsgrund eines Verfahrensfehlers gem. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG wegen Versagung des rechtlichen Gehörs ist nicht einschlägig bzw. ist nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.

Der durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gibt einem Prozessbeteiligten das Recht, alles aus seiner Sicht Wesentliche vortragen zu können. Ein Verfahrensfehler in Form der Versagung rechtlichen Gehörs liegt vor, wenn das Gericht einen entscheidungserheblichen Vortrag der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen bzw. bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat (vgl. BVerwG, U.v. 20.11.1995 - 4 C 10.95 - NVwZ 1996, 378 = juris Rn. 13 m.w.N.) oder einen entsprechenden Vortrag dadurch vereitelt hat, dass es unter Verstoß gegen das Prozessrecht den Beteiligten die Möglichkeit zu weiterem Vortrag abgeschnitten hat und dieser übergangene bzw. vereitelte Vortrag nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserheblich war (vgl. BayVGH, B.v. 29.10.2018 - 15 ZB 18.32711 - juris Rn. 4 m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht einschlägig bzw. nicht mit der Antragsbegründung substantiiert vorgetragen worden. Soweit die Kläger rügen, dass das das Erstgericht übersehen bzw. ihren diesbezüglichen Vortrag übergangen habe,

- dass keiner von ihnen über eine Karte der UNRWA verfüge, sodass deswegen im Falle einer Rückführung bzw. Wiedereinreise nach Jordanien der notwendige Lebensunterhalt (Wohnung, Nahrung, medizinische Versorgung, Bildung etc.) nicht sichergestellt sei und deshalb für sie (insbesondere für die minderjährigen Klägerinnen zu 3 - 6) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Gefahr für Leib und Leben bestehe,

- dass die Klägerinnen zu 3 und 4 in Saudi-Arabien geboren worden seien und die ganze Familie sich zuletzt vor ihrer Ausreise nach Deutschland 13 Jahre lang in Saudi-Arabien durchgehend aufgehalten und dort gelebt habe und somit auch die ältesten Kinder der Familie in Jordanien nie registriert gewesen seien und über keine Möglichkeit einer Wiedereinreise nach Jordanien sowie auch Saudi-Arabien verfügten,

- dass es der aktuellen und gefestigten Erkenntnislage entspreche, dass nach der Ausreise von staatenlosen Palästinensern aus Jordanien für diese keine Reisedokumente für eine Rückkehr bzw. Rückführung ausgestellt würden und es somit für die Kläger nicht möglich sei, neue Dokumente zur Einreise nach Jordanien zu erhalten, bzw. sie - falls ihnen dennoch eine Rückkehr nach Jordanien möglich sei - einer gesteigerten Diskriminierung als palästinensische Staatenlose im Vergleich zu anderen Jordaniern und zu Palästinensern mit jordanischer Staatsangehörigkeit unterlägen, weil sie praktisch unerwünschte Personen seien sowie

- dass die Vereinigten Staaten sowohl der UNO als auch der UNRWA dringend benötigte Fördergelder in erheblichem Umfang gestrichen hätten, sodass eine gefahrlose Versorgung bezüglich des notwendigen Existenzminimums für staatenlose Palästinenser im Libanon in den von UNRWA betreuten Flüchtlingscamps nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit sichergestellt werden könne,

trifft dies in der Sache nicht zu. Bereits aus der Darstellung des Klägervortrags im Tatbestand (vgl. Rn. 11 des erstinstanzlichen Urteils) wird ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht den klägerischen Vortrag zu Kenntnis genommen hat. Auch in den Entscheidungsgründen setzt sich das Verwaltungsgericht ersichtlich und hinreichend mit den vorgenannten Argumenten der Kläger auseinander, vgl. bereits zusammenfassend oben zu 1. a) und b) sowie im Einzelnen Rn. 60 ff. des angegriffenen Urteils vom 5. September 2018, insbesondere dort Rn. 63 ff. (zum Umfang der Leistung von UNRWA in Jordanien), Rn. 66, 68 (zur Möglichkeit der Kläger in ihrer individuellen Lage, über die UNRWA Leistungen zu beziehen; Möglichkeit der Kläger als Nachkommen von Gazaflüchtlingen, sich bei UNRWA registrieren zu lassen), Rn. 67 (zum klägerischen Argument, UNRWA sei u.a. wegen der drohenden Zahlungseinstellung der USA nicht mehr leistungsfähig) und Rn. 93, 94 (der benannte Zielstaat muss nicht der Herkunftsstaat sein; rechtlich zulässige Möglichkeit der Benennung eines Zielstaats, auch wenn aus tatsächlichen Gründen wenig oder keine Aussicht besteht, dass der Ausländer dorthin abgeschoben werden kann; Irrelevanz der Möglichkeit der Ersatzpapierbeschaffung).

Im Übrigen ist Art. 103 Abs. 1 GG erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht der o.g. Berücksichtigungspflicht nicht nachgekommen ist. Die Gerichte brauchen sich jedoch nicht mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich und im Detail auseinanderzusetzen. Denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Beteiligtenvorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Besondere Umstände, aus denen sich ergäbe, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist, sind - schon wegen der weitgehenden tatsächlichen Abarbeitung der Einwände im Urteil selbst (s.o.) - nicht ersichtlich (zum Ganzen vgl. z.B. BVerwG, B.v. 2.5.2017 - 5 B 75.15 D - juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 8.10.2018 - 15 ZB 18.31366 - juris Rn. 3 m.w.N.; B.v. 29.10.2018 - 15 ZB 18.32711 - juris Rn. 10). Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht ergänzend darauf hingewiesen, die Kläger könnten in Jordanien - unabhängig von der Versorgung durch UNRWA und unabhängig von den eingewandten Diskriminierungen zu Lasten von dort unerwünschten palästinensische Staatenlosen - auf familiäre Unterstützung zurückgreifen (vgl. Rn. 70, 71 des angegriffenen Urteils). Zu diesen Erwägungen haben die Kläger im Zulassungsverfahren nicht Stellung genommen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.