Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 29. Apr. 2015 - L 7 AS 248/15 B ER

bei uns veröffentlicht am29.04.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 27. März 2015 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf.) begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 12.03.2015 gegen den Eingliederungsverwaltungsakt des Antragsgegners und Beschwerdegegners (Bg.) vom 09.03.2015.

Der Bf. erhält vom Bg. seit Jahren Leistungen nach dem SGB II mit seiner mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden nunmehr elfjährigen Tochter. Eingliederungsbemühungen des Bg. in den Arbeitsmarkt lehnt der Bf. unter Hinweis auf die Verantwortung für seine Tochter beharrlich ab. Regelmäßig verweigert er den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung und wendet sich dann gegen den nach Ablehnung der Eingliederungsverwaltungsaktes vom Bg. erlassenen Eingliederungsverwaltungsakt (so zuletzt auch im ebenfalls im Senat anhängigen Verfahren L 7 AS 806/14 betreffend den Zeitraum bis Mitte Januar 2015).

Nach einem Gesprächstermin am 22.01.2015, den der Bf. scheitern ließ, erließ der Bg. am 09.03.2015 für die Zeit vom 09.03.2015 bis zum 08.09.2015 einen Eingliederungsverwaltungsakt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. Wie auch für frühere Zeiträume, definiert auch dieser Eingliederungsverwaltungsakt vom 09.03.2015 als Ziel die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, wobei als Details u. a. festgelegt wurden:

- „Unternehmen von mindestens acht Bewerbungen im Monat, wobei sämtliche Stellenangebote (befristet, unbefristet, Teilzeit, Vollzeit) zu berücksichtigen sind.

- Benutzung der Medien Internet, Gelbe Seiten, lokale Printmedien zur Stellensuche.

- Verpflichtung zur Bewerbung auf Vermittlungsvorschläge des Jobcenters innerhalb von drei Tagen.

- Verpflichtung zum Führen und regelmäßigen Vorlage einer Bewerbungsnachweisliste.

- Pauschale Erstattung der Bewerbungskosten durch den Bg. in Höhe von 5,00 EUR bei schriftlicher Bewerbung und 0,50 EUR bei Online-Bewerbung.“

Der Eingliederungsverwaltungsakt enthält eine Rechtsfolgenbelehrung, wo die Gesetzeslage dargestellt ist in Hinblick darauf, was bei Verstößen gegen die Eingliederungsverwaltungsakt im konkreten Einzelfall an Sanktionen möglich ist.

Am 12.03.2015 legte der Bf. Widerspruch beim Bg. ein und beantragte gleichzeitig beim Sozialgericht München die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs.

Mit Beschluss vom 27.03.2015 lehnte das Sozialgericht München den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab.

Bei der gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorzunehmenden Interessenabwägung sei zunächst von der Wertung des § 39 Nr. 1 SGB II auszugehen, wonach der Gesetzgeber aufgrund einer typisierenden Abwägung der Individual- und öffentlichen Interessen dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug prinzipiell Vorrang gegenüber entgegenstehenden privaten Interessen einräumt. Eine Abweichung von diesem Regel- Ausnahmeverhältnis komme nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden oder wenn ausnahmsweise besondere private Interessen überwiegen. Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes sei der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Eingliederungsverwaltungsaktes bestünden nicht.

Der Eingliederungsverwaltungsakt sei formell rechtmäßig, insbesondere mache die Rechtsfolgenbelehrung den Eingliederungsverwaltungsakt nicht rechtswidrig. Die Rechtsfolgenbelehrung sei konkret und verständlich, auch wenn die aus dem Eingliederungsverwaltungsakt resultierenden Pflichten des Bf. nicht „vereinbart“ worden seien, wie es die Formulierung im Eingliederungsverwaltungsakt ausdrückt; es gehe aus der Belehrung eindeutig hervor, welche Rechtsfolgen den Antragsteller bei Verstoß gegen den Eingliederungsverwaltungsakt erwarten. Eine falsche Wortwahl zwischen Eingliederungsvereinbarung und Eingliederungsverwaltungsakt könne nach Ansicht des Gerichts die Rechtsfolgenbelehrung nicht unverständlich machen. Auch die Tatsache, dass in der Rechtsfolgenbelehrung die bei einer Pflichtverletzung drohenden Sanktionen nicht nach ihrer Höhe in Eurobeträgen beziffert sind, mache diese nicht rechtsfehlerhaft. Nach einer Pflichtverletzung werde der Leistungsberechtigte ohnehin nochmals angehört und entsprechend belehrt.

Die geforderte Anzahl von monatlich acht Bewerbungen sei eine zulässige Regelung im Sinne von § 15 Abs. 2 Nr. 2 SGB II. Nach der Rechtsprechung könnten bis zu zehn Bewerbungen pro Monat vorgegeben werden, wobei allerdings die besondere Situation des Leistungsberechtigten zu berücksichtigen sei. Im konkreten Fall seien für den Bf. acht Bewerbungen nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls angemessen.

Der Bf. sei auch verpflichtet, eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinn von § 10 SGB II anzunehmen. Hierzu gehörten auch Vollzeitstellen. Zwar könne nach § 10 Abs.1 Nr. 3 SGB II ein Beschäftigungsverhältnis unzumutbar sein, wenn es die Erziehung seines Kindes gefährden würde. Allerdings werde in § 10 Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB II die Regelvermutung aufgestellt, dass die Erziehung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, in der Regel nicht gefährdet ist, soweit die Betreuung des Kindes sichergestellt ist. Folglich sei eine Berechtigung, Vollzeitstellen grundsätzlich abzulehnen, aus § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II nicht zu entnehmen. Vielmehr wäre bei jedem Stellenangebot gesondert zu prüfen, inwieweit die daraus entstehende Beschäftigung mit der Erziehung der zehnjährigen Tochter des Bf. in Einklang zu bringen sei und ob alternative Möglichkeiten der Betreuung des Kindes zur Verfügung stünden.

Auch die im Eingliederungsverwaltungsakt getroffene Regelung zur Kostenerstattung für Bewerbungen seien rechtmäßig, der Bg. habe zutreffend zwischen schriftlichen Bewerbungen und Onlinebewerbungen unterschieden.

Auch die Verpflichtung zur Nutzung verschiedener Medien bei der Stellensuche sei nicht rechtswidrig. Soweit der Bg. im Eingliederungsverwaltungsakt Printmedien wie „Donaukurier“ und „Ingolstädter Anzeiger“ anführe, sei dies nicht verpflichtend, sondern nur beispielhaft aufgeführt.

Was die Verpflichtung zur Bewerbung auf Vermittlungsvorschläge binnen drei Tagen des Bg. anbetrifft, stelle dies keine unzumutbare Belastung des Bf. dar.

Im Rahmen der Interessenabwägung sei darüber hinaus noch Folgendes zu berücksichtigen: Der Bf. mache nicht geltend, dass ihm bereits Nachteile durch den Eingliederungsverwaltungsakt entstanden seien. Der Bg. habe bislang noch keine Sanktionen auf der Grundlage des Eingliederungsverwaltungsaktes verhängt. Ein Eilverfahren habe jedoch nur die Aufgabe, eine gegenwärtige Notlage vorläufig zu beheben. Es sei grundsätzlich nicht Aufgabe des einstweiligen Rechtsschutzes, Rechtsfragen zu beantworten, die mit einer gegenwärtigen Notlage nichts zu tun haben. Auch beim Antrag auf Anordnung auf aufschiebende Wirkung nach § 86b Abs. 1 SGG sei die Eilbedürftigkeit insoweit ein wesentliches Abwägungskriterium (BayLSG Beschluss vom 14.11.2011, L 7 AS 693/11 B ER; BayLSG Beschluss vom 26.04.2010, L 7 AS 301/10 B ER). Im Ergebnis sei der Antrag abzulehnen.

Hiergegen hat der Bf. Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Der Bf. trägt im Wesentlichen dasselbe vor.

Der Bg. hält den Eingliederungsverwaltungsakt für rechtmäßig.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Nachdem der Bf. im Beschwerdeverfahren nichts neues Entscheidungserhebliches vorgetragen hat, wird die Beschwerde aus den Gründen der Entscheidung des Sozialgerichts zurückgewiesen und gemäß § 142 Abs. 2 SGG auf die Entscheidung des Sozialgerichts verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG unter Erwägung, dass der Kläger mit seinem Begehren erfolglos blieb.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 86b


(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungskla

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 142


(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen

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(1) Die Agentur für Arbeit soll unverzüglich zusammen mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für die Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit erforderlichen persönlichen Merkmale, die beruflichen Fähigkeiten und die Eignung feststel

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Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,1.der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsans

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 10 Zumutbarkeit


(1) Einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person ist jede Arbeit zumutbar, es sei denn, dass1.sie zu der bestimmten Arbeit körperlich, geistig oder seelisch nicht in der Lage ist,2.die Ausübung der Arbeit die künftige Ausübung der bisherigen übe

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 30. Apr. 2015 - L 7 AS 806/14

bei uns veröffentlicht am 30.04.2015

Tenor I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 19. November 2014 wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen

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Tenor

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 19. November 2014 wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 18.07.2014.

Der Kläger ist seit dem Jahr 1999 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt und lebt mit seiner im Jahre 2003 geborenen Tochter in einer Bedarfsgemeinschaft. Die Mutter zahlt Unterhalt für die Tochter.

Zwischen dem Kläger und dem Beklagten wurden regelmäßig Verhandlungen über Eingliederungsvereinbarungen geführt mit dem Ergebnis, dass jedes Mal ein Eingliederungsverwaltungsakt erlassen wurde, nachdem der Kläger sich regelmäßig geweigert hatte, eine Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben.

Am 17.07.2014 erschien der Kläger beim Beklagten wieder zu einem Meldetermin, der dazu führen sollte, dass eine Eingliederungsvereinbarung zustande kommt. Nach dem erneuten Scheitern der Verhandlungen, erließ der Beklagte am darauffolgenden Tag einen Eingliederungsverwaltungsakt durch Bescheid vom 18.07.2014 für die Zeitdauer von sechs Monaten, also vom 18.07.2014 bis 17.01.2015.

Ziel des Eingliederungsverwaltungsaktes sei die Vermittlung des Klägers in eine sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung. Hierzu wurden Bemühungen des Klägers zur Eingliederung im Einzelnen festgelegt. U. a. enthielt der Eingliederungsverwaltungsakt vom 18.07.2014 folgende Pflichten:

- Anmeldung der Tochter zum Besuch der offenen Ganztagesklasse an der Mittelschule A-Stadt.

- mindestens acht Bewerbungen im Monat, wobei sämtliche Stellenangebote (befristet, unbefristet, Teilzeit, Vollzeit) zu berücksichtigen sind; Nachweis durch entsprechende Liste.

- Benutzung von Medien zur Stellensuche, u. a. Internet, Gelbe Seiten, lokale Printmedien.

- Verpflichtung zu Bewerbung auf Vermittlungsvorschläge des Jobcenters (ohne Anrechnung auf die vorgegebenen acht Bewerbungen aus Eigeninitiative) innerhalb von drei Tagen.

Im Gegenzug sicherte der Beklagte dem Kläger die Erstattung angemessener Bewerbungskosten zu, wobei unabhängig von einem Nachweis höherer Bewerbungskosten dem Kläger pro Bewerbung 5,- € bei schriftlicher Bewerbung und 50 Cent bei einer Onlinebewerbung pauschal erstattet werden sollten, höchstens jedoch 260,- € im Jahr.

In der Rechtsfolgenbelehrung wurde dem Kläger die gesetzliche Lage dargestellt, wonach prozentuale Minderungen bei Verstößen (30%, 60% des Regelbedarfs usw.) gegen die im Eingliederungsverwaltungsakt auferlegten Pflichten möglich seien.

Auf den Widerspruch des Klägers, mit dem er u. a. geltend machte, er sei unzureichend zum Erlass des Eingliederungsverwaltungsaktes gehört worden, hob der Beklagte den Eingliederungsverwaltungsakt mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2014 insoweit auf, als die Pflicht zur Anmeldung der Tochter des Klägers zum Besuch der offenen Ganztagesklasse aus dem Eingliederungsverwaltungsakt gestrichten wurde.

Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht München (SG) mit Gerichtsbescheid vom 19. November 2014 als unbegründet ab. Die zulässige Anfechtungsklage sei unbegründet.

Mit dem Kläger seien Verhandlungen über das Zustandekommen einer Eingliederungsvereinbarung geführt worden, die jedoch gescheitert seien, so dass der Weg über den Eingliederungsverwaltungsakt für den Beklagten frei gewesen sei.

Ein Anhörungsmangel sei nicht erkennbar, zumindest aber im Widerspruchsverfahren gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt worden, nachdem der Kläger hier sämtliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes habe vortragen können.

Inhaltlich bestünden keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes, nachdem im Widerspruchsverfahren insoweit abgeholfen worden war, als die Verpflichtung der Anmeldung der Tochter des Klägers zur Mittelschule zur Ganztagesklasse aufgehoben worden ist. Eine solche Aufhebung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens einzelner Pflichten führe nicht dazu, dass der Eingliederungsverwaltungsakt wie der Kläger meint - in seiner Gesamtheit rechtswidrig wäre und demgemäß aufzuheben sei.

Acht Bewerbungen seien dem Kläger zumutbar.

Auch Vollzeitstellen seien dem Kläger grundsätzlich zumutbar. Bei jedem Stellenangebot sei lediglich im Hinblick auf die Konsequenzen der Ablehnung einer solchen Stelle durch den Kläger zu prüfen, inwieweit die konkrete Stelle mit der Erziehung der minderjährigen Tochter des Klägers in Einklang zu bringen gewesen wäre und ob Möglichkeiten der Betreuung des Kindes zur Verfügung gestanden hätten. Im Eingliederungsverwaltungsakt habe der Beklagte im Übrigen auch seine Hilfe bei der Suche nach Betreuungsmöglichkeiten angeboten.

Gegen die pauschale Erstattung von 5,- € für schriftliche Bewerbungen und 50 Cent für Onlinebewerbungen bestünden keine rechtlichen Bedenken.

Auch die Verpflichtung zur Nutzung verschiedener Medien bei der Stellensuche sei nicht anzugreifen, da die Medien dort nur beispielhaft aufgeführt seien.

Auch könne keine unzumutbare Belastung des Klägers darin erkannt werden, dass er sich auf Vermittlungsvorschläge des Beklagten binnen drei Tagen zu bewerben habe.

Die Rechtsfolgenbelehrung sei hinreichend konkret und verständlich. Aus der Belehrung ginge hervor, welche Rechtsfolgen den Antragsteller bei Verstoß gegen den Eingliederungsverwaltungsakt erwarten.

Eine falsche Wortwahl zwischen Eingliederungsvereinbarung und Eingliederungsverwaltungsakt könne die Rechtsfolgenbelehrung nicht unverständlich machen, insbesondere da der Eingliederungsverwaltungsakt die Eingliederungsvereinbarung ersetze und mithin dieselben Rechtsfolgen bei Pflichtverstößen hervorrufe. Auch dass die Sanktionen nicht der Höhe nach in Euro beziffert seien, sondern lediglich prozentual angegeben werden, mache die Rechtsfolgenbelehrung nicht rechtsfehlerhaft. Bei einer Pflichtverletzung werde der Leistungsempfänger nochmals getrennt angehört und in diesem Anhörungsschreiben regelmäßig durch das Jobcenter die Sanktion konkret in Euro aufgeführt.

Gegen die Entscheidung des SG legte der Kläger zunächst per E-Mail ohne qualifiziertes Zertifikat Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) ein. Auf gerichtlichen Hinweis, dass es an einer qualifizierten elektronischen Signatur fehle, legte der Kläger mit unterschriebenem Fax vom 29.11.2014 nochmals Berufung gegen die Entscheidung des SG ein.

In seiner Berufungsbegründung trägt der Kläger die gleichen Punkte wie auch schon im Widerspruchsverfahren, im erstinstanzlichen Verfahren und auch im Eilverfahren (Eilantrag gegen den Eingliederungsverwaltungsakt durch Beschluss des SG, abgelehnt am 11.08.2014; die hiergegen zum LSG erhobene Beschwerde wurde zurückgewiesen, Az.: L 8 AS 596/14 B ER) vor.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 19. November 2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Eingliederungsverwaltungsakt vom 18.07.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2014 rechtswidrig war.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Schon im Widerspruchsverfahren sei auf sämtliche Punkte des Klägers ausführlich eingegangen worden, Die Verpflichtung des Klägers, seine minderjährige Tochter in der Ganztagesklasse in der Mittelschule anzumelden, sei im Widerspruchsverfahren aufgehoben worden. Sanktionen auf der Grundlage des Eingliederungsverwaltungsaktes seien im Geltungszeitraum des Eingliederungsverwaltungsaktes nicht erfolgt.

Gründe

Die Berufung ist zulässig.

Die Berufung ist insbesondere nicht verfristet. Zwar wurde die Berufung vom Kläger mangels qualifizierter elektronischer Signatur zunächst formunwirksam eingelegt (vgl. BayLSG, Beschluss vom 10.07.2014, Az.: 7 AS 410/14 B ER). Der Kläger hat jedoch innerhalb der laufenden Berufungsfrist nochmals form- und fristgerecht durch ein unterschriebenes Fax Berufung eingelegt.

Die ursprünglich zulässige Anfechtungsklage, wie sie noch vor dem SG zulässig war, ist im Berufungsverfahren nicht mehr statthaft, da sich der Eingliederungsverwaltungsakt in Gestalt des Widerspruchsbescheides durch Zeitablauf gemäß § 39 Abs. 2 SGB X erledigt hat. Insoweit ist das Rechtsschutzbegehren des Klägers aber als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 131 Abs. 1 S. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft.

Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist zu bejahen, nachdem der Kläger weiterhin im Leistungsbezug beim Beklagten ist und dieser weiterhin über Eingliederungsvereinbarungen bzw. Eingliederungsverwaltungsakte versuchen wird, den Kläger in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu vermitteln.

Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Der Eingliederungsverwaltungsakt vom 10.07.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2014 war rechtmäßig. Der Inhalt der Rechtsfolgenbelehrung ist keine Frage der Rechtsmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsakts, sondern betrifft nur Sanktionen, die hier nicht Streitgegenstand waren. Nachdem der Kläger im Berufungsverfahren im Übrigen keine neuen Aspekte vorgetragen hat, wird insoweit auf die Gründe in der Entscheidung des SG verwiesen und von einer weiteren Darstellung gemäß § 153 Abs. 2 SGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass der Kläger mit seinem Begehren erfolglos blieb.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,

1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt,
2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder
3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.

(1) Einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person ist jede Arbeit zumutbar, es sei denn, dass

1.
sie zu der bestimmten Arbeit körperlich, geistig oder seelisch nicht in der Lage ist,
2.
die Ausübung der Arbeit die künftige Ausübung der bisherigen überwiegenden Arbeit wesentlich erschweren würde, weil die bisherige Tätigkeit besondere körperliche Anforderungen stellt,
3.
die Ausübung der Arbeit die Erziehung ihres Kindes oder des Kindes ihrer Partnerin oder ihres Partners gefährden würde; die Erziehung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, ist in der Regel nicht gefährdet, soweit die Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege im Sinne der Vorschriften des Achten Buches oder auf sonstige Weise sichergestellt ist; die zuständigen kommunalen Träger sollen darauf hinwirken, dass erwerbsfähigen Erziehenden vorrangig ein Platz zur Tagesbetreuung des Kindes angeboten wird,
4.
die Ausübung der Arbeit mit der Pflege einer oder eines Angehörigen nicht vereinbar wäre und die Pflege nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann,
5.
der Ausübung der Arbeit ein sonstiger wichtiger Grund entgegensteht.

(2) Eine Arbeit ist nicht allein deshalb unzumutbar, weil

1.
sie nicht einer früheren beruflichen Tätigkeit entspricht, für die die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person ausgebildet ist oder die früher ausgeübt wurde,
2.
sie im Hinblick auf die Ausbildung der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person als geringerwertig anzusehen ist,
3.
der Beschäftigungsort vom Wohnort der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person weiter entfernt ist als ein früherer Beschäftigungs- oder Ausbildungsort,
4.
die Arbeitsbedingungen ungünstiger sind als bei den bisherigen Beschäftigungen der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person,
5.
sie mit der Beendigung einer Erwerbstätigkeit verbunden ist, es sei denn, es liegen begründete Anhaltspunkte vor, dass durch die bisherige Tätigkeit künftig die Hilfebedürftigkeit beendet werden kann.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für die Teilnahme an Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit entsprechend.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und über einstweilige Anordnungen (§ 86b) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Ausfertigungen der Beschlüsse sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.