Amtsgericht Schleswig Urteil, 25. Apr. 2008 - 2 C 137/07

ECLI:ECLI:DE:AGSCHLE:2008:0425.2C137.07.0A
bei uns veröffentlicht am25.04.2008

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin hatte bei der Beklagten ihren PKW BMW 320 i mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX XXX vollkaskoversichert. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, einen ihr am 26.03.2007 in S. entstandenen Schaden an dem PKW zu erstatten.

2

Die Klägerin hielt sich an diesem Tage in Begleitung des Zeugen B. Ja. und des Zeugen Bi. von etwa 20.00 Uhr bis kurz vor 22.00 Uhr auf der Bowlingbahn in S. im Wikingcenter auf. Kurz vor 22.00 Uhr verließen die drei Personen die Bowlingbahn und wollten zu der Wohnung des Zeugen Ja. in der M.straße fahren. Mit Einverständnis der Klägerin führte der Zeuge Ja. das Fahrzeug. Auf dem Beifahrersitz saß der Zeuge Bi.. Die Klägerin saß auf der Rückbank. Der Zeuge Ja. überholte kurz vor der Lichtzeichenanlage im Kreuzungsbereich F.straße/S.straße den PKW der Zeugin Al.. Beim Einscheren vor dem PKW der Zeugin verlor er die Kontrolle über den von ihm geführten PKW, welcher schließlich gegen das Haus F.straße 27 des Zeugen Je. prallte. An dem Haus entstand ein Schaden von ca. 9.500,00 €. An dem Fahrzeug der Klägerin entstand ein Totalschaden. Hinsichtlich der Örtlichkeiten wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die Lichtbildzusammenstellung Bl. 12 - 20 der Ermittlungsakte 113 Js 11153/07 (Sta Flensburg) Bezug genommen.

3

Nach dem Unfall verließen der Zeuge Ja. und die Klägerin die Unfallstelle. Lediglich der Zeuge Bi. blieb an der Unfallstelle zurück. Durch Bescheid vom 22.01.2007, welcher am 01.03.2007 unanfechtbar geworden war, war dem Zeugen Ja. die Fahrerlaubnis entzogen worden. An diesem Abend hat er Alkohol zu sich genommen. Die ihm am 27.03.2007 um 01.15 Uhr und um 01.55 Uhr entnommenen Blutproben enthielten 1,11 bzw. 1,03 Promille Blutalkohol. Daneben waren im Blut des Zeugen 4,81mg/ml Kokain nachweisbar.

4

Die Nachsuche der Polizei verlief zunächst ergebnislos. Der Zeuge Ja. wurde schließlich am 27.03.2007 gegen 0.20 Uhr im S.-Klinikum angetroffen. Der Zeuge Ja. gab bei der Entnahme der ersten Blutprobe zunächst an, dass er den Wagen gefahren sei, erklärte aber im Folgenden, dass die Klägerin den Wagen gefahren sei. Die Klägerin meldete sich am nächsten Morgen gegen 09.30 Uhr bei der hiesigen Polizeidienststelle.

5

Ein gegen die Klägerin eingeleitetes Ermittlungsverfahren ist eingestellt worden. Der Zeuge Ja. ist durch Urteil des Amtsgerichtes Schleswig vom 24.08.2007 wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie des unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 8,00 € verurteilt worden. Wegen des weiteren Inhalts des Urteils wird auf die Ausführungen im Urteil (Bl. 91 - 96 der Ermittlungsakte) Bezug genommen. Am 08.04. meldete die Klägerin den Schadensfall bei der Beklagten und forderte eine Regulierung. Mit Schreiben vom 07.09.2007 lehnte die Beklagte ihre Leistungspflicht endgültig ab.

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Die Klägerin trägt vor:

7

Sie habe in der Bowlingbahn lediglich beobachten können, dass der Zeuge Ja. einen halben Liter Bier bestellt und ausgetrunken habe. Zuvor habe sie bei ihm keinen Alkoholgenuss gesehen oder bemerkt. Sie habe keine Bedenken gehabt, den Zeugen Ja. fahren zu lassen, weil dieser ihrer Kenntnis nach nur ein Bier getrunken hatte und nach wie vor einen nüchternen Eindruck gemacht habe. Sie habe dann bemerkt, dass der Zeuge Ja. innerorts recht schnell gefahren sei und habe ihn gebeten, nicht so schnell zu fahren. Plötzlich habe das Fahrzeug kurz vor der H.-kreuzung einen Schlag bekommen, sei ausgebrochen, ins Schleudern geraten und gegen ein in Fahrtrichtung links gelegenes Haus, geprallt. Sie habe unter Schock gestanden und habe sich, ebenso wie der Zeuge Ja., vom Unfallort entfernt, ohne Herr ihrer Sinne zu sein. Sie sei durch die Nacht geirrt und sei erst in den frühen Morgenstunden zu einem Bekannten gelangt, der sie anschließend zu einer Freundin verbracht habe. Mit ihr habe sie sich dann zur Polizei begeben und anschließend erst einmal zum Krankenhaus zur Behandlung. Sie habe keine Kenntnis davon gehabt, dass der Zeuge Ja. nicht mehr im Besitz einer Fahrerlaubnis gewesen sei. Sie ist daher der Ansicht, die Beklagte sei zur Versicherungsleistung verpflichtet und beantragt,

8

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr aus der mit der Beklagten abgeschlossenen Kraftfahrzeugvollversicherung den ihr anlässlich des Schadensfalls vom 26.03.2007 in S. entstandenen Schaden an ihrem PKW BMW 320 i Cabrio, amtliches Kennzeichen XX-XX XXX, Erstzulassung 20.05.1996, nebst 5 % Zinsen seit dem 21.04.2007 zu erstatten.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie trägt vor:

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Die Klägerin habe eine nachvollziehbare Erklärung, warum sie am 26.03.2007 nach dem Unfall um 22.00 Uhr nicht vor Ort geblieben sei, nicht abgegeben, zumal auffalle, dass sie ganz offensichtlich - erst nachdem sie bei der Polizei am nächsten Tag um 09.30 Uhr gewesen sei, - ins Krankenhaus habe gehen wollen, mithin etwaige von ihr behauptete Verletzungen jedenfalls nicht so schwer gewesen sein könnten, dass sie es für notwendig gehalten habe, sofort nach dem Unfall das Krankenhaus aufzusuchen. Die Klägerin habe sich auch zielgerichtet entfernt. Aus dem Protokoll im Antrag zur Feststellung der Blutalkoholkonzentration im Blut bezogen auf die Blutprobenentnahme des Zeugen Ja. sei festgehalten worden, dass dieser angegeben habe, am 26.03.2007 um 14.00 Uhr mit dem Biertrinken begonnen zu haben und am 26.03.2007, 21.30 Uhr, mit dem Biertrinken aufgehört zu haben. Dies bedeute, da die Klägerin mit dem Zeugen Ja. im Bowlingcenter zusammen gewesen sei, dass sie notwendigerweise den Alkoholkonsum des Zeugen Ja. zum einen selbst beobachtet habe, zum anderen aufgrund der hohen Alkoholbeeinflussung - wie dargestellt - die Trunkenheit des Zeugen Ja. bemerkt haben müsse.

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Die Klägerin habe daher gegen drei Kardinalregeln verstoßen, nämlich:

14

1) sich den Führerschein nicht zeigen zu lassen,

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2) die Fahrt eines Betrunkenen ermöglicht zu haben,

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3) Sich vom Unfallort entfernt zu haben.

17

Angesichts des dargestellten Promillegehaltes sei die Darstellung der Klägerin nicht nachvollziehbar, der Zeuge Ja. habe in der Zeit von 20.00 Uhr bis kurz vor 22.00 Uhr nur einen halben Liter Bier bestellt und ausgetrunken. Wenn dem so gewesen wäre, so hätte theoretisch der Zeuge Ja. um 22.00 Uhr einen Promillegehalt von dann schon deutlich 1,5 - 1,6 Promille haben müssen, um auf die dann festgestellten Werte zu kommen. Gerade, weil, wie im Übrigen unstreitig ist, die Klägerin den Zeugen Ja. gut gekannt habe, müsse sie erkannt haben, dass dieser eben keinen nüchternen Eindruck gemacht habe, sondern - was angesichts eines derartigen Promillegehaltes feststehe - angetrunken bis betrunken gewesen sei.

18

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

19

Das Gericht hat die Klägerin persönlich angehört und den Inhalt der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte 113 Js 11153/07 StA Flensburg mit den Parteien erörtert. Im Übrigen hat das Gericht Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Ja., Br., Pa., Al., Pf., Me., Ah. und Bi.. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 25.01.2008 (Bl. 38 d.A.) und 14.03.2008 ( Bl. 60 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20

Die Feststellungsklage ist zulässig aber unbegründet.

21

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, im Rahmen der mit der Klägerin geschlossenen Kraftfahrzeugvollversicherung den anlässlich des Schadensfalls vom 26.03.2007 in S. entstandenen Schaden am PKW der Klägerin zu erstatten.

22

Die Beklagte ist aufgrund einer Obliegenheitsverletzung der Klägerin von einer Verpflichtung zur Leistung ihr gegenüber frei.

23

Es kann dabei dahinstehen, ob eine Obliegenheitsverletzung gemäß § 2 b AKB vorliegt. Gemäß § 2 b Abs. 1 Ziffer 1 b AKB ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Fahrer des Fahrzeugs bei Eintritt des Versicherungsfalls auf öffentlichen Wegen oder Plätzen nicht die vorgeschriebene Fahrerlaubnis hat. Gemäß § 2 b Abs. 1 a. E. AKB befreit eine entsprechende Obliegenheitsverletzung den Versicherer zwar nur dann von der Leistungspflicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheitsverletzung selbst begangen oder schuldhaft ermöglicht hat. Angesichts des Ergebnisses der Beweisaufnahme, insbesondere unter Zugrundelegung der Aussage des Zeugen Ja., der ausdrücklich erklärt hat, der zum Schadenszeitpunkt erst 3 Monate alte Entzug der Fahrerlaubnis, sei der Klägerin nicht bekannt gewesen, muss bezweifelt werden, ob der der Beklagten obliegende Schuldnachweis (Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Auflage, § 2 b AKB Randnr. 47) hier geführt ist.

24

Es spricht schon mehr dafür, eine Leistungsfreiheit gemäß § 61 VVG anzunehmen. Danach ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbei führt. Für die Annahme einer groben Fahrlässigkeit hätte es des Nachweises seitens der Beklagten bedurft, dass der Klägerin das Ausmaß der zur Fahruntüchtigkeit führenden Alkoholisierung des Zeugen Ja. bekannt oder jedenfalls grob fahrlässig unerkannt geblieben ist.

25

Die Klägerin selbst hat lediglich eingeräumt, dass sie den Zeugen ein Bier habe trinken sehen. Der Zeuge Ja. hat erkennbar versucht, die Klägerin zu entlasten, indem er zwar das Trinken von weiteren Bieren an dem Abend eingeräumt hat, aber von einem Umherwandern und einem „sich Durchschnorren“ gesprochen hat, so dass die Klägerin danach nicht notwendigerweise von den weiteren Bieren Kenntnis haben musste. Dem steht allerdings die Aussage des Zeugen Bi. entgegen, demzufolge der Zeuge Ja. die Biere durchaus in Gegenwart der Klägerin getrunken haben soll. Allerdings war der Zeuge Bi. an diesem Abend selbst alkoholisiert und hatte auch nur noch eine ungefähre Erinnerung an den Ablauf der Ereignisse in der Bowlingbahn. Jedenfalls war auch sein Eindruck derjenige, dass der Zeuge Ja. noch fahrtüchtig war, da er sich nach seinem Bekunden andernfalls nicht ins Auto gesetzt hätte. Auch muss die Alkoholisierung des Zeugen durchaus merkbar gewesen sein. Bei einer Blutalkoholpromillezahl von 1,11 ca 4 Stunden nach dem Vorfall dürfte die Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt (ohne Berücksichtigung von Nachtrunk, für den es keinerlei Anhaltspunkte gibt) ca. 1,5 bis 1,6 Promille betragen haben. Dies ist bereits eine erkennbare Alkoholisierung. Bedenken, den Zeugen Ja. fahren zu lassen, hatte auch die Klägerin jedenfalls, denn auch nach der Aussage des Zeugen Ja. zögerte sie zunächst, ihm die Schlüssel auszuhändigen. Im Ergebnis kann aber auch dies dahinstehen.

26

Denn jedenfalls ist die Beklagte leistungsfrei, weil die Klägerin nach dem Verkehrsunfall gegen ihre Aufklärungsverpflichtung verstoßen hat, indem sie die Unfallstelle verlassen hat. Gemäß § 7 I Ziffer 2 Satz 3 AKB ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann. Gemäß § 7 V Ziffer 4 AKB besteht dann, wenn gegen diese Obliegenheit in der Fahrzeugversicherung verstoßen wird, Leistungsfreiheit nach Maßgabe des §§ 6 Abs. 3 VVG. Gemäß § 6 Abs. 3 VVG tritt die Leistungsfreiheit dann nicht ein, wenn die Verletzung der Obliegenheit weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. Bei grob fahrlässiger Verletzung bleibt der Versicherer zur Leistung insoweit verpflichtet als die Verletzung Einfluss weder auf die Feststellung des Versicherungsfalls noch auf die Feststellungen im Umfang, der dem Versicherer obliegenden Leistungen gehabt hat.

27

Die Voraussetzungen für eine Leistungsfreiheit gemäß § 7 AKB liegen hier vor. Dabei kann die Beklagte die unstreitige Verkehrsunfallflucht des Zeugen Ja. zwar nicht direkt der Klägerin zurechnen. Dies käme nur in Betracht, wenn der Zeuge Ja. als Repräsentant der Klägerin anzusehen wäre. Hiervon kann man jedoch nicht mit der notwendigen Sicherheit ausgehen. Die bloße Überlassung der Obhut über die versicherte Sache allein reicht hierfür grundsätzlich nicht aus. Repräsentant kann nur sein, wer befugt ist, selbstständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutendem Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln (vergl. BGH, NJW 1996, 2935). Hiervon kann man angesichts des Umstandes, dass das Fahrzeug, auch wenn es im Interesse des Zeugen von der Klägerin angeschafft wurde, diesem jedoch nicht dauerhaft überlassen wurde, nicht ausgehen. Das Fahrzeug ist dem Zeugen immer nur zeitweise überlassen worden. Der Zeuge hat sich sogar einmal, wie er eingeräumt hat, die Schlüssel selbstständig und ohne Wissen der Klägerin entnommen

28

Die Klägerin hat aber gegen eine ihr selbst als Versicherungsnehmerin obliegende Aufklärungsverpflichtung nach dem Unfall verstoßen, in dem sie sich selbstständig von dem Unfall entfernt hat. Als Versicherungsnehmerin und Halterin des Unfallfahrzeugs war die Klägerin objektiv verpflichtet, zur Aufklärung des Unfallgeschehens an der Unfallstelle zu bleiben und durfte diese nicht, wie geschehen, unmittelbar nach dem Unfall, bei dem fremdes Eigentum in erheblichem Umfange beschädigt worden war, verlassen. Das gilt auch dann, wenn die Klägerin das Unfallfahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht selbst gefahren hat. Denn die versicherungsrechtliche Aufklärungspflicht ist unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer das Schadensereignis, für dessen Folge der Versicherer einzustehen versprochen hat, selbst verursacht hat. Sie obliegt dem Versicherungsnehmer schon dann, wenn es ihm möglich ist, selbst zur Aufklärung des Unfallgeschehens beizutragen (OLG Hamm, Versicherungsrecht 1987, 1083; Prölls/Martin, a.a.O., AKB § 7 AKB Randnr. 15). Die Obliegenheitsverletzung ist hier zwar folgenlos geblieben, da der Sachverhalt vollständig im nachhinein aufgeklärt werden konnte. Gemäß § 7 V Ziffer 4 AKB in Verbindung mit § 6 Abs. 3 VVG ist bei folgenloser Verletzung der Aufklärungs- und Schadensminderungspflicht infolge der Relevanzrechtsprechung der Versicherer nur dann leistungsfrei, wenn der Verstoß generell geeignet war, die berechtigten Interessen des Versicherers erheblich zu beeinträchtigen und wenn ein schweres Verschulden vorliegt.

29

Beide Voraussetzungen liegen hier jedoch vor. Da es nur auf die generelle Ereignung des Verstoßes, das Aufklärungsinteresse des Versicherers erheblich zu beeinträchtigen, ankommt, genügt es, dass das Bleiben am Unfallort oder die rechtzeitige Ermöglichung der erforderlichen Feststellung nach einem unerlaubten oder berechtigten Verlassen der Unfallstelle die Aufklärung des Unfalls hätte fördern können und die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung an sich geeignet war, diese Aufklärung zu beeinträchtigen. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin als Versicherungsnehmerin Mitfahrerin in dem von ihr versicherten Fahrzeug war, hätte ihr Bleiben am Unfallort die Aufklärung des Unfalls fördern können und das Verlassen der Unfallstelle war daher an sich auch geeignet, diese Aufklärung zu beeinträchtigen (vergl. OLG Karlsruhe NJW-RR 1993, 99 f; OLG Hamm NJW-RR 1993, 101; Prölls/Martin a.a.O. Randnr. 17). Das Verschulden der Klägerin ist auch schwerwiegend. Die Klägerin hat den schwerwiegenden Unfall selbst mit erlebt. Dass bei einem derartig schwerwiegenden Unfall sie als Versicherungsnehmer verpflichtet ist, den Versicherer bei der Aufklärung zu unterstützen und sich nicht vom Unfallort zu entfernen, ist eine elementare, allgemein bestehende und bekannte Verpflichtung (Prölls/Martin, a.a.O. Randnr. 53). Soweit die Klägerin vorgetragen hat, sie habe unter Schock gestanden, lässt dies ihr Verschulden nicht entfallen. Denn selbst bei verminderter Zurechnungsfähigkeit ist vorsätzliches Handeln möglich; der normale Unfallschock erreicht nur selten eine solche Stärke, dass eine die Willensfreiheit ausschließende Bewusstseinsstörung eintritt (Prölls/Martin,a.a.O. Randnr. 54 mit weiteren Nachweisen). Die Klägerin hat sich auf den Zuruf des Zeugen Ja. zielgerichtet aus dem Fahrzeug entfernt. Sie hat dann gegen 23.40 Uhr, mithin ca. 1 Stunde und 40 Minuten später, ihren früheren Lebensgefährten, den Zeugen Br. aufgesucht. Sie hatte mithin über 1 ½ Stunden Zeit, sich von dem Schock des Unfalls zu erholen. Obwohl der Zeuge Br. ihr erklärt hat, sie müsse die Polizei benachrichtigen, hat die Klägerin erklärt, sie wolle zunächst mal zu einem Bekannten oder zu einer Freundin und dann erst zur Polizei. Dieses hat die Zeugin Pa. bestätigt. Auch wenn beide Zeugen davon berichteten, dass die Klägerin noch etwas „durcheinander“ gewesen sei, gibt es nicht genügend Anhaltspunkte, davon auszugehen, sie habe nicht gewusst, was sie tat. Denn gegenüber beiden Zeugen hat sie jedenfalls davon berichtet, dass es in der F.straße einen Unfall mit ihrem Fahrzeug gegeben hat und dass sie dann weggelaufen sei. Sie hatte also auch noch eine regelrechte Erinnerung an den Unfall und war auch ansprechbar, in dem sie nämlich auf die Erklärung der Zeugen, sie müsse sich bei der Polizei melden, ausweislich der Aussage der Zeugin Pa., gesagt hat, sie müsse erst wissen, was mit den Anderen sei. Trotz des ausdrücklichen Hinweises der Zeugen Br. und Pa., die Polizei wenigstens nunmehr zu informieren, meldete sich die Klägerin erst am nächsten Morgen um 09.30 Uhr bei der Polizeidienststelle, mithin weitere 9 Stunden später. Dieses ist ein erheblicher Verstoß gegen die der Klägerin gemäß § 7 AKB obliegende Aufklärungsverpflichtung, die daher auch zu einer Leistungsfreiheit der Beklagten führt.

30

Nach alledem war die Klage mit der gemäß § 91 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge abzuweisen.

31

Die übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


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Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 6 Beratung des Versicherungsnehmers


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Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 61 Beratungs- und Dokumentationspflichten des Versicherungsvermittlers


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Referenzen

(1) Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags nach § 62 zu dokumentieren.

(2) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung oder die Dokumentation nach Absatz 1 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherungsvermittler ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf die Möglichkeit des Versicherungsnehmers auswirken kann, gegen den Versicherungsvermittler einen Schadensersatzanspruch nach § 63 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.