AGSU1 108 C 6/14
Tenor
Auf die Erinnerung des Klägers vom xx.xx.xxxx wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom yy.yy.yyyy aufgehoben und zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung der aufgeführten Begründung an die Rechtspflegerin zurückverwiesen.
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Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist zulässig und auch begründet. Die Aufrechnung der Beklagten gegenüber der zu zahlenden Summe aus dem rechtskräftigen Urteil mit dem Kostenerstattungsanspruch ist bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen. Zwar sind im Kostenfestsetzungsverfahren materiell-rechtliche Einwendungen grundsätzlich nicht zu prüfen.
2Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht jedoch dann, wenn die tatsächlichen Umstände zwischen den Parteien unstreitig sind oder vom Rechtspfleger im Festsetzungsverfahren ohne Schwierigkeiten aus der Akte ermittelt werden können. In einem solchen Fall bedarf es keiner weiteren Tatsachenaufklärung, so dass die unstreitigen Tatsachen im Kostenfestsetzungsverfahren Berücksichtigung finden können. Denn der Kostenerstattungsschuldner soll aus prozessökonomischen Gründen nicht auf die aufwändige Vollstreckungsabwehrklage verweisen werden (BGH, Beschl. 14.5.2014, XII ZB 539/11).
3Eine solche Einwendung liegt in der von dem Klägervertreter eingewandten Aufrechnung. Die Aufrechnungserklärung und deren Wirksamkeit sind zwischen den Parteien unstreitig. Es bedarf somit keiner materiell-rechtlichen Prüfung mehr. Diese wäre dem Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren verwehrt.
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BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
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- Die Parteien streiten um die Berücksichtigung einer Aufrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren.
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- Die Klägerinnen haben gegen den Beklagten zu 1 (im Folgenden: Beklagter ) gemäß rechtskräftigem Urteil des Landgerichts nach teilweisem Obsiegen einen Zahlungsanspruch in Höhe von 4.188,80 €. Der Beklagte hat aus diesem Prozess einen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 90 % seiner außergerichtlichen Kosten, die das Landgericht mit Kostenfestsetzungsbe- schluss I vom 18. April 2011 in Höhe von 3.258,15 € gegen die Klägerinnen festgesetzt hat. Dieser Kostenfestsetzungsbeschluss wurde den Klägerinnen am 27. April 2011 zugestellt. Mit weiterem Beschluss vom 19. April 2011 hat das Landgericht die von dem Beklagten an die Klägerinnen zu erstattenden Kosten unter Ausgleichung der Gerichtskosten auf 206,07 € festgesetzt. Die Klägerinnen haben außergerichtlich am 10. Mai 2011 "vorsorglich" für den Fall der Nichtzahlung der Hauptforderung durch den Beklagten die Aufrechnung gegenüber den Kostenerstattungsansprüchen des Beklagten aus beiden Instanzen mit ihrem Zahlungsanspruch erklärt und sodann sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss eingelegt. Der Beklagte wendet ein, die Aufrechnung sei im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen. Überdies habe er den Kostenerstattungsanspruch bereits mit der Vollmachtserteilung am 24. Mai 2010 an seinen Prozessbevollmächtigten abgetreten und die Vollmacht mit der Abtretung am 28. September 2010 an die Klägerinnen übersandt.
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- Das Oberlandesgericht hat den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts aufgehoben und die Kosten des Beschwerdeverfahrens den Klägerinnen zu je ½ auferlegt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte die Aufhebung des Beschlusses und Zurückweisung der sofortigen Beschwerde.
II.
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- Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
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- 1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , der Kostenerstattungsanspruch des Beklagten sei einschließlich der Zinsen durch Aufrechnung erloschen. Die Abtretung der Kostenerstattungsan- sprüche in der Vollmachtserteilung an den Prozessbevollmächtigten sei nach § 305 c Abs. 1 BGB unwirksam, da es sich um eine überraschende Klausel in einem Formularvertrag handele. Nach § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO könne die Beschwerde auf neue Angriffsmittel gestützt werden, so dass unschädlich sei, dass die Aufrechnung erst nach Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses erklärt worden sei. Zwar beschränke sich das Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich auf die Berücksichtigung kostenrechtlicher Aspekte. Ausnahmsweise finde aber eine Aufrechnung aus prozessökonomischen Gründen Berücksichtigung , wenn die zur Aufrechnung gestellte Forderung außer Streit stehe oder rechtskräftig festgestellt sei. Hier sei die Forderung rechtskräftig festgestellt , da die Berufung des Beklagten gegen das die Kostengrundentscheidung enthaltende landgerichtliche Urteil zurückgewiesen worden sei. Die zur Aufrechnung gestellte Forderung könne sich auch aus dem Titel ergeben, der gleichzeitig die für die Festsetzung maßgebliche Kostengrundentscheidung darstelle, und zwar auch in Fällen, in denen die Kostenentscheidung wie hier eine Kostenquote vorsehe. Soweit vertreten werde, eine Aufrechnungslage liege mangels Bestimmbarkeit des Erstattungsanspruchs erst mit Erlass des Festsetzungsbeschlusses vor, könne dem nicht gefolgt werden. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch entstehe aufschiebend bedingt bereits zu Beginn des Prozessrechtsverhältnisses und werde mit rechtskräftiger Entscheidung unbedingt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sei er der Aufrechnung zugänglich. § 106 ZPO sehe nur die Verrechnung vor, berühre aber die Existenz zweier Kostenerstattungsansprüche nicht. Nach § 106 Abs. 2 ZPO sei zum einen auch eine einseitige Festsetzung möglich und vorliegend sogar durchgeführt worden, zum anderen gingen der Verrechnung zwei Festsetzungsentscheidungen voraus , die jeweils selbstständig mit der Beschwerde anfechtbar seien. Hinreichende Bestimmtheit der Forderung liege vor, sobald die Parteien ihre Kostenfestsetzungsanträge eingereicht hätten und der Rechtspfleger in der Lage sei, das Verrechnungsergebnis festzustellen.
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- 2. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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- a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Beschwerdegericht angenommen , dass materiell-rechtliche Einwendungen, wie die Aufrechnung der Klägerinnen , außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend zu machen sind. Denn dieses Verfahren, das mit dem Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses endet, ist eine Umsetzung der zwischen den Parteien ergangenen Kostengrundentscheidung ; es hat allein die Frage zum Gegenstand, welcher Betrag nach der Kostengrundentscheidung zu erstatten ist. Deshalb ist das Kostenfestsetzungsverfahren auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten und aus diesem Grund auf den Rechtspfleger übertragen. Die Klärung von zwischen den Parteien streitigen Tatsachen und von komplizierteren Rechtsfragen ist in diesem Verfahren nicht vorgesehen und mangels der dafür notwendigen verfahrensrechtlichen Instrumente auch nicht sinnvoll möglich (Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 79/06 - NJW-RR 2010, 718 Rn. 9; BGH Beschlüsse vom 23. März 2006 - V ZB 189/05 - FamRZ 2006, 854 f. und vom 22. November 2006 - IV ZB 18/06 - NJW-RR 2007, 422 Rn. 8). Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch sind daher grundsätzlich nicht zu berücksichtigen; vielmehr sind diese vorrangig mit der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen (BGH Beschluss vom 22. November 2006 - IV ZB 18/06 - NJW-RR 2007, 422 Rn. 8).
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- b) Allerdings kann es aus verfahrensökonomischen Gründen angezeigt sein, den Kostenerstattungsschuldner nicht auf die - einen ungleich höheren Aufwand erfordernde - Vollstreckungsgegenklage zu verweisen, wenn es um materiell-rechtliche Einwendungen geht, die keine Tatsachenaufklärung erfordern und sich mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln ohne Weiteres klären lassen. Das kann etwa der Fall sein, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen feststehen, weil sie unstreitig sind oder vom Rechtspfleger im Festsetzungsverfahren ohne Schwierigkeiten aus den Akten ermittelt werden können. Solche Einwendungen können deshalb ausnahmsweise auch im Kostenfestsetzungsverfahren erhoben und beschieden werden (Senatsbeschluss vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 79/06 - NJW-RR 2010, 718 Rn. 10; BGH Beschluss vom 23. März 2006 - V ZB 189/05 - FamRZ 2006, 854 f. und vom 22. November 2006 - IV ZB 18/06 - NJW-RR 2007, 422 Rn. 9).
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- c) Ein solcher Ausnahmefall ist hier jedoch entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts nicht gegeben. Die Klägerinnen haben zwar einen rechtskräftig festgestellten Anspruch gegen den Beklagten. Ob sie jedoch mit diesem Anspruch gegen den Kostenerstattungsanspruch des Beklagten aufrechnen können , bedarf materiell-rechtlicher Prüfung und weiterer Tatsachenaufklärung, da der Beklagte einwendet, alle Kostenerstattungsansprüche an seinen Prozessbevollmächtigten abgetreten und die Klägerinnen davon in Kenntnis gesetzt zu haben. Die hieran anschließende Prüfung des Beschwerdegerichts, ob die Abtretung in der Prozessvollmacht im Hinblick auf § 305 c BGB wirksam war, zeigt, dass eine materiell-rechtliche Prüfung erforderlich war; eine solche ist dem Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren aber verwehrt. Auch eine Prüfung der Frage, ob der Prozessbevollmächtigte des Beklagten die Aufrechnung der Klägerinnen nach §§ 406 oder 407 BGB gegen sich gelten lassen müsste, betrifft materielles Recht und erfordert weitere Tatsachenaufklärung, da der Rechtspfleger zu prüfen hätte, ob der Schuldner von der Abtretung der Forderung wusste. Diese Fragen lassen sich mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln nicht ohne Weiteres klären. Die Klägerinnen sind daher mit ihrer Aufrechnung auf die Vollstreckungsgegenklage zu verweisen.
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 18.04.2011 - 2-04 O 211/09 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 03.08.2011 - 18 W 130/11 -