Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 21. Sept. 2016 - L 10 AL 305/15

published on 21/09/2016 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 21. Sept. 2016 - L 10 AL 305/15
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Sozialgericht Nürnberg, S 19 AL 254/14, 16/10/2015

Gericht

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Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 16.10.2015 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 06.11.2014.

Der Kläger meldete sich am 06.11.2009 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Nachdem der Kläger laut einer Bescheinigung der ... (...) vom 01.11.2008 bis 04.03.2009 im Anschluss an ein Beschäftigungsverhältnis Krankengeld bezogen hatte, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 29.10.2012 letztlich Alg ab 06.11.2009 für 540 Kalendertage. Die Bewilligung wurde dabei zunächst bis 07.04.2010 wegen dem Ende der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall befristet. Im Anschluss daran bezog der Kläger vom 08.04.2010 bis 22.10.2010 Krankengeld von der M. Betriebskrankenkasse (... M.). Aufgrund seiner Arbeitslosmeldung am 08.04.2013 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 11.04.2013 erneut Alg ab 08.04.2013 (Restanspruch von 388 Kalendertagen). Die Bewilligung wurde mit Bescheid vom 22.04.2014 ab 18.04.2014 wegen dem Ende der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall aufgehoben. Vom 18.04.2014 bis 30.09.2014 bezog der Kläger wieder Krankengeld, nunmehr von der Knappschaft.

Einen Überprüfungsantrag bezüglich der mit Bescheid vom 11.04.2013 zuerkannten Dauer des Anspruchs auf Alg lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2014 ab. Die dagegen beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 16.10.2015 zurückgewiesen (S 19 AL 254/14). Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt (L 10 AL 304/15).

Am 06.11.2014 meldete sich der Kläger wieder arbeitslos. Den Antrag auf Zahlung von Alg lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.11.2014 ab, da die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Der Kläger sei in den letzten zwei Jahren vor dem 06.11.2014 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig gewesen. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Er habe noch einen Restanspruch von 17 Tagen sowie einen weitergehenden Anspruch auf Alg von sechs Monaten. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2014 zurück. In der Zeit vom 18.04.2014 bis 30.09.2014 sei der Kläger lediglich für 166 Tage im Hinblick auf einen Krankengeldbezug versicherungspflichtig gewesen. Für die Zeit vom 06.11.2012 bis 17.04.2014 gebe es weder einen Beleg für ein Beschäftigungsverhältnis noch für einen Krankengeldbezug. Es sei auch am 08.04.2013 kein neuer Anspruch entstanden, da auch vor der Arbeitslosmeldung an diesem Tag innerhalb der zurückliegenden zwei Jahre keinerlei Versicherungspflichtzeit nachgewiesen worden sei. Ein Rückgriff auf das am 06.11.2009 entstandene Stammrecht auf Alg scheide aus, da ein diesbezüglicher Restanspruch von noch 18 Tagen bereits seit 07.11.2013 verfallen sei.

Dagegen hat der Kläger beim SG Klage erhoben. Es sei von einer verlängerten Rahmenfrist von fünf Jahren, mithin bis 05.11.2009, auszugehen. Dies folge aus dem Krankengeldbezug vom 18.04.2014 bis 30.09.2014. Auch bei der Zahlung von Übergangsgeld verlängere sich die Rahmenfrist. Nach dem Bezug des Krankengeldes bis 30.09.2014 sei er bis 05.11.2014 krankgeschrieben gewesen. Mit dem Krankengeldbezug vom 08.04.2010 bis 22.10.2010 und vom 17.04.2014 bis 30.09.2014 sei er über 360 Tage pflichtversichert gewesen. Zu Unrecht seien die Resttage verwehrt worden. Im Übrigen werde er diskriminiert. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16.10.2015 abgewiesen. In der Rahmenfrist vom 06.11.2012 bis 05.11.2014 sei der Kläger nur vom 18.04.2014 bis 30.09.2014 in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Damit sei keine neue Anwartschaftszeit erfüllt worden. Ein Restanspruch auf Alg aus der Bewilligung vom 29.10.2012 sei erloschen, da seit seiner Entstehung vier Jahre verstrichen seien. Es handele sich dabei um eine Ausschlussfrist, die grundsätzlich ohne jede Hemmungs- und Unterbrechungsmöglichkeit kalendermäßig ablaufe. Auch über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könne er nicht so gestellt werden, als habe er die Ausschlussfrist gewahrt, da Begebenheiten tatsächlicher Art, wie eine rechtzeitige Arbeitslosmeldung, sich nicht durch einen Herstellungsanspruch ersetzen ließen.

Der Kläger hat dagegen Berufung beim LSG eingelegt. Die Krankengeldzahlungen würden automatisch zu einer neuen Berechnung des Alg und einer längeren Anspruchsdauer führen. Unter Berücksichtigung der Krankengeldansprüche hätte sich die Dauer des Anspruchs auf Alg verlängert. Für das Verfahren S 17 AL 277/11 beim SG würden noch immer Anwaltskosten in Höhe von 160 € ausstehen, die die Beklagte zu zahlen habe. Im Hinblick auf die Zeit vom 23.10.2010 bis 07.04.2013 sei noch ein Berufungsverfahren hinsichtlich des Krankengeldanspruchs gegen die ... M. beim LSG anhängig. Daneben sei auch ein entsprechender Überprüfungsantrag bei der ... M. gestellt worden. Schließlich würde ein Verfahren wegen Krankengeld gegen die Knappschaft geführt, bezüglich dessen ebenfalls ein Berufungsverfahren beim LSG anhängig sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 16.10.2015 sowie den Bescheid vom 11.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2014 aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von Arbeitslosengeld ab dem 06.11.2014 für 540 Kalendertage sowie zur Zahlung von Anwaltskosten in Höhe von 160 € im Bezug auf das Verfahren S 17 AL 277/11 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen des Urteils des SG. Mit einer Klageänderung in Bezug auf die Forderung von Anwaltskosten für das Verfahren S 17 AL 277/11 hat sie sich nicht einverstanden erklärt.

Im Hinblick auf die Krankengeldverfahren hat der Kläger lediglich ein Aktenzeichen in Bezug auf eine anhängige Berufung beim LSG angegeben. Aus den Akten dieses Gerichtsverfahrens ergibt sich, dass dort zuletzt die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 30.07.2014 bis 17.08.2015 streitig ist. In Bezug auf die Zahlung von Krankengeld durch die ... M. hat der Kläger zuletzt vorgebracht, dort sei ein Antrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestellt worden. Auf entsprechende Nachfrage hat die ... M. dem Gericht mitgeteilt, dass weder ein entsprechendes Berufungsverfahren noch ein Überprüfungsantrag anhängig sei.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Streitgegenstand ist die Zahlung von Alg ab dem 06.11.2014, die die Beklagte mit den hier angefochtenem Bescheid vom 11.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2014 abgelehnt hat.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Alg ab dem 06.11.2014. Ein solcher Anspruch setzt nach § 137 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) Arbeitslosigkeit (Nr. 1), eine Arbeitslosmeldung (Nr. 2) und die Erfüllung der Anwartschaftszeit (Nr. 3) voraus. Der Kläger hat die für einen Anspruch auf Alg ab 06.11.2014 notwendige Anwartschaftszeit i. S. v. § 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III nicht erfüllt.

Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt gemäß § 143 Abs. 1 SGB III zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Der Kläger hat sich am 06.11.2014 (erneut) arbeitslos gemeldet, sich den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestellt und die Zahlung von Alg beantragt. Damit ergibt sich hieraus eine Rahmenfrist vom 06.11.2012 bis 05.11.2014. Eine Verlängerung der Rahmenfrist kommt nicht in Betracht. Nach § 143 Abs. 3 Satz 1 SGB III werden allein Zeiten nicht in die Rahmenfrist eingerechnet, in denen der Arbeitslose von einem Rehabilitationsträger Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Maßnahme bezogen hat. Dies war vorliegend nicht gegeben. Ausnahmen für weitere Fälle sind vom Gesetz nicht (mehr) vorgesehen, so dass es bei der Rahmenfrist vom 06.11.2012 bis 05.11.2014 verbleibt. In diesem Zeitraum hat der Kläger nicht mindestens zwölf Monate in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Vielmehr ist nur ein Versicherungspflichtverhältnis für 165 Tage nachgewiesen.

Nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III sind versicherungspflichtig Personen u. a. in der Zeit, für die sie von einem Leistungsträger Krankengeld beziehen, wenn sie unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig waren oder Anspruch auf eine laufende Entgeltersatzleistung nach diesem Buch hatten. Der Kläger erhielt im Anschluss an seinen Alg-Bezug (bis 17.04.2014) vom 18.04.2014 bis 30.09.2014 Krankengeld von der Knappschaft. Damit war er für 165 Tage versicherungspflichtig. Dies entspricht jedoch nicht der Voraussetzung des Bestehens eines Versicherungspflichtverhältnisses von zwölf Monaten.

Weitere Zeiten eines Versicherungspflichtverhältnisses in der Rahmenfrist wurden vom Kläger nicht nachgewiesen. Der Bezug von Krankengeld von der ... M. endete am 20.10.2010 und damit vor Beginn der Rahmenfrist. Nach Auskunft der ... M. ist auch weder ein Überprüfungsverfahrens noch ein Berufungsverfahren wegen des Bezuges von Krankengeld anhängig. Im Übrigen kommt es für die Versicherungspflicht nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III auf die tatsächliche Zahlung des Krankengeldes an, so dass es nicht ausreichend wäre, dass alleine ein Anspruch bestanden hat (vgl. dazu auch Brand in Brand, SGB III, 7. Auflage, § 26 Rn. 19). Andere Tatsachen, die ein Versicherungspflichtverhältnis innerhalb der Rahmenfrist hätten begründen können, sind weder hinreichend konkret vorgetragen bzw. nachgewiesen worden noch überhaupt erkennbar. Auf den Ausgang des Berufungsverfahrens gegen die Knappschaft () kommt es nicht an. Im Hinblick auf den dort geltend gemachten Anspruch käme in der Rahmenfrist allenfalls - unabhängig davon, dass eine tatsächliche Zahlung nicht erfolgt ist - ein geltend gemachter Krankengeldanspruch für die Zeit vom 01.10.2014 bis 05.11.2014 in Betracht. Dies wären allenfalls 36 Tage, so dass auch deren Berücksichtigung nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit führen würde.

Die Geltendmachung eines Restanspruchs aus dem am 06.11.2009 entstandenen Alg-Anspruch von ursprünglich 540 Tagen (bestandskräftiger Bescheid vom 29.10.2012) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Nach § 161 Abs. 2 SGB III kann der Anspruch auf Alg nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung vier Jahre verstrichen sind. Hierbei handelt es sich um eine Ausschlussfrist, die ohne jede Hemmungs- und Unterbrechungsmöglichkeit rein kalendermäßig abläuft, und auch nicht bei Vorliegen von Härten verlängert werden kann (vgl. dazu BSG, Urteil vom 21.10.2003 - B 7 AL 28/03 R - SozR 4-4300 § 147 Nr. 2; Urteil vom 19.01.2005 - B 11a/11 AL 35/04 R - SozR 4-4300 § 147 Nr. 3; Karmanski in Brand, SGB III, 7. Auflage, § 161 Rn. 20). Die Regelung ist dabei mit Verfassungsrecht und Europarecht vereinbar (vgl. dazu Karmanski a. a. O. m. w. N.). Im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs auf Alg am 06.11.2014 war die Vier-Jahres-Frist kalendermäßig bereits weit abgelaufen.

Auch sein Restanspruch aus einem anderen erworbenen Stammrecht bestand am 06.11.2014 nicht. So hatte der Kläger insbesondere bei seiner Arbeitslosmeldung vom 08.04.2013 keinen neuen Anspruch auf Alg erworben, da auch hier in der maßgeblichen Rahmenfrist vom 08.04.2011 bis 07.04.2013 kein Versicherungspflichtverhältnis von zwölf Monaten bestanden hat. Dies hat der Senat auch mit Urteil vom heutigen Tage im Verfahren L 10 AL 304/15 entschieden. Auf die dortigen Ausführungen wird insoweit Bezug genommen.

Anhaltspunkte dafür, die Beklagte könnte in Bezug auf die Geltendmachung des Restanspruchs ihre Beratungspflichten verletzt haben, so dass Raum für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch wäre, gibt es nicht. Der Kläger hat zuvor den Restanspruch von 388 Tagen mit Bescheid vom 11.04.2013 ab dem 08.04.2013 bewilligt bekommen. Die Aufhebung der Bewilligung ab dem 18.04.2014 (Bescheid vom 22.04.2014) erfolgte im Hinblick auf das Ende der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall und der Kläger hat im Anschluss ab 19.04.2014 Krankengeld bezogen. Eine Geltendmachung des Restanspruchs vor Ablauf der Vier-Jahres-Frist war damit weder rechtlich noch tatsächlich möglich,

Soweit der Kläger zudem die Erstattung von Rechtsanwaltskosten für ein früheres Klageverfahren vor dem SG begehrt, ist dies nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens gewesen. Die Geltendmachung eines solchen Anspruchs im Berufungsverfahren stellt eine Klageänderung bzw. -erweiterung dar. Diese ist nur zulässig, wenn sie sachdienlich ist oder sich die Beklagte hierauf eingelassen hat (§ 99 SGG). Beides ist vorliegend nicht der Fall.

Im Ergebnis hat der Kläger damit unter keinerlei Gesichtspunkten einen Anspruch auf Alg ab dem 06.11.2014. Die Berufung war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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published on 23/05/2017 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Tatbestand Der Kläger begehrt die Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 30.09.2015. Streitig ist dabei d
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Annotations

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hat, wer

1.
arbeitslos ist,
2.
sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und
3.
die Anwartschaftszeit erfüllt hat.

(2) Bis zur Entscheidung über den Anspruch kann die antragstellende Person bestimmen, dass der Anspruch nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll.

(1) Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist (§ 143) mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Zeiten, die vor dem Tag liegen, an dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts einer Sperrzeit erloschen ist, dienen nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit.

(2) Für Arbeitslose, die die Anwartschaftszeit nach Absatz 1 nicht erfüllen sowie darlegen und nachweisen, dass

1.
sich die in der Rahmenfrist zurückgelegten Beschäftigungstage überwiegend aus versicherungspflichtigen Beschäftigungen ergeben, die auf nicht mehr als 14 Wochen im Voraus durch Arbeitsvertrag zeit- oder zweckbefristet sind, und
2.
das in den letzten zwölf Monaten vor der Beschäftigungslosigkeit erzielte Arbeitsentgelt das 1,5fache der zum Zeitpunkt der Anspruchsentstehung maßgeblichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches nicht übersteigt,
beträgt die Anwartschaftszeit sechs Monate. § 27 Absatz 3 Nummer 1 bleibt unberührt.

(1) Die Rahmenfrist beträgt 30 Monate und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld.

(2) Die Rahmenfrist reicht nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der die oder der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte.

(3) In die Rahmenfrist werden Zeiten nicht eingerechnet, in denen die oder der Arbeitslose von einem Rehabilitationsträger Übergangsgeld wegen einer berufsfördernden Maßnahme bezogen hat. In diesem Fall endet die Rahmenfrist spätestens fünf Jahre nach ihrem Beginn.

(1) Versicherungspflichtig sind

1.
Jugendliche, die in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation nach § 51 des Neunten Buches Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten, die ihnen eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglichen sollen, sowie Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
2.
Personen, die nach Maßgabe des Wehrpflichtgesetzes, des § 58b des Soldatengesetzes oder des Zivildienstgesetzes Wehrdienst oder Zivildienst leisten und während dieser Zeit nicht als Beschäftigte versicherungspflichtig sind,
3.
(weggefallen)
3a.
(weggefallen)
4.
Gefangene, die Arbeitsentgelt, Ausbildungsbeihilfe oder Ausfallentschädigung (§§ 43 bis 45, 176 und 177 des Strafvollzugsgesetzes) erhalten oder Ausbildungsbeihilfe nur wegen des Vorrangs von Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung nach diesem Buch nicht erhalten; das Versicherungspflichtverhältnis gilt während arbeitsfreier Sonnabende, Sonntage und gesetzlicher Feiertage als fortbestehend, wenn diese Tage innerhalb eines zusammenhängenden Arbeits- oder Ausbildungsabschnittes liegen. Gefangene im Sinne dieses Buches sind Personen, die im Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen und freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung oder einstweilig nach § 126a Abs. 1 der Strafprozeßordnung untergebracht sind,
5.
Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(2) Versicherungspflichtig sind Personen in der Zeit, für die sie

1.
von einem Leistungsträger Mutterschaftsgeld, Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld oder von einem Träger der medizinischen Rehabilitation Übergangsgeld beziehen,
2.
von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen Krankentagegeld beziehen,
2a.
von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, von einem Beihilfeträger des Bundes, von einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Träger von Kosten in Krankheitsfällen auf Bundesebene, von dem Träger der Heilfürsorge im Bereich des Bundes, von dem Träger der truppenärztlichen Versorgung oder von einem öffentlich-rechtlichen Träger von Kosten in Krankheitsfällen auf Landesebene, soweit Landesrecht dies vorsieht, Leistungen für den Ausfall von Arbeitseinkünften im Zusammenhang mit einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen beziehen,
2b.
von einer Pflegekasse, einem privaten Versicherungsunternehmen, der Festsetzungsstelle für die Beihilfe oder dem Dienstherrn Pflegeunterstützungsgeld beziehen oder
3.
von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehen,
wenn sie unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig waren oder Anspruch auf eine laufende Entgeltersatzleistung nach diesem Buch hatten.

(2a) Versicherungspflichtig sind Personen in der Zeit, in der sie ein Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, wenn sie

1.
unmittelbar vor der Kindererziehung versicherungspflichtig waren oder Anspruch auf eine laufende Entgeltersatzleistung nach diesem Buch hatten und
2.
sich mit dem Kind im Inland gewöhnlich aufhalten oder bei Aufenthalt im Ausland Anspruch auf Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder Bundeskindergeldgesetz haben oder ohne die Anwendung des § 64 oder § 65 des Einkommensteuergesetzes oder des § 3 oder § 4 des Bundeskindergeldgesetzes haben würden.
Satz 1 gilt nur für Kinder
1.
der oder des Erziehenden,
2.
seiner nicht dauernd getrennt lebenden Ehegattin oder ihres nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder
3.
ihrer nicht dauernd getrennt lebenden Lebenspartnerin oder seines nicht dauernd getrennt lebenden Lebenspartners.
Haben mehrere Personen ein Kind gemeinsam erzogen, besteht Versicherungspflicht nur für die Person, der nach den Regelungen des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung die Erziehungszeit zuzuordnen ist (§ 56 Abs. 2 des Sechsten Buches).

(2b) Versicherungspflichtig sind Personen in der Zeit, in der sie als Pflegeperson einen Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne des Elften Buches, der Leistungen aus der Pflegeversicherung nach dem Elften Buch oder Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch oder gleichartige Leistungen nach anderen Vorschriften bezieht, nicht erwerbsmäßig wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, in seiner häuslichen Umgebung pflegen, wenn sie unmittelbar vor Beginn der Pflegetätigkeit versicherungspflichtig waren oder Anspruch auf eine laufende Entgeltersatzleistung nach diesem Buch hatten. Versicherungspflicht besteht auch, wenn die Voraussetzungen durch die Pflege mehrerer Pflegebedürftiger erfüllt werden.

(3) Nach Absatz 1 Nr. 1 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach § 25 Abs. 1 versicherungspflichtig ist. Nach Absatz 1 Nr. 4 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach anderen Vorschriften dieses Buches versicherungspflichtig ist. Versicherungspflichtig wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld nach Absatz 2 Nr. 1 ist nicht, wer nach Absatz 2a versicherungspflichtig ist. Nach Absatz 2 Nr. 2 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 2 Nr. 1 versicherungspflichtig ist oder während des Bezugs von Krankentagegeld Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch hat. Nach Absatz 2a und 2b ist nicht versicherungspflichtig, wer nach anderen Vorschriften dieses Buches versicherungspflichtig ist oder während der Zeit der Erziehung oder Pflege Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch hat; Satz 3 bleibt unberührt. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 2a mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 2b zusammen, geht die Versicherungspflicht nach Absatz 2a vor.

(4) (weggefallen)

(1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld erlischt

1.
mit der Entstehung eines neuen Anspruchs,
2.
wenn die oder der Arbeitslose Anlass für den Eintritt von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt mindestens 21 Wochen gegeben hat, über den Eintritt der Sperrzeiten schriftliche Bescheide erhalten hat und auf die Rechtsfolgen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt mindestens 21 Wochen hingewiesen worden ist; dabei werden auch Sperrzeiten berücksichtigt, die in einem Zeitraum von zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs eingetreten sind und nicht bereits zum Erlöschen eines Anspruchs geführt haben.

(2) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung vier Jahre verstrichen sind.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.