Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. Apr. 2015 - 1 CS 14.2371

bei uns veröffentlicht am16.04.2015

Tenor

I.

Die Beschwerde wird verworfen.

II.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750‚- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig und daher zu verwerfen.

Die Äußerung des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren‚ er erkläre „den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt“‚ da mit dem Eintritt der Rechtskraft im Hauptsacheverfahren nach Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung im Verfahren 1 ZB 14.2373 der Antragsteller sein Rechtsschutzziel nicht mehr erreichen könne‚ kann der Senat nicht dahingehend auslegen‚ dass der Antragsgegner damit nur das von ihm betriebene Beschwerdeverfahren für erledigt erklärt wissen will. Der Antragsteller weist als obsiegende Partei im Verfahren erster Instanz mit Schriftsatz vom 31. März 2015 darauf hin‚ das er einer Erledigung des Eilverfahrens nur im Hinblick auf das Beschwerdeverfahren zustimme. Der Antragsgegner hat auf dieses zur Stellungnahme zugestellte Schreiben nicht reagiert‚ weshalb davon auszugehen ist‚ dass er an seiner Prozesserklärung uneingeschränkt festhalten will. Weil der in erster Instanz unterlegene Antragsgegner (ohne Zustimmung des Antragstellers) das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht insgesamt für erledigt erklären kann (vgl. zu einem ähnlichen Fall BayVGH‚ B.v. 8.12.2014 - 1 B 14.835 - juris‚ bestätigt durch BVerwG‚ B.v. 9.3.2015 - 4 B 7.15 - juris), bleibt die ins Leere gehende einseitige Erledigungserklärung ohne Wirkung. Vielmehr muss sich der Antragsgegner an der von ihm erhobenen Beschwerde festhalten lassen. Nach dem Eintritt der Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils besteht für die Fortführung des Beschwerdeverfahrens allerdings kein Rechtsschutzbedürfnis mehr.

Der Senat weist im Übrigen darauf hin‚ dass die mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung vorläufig zurückgestellte Entscheidung im Eilververfahren dem Unterliegenden‚ hier dem Antragsgegner‚ die Möglichkeit eröffnen sollte‚ die Beschwerde wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit zurückzunehmen; dies entspricht ständiger Praxis des erkennenden Senats. Der Antragsgegner hat hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten mangels Antragstellung selbst (§ 154 Abs. 3‚ § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 sowie Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Dez. 2014 - 1 B 14.835

bei uns veröffentlicht am 08.12.2014

Tenor I. Die Berufung wird verworfen. II. Die Beigeladene trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstre

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. März 2015 - 1 ZB 14.2373

bei uns veröffentlicht am 05.03.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst. III. Der Streitwert w

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg‚ weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die angefochtene Baugenehmigung widerspricht dem Bebauungsplan „E.“ der Beigeladenen zu 2. und verletzt deshalb den Kläger in seinem Anspruch auf Gebietserhaltung. Daran ändert auch die Befreiung nichts, die auf die seit dem 26. November 2014 geänderte Rechtslage durch das Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20. November 2014 (BGBl. I 2014 S.1748) gestützt worden ist.

Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts schließt der Bebauungsplan in seinen textlichen Festsetzungen bereits die Einrichtung von Anlagen für soziale Zwecke und damit auch die Unterbringung von Asylbegehrenden aus. Dabei geht der Senat mit der herrschenden Meinung (BVerwG‚ B. v. 4.6.1997 - 4 C 2.96 - NVwZ 1998‚ 173; VGH BW‚ B. v. 14.3.2013 - 8 S 2504/12 - juris Rn. 13; BayVGH‚ U. v. 13.9.2012 - 2 B 12.109 - juris Rn. 25; B. v. 29.1.2014 - 2 ZB 13.678 - juris Rn. 5) davon aus‚ dass eine Unterkunft für Asylbegehrende keine - im Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO von vornherein unzulässige - Wohnanlage im bauplanungsrechtlichen Sinn darstellt‚ sondern eine Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter. Diese Auffassung findet ihre Rechtfertigung insbesondere darin‚ dass der Aufenthalt von Asylbegehrenden in solchen Unterkünften nicht freiwillig ist‚ sondern auf einer Zuweisungsentscheidung der zuständigen Behörde beruht‚ auf die der Asylbegehrende keine Einflussmöglichkeiten hat (s. § 53 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG; Art. 4 Abs. 1 AufnG). Zudem sind Asylbegehrende von den Entscheidungen der Verwaltung der Unterkunft - z. B. im Hinblick auf die Raumbelegung - abhängig‚ so dass von einer - wie das Bundesverwaltungsgericht fordert (B. v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 - ZfBR 1996‚ 228) - Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises nicht die Rede sein kann. Die sich im Allgemeinen daran anschließende Frage, ob die Unterbringung von Asylbegehrenden als wohnähnliche Nutzung dem Gebietscharakter eines Gewerbegebiets widerspricht, kann hier dahingestellt bleiben‚ weil der Bebauungsplan generell Anlagen für soziale Zwecke ausschließt.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind die Festsetzungen unter A 2. des Bebauungsplans nicht widersprüchlich und damit auch nicht unwirksam. Den Festsetzungen des Bebauungsplans ist eine abschließende Regelung zu entnehmen‚ welche Nutzungen ausnahmsweise zulässig bzw. ausgeschlossen sind. So werden die gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 7 und § 8 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO im Misch- und Gewerbegebiet allgemein zulässigen Tankstellen sowie die nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3 BauNVO im Mischgebiet teils allgemein, teils ausnahmsweise und nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO im Gewerbegebiet ausnahmsweise zulässigen Vergnügungsstätten in allen drei festgesetzten Gebieten (Gewerbegebiet‚ eingeschränktes Gewerbegebiet und Mischgebiet) generell ausgeschlossen. Ausnahmsweise für zulässig erklärt werden im Gewerbegebiet und im eingeschränkten Gewerbegebiet unter Übernahme des Wortlauts des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter sowie -allerdings beschränkt auf das eingeschränkte Gewerbegebiet - Anlagen für kirchliche Zwecke. Mit der zuletzt genannten Regelung bringt der vorliegende Bebauungsplan zum Ausdruck, dass nur solche Nutzungsarten ausnahmsweise zugelassen werden können, die in den Festsetzungen positiv aufgeführt sind. Hätte die Beigeladene zu 2. entsprechend § 1 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauNVO die Regelung in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO insgesamt zum Gegenstand der Festsetzungen im Gewerbegebiet machen wollen‚ hätte keine Veranlassung bestanden‚ Wohnungen im Sinn von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO in den beiden Gewerbegebieten und Anlagen für kirchliche Zwecke im eingeschränkten Gewerbegebiet ausdrücklich für ausnahmsweise zulässig zu erklären. Dass der Bebauungsplan Vergnügungsstätten ausdrücklich ausgeschlossen hat, steht dieser Auslegung nicht entgegen, weil es sich bei dieser Nutzungsart im Mischgebiet ebenso wie bei den Tankstellen im Misch- und Gewerbegebiet um allgemein und nicht nur ausnahmsweise zulässige Nutzungsarten handelt. Obwohl eine entsprechende Willensbildung des Stadtrats den Planaufstellungsakten nicht zu entnehmen ist‚ ergibt sich aus dem objektiven Erklärungsinhalt des Bebauungsplans (zu den Auslegungsmethoden von Rechtsnormen z. B. Jarass in Jarass/Pieroth‚ GG‚ 13. Aufl. 2014‚ Einleitung 5 ff.)‚ dass mit der ausdrücklichen Aufzählung zur ausnahmsweisen Zulässigkeit bestimmter Nutzungen zugleich die generelle Unzulässigkeit der übrigen Nutzungen verfügt war‚ was die Beigeladene zu 2. nunmehr auch bestätigt hat. Diese Auslegung ist auch mit § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO vereinbar. Nach dieser Vorschrift kann im Bebauungsplan festgesetzt werden‚ dass alle oder einzelne Ausnahmen‚ die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 BauNVO vorgesehen sind‚ nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden. Daraus folgt nach Auffassung des Senats allerdings keine Verpflichtung der Gemeinde‚ alle nicht erwünschten Nutzungen durch ausdrückliche Festsetzung auszuschließen. Vielmehr reicht es aus‚ dass durch die Festsetzung der Zulässigkeit von in § 8 Abs. 3 BauNVO genannten Ausnahmen (hier: Anlagen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO beschränkt auf Anlagen für kirchliche Zwecke und generell Anlagen nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO) umgekehrt zum Ausdruck kommt‚ dass die übrigen dort genannten Ausnahmen nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden und damit unzulässig sind. Ob ausreichende städtebauliche Gesichtspunkte für die Privilegierung der kirchlichen Anlagen im eingeschränkten Gewerbegebiet sowie den Ausschluss von den in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen im Gewerbegebiet vorgelegen haben, lässt sich den Planungsakten nicht entnehmen. Allerdings sind etwaige Abwägungsfehler nach § 215 BauGB a. F. wegen Ablaufs der Siebenjahresfrist unbeachtlich geworden. Dafür, dass das Abwägungsergebnis schlechthin unvertretbar wäre, gibt es keine Anhaltspunkte.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Tatsache‚ dass im Erdgeschoss des Gebäudes am P. ... eine Heilpädagogische Tagesstätte für Kinder betrieben wird. Abgesehen davon‚ dass in der diesbezüglichen Baugenehmigung vom 12. Juni 2012 lediglich von einer „Brandschutzsanierung der Frühförderung …“ die Rede und damit zweifelhaft ist‚ ob für die Nutzungsänderung des früher gewerblich genutzten Gebäudes in eine Anlage für soziale Zwecke eine Baugenehmigung vorliegt‚ hat der damalige Stadtbaumeister der Beigeladenen zu 2. mit Schreiben vom 6. Februar 2012 an die Genehmigungsbehörde lediglich festgestellt‚ dass das Bauvorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans entspreche. Aus dieser Erklärung kann weder entnommen werden‚ dass die Nutzungsänderung selbst genehmigt werden sollte‚ noch kann daraus auf eine Willensbildung des Stadtrates bei Aufstellung des Bebauungsplans dahingehend geschlossen werden‚ dass Anlagen für soziale Zwecke ausnahmsweise zulässig sein sollen.

Steht somit fest‚ dass in dem Gewerbegebiet Anlagen für soziale Zwecke insgesamt wirksam ausgeschlossen sind‚ so ist auch die während des Berufungszulassungsverfahrens im Bescheid vom 18. Dezember 2014 sowohl auf § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB als auch auf § 246 Abs. 10 BauGB gestützte Befreiung rechtswidrig (zur Einbeziehung in das Zulassungsverfahren z. B. Schmidt in Eyermann‚ VwGO‚ 14. Aufl. 2014‚ § 113 Rn. 53 ff. m. w. N.). Nach letzterer Vorschrift kann in Gewerbegebieten für Aufnahmeeinrichtungen‚ Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden‚ wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an den Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm‚ weil nach dem oben Gesagten an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke nicht als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind. Auch der vom Landratsamt unternommene Versuch‚ die Befreiung über § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB zu rechtfertigen‚ ist zum Scheitern verurteilt. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 246 Abs. 10 BauGB ist dieser für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2019 für die dort im Einzelnen aufgeführten Einrichtungen in Gewerbegebieten als lex specialis zu § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB anzusehen. Der Gesetzgeber wollte ersichtlich in Ansehung der Tatsache‚ dass Anlagen für Asylbegehrende von der herrschenden Rechtsprechung (s. o.) als Anlagen für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter angesehen werden‚ die grundsätzlich im Gewerbegebiet unzulässig sind und für die auch eine Befreiung wegen des Widerspruchs zu den Grundzügen der Planung nicht erteilt werden konnte‚ in Ergänzung zu § 31 Abs. 2 BauGB einen befristeten Privilegierungstatbestand für derartige Unterkünfte in Gewerbegebieten schaffen‚ die im Einzelfall einer sozialen Einrichtung mit wohnähnlicher Nutzung gegenüber offen sind (s. Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrats über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen, BT-Drs. 18/2752). Der Gesetzgeber geht offensichtlich davon aus‚ dass nur unter diesen engen Voraussetzungen und unter Beachtung der Befristung der Regelung bis zum 31. Dezember 2019 die - in § 246 Abs. 10 BauGB im Gegensatz zu § 31 Abs. 2 BauGB nicht genannten - Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Das bedeutet aber auch‚ dass bei Nichtvorliegen einzelner Tatbestandsvoraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB auf § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht zurückgegriffen werden kann‚ weil die speziellere der allgemeinen Norm vorgeht (lex-specialis-Grundsatz). Nach alledem ist die im Bescheid vom 18. Dezember 2014 erteilte Befreiung rechtswidrig‚ da das hier fragliche Gewerbegebiet wegen des Ausschlusses im Bebauungsplan (s. o.) keinen für Anlagen für soziale Zwecke geeigneten Standort i. S. d. § 246 Abs. 10 BauGB darstellt. Da auf § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht zurückgegriffen werden kann, widerspricht die im Bescheid vom 16. Dezember 2014 enthaltene Rechtsauffassung‚ wegen der ausgesprochenen dreijährigen Befristung der Baugenehmigung seien die Grundzüge der Planung nicht berührt, der in § 246 Abs. 10 BauGB zum Ausdruck kommenden Entscheidung, dass die Unterbringung von Asylbegehrenden ausschließlich in für wohnähnliche Nutzungen offenen Gewerbegebieten nur unter den dort genannten Voraussetzungen zeitlich befristet mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein kann.

2. Nach alledem weist der Fall auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

3. Die Rechtssache ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

3.1 Die vom Beklagten aufgeworfene Frage der Gebietsverträglichkeit einer als Anlage für soziale Zwecke einzustufenden Unterkunft für Asylbegehrende in einem Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO stellt sich im vorliegenden Verfahren bereits deshalb nicht‚ weil nach dem unter Nr. 1 Gesagten Anlagen für soziale Zwecke in dem hier einschlägigen Bebauungsplan generell ausgeschlossen sind und sich somit die Frage‚ ob Anlagen für soziale Zwecke mit wohnähnlicher Nutzung im Einzelfall zulässig sein können‚ von vornherein nicht stellt. Die insoweit allein entscheidungserhebliche Frage‚ ob § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO für den Ausschluss bestimmter grundsätzlich ausnahmsweise zulässiger Nutzungen eine ausdrückliche Regelung im Bebauungsplan verlangt‚ wurde nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

3.2 Nicht entscheidungserheblich im vorliegenden Fall ist deshalb auch die vom Beklagten aufgeworfene Frage nach dem „Umfang der von § 246 Abs. 10 BauGB neu geschaffenen Befreiungsmöglichkeit im Hinblick auf zahlreiche weitere Genehmigungs- und Gerichtsverfahren“‚ weil die Norm die Zulässigkeit von Anlagen für soziale Zwecke im Bebauungsplan voraussetzt‚ was hier nicht der Fall ist.

Der Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen‚ weil sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Die Berufung wird verworfen.

II.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die unzulässige Berufung der Beigeladenen ist durch Beschluss zu verwerfen (§ 125 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwGO).

Die Berufung ist bereits unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO begründet worden ist und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 125 Abs. 1 i. V. m. § 60 VwGO) wegen eines der Rechtsanwaltskanzlei der Beigeladenen zuzurechnenden Bürofehlers (s. hierzu BVerwG‚ B. v. 3.12.2002 - 1 B 429.02 - NVwZ 2003‚ 868 m. w. N. und unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des BGH‚ B. v. 26.3.1996 - VI ZB 1/96 - NJW 1996‚ 1900) nicht zu gewähren ist; auf den diesbezüglichen Schriftverkehr wird Bezug genommen.

Der Beigeladenen fehlt aber auch das Rechtsschutzbedürfnis. Sie hat mit Schreiben vom 26. September 2014 während des von ihr angestrengten Berufungsverfahrens ihren Bauantrag zur Errichtung einer Sportanlage gegenüber dem Landratsamt zurückgenommen, weshalb sie mit ihrer Berufung keine Verbesserung ihrer Rechtsstellung im Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht auf Nachbarklage hin aufgehobene Baugenehmigung mehr erreichen kann (vgl. zum Rechtsschutzbedürfnis allgemein Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, vor § 40 Rn. 16). Denn die Rücknahme des Bauantrags führt nach dem erkennbaren Willen der Beigeladenen zu einem rückwirkenden Wegfall der Baugenehmigung (vgl. BayVGH, U. v. 5.7.1973 - 43 I 71)‚ jedenfalls aber zu einem rückwirkenden Verzicht hierauf (vgl. BayVGH, B. v. 11.4.2006 - 15 ZB 06.424 - juris) und damit zu einer objektiven Erledigung des (gerichtlichen) Verfahrens einschließlich der Gegenstandslosigkeit der Sachentscheidung des erstinstanzlichen Urteils. Dies hat aber nicht zur Folge, dass der in erster Instanz erfolgreiche Kläger nunmehr in prozessualer Hinsicht in die aktive Rolle der in erster Instanz Beigeladenen und jetzigen Berufungsklägerin eintreten würde und damit gezwungen wäre‚ im Berufungsverfahren eine Hauptsacheerledigungserklärung im Hinblick auf den gesamten Rechtsstreit abzugeben. Vielmehr ist es‚ wenn der Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt wird‚ prozessuale Obliegenheit der Beigeladenen als Berufungsklägerin‚ das aufgrund ihres Verhaltens gegenstandslose Berufungsverfahren durch Rücknahme des Rechtsmittels oder Erledigungserklärung zu beenden. Dies hat die Beigeladene trotz richterlichen Hinweises nicht getan, so dass ihre Berufung als unzulässig zu verwerfen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, deren vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013). Der Streitwert ist bereits deshalb nicht zu erhöhen‚ weil Streitgegenstand auch im Berufungsverfahren lediglich die Frage ist‚ ob die Nachbarklage zulässig und begründet ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und nicht die Frage‚ ob die Baugenehmigung objektiv rechtmäßig erteilt wurde bzw. die Beigeladene einen Rechtsanspruch hierauf hatte (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO)‚ so dass nicht auf das Bauherreninteresse abzustellen ist. Auf § 47 Abs. 2 Satz 1 GKG kommt es deshalb nicht an.

Revisionszulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.