Amtsgericht Soest Beschluss, 03. Okt. 2014 - 9 M 1129/14
Gericht
Tenor
Der zuständige Obergerichtsvollzieher wird angewiesen, der Gläubigerin das Ergebnis der beim C eingeholten Auskunft über den Schuldner auf die Anfrage des Obergerichtsvollziehers vom 04.11.2013 bezüglich derjenigen Konten zu übermitteln, an denen der Schuldner verfügungsberechtigt ist.
Es wird davon abgesehen, für dieses Verfahren Kosten zu erheben.
1
2
Gründe
4I.
5Die Gläubigerin beauftragte mit Gerichtsvollzieherauftrag vom 15.10.2013 den Gerichtsvollzieher, dem Schuldner aufgrund des Vollstreckungsbescheides des Amtsgerichts I, Aktenzeichen: xx – xxxx xxx-x-x die Vermögensauskunft abzunehmen und gemäß § 802 l ZPO das C zu ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93 b Absatz 1 AO bezeichneten Daten abzurufen. Der Gerichtsvollzieher stellte fest, dass der Schuldner bereits am 26.09.2013 die Vermögensauskunft abgegeben hatte und übermittelte der Gläubigerin eine Abschrift der Vermögensauskunft. Mit Verfügung vom 04.11.2013 ordnete der Gerichtsvollzieher die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis an, weil nach seinen Feststellungen der Schuldner nach dem Inhalt seines Vermögensverzeichnisses nicht in der Lage sei, den Gläubiger zu befriedigen. Auf das Kontenabrufersuchen nach den §§ 93, 93 b AO des OGV vom 04.11.2013 erteilte das C am 09.12.2013 Auskunft. Der Obergerichtsvollzieher weigert sich, der Gläubigerin nach Maßgabe des Ergebnisses der Auskunft diejenigen Kontendaten mitzuteilen, bezüglich derer der Schuldner lediglich verfügungsberechtigt ist.
6Die Gläubigerin hat mit Schreiben vom 01.09.2014 Erinnerung eingelegt. Wegen des Inhalts des Erinnerungsschreibens wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 01.09.2014 verwiesen.
7Die Gläubigerin beantragt nach teilweiser Erledigung des Verfahrens, - den Gerichtsvollzieher anzuweisen -, mitzuteilen, bei welchen weiteren Bankkonten der Schuldner verfügungsberechtigt ist.
8Der Obergerichtsvollzieher wurde angehört. Er verweist darauf, dass sich die Zwangsvollstreckung gemäß § 750 ZPO ausschließlich gegen den Schuldner richte. Die Weitergabe des Namens des Kontoinhabers sei aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gerechtfertigt. Aus dem Umstand, dass der Schuldner über ein Konto eines Dritten verfügungsberechtigt sei, könne nicht gefolgert werden, dass der Schuldner dieses Konto für den eigenen Geldverkehr nutze. In der Praxis sei es so, dass die meisten Kontoinhaber einer weiteren Person ihres Vertrauens Kontovollmacht erteilten, damit die dritte Person beispielsweise im Falle der Krankheit weiterhin Geldgeschäfte für den Kontoinhaber tätigen könne. Auch bei Minderjährigen beispielsweise müssten die Eltern über das Konto verfügungsbefugt sein. Desweiteren seien Auskünfte, ob der Schuldner Konten Dritter für den eigenen Geldverkehr nutze, allein der Vermögensauskunft vorbehalten. Im übrigen sei es fraglich, ob ein Anspruch des Schuldners gegen den Kontoinhaber bestehe. Eine Vollstreckung sei ohnehin nicht möglich, da die Adresse des Kontoinhabers vom C nicht mitgeteilt und deshalb eine Zustellung an den Kontoinhaber nicht möglich sei.
9Wegen der weitergehenden Ausführungen wird auf die Stellungnahme des Obergerichtsvollziehers vom 27.09.2014 verwiesen.
10II.
11Die Erinnerung ist gemäß § 766 Absatz 1 ZPO begründet. Die Gläubigerin kann vom Gerichtsvollzieher verlangen, dass ihr nach Maßgabe der vom C erteilten Auskunft Mitteilung gemacht wird über diejenigen Konten, an denen der Schuldner verfügungsberechtigt ist. Anspruchsgrundlage ist § 802 l ZPO. Gemäß § 802 l Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO darf der Gerichtsvollzieher das C ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93 b Absatz 1 AO bezeichneten Daten abzurufen, sofern bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft des Schuldners aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten ist. So liegt es hier:
12Der Schuldner hatte bereits am 26.09.2013 die Vermögensauskunft abgegeben. Der Obergerichtsvollzieher hat den Schuldner gerade deshalb in das zentrale Schuldnerverzeichnis eintragen lassen, weil nach seinen Feststellungen nach dem Inhalt der Vermögensauskunft eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nicht zu erwarten sei.
13Der Obergerichtsvollzieher ist auch verpflichtet, der Gläubigerin Mitteilung zu machen, soweit sich aus der Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern nur eine Verfügungsberechtigung des Schuldners über ein Drittkonto ergibt.
14Denn zum einen ist die Mitteilung derartiger Verfügungsberechtigungen des Schuldners vom Gesetzeswortlaut gedeckt. Dies folgt aus § 24 c Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 des KreditwesenG. Die Mitteilung der nach dieser Vorschrift gespeicherten Daten ist durch § 802 l ZPO ebensowenig beschränkt wie durch die §§ 93, 93 b AO.
15Ferner ergibt sich auch aus dem Zweck der Vorschrift, dass die Verfügungsberechtigungen des Schuldners mitzuteilen sind. Insoweit ist dem Obergerichtsvollzieher zuzugeben, dass nicht jedes Drittkonto vom Schuldner für eigene Zwecke genutzt wird und das es oftmals ein praktisches Bedürfnis dafür gibt, Verfügungsberechtigungen gerade auch für die Konten naher Angehöriger einzurichten. Es entspricht aber umgekehrt ebenso der Lebenserfahrung, dass Schuldner Drittkonten, gerade auch von nahen Angehörigen, dazu zu nutzen, um Geldverkehr abzuwickeln. Die Vorschrift des § 802 l ZPO bezweckt aber gerade den umfassenden Schutz des Gläubigers. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Schuldner Konten naher Angehöriger zum Zwecke des eigenen Geldverkehrs nutzt, kann auch nicht festgestellt werden, dass gemäß § 802 l Absatz 2 ZPO solche Daten für die Zwecke der Vollstreckung nicht erforderlich und deshalb vom Gerichtsvollzieher zu löschen oder zu sperren sind. Denn diese Vorschrift ist als Ausnahmevorschrift konzipiert, die eine Löschung oder Sperrung von Daten nur dann gebietet, wenn klar ist, dass Daten für die Zwecke der Vollstreckung definitiv nicht erforderlich sind. Dies kann aber bei den Verfügungsberechtigungen des Schuldners über Drittkonten pauschal gerade nicht behauptet werden.
16Darüberhinaus ist zu berücksichtigen, dass die Vorschrift des § 802 l ZPO im vorliegenden Fall der Gläubigerin gerade die Möglichkeit geben soll, die Angaben des Schuldners im Vermögensverzeichnis vom 26.09.2013 zu überprüfen. Auch im Vermögensverzeichnis ist der Schuldner nach Ziffer 14 verpflichtet, sämtliche Konten eines Dritten mit Namen und Anschrift des Kontoinhabers anzugeben, die er selbst nutzt. Der Gläubigerin ist eine effektive Zwangsvollstreckung mithin nur dann möglich, wenn sie die Angaben des Schuldners mit seiner Vermögensauskunft abgleichen kann. Ansonsten wären die Angaben des Schuldners in keiner Weise überprüfbar.
17Zutreffend ist, dass der Schuldner auf die Konten des Dritten durch Pfändung nicht unmittelbar Zugriff nehmen kann, sondern zunächst ermitteln muß, ob überhaupt ein Auszahlungsanspruch des Schuldners gegen den Kontoinhaber besteht und in welcher Höhe. Darüberhinaus muß der Gläubiger die Anschrift des Kontoinhabers ermitteln. Dies ist aber allein Sache des Gläubigers. Ob derartige Bemühungen erfolgversprechend sind, hat der Gläubiger allein zu entscheiden. Die streitgegenständlichen Informationen dienen dem Gläubiger daher als Basis der Zwangsvollstreckung.
18Der Schuldner wurde am Erinnerungsverfahren nicht beteiligt, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass der Vollstreckungserfolg gefährdet wird.
19Aus diesem Grunde konnten dem Schuldner auch keine Kosten auferlegt werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 GKG.
20Rechtsmittel-/Rechtsbehelfsbelehrung:
21Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben, die binnen zwei Wochen ab Zustellung des Beschlusses schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des AG Soest, Nöttenstraße 28, 59494 Soest, eingelegt werden kann.
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Annotations
(1) Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Eine Zustellung durch den Gläubiger genügt; in diesem Fall braucht die Ausfertigung des Urteils Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht zu enthalten.
(2) Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urteils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 726 Abs. 1 erteilt worden ist, oder soll ein Urteil, das nach den §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, dem § 745 Abs. 2 und dem § 749 für oder gegen eine der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden, so muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden.
(3) Eine Zwangsvollstreckung nach § 720a darf nur beginnen, wenn das Urteil und die Vollstreckungsklausel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt sind.
(1) Über Anträge, Einwendungen und Erinnerungen, welche die Art und Weise der Zwangsvollstreckung oder das vom Gerichtsvollzieher bei ihr zu beobachtende Verfahren betreffen, entscheidet das Vollstreckungsgericht. Es ist befugt, die im § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen.
(2) Dem Vollstreckungsgericht steht auch die Entscheidung zu, wenn ein Gerichtsvollzieher sich weigert, einen Vollstreckungsauftrag zu übernehmen oder eine Vollstreckungshandlung dem Auftrag gemäß auszuführen, oder wenn wegen der von dem Gerichtsvollzieher in Ansatz gebrachten Kosten Erinnerungen erhoben werden.
(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.