Arbeitsgericht Mönchengladbach Beschluss, 25. März 2015 - 2 BV 5/15
Gericht
Tenor
Die Anträge werden zurückgewiesen.
1
G R Ü N D E:
2I.
3Die Beteiligten streiten über den an den Beteiligten zu 1) abgetretenen Freistellungsanspruch des von diesem vertretenen Betriebsrates von Rechtsanwaltskosten, die ihm in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren (Nichtzulassungsbeschwerde) entstanden sind.
4Die Beteiligte zu 2) ist ein deutsches Kreditinstitut. Sie betreibt schwerpunktmäßig die Vergabe von Konsumentenkrediten für Fahrzeuge, Hausrat und Reisen sowie das Filial- und Direktbankgeschäft mit Privatkunden und beschäftigt deutschlandweit ca. 3.600 Mitarbeiter. Die Hauptverwaltung der Beteiligten zu 2) befindet sich in N..
5Am 14.03.2013 wurde im Betrieb der Beteiligten zu 2) ein Betriebsrat neu gewählt.
6Die Wahl wurde am 27.03.2013 arbeitsgerichtlich angefochten. Mit Beschluss vom 05.06.2013 (vgl. Blatt 11 ff.dGA) hat das angerufene Arbeitsgericht Mönchengladbach die angefochtene Betriebsratswahl für unwirksam erklärt.
7Die für dieses Verfahren gestellte Rechtsanwaltsvergütungsrechnung des Betriebsrates wurde von der Beteiligten zu 2) ausgeglichen.
8Gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mönchengladbach hat der Betriebsrat Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingelegt und diese mit einem weiteren Schriftsatz begründet. Das Landesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 07.01.2014 die Beschwerde des Betriebsrates zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen (vgl. Blatt 20 ff.d.GA). Auch die für dieses Verfahren gestellte Rechtsanwaltsvergütungsrechnung des Betriebsrates wurde von der Beteiligten zu 2) ausgeglichen.
9Der Betriebsrat hat mit anwaltlichem Schriftsatz vom 21.02.2014 die Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht eingelegt. Mit weiterem Schriftsatz vom 13.03.2014 wurden Anträge gestellt und um Verlängerung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde um einen weiteren Monat gebeten. Mit Beschluss vom 26.03.2014 wurde der Antrag auf Verlängerung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 03.04.2014 teilte der Beteiligte zu 1) mit, der Betriebsrat habe beschlossen, die Nichtzulassungsbeschwerde weder zu begründen, noch sie zurückzunehmen. Mit Beschluss vom 26.06.2014 hat das Bundesarbeitsgericht die Nichtzulassungsbeschwerde sodann als unzulässig verworfen (vgl. Blatt 32 ff.d.GA).
10Am 11.03.2014 war ein neuer Betriebsrat für die Hauptverwaltung auf der Grundlage des Tarifvertrages vom 26.11.2013 gewählt worden, dessen Wahl nicht angefochten wurde.
11Am 22.07.2014 erteilte der Beteiligte zu 1) der Arbeitgeberin Rechnung über die erbrachten anwaltlichen Leistungen für den Betriebsrat im Hinblick auf die Nichtzulassungsbeschwerde. Den Ausgleich der Rechnung hat die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 22.08.2014 abgelehnt.
12Mit Beschluss vom 15.09.2014 hat der Betriebsrat seinen Kostenfreistellungsanspruch gegen die Arbeitgeberin an den Beteiligten zu 1) abgetreten (vgl. Bl. 49 d.A.).
13Der Beteiligte zu 1) trägt vor, der vorhergehende Betriebsrat habe in seiner 27. Sitzung am 20.02.2014 nach vorheriger Beratung mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder den Beschluss zur Einleitung der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht und die Durchführung des streitigen Verfahrens mit den gestellten Anträgen gefasst. Gleichzeitig sei dem Beteiligten zu 1) Verfahrensvollmacht erteilt worden, der Betriebsrat sei beschlussfähig gewesen, die Mitglieder seien vorher rechtzeitig und ordnungsgemäß geladen worden. Der neu gewählte und amtierende Betriebsrat habe sodann in seiner zweiten Sitzung am 03.04.2014 den Beschluss gefasst, die Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu begründen und nicht zurückzunehmen. Der Betriebsrat sei beschlussfähig gewesen, die Mitglieder seien vorher rechtzeitig und ordnungsgemäß geladen worden, der Beschluss sei nach vorheriger Beratung mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder gefasst worden. Ziel der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde sei es gewesen, die Rechtskraft der zweitinstanzlichen Entscheidung zu verhindern.
14Der Beteiligte zu 1) beantragt,
151.die Arbeitgeberin zu verurteilen, an den Beteiligten zu 1) die Anwaltsvergütung in Höhe von 1.666,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.08.2014 zu bezahlen,
162.die Arbeitgeberin zu verurteilen, an den Beteiligten zu 1) vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 380,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.01.2015 zu bezahlen,
173.festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, den Beteiligten zu 1) von seinen außergerichtlichen Kosten für das streitige Verfahren freizustellen.
18Die Arbeitgeberin trägt vor, eine wirksame Einladung zu der 27. Betriebsratssitzung sei ebenso wenig erfolgt wie zur 14. Sitzung.
19Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, die Beauftragung des Beteiligten zu 1) für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens sei nicht erforderlich gewesen.
20Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Beteiligten zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Ablichtungen ergänzend Bezug genommen.
21II.
22Die zulässigen Anträge sind unbegründet.
23Der Beteiligte zu 1) hat gegen die Arbeitgeberin keinen Anspruch auf Begleichung der streitgegenständlichen Rechtsanwaltsvergütungsrechnung aus §§ 40 Abs. 1 BetrVG, 398 BGB.
24Nach § 40 Abs. 1 BetrVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen. Hierzu gehören auch Kosten, die im Zusammenhang mit der gerichtlichen Geltendmachung von Rechten des Betriebsrats anfallen. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Freistellung des Betriebsrats von Kosten, die diesem durch die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts entstanden sind, besteht jedoch grundsätzlich nur dann, wenn der Betriebsrat bei pflichtgemäßer Berücksichtigung der objektiven Gegebenheiten und Würdigung aller Umstände, insbesondere auch der Rechtslage, die Führung eines Prozesses und die Beauftragung eines Rechtsanwaltes für erforderlich halten konnte. Die Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat nicht alleine anhand seiner subjektiven Bedürfnisse vorzunehmen. Er ist vielmehr gehalten, die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamtes einerseits und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers andererseits gegeneinander abzuwägen. Dabei hat er auch die Kostenbelange des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers entfällt, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich aussichtslos ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Rechtslage unzweifelhaft ist und zu einem Unterliegen des Betriebsrats führen muss (vgl. BAG Beschluss vom 19.03.2003, 7 ABR 15/02, NZA 2003, 870-872).
25Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergab sich vorliegend die Erforderlichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht.
26Nach dem eigenen Vortrag des Beteiligten zu 1) verfolgte der Betriebsrat mit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ausschließlich das Ziel, den Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zu hindern. Dazu, dass der Betriebsrat von einer Erfolgsaussicht der Nichtzulassungsbeschwerde trägt der Beteiligte zu 1) nichts vor. So wurde die Nichtzulassungsbeschwerde auch überhaupt nicht begründet. Nach Auffassung der Kammer aber hat der Betriebsrat damit ausschließlich aufgrund seiner subjektiven Bedürfnisse gehandelt und die Kostenbelange der Arbeitgeberin überhaupt nicht berücksichtigt zu einem Zeitpunkt, zu dem schon lange klar war, dass am 11.03.2014 bereits ein neuer Betriebsrat gewählt werden würde. Nach Auffassung der Kammer durfte der Betriebsrat die Beauftragung eines Rechtsanwaltes zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde unter diesen Umständen nicht für erforderlich halten.
27RECHTSMITTELBELEHRUNG
28Gegen diesen Beschluss kann von der Beteiligten zu 1) Beschwerde eingelegt werden.
29Für die Beteiligte zu 2) ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.
30Die Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
31Landesarbeitsgericht Düsseldorf
32Ludwig-Erhard-Allee 3.
3340227 E.
34Fax: 0211 7770-2199
35eingegangen sein.
36Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
37Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
38Die Beschwerdeschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
391.Rechtsanwälte,
402.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
413.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
42Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
43* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
44gez. Keil
Annotations
(1) Die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber.
(2) Für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung hat der Arbeitgeber in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung zu stellen.