Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Juli 2014 - 10 C 14.1320

published on 23/07/2014 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Juli 2014 - 10 C 14.1320
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Tenor

I.

Die Beschwerde wird unter Ablehnung des Antrags, dem Antragsteller wegen Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, verworfen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Der Antragsteller, der türkischer Staatsangehöriger ist und zuletzt über eine bis 30. September 2012 befristete Aufenthaltserlaubnis zum Studium verfügte, verfolgt mit der Beschwerde seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag weiter, ihm für seine Klage gegen die Ablehnung seines Antrags auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis sowie für seinen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Die Beschwerde ist nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 572 Abs. 2 Satz 2 ZPO unter Ablehnung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu verwerfen. Sie ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist eingelegt worden ist (I.) und dem Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden kann (II.).

I.

Die Beschwerde ist nicht innerhalb der gesetzlichen Frist eingelegt worden.

Nach § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der auch für Beschwerden gegen Beschlüsse gilt, die wie die hier angefochtene Nr. IV. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 15. Mai 2014 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnen (vgl. BayVGH, B. v. 3.4.2003 - 9 C 02.2916 - juris Rn. 3; OVG NRW, B. v. 26.2.2004 - 12 E 1262/02 - juris Rn. 2 f.; OVG LSA, B. v. 21.8.2008 - 3 O 533/08 - juris Rn. 2; OVG Hamburg, B. v. 11.1.2012 - 2 S 269/11 - juris Rn. 3), ist die Beschwerde bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. Dies ist hier jedoch nicht geschehen. Denn die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts am 16. Juni 2014 ist nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses erfolgt.

Ausweislich der Postzustellungsurkunde ist der Beschluss vom 15. Mai 2014 dem Antragsteller am 30. Mai 2014 zugestellt worden. Nach § 57 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 222 Abs. 1 ZPO sowie § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB endete daher die Frist für die Einlegung der Beschwerde mit dem Ablauf des 13. Juni 2014. Die Beschwerde ist jedoch erst am 16. Juni 2014 zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts eingelegt worden.

II.

Dem Antragsteller kann auch nicht entsprechend seinem Antrag nach § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm zwar nach dieser Regelung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Der Antragsteller war nicht ohne Verschulden verhindert, die Frist zur Einlegung der Beschwerde nach § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu wahren.

Ein Verschulden im Sinne von § 60 Abs. 1 VwGO ist dann anzunehmen, wenn der Betroffene diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden geboten ist und die ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war (vgl. BVerwG, B. v. 4.10.2002 - 5 C 47.01, 5 B 33.5 B 33.01 - juris Rn. 2 m. w. N.). Legt man dies zugrunde, so ist hier aber von einem Verschulden des Antragstellers auszugehen.

Der Antragsteller trägt zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags vor, er wohne in einem Studentenwohnheim und verfüge deshalb über keinen eigenen Briefkasten. Die Post für die Bewohner des Wohnheims werde vielmehr in ein gemeinsames Postfach eingelegt. Dort habe er den Brief des Verwaltungsgerichts mit dem Beschluss vom 15. Mai 2014 erst am 15. Juni 2014 zwischen verschiedenen Zeitschriften gefunden. Diesem Vorbringen lässt sich aber nicht entnehmen, dass der Antragsteller ohne sein Verschulden verhindert war, die Beschwerdefrist zu wahren. Vielmehr zeigt es, dass der Antragsteller die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden gebotene und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat.

Wer an einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren beteiligt ist, kann dieses Verfahren nur dann gewissenhaft und in einer Weise führen, die es ihm ermöglicht, seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrzunehmen, wenn er dafür Sorge trägt, dass Schreiben und Entscheidungen des Verwaltungsgerichts ihn so sicher erreichen, dass er rechtzeitig von ihnen Kenntnis nehmen kann (vgl. BayVGH, B. v. 25.3.1981 - 12 B 80 C.1062 - BayVBl. 1981, 476/477). Wird seine Post wie im Falle des Antragstellers nicht in einen ausschließlich ihm zugeordneten Briefkasten eingeworfen, sondern in ein auch von anderen Personen genutztes gemeinsames Postfach gelegt, so muss er Vorkehrungen dafür treffen, dass ihn Post des Verwaltungsgerichts gleichwohl zuverlässig erreichen kann. Zumindest muss er deshalb die Post, die sich jeweils in dem gemeinsamen Postfach befindet, gründlich durchsehen, um zu gewährleisten, dass er keine Postsendungen des Gerichts übersieht. Dass ihm dies nicht zumutbar gewesen wäre, lässt sich auch weder seinem Vortrag entnehmen, noch ist es sonst ersichtlich. Insbesondere lag darin angesichts der Bedeutung der vom Antragsteller anhängig gemachten verwaltungsgerichtlichen Verfahren, die immerhin seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet betrafen, kein unverhältnismäßiger Aufwand.

Dass der Antragsteller seinen Sorgfaltspflichten genügt und das gemeinsame Postfach jeweils gründlich durchgesehen hat, trägt er in seiner Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand schon nicht vor. Dagegen spricht im Übrigen auch, dass er den nach der Postzustellungsurkunde bereits am 30. Mai 2014 eingelegten Beschluss des Verwaltungsgerichts erst mehr als zwei Wochen später am 15. Juni 2014 gefunden hat. Denn hätte der Antragsteller die Post, die sich in dem gemeinsamen Postfach befand, jeweils gründlich gesichtet, so hätte er den immerhin 11 Seiten umfassenden Beschluss vom 15. Mai 2014 selbst dann deutlich früher finden können, wenn dieser sich, wie der Antragsteller geltend macht, zwischen verschiedenen Zeitschriften befand.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Annotations

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.

(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozeßordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

Das Prozessgericht kann zusätzlich anordnen, dass die Benachrichtigung einmal oder mehrfach im Bundesanzeiger oder in anderen Blättern zu veröffentlichen ist.

Das Schriftstück gilt als zugestellt, wenn seit dem Aushang der Benachrichtigung ein Monat vergangen ist. Das Prozessgericht kann eine längere Frist bestimmen.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.