Amtsgericht Velbert Urteil, 28. Sept. 2016 - 21 Cs 220/14 722 Js 3336/14
Gericht
Tenor
Der Angeklagte ist der Körperverletzung schuldig.
Er wird zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 15,00 EURO verurteilt.
Die Kosten des Verfahrens und die der Nebenklägerin erwachsenen notwendigen Auslagen trägt der Angeklagte.
1
Gründe:
2I.
3Der strafrechtlich nicht vorbelastete Angeklagter ist Vater dreier Kinder im Alter von 6, 19 und 22 Jahren, die bei seiner geschiedenen Ehefrau leben. Er verdient monatlich 850,00 netto, wovon er Miete in Höhe von 550,00 bezahlt. Unterhalt für seine Kinder zahlt der Angeklagte derzeit nicht.
4II.
5Am 20.05.2014 gegen 22:35 Uhr kam es in der seinerzeit ehelichen Wohnung in der I-straße in W zu einem Streit zwischen dem Angeklagten und seiner damaligen Ehefrau, der Nebenklägerin und Zeugin T. Hintergrund war, dass die Zeugin T dem soeben mit seinem Sohn und seiner jüngeren Tochter nach Hause gekommenen Angeklagten die Tochter abnehmen wollte, weil diese weinte. Das wollte der Angeklagte verhindern. Er schubste die Zeugin T und forderte sie auf, zu verschwinden. Als die Zeugin T weiterhin versuchte, ihre jüngere Tochter zu erreichen, schubste der Angeklagte sie erneut, klatschte ihr mit seiner Hand auf den Oberarm und drückte ihren Arm so fest zusammen, dass die Zeugin Schmerzen erlitt.
6III.
71. Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf dessen glaubhafter Einlassung und dem in der Hauptverhandlung verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 00.00.0000.
82. Zur Sache hat sich der Angeklagte nicht eingelassen. Er ist aufgrund der Aussagen der Zeugen T, N2 und N3 überführt.
9Alle drei Zeugen haben übereinstimmend ausgesagt, dass der Angeklagte am Tatabend mit seiner jüngeren Tochter N4, seinerzeit 3 Jahre alt, und seinem Sohn N3 bei seinen Eltern gewesen sei. Als sie nach Hause gekommen seien, habe N4 geweint. Die Zeugin T habe ihm die Tochter abnehmen wollen. Dies habe der Angeklagte nicht gewollt und sei mit N4 direkt in das eine Etage höhere gelegene Wohnzimmer gegangen. Die Zeugin N2, die ältere Tochter des Angeklagten, und sodann die Zeugin T seien hinterher gegangen. Kurze Zeit später sei der Sohn N3 hinzugekommen.
10Die Zeugin T hat den körperlichen Übergriff des Angeklagten so beschrieben, dass der Angeklagte sie geschubst, ihr auf den Arm geklatscht und ihren Arm „gequetscht“ habe. Sie habe zwar keine blauen Flecken, aber einige Tage Schmerzen gehabt.
11Die Zeugin N2 hat bekundet, N4 habe nicht beim Vater bleiben wollen. Ihr Weinen sei so heftig gewesen, dass es in eine Art „Schluck-Heulen“ übergegangen sei. Der Angenklagte habe ihre Mutter weggeschubst und „geklatscht“, wobei die Zeugin N2 auf den Arm zeigte. Auf Nachfragen hat sie geschildert, der Angeklagte habe ihre Mutter ergriffen, indem er ihren Arm gedrückt habe.
12Der Zeuge N3 hat zunächst ausgesagt, sein Vater habe seine Mutter geschubst. Auf weitere Nachfrage hat er beschrieben, dass der Angeklagte seiner Mutter fest zupackend in die Arme gegriffen haben.
13Die Aussagen der Zeugen sind glaubhaft. Sie konnten sich an das von ihnen Bekundete noch sicher erinnern und es besteht kein Zweifel daran, dass sie das von ihnen Geschilderte zutreffend wahrgenommen und wahrheitsgemäß wiedergegeben haben. Alle drei Aussagen waren in sich stimmig und sowohl jede für sich als auch im Verhältnis zueinander widerspruchsfrei. Den genauen Geschehensablauf - Ankunft des Angeklagten mit zweien der drei Kinder an der Wohnung, Austausch im Erdgeschoss, Verlagerung des Streits in das höher gelegene Wohnzimmer, Reihenfolge des Erscheinens der beteiligten Personen im Wohnzimmer - haben alle drei Zeugen - auch im Detail übereinstimmend – geschildert. Alle drei Zeugen haben auf Mehrbelastungen des Angeklagten verzichtet und sich persönlicher Angriffe gegen ihn enthalten. Den körperlichen Übergriff auf die Zeugin T haben sie nüchtern und ohne Übertreibungen geschildert.
14Dafür, dass die Angaben der Zeugen wahr sind, spricht auch ihr konstantes Aussageverhalten. Die Zeugen sind schon zuvor, nämlich bereits am Tatabend, von der Polizei vernommen worden. Die glaubhaften Bekundungen der damaligen Verhörsperson, des Polizeibeamten U, haben ergeben, dass die Zeugin T bereits am Tatabend ausgesagt hat, dass der Angeklagte sie weggeschubst und ihr den Arm gequetscht habe und dass die Zeugin N2 diese Angaben bestätigt hat.
15Dass der Zeuge N3 die genaue Körperverletzungshandlung zum Nachteil seiner Mutter erst auf konkrete Nachfrage des Gerichts beschrieben hat, spricht ebenso wenig gegen die Glaubhaftigkeit seiner Aussage wie seine Angaben gegenüber dem Zeugen U. Zwar hat der Zeuge U bekundet, der Zeuge N3 habe am Tatabend ausgesagt, sein Vater habe im Laufe des Streites seine Mutter und seine Schwester einmal geschubst, mehr sei nicht passiert. Hierdurch wird seine Aussage in der Hauptverhandlung aber nicht entwertet. Denn der Zeuge U konnte sich noch sehr gut daran erinnern, dass der Zeuge N3 insgesamt einen eingeschüchterten Eindruck gemacht und so gut wie gar nicht mit den Polizeibeamten gesprochen habe. Dies entspricht dem Aussageverhalten des Zeugen N3 in der Hauptverhandlung, sodass aus seiner zurückhaltenden Art Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Aussage bzw. Glaubwürdigkeit des Zeugen insgesamt nicht abgeleitet werden können.
16Bei der Glaubwürdigkeitsbeurteilung der Zeugen hat das Gericht nicht übersehen, dass das Verhältnis zwischen dem Angeklagten einerseits und seiner geschiedenen Ehefrau sowie den Kindern andererseits schlecht ist, dass familienrechtliche Auseinandersetzungen um das Sorgerecht für die jüngere Tochter schweben und die Zeugin T ihre Wohnanschrift vor dem Angeklagten geheim hält. Nichtsdestotrotz waren die Aussagen frei von Belastungseifer; insbesondere die Aussage der Zeugin T war geprägt davon, sich lediglich von einer Last befreien zu wollen. Hinsichtlich des Zeugen N3 ist in der Hauptverhandlung sogar zutage getreten, dass es wieder zu einer langsamen Kontaktanbahnung zwischen Vater und Sohn gekommen ist.
17IV.
18Durch das feste Drücken des Oberarms der Zeugin T und die damit verbundenen Schmerzen hat sich der Angeklagte der Körperverletzung schuldig gemacht, § 223 Abs. 1 StGB. Den erforderlichen Strafantrag hat die Zeugin T ausweislich des verlesenen Strafantrages vom 00.00.0000 gestellt.
19V.
20Die Strafe ist dem Regelstrafrahmen des § 223 Abs. 1 StGB entnommen, der Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsieht.
21Zugunsten des Angeklagten hat das Gericht berücksichtigt, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist und dass die Körperverletzungshandlung sowohl hinsichtlich der Ausführung als auch hinsichtlich der Folgen von leichter Intensität war. Das Gericht hat ferner zugunsten des Angeklagten gewertet, dass es sich um eine Überforderungssituation gehandelt hat, in welcher er und die Zeugin T um die Gunst der jüngeren Tochter gerungen haben. Zulasten des Angeklagten ist gewertet worden, dass er vor den Augen seiner Kinder ein nicht hinzunehmendes, respektloses Verhalten gegenüber der Kindesmutter an den Tag gelegt und die Kinder in Angst und Schrecken versetzt hat.
22Tat- und schuldangemessen ist unter Berücksichtigung der oben genannten Umstände eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen. Die Tagessatzhöhe entspricht den finanziellen Verhältnissen des Angeklagten.
23VI.
24Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 465 StPO. Ferner waren dem Angeklagten gemäß § 472 Abs. 1 die der Nebenklägerin erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen.
Annotations
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.