Amtsgericht Pinneberg Urteil, 12. März 2004 - 66 C 306/03

ECLI:ECLI:DE:AGPINNE:2004:0312.66C306.03.0A
bei uns veröffentlicht am12.03.2004

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leisten.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren von den Beklagten Betriebskostennachzahlung für die Zeiträume 2001 und 2002.

2

Die Parteien verbindet ein Mietvertrag (Anlage K 1). Für das Jahr 2001 erteilten die Kläger unter dem 04.11.2002 die Betriebskostenabrechnung. Auf den Inhalt (Anlage K 2, Bl. 10 der Akte) wird Bezug genommen.

3

Für das Jahr 2002 erteilten die Kläger ebenfalls die Betriebskostenabrechnung. Auf die Anlage K 3 (Bl. 12 der Akte) wird Bezug genommen.

4

Mit Schreiben vom 22.10.2002 (Anlage K 5) wiesen die Kläger die Beklagten darauf hin, dass „der Mieter von den Betriebskosten den Anteil nach dem Verhältnis der Wohnfläche seiner Wohnung zur Summe der Wohn- und Nutzflächen aller Wohn- und Gewerberäume der Wirtschaftseinheit“ trägt; „zur Wirtschaftseinheit gehören die G.- Straße 10 bis 30, die M.- Straße 4 bis 18 sowie die Th.-J.-Straße 1 bis 22“. Auf den weiteren Inhalt des Schreibens wird Bezug genommen.

5

Die Kläger beantragen,

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die Beklagten zu verurteilen, an sie 511,20 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz darauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

7

Die Beklagten beantragen,

8

die Klage abzuweisen.

9

Hinsichtlich des Vorbringens der Beklagten wird auf den Schriftsatz vom 18.12.2003 (Bl. 17 a ff. der Akte) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.

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Die Kläger können von den Beklagten Betriebskostennachzahlung für die Abrechnungsjahre 2001 (142,66 €) und 2002 (368,54 €) nicht verlangen.

12

Die Nachforderung ist nicht fällig, weil beide Betriebskostenabrechnungen (Anlagen K 2 und K 3) nicht ordnungsgemäß sind. In einer Betriebskostenabrechnung müssen folgende Mindestangaben enthalten sein (BGH, WuM 1982, 207; 2003, 216, 217; Langenberg, Betriebskostenrecht, 3. Aufl., 2003, G 129):

13

- Zusammenstellung der Gesamtkosten,

14

- Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Umlageschlüssel,

15

- Berechnung des Anteils des Mieters,

16

- Abzug der Vorauszahlungen des Mieters.

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In der Abrechnung selbst sind also die Gesamtkosten zusammenzustellen. Daran fehlt es nach Auffassung des Gerichts bei beiden Abrechnungen. Zusammenstellung der Gesamtkosten bedeutet zunächst, dass der Vermieter – bezogen auf die umlagefähigen Kostenarten – sämtliche insgesamt angefallenen Kosten aufführen muss (vgl. Langenberg, G 131). Vorliegend haben die Kläger im Schreiben vom 22.10.2002 (Anlage K 5) mitgeteilt, nach einer Wirtschaftseinheit, bestehend aus Grundstücken in der G.-Straße 10 bis 30, der M.-Straße 4 bis 18 sowie der Th.-J.-Straße 1 bis 22 abzurechnen. In beiden Abrechnungen tauchen jedoch die sich daraus ergebenden Gesamtkosten überhaupt nicht auf. Es erfolgte lediglich eine Umrechnung der auf das Objekt Th.-J.-Straße 6 anfallenden Kosten zu den Kosten der Wohnung der Beklagten. Damit fehlt ein vollständiger Rechenschritt: Nämlich die Umrechnung der in der gebildeten Wirtschaftseinheit angefallenen Gesamtkosten auf das Haus Th.-J.-Straße 6. Bei den in der Abrechnung als Gesamtkosten bezeichneten Beträgen handelt es sich lediglich um die anteiligen Kosten dieses Hauses, in welchem sich auch die Wohnung der Beklagten befindet.

18

Zu einem anderen Ergebnis gelangt man auch dann nicht, wenn man die hier streitbefangenen Abrechnungen, unabhängig von der klägerseits mitgeteilten Wirtschaftseinheit, als hausbezogene Abrechnungen (siehe dazu LG Itzehoe, ZMR 2004, 198; ferner LG Köln, WuM 1991, 281) bewerten will. Tatsächlich sind die in den Abrechnungen bezeichneten Gesamtkosten nicht in dem Haus Th.-J.-Straße 6 in dieser Höhe entstanden. Vielmehr handelt es sich um einen Anteil aus den Gesamtkosten, die den Klägern aus der Bewirtschaftung mehrerer Grundstücke entstanden sind. Nun ist es – zumal bei kleineren Hauseinheiten – nicht erforderlich, die Gesamtkosten originär in diesem Haus entstehen zu lassen. Dies könnte unter Umständen sogar mit dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (vgl. § 556 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. BGB) kollidieren. Man stelle sich etwa vor, der Vermieter verfügt über mehrere Häuser in einer Straße und schließt für jedes Einzelobjekt einen selbstständigen Hausmeistervertrag oder auch einen selbstständigen Gartenpflegevertrag ab. Wenn der Hausmeister oder der Gartenpflegedienst jedoch für mehrere Objekte tätig sind, dann muss genau aufgeschlüsselt werden, wie viele Stunden und welche Leistungen für jedes einzelne Haus erbracht und welche Kosten exakt hierfür angefallen sind. Dies ist vorliegend offensichtlich nicht erfolgt. Wie die Kläger selbst mitteilen, sind Gesamtkosten über insgesamt 32 Mehrfamilienhäuser mit einer Gesamtwohnfläche von 5.570,70 m² entstanden. Die Kläger haben offensichtlich sodann die Wohnfläche des Hauses Th.-J.-Straße 6 ermittelt und die anteiligen Kosten als Gesamtkosten in die Abrechnung eingestellt. Die Kläger hätten jedoch zumindest einen Rechenschritt von den bei allen Objekten entstandenen Gesamtkosten zu den „Gesamtkosten“ des Hauses Th.-J.-Straße 6 – gewissermaßen als ersten Abrechnungskreis – mitteilen müssen. Der zweite Abrechnungskreis wäre dann der in der Abrechnung auch nachvollzogene Rechenschritt, nämlich die anteiligen Kosten der Wohnung der Antragsgegner im Verhältnis zu den Kosten für das Haus Th.-J.-Straße 6. Selbst wenn man also nicht von einer Wirtschaftseinheit ausgeht, fehlt es vorliegend an einer überschaubaren Darstellung der Gesamtkosten.

19

Die Beklagten können auch nicht darauf verwiesen werden, hinsichtlich der Entstehung der in den streitbefangenen Abrechnungen bezeichneten Gesamtkosten einen Aufklärungsbedarf beim Vermieter anzumelden und Einsicht in die Belege zu nehmen. Die Belegeinsicht dient allein der Kontrolle und der Behebbarkeit von Zweifeln. Der Mieter kann auf die Einsicht bzw. die Einholung von Auskünften beim Vermieter verwiesen werden, wenn ihm die von diesem in der Betriebskostenabrechnung angesetzten Abzüge nicht ausreichen. Der Mieter kann sodann die Anteile anhand der vertraglichen Unterlagen überprüfen. Vorher muss jedoch zunächst eine nachvollziehbare Abrechnung präsentiert werden (Langenberg, G 133). Diese setzt eine nachvollziehbare Darstellung der Gesamtkosten – und zwar in der Abrechnung selbst – voraus. Daran fehlt es hier.

20

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO..

21

Die Berufung war gemäß § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Es handelt sich, was die Darstellung der Gesamtkosten bei Entstehung auf mehreren Grundstücken in der Betriebskostenabrechnung betrifft, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Je nachdem, welche Anforderungen man an eine transparente Darstellung der Gesamtkosten stellt, kann man u.U. auch eine andere Auffassung als die des erkennenden Gerichts vertreten. Die vorliegende Rechtsfrage kann in einer Vielzahl von Vorgängen auftauchen. Gerade im Amtsgerichtsbezirk Pinneberg gibt es zahlreiche Mehrfamilienhäuser, bei denen die Vermieter zum Zwecke der Betriebskostenabrechnung mehrere Objekte zusammenfassen. Die vorliegende Problematik kann daher immer wieder auftauchen, so dass sie einer grundsätzlichen Klärung zuzuführen ist.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 511 Statthaftigkeit der Berufung


(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt. (2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn1.der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder2.das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zu

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.