Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Apr. 2017 - 11 ZB 17.30327

bei uns veröffentlicht am05.04.2017

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die am … … … geborene Klägerin zu 1 und ihre vier Kinder (geboren in den Jahren 2000, 2006 und 2013) begehren die Anerkennung als Asylberechtigte, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Gewährung von subsidiärem Schutz oder die Feststellung von Abschiebungshindernissen.

Nach eigenen Angaben ist die Klägerin zu 1 armenische Volkszugehörige und lebte seit dem Jahr 1984 in der Ukraine, ohne einen ukrainischen Pass zu besitzen. Seit dem Jahr 1996 habe sie mit dem Kläger im Parallel-Verfahren 11 ZB 17.30326 zusammen gewohnt. Die Kläger zu 2 bis 5 sind die gemeinsamen Kinder der Klägerin zu 1 und dem Kläger im Verfahren 11 ZB 17.30326. Am 16. Juli 2015 reiste die gesamte Familie in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 18. November 2015 Asylanträge. Die Klägerin zu 1 gab bei ihrer Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) an, sie habe von 2011 bis 2014 mit ihrer Familie in der Stadt Avdeevka in der Nähe von Donezk gelebt. Danach habe sie bis zu ihrer Ausreise bei Bekannten in Orlovka gewohnt. Sie habe Torten gebacken und diese auf dem Markt verkauft. Der Grund für die Ausreise sei gewesen, dass sie keine Papiere gehabt und als Ausländer Schwierigkeiten bekommen hätten. Ihr Lebensgefährte sei öfters verhaftet worden, weil er keine Papiere hatte. Er sei von der Polizei geschlagen worden und habe Straftaten anderer auf sich nehmen müssen. Die Kinder seien auf der Straße beschimpft worden. Im Oktober 2014 seien Personen in militärischer Kleidung bei ihnen eingebrochen und ihr Lebensgefährte sei geschlagen worden. Danach seien sie nach Orlovka umgezogen. Dort sei ihnen nichts zugestoßen, es sei nur ständig geschossen worden.

Mit Bescheid vom 22. April 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag der Kläger auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung ab, erkannte subsidiären Schutz nicht zu und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nicht vorliegen. Die Kläger wurden unter Androhung der Abschiebung aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Eine an ein asylrelevantes Merkmal geknüpfte Verfolgungshandlung hätten sie nicht vorgetragen. In der Ostukraine herrsche zwar ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt. Es könne aber kein Gefährdungsgrad für Zivilpersonen angenommen werden, der eine erhebliche individuelle Gefahr darstelle. Das Risiko, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden, liege weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt. Darüber hinaus stehe ihnen eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung. Sie könnten sich in den übrigen, von der ukrainischen Regierung kontrollierten Landesteilen niederlassen. Sie hätten vor ihrer Ausreise auch schon eine Zeit in einem anderen Ort gelebt. Abschiebungsverbote seien ebenfalls nicht ersichtlich. Schlechte humanitäre Verhältnisse könnten nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung anzusehen sein. Nach den Feststellungen des Auswärtigen Amts im Lagebericht sei die Grundversorgung für Rückkehrer knapp ausreichend. Binnenvertriebene aus den von Separatisten kontrollierten Gebieten könnten auch Leistungen in den anderen Landesteilen erhalten. Zudem gebe es Hilfsorganisationen, die humanitäre Hilfe leisteten.

Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 12. Dezember 2016 abgewiesen. Die Kläger hätten keine Verfolgungsgründe glaubhaft gemacht. Sie seien entweder ukrainische Staatsangehörige oder hätten als Staatenlose ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Ukraine gehabt. Es sei ihnen zuzumuten, sich in einem anderen Teil der Ukraine niederzulassen. Mit dem ukrainischen Gesetz zur Sicherung von Rechten und Freiheiten der Binnenflüchtlinge vom 19. November 2014 (IDP-Gesetz) stehe eine Rechtsgrundlage zur Verfügung, die die Registrierung, Versorgung und Unterbringung gewährleiste. Ukrainische Staatsbürger, Ausländer, Staatenlose und Flüchtlinge, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine haben, hätten auch Anspruch auf soziale Unterstützung seitens des Staates. Darüber hinaus wurde nach § 77 Abs. 2 AsylG auf den Bescheid verwiesen.

Dagegen wenden die Kläger sich mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Sie machen geltend, die Berufung sei zuzulassen, da ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden. Es sei fraglich, ob das ukrainische Gesetz zur Sicherung von Rechten und Freiheiten der Binnenflüchtlinge vom 19. November 2014 auf sie anwendbar sei, da sie staatenlos seien. Sie hätten sich nicht rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten und sich behördlich dort nie gemeldet. Sie hätten auch vor ihrer Flucht keinen rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine gehabt. Deshalb könnten sie auch nicht in andere Landesteile ausweichen. Dort könne wegen der fehlenden Papiere auch nicht von der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ausgegangen werden. Ernstliche Zweifel ergäben sich auch daraus, dass das Urteil sich pauschal den Ausführungen des Bundesamts anschließe und sich mit den Gegenargumenten nicht näher beschäftigte.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils in § 78 Abs. 3 AsylG nicht vorgesehen und dessen Geltendmachung daher nicht beachtlich ist.

Mit der Begründung des Zulassungsantrags ist auch keiner der in § 78 Abs. 3 AsylG genannten Berufungszulassungsgründe hinreichend dargelegt.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass eine im Zulassungsantrag darzulegende konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Eine solche Frage lässt sich dem Zulassungsantrag nicht entnehmen.

Soweit die Kläger geltend machen, sie seien staatenlos und es sei daher fraglich, ob das ukrainische Gesetz zur Sicherung von Rechten und Freiheiten der Binnenflüchtlinge vom 19. November 2014 (IDP-Gesetz) für sie gelte und ob sie in den Genuss von Sozialleistungen kommen könnten, da sie nicht registriert gewesen seien, kann diesem Vortrag keine grundsätzliche Fragestellung entnommen werden, sondern es geht um die persönliche Situation der Kläger. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt, dass die Kläger staatenlos sind, sondern hat diese Frage offen gelassen, da es nach Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht auf die Staatsangehörigkeit, sondern auf den gewöhnlichen Aufenthalt in der Ukraine ankam. Auch der Vortrag der Kläger, sie seien in der Ukraine nicht registriert gewesen, erscheint widersprüchlich. Gemäß dem von ihnen selbst in das Verfahren eingeführten „Länderinformationsblatt Ukraine“ des Bundesamts und der Internationalen Organisation für Migration vom August 2013 ist in der Ukraine sowohl für die Aufnahme einer Arbeit als auch für die medizinische Behandlung eine Registrierung erforderlich. Die Kläger zu 2 bis 5 sind in der Ukraine geboren, in die Schule gegangen und dort teilweise auch ärztlich behandelt worden. Wie dies entgegen den Auskünften im Länderinformationsblatt ohne Registrierung möglich gewesen soll, haben sie nicht näher dargelegt. Darüber hinaus ist die Klägerin zu 1 arbeitsfähig, hat bisher durch den Verkauf von Torten zum Lebensunterhalt der Familie beigetragen und ihr Lebensgefährte konnte sogar noch Ersparnisse zum geplanten Kauf eines Grundstücks bilden. Es erscheint daher möglich, dass die Klägerin zu 1 bei einer Rückkehr in die Ukraine gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie wieder selbst erwirtschaften kann.

Unabhängig davon kann die tatsächliche (und rechtliche) Situation von Familien, die aus dem Osten der Ukraine kommen, nicht „grundsätzlich“ geklärt werden, sondern es kommt auf den konkreten Einzelfall an. Es lässt sich zum einen nicht allgemein die Aussage treffen, dass alle Binnenflüchtlinge oder bestimmte Gruppen davon in der Ukraine von „Separatisten“ oder Nationalisten politisch verfolgt werden, ohne dass ihnen eine inländische Fluchtalternative zu Verfügung stehen würde. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass die allgemeine Situation der Binnenflüchtlinge in der Ukraine oder bestimmter Gruppen von Binnenflüchtlingen ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen könnte, weil ihnen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Nach dem „Länderinformationsblatt Ukraine“ stehen in der Ukraine neben dem IDP-Gesetz auch noch andere Sozialleistungen (Soziale Unterstützung, Kindergeld, Unterstützung für Senioren und alleinstehende Frauen, Alters-, Behinderten- und Hinterbliebenenrenten, Arbeitslosenunterstützung sowie Obdachlosenunterstützung) zur Verfügung. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 7. Februar 2017 (Lagebericht) ist die Grundversorgung für Rückkehrerinnen und Rückkehrer knapp ausreichend, die Versorgung mit Nahrungsmitteln ist gesichert (Lagebericht, S. 15). Zusätzlich werden Binnenflüchtlinge nach der Erkenntnislage auch von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen sowie dem UNHCR und deren Unterorganisation OCHA unterstützt (Auskunft der Auswärtigen Amts vom 21.1.2015 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge). Die Kläger haben auch keine Erkenntnismittel genannt, aus denen sich ergibt, dass Rückkehrern aus der Ostukraine in die von der Regierung kontrollierten Gebiete eine unmenschliche Behandlung drohe. Die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 16. März 2016 beschreibt nur die Aufstockung der humanitären Hilfe für bedürftige Menschen in der Ukraine, enthält aber keine Aussage dazu, ob dort trotz der humanitären Hilfe unmenschliche Bedingungen herrschen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Apr. 2017 - 11 ZB 17.30327 zitiert 7 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 78 Rechtsmittel


(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen di

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

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Referenzen

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der am ... 1970 geborene Kläger begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Gewährung von subsidiärem Schutz oder die Feststellung von Abschiebungshindernissen.

Nach eigenen Angaben ist der Kläger armenischer Volkszugehöriger und lebte seit dem Jahr 1990 in der Ukraine, ohne einen ukrainischen Pass zu besitzen. Seit dem Jahr 1996 habe er mit den Klägern im Parallel-Verfahren 11 ZB 17.30327 zusammen gewohnt (Lebensgefährtin und vier gemeinsame Kinder). Am 16. Juli 2015 reiste die gesamte Familie in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 18. November 2015 Asylanträge. Der Kläger gab bei seiner Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) an, er habe von 2011 bis 2014 mit seiner Familie in der Stadt Avdeevka in der Nähe von Donezk gelebt. Danach habe er bis zu seiner Ausreise bei Bekannten in Orlovka gewohnt. Den Lebensunterhalt für sich und seine Familie habe er stets durch eigene Berufstätigkeit in unterschiedlichen Bereichen verdient. Er habe auch etwas gespart gehabt und habe sich eigentlich ein Grundstück kaufen wollen. Der Grund für die Ausreise sei gewesen, dass sie keine Papiere gehabt und als Ausländer Schwierigkeiten bekommen hätten. Er habe mehrfach versucht, einen ukrainischen Pass zu erhalten, dies sei ihm aber nicht gelungen. Im Oktober 2014 seien sie von vermummten Personen überfallen worden. Es sei bei ihnen eingebrochen und er sei geschlagen worden. Er sei deshalb beim Arzt gewesen. Der habe gesagt, es sei psychosomatisch und habe ihm Arzneimittel gegeben. Die hätten aber nicht geholfen. In Orlovka sei ihnen nichts zugestoßen, es sei nur ständig geschossen worden.

Mit Bescheid vom 22. April 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung ab, erkannte subsidiären Schutz nicht zu und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nicht vorliegen. Der Kläger wurde unter Androhung der Abschiebung aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Er habe zum Zeitpunkt der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine bzw. zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ukrainischen Staatsangehörigkeitsgesetzes im August und November 1991 seinen ständigen Wohnsitz in der Ukraine gehabt und sei daher wohl ukrainischer Staatsangehöriger. Weshalb er kein ukrainisches Ausweisdokument bekommen habe, sei nicht nachvollziehbar. Eine an ein asylrelevantes Merkmal geknüpfte Verfolgungshandlung habe der Kläger nicht vorgetragen. In der Ostukraine herrsche zwar ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt. Es könne aber kein Gefährdungsgrad für Zivilpersonen angenommen werden, der eine erhebliche individuelle Gefahr darstelle. Das Risiko, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden, liege weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt. Darüber hinaus stehe ihm eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung. Er könne sich in den übrigen, von der ukrainischen Regierung kontrollierten Landesteilen niederlassen. Er habe vor seiner Ausreise auch schon eine Zeit in einem anderen Ort gelebt. Abschiebungsverbote seien ebenfalls nicht ersichtlich. Schlechte humanitäre Verhältnisse könnten nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung anzusehen sein. Nach den Feststellungen des Auswärtigen Amts im Lagebericht sei die Grundversorgung für Rückkehrer knapp ausreichend. Binnenvertriebene aus den von Separatisten kontrollierten Gebieten könnten auch Leistungen in den anderen Landesteilen erhalten. Zudem gebe es Hilfsorganisationen, die humanitäre Hilfe leisteten.

Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 12. Dezember 2016 abgewiesen. Der Kläger habe keine Verfolgungsgründe glaubhaft gemacht. Er sei entweder ukrainischer Staatsangehöriger oder habe als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Ukraine gehabt. Es sei ihm und seiner Familie zuzumuten, sich in einem anderen Teil der Ukraine niederzulassen. Mit dem ukrainischen Gesetz zur Sicherung von Rechten und Freiheiten der Binnenflüchtlinge vom 19. November 2014 (IDP-Gesetz) stehe eine Rechtsgrundlage zur Verfügung, die die Registrierung, Versorgung und Unterbringung gewährleiste. Ukrainische Staatsbürger, Ausländer, Staatenlose und Flüchtlinge, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine haben, hätten auch Anspruch auf soziale Unterstützung seitens des Staates. Darüber hinaus wurde nach § 77 Abs. 2 AsylG auf den Bescheid verwiesen.

Dagegen wendet der Kläger sich mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung. Er macht geltend, die Berufung sei zuzulassen, da ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden. Es sei fraglich, ob das ukrainische Gesetz zur Sicherung von Rechten und Freiheiten der Binnenflüchtlinge vom 19. November 2014 auf ihn anwendbar sei, da er staatenlos sei. Er habe sich nicht rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten und sich behördlich dort nie gemeldet. Er habe auch vor seiner Flucht keinen rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine gehabt. Deshalb könne er auch nicht in andere Landesteile ausweichen. Dort könne wegen der fehlenden Papiere auch nicht von der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ausgegangen werden. Ernstliche Zweifel ergäben sich auch daraus, dass das Urteil sich pauschal den Ausführungen des Bundesamts anschließe und sich mit den Gegenargumenten nicht näher beschäftigte.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils in § 78 Abs. 3 AsylG nicht vorgesehen und dessen Geltendmachung daher nicht beachtlich ist.

Mit der Begründung des Zulassungsantrags ist auch keiner der in § 78 Abs. 3 AsylG genannten Berufungszulassungsgründe hinreichend dargelegt.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass eine im Zulassungsantrag darzulegende konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Eine solche Frage lässt sich dem Zulassungsantrag nicht entnehmen.

Soweit der Kläger geltend macht, er sei staatenlos und es sei daher fraglich, ob das ukrainische Gesetz zur Sicherung von Rechten und Freiheiten der Binnenflüchtlinge vom 19. November 2014 (IDP-Gesetz) für ihn gelte und ob er in den Genuss von Sozialleistungen kommen könne, da er nicht registriert gewesen sei, kann diesem Vortrag keine grundsätzliche Fragestellung entnommen werden, sondern es geht um die persönliche Situation des Klägers. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt, dass der Kläger staatenlos ist, sondern hat diese Frage offen gelassen, da es nach Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht auf die Staatsangehörigkeit, sondern auf den gewöhnlichen Aufenthalt in der Ukraine ankam. Auch der Vortrag des Klägers, er sei in der Ukraine nicht registriert gewesen, erscheint widersprüchlich. Gemäß dem von ihm selbst in das Verfahren eingeführten „Länderinformationsblatt Ukraine“ des Bundesamts und der Internationalen Organisation für Migration vom August 2013 ist in der Ukraine sowohl für die Aufnahme einer Arbeit als auch für die medizinische Behandlung eine Registrierung erforderlich. Der Kläger ist nach eigenen Angaben in verschiedenen Berufen und an verschiedenen Arbeitsstellen berufstätig gewesen, hat sich auch ärztlich behandeln lassen und hatte ein Kraftfahrzeug zugelassen. Seine vier Kinder sind in der Ukraine geboren, in die Schule gegangen und dort teilweise auch ärztlich behandelt worden. Wie dies entgegen den Auskünften im Länderinformationsblatt ohne Registrierung möglich gewesen soll, hat der Kläger nicht näher dargelegt. Darüber hinaus ist der Kläger arbeitsfähig, hat bisher seinen Lebensunterhalt selbst verdient und konnte sogar noch Ersparnisse zum geplanten Kauf eines Grundstücks bilden. Es erscheint daher möglich, dass er auch bei einer Rückkehr in die Ukraine gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin den Lebensunterhalt für sich und seine Familie wieder selbst erwirtschaften kann.

Unabhängig davon kann die tatsächliche (und rechtliche) Situation von Familien, die aus dem Osten der Ukraine kommen, nicht „grundsätzlich“ geklärt werden, sondern es kommt auf den konkreten Einzelfall an. Es lässt sich zum einen nicht allgemein die Aussage treffen, dass alle Binnenflüchtlinge oder bestimmte Gruppen davon in der Ukraine von „Separatisten“ oder Nationalisten politisch verfolgt werden, ohne dass ihnen eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung stehen würde. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass die allgemeine Situation der Binnenflüchtlinge in der Ukraine oder bestimmter Gruppen von Binnenflüchtlingen ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen könnte, weil ihnen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Nach dem „Länderinformationsblatt Ukraine“ stehen in der Ukraine neben dem IDP-Gesetz auch noch andere Sozialleistungen (Soziale Unterstützung, Kindergeld, Unterstützung für Senioren und alleinstehende Frauen, Alters-, Behinderten- und Hinterbliebenenrenten, Arbeitslosenunterstützung sowie Obdachlosenunterstützung) zur Verfügung. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 7. Februar 2017 (Lagebericht) ist die Grundversorgung für Rückkehrerinnen und Rückkehrer knapp ausreichend, die Versorgung mit Nahrungsmitteln ist gesichert (Lagebericht, S. 15). Zusätzlich werden Binnenflüchtlinge nach der Erkenntnislage auch von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen sowie dem UNHCR und deren Unterorganisation OCHA unterstützt (Auskunft der Auswärtigen Amts vom 21.1.2015 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge). Der Kläger hat auch keine Erkenntnismittel genannt, aus denen sich ergibt, dass Rückkehrern aus der Ostukraine in die von der Regierung kontrollierten Gebiete eine unmenschliche Behandlung drohe. Die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 16. März 2016 beschreibt nur die Aufstockung der humanitären Hilfe für bedürftige Menschen in der Ukraine, enthält aber keine Aussage dazu, ob dort trotz der humanitären Hilfe unmenschliche Bedingungen herrschen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Das Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das die Klage in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet abgewiesen wird, ist unanfechtbar. Das gilt auch, wenn nur das Klagebegehren gegen die Entscheidung über den Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, das Klagebegehren im Übrigen hingegen als unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden ist.

(2) In den übrigen Fällen steht den Beteiligten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(3) Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

(4) Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss, der keiner Begründung bedarf. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) § 134 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts nach Absatz 1 unanfechtbar ist.

(7) Ein Rechtsbehelf nach § 84 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids zu erheben.

(8) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 132 Absatz 1 und § 137 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch zu, wenn das Oberverwaltungsgericht

1.
in der Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat von deren Beurteilung durch ein anderes Oberverwaltungsgericht oder durch das Bundesverwaltungsgericht abweicht und
2.
die Revision deswegen zugelassen hat.
Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann auf diesen Zulassungsgrund nicht gestützt werden. Die Revision ist beschränkt auf die Beurteilung der allgemeinen asyl-, abschiebungs- oder überstellungsrelevanten Lage in einem Herkunfts- oder Zielstaat. In dem hierfür erforderlichen Umfang ist das Bundesverwaltungsgericht abweichend von § 137 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt für die Beurteilung der allgemeinen Lage diejenigen herkunfts- oder zielstaatsbezogenen Erkenntnisse, die von den in Satz 1 Nummer 1 genannten Gerichten verwertet worden sind, die ihm zum Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (§ 77 Absatz 1) von den Beteiligten vorgelegt oder die von ihm beigezogen oder erhoben worden sind. Die Anschlussrevision ist ausgeschlossen.

(8a) Das Bundesministerium des Innern und für Heimat evaluiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz die Revision nach Absatz 8 drei Jahre nach Inkrafttreten.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.