Amtsgericht Nürnberg Urteil, 24. März 2015 - 13 C 8730/14

bei uns veröffentlicht am24.03.2015

Gericht

Amtsgericht Nürnberg

Gründe

Amtsgericht Nürnberg

Az.: 13 C 8730/14

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 24.03.2015

L., JAng Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

- Beklagte -

Prozessbevollmächtigte: ...

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Nürnberg durch den Richter am Amtsgericht Dr. Nielsen am 24.03.2015 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03.03.2015 folgendes

Endurteil

I.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.250,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.09.2014zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt 29 Prozent der Kosten des Rechtsstreits. Der Kläger trägt 71 Prozent der Kosten des Rechtsstreits.

II.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 4.350,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten nach dem Verkauf eines Gebrauchtwagens und der Beseitigung von Mängeln um Schadenersatz wegen eines merkantilen Minderwertes.

Der Kläger kaufte von der Beklagten mit Kaufvertrag vom 08.05.2014 einen gebrauchten PKW der Marke Audi, Modell Q5 zu einem Preis von 43.500,00 €. Nach Übergabe des Fahrzeuges bemerkte der Kläger, dass nach einer Fahrzeugwäsche im rechten vorderen Fußraum Wasser eingetreten war. Vom 04.06. bis 05.06.2014 wurde in der Autowerkstatt ein

Reparaturversuch durchgeführt. Dabei wurden ein Gehäusebauteil und ein Schlauch der Klimaanlage ausgetauscht. Nach dem Reparaturversuch kam es bei Regen jedoch zu weiteren Wassereintritten in das Fahrzeug. Bei einem erneuten Reparaturversuch vom 24. bis 25.06.2014 wurde eine Reparatur an der Frontscheibe vorgenommen. Gleichwohl kam es bei einer Begutachtung am 28.06.2014 zu einem neuen Feuchtigkeitseintritt. An der Lenksäule des Fahrzeuges wurden deutliche Korrosionsspuren festgestellt. Daraufhin ließ die Beklagte am 08.07.2014 das Fahrzeug abholen und führte umfangreiche Reparaturarbeiten durch. Im Einzelnen wurden der Ansaugstutzen, die Lenksäule, ein Gebläsemotor, der Teppichboden und eine Lenk-Zwischenwelle gewechselt. Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 27.07.2014 wieder zur Verfügung gestellt. Zum weiteren Eintritt von Feuchtigkeit kam es nach der letzten Reparatur nicht mehr.

Mit Schreiben vom 28.08.2014 forderte der Kläger von der Beklagten wegen des erhöhten Reparaturrisikos und des Minderwertes des Fahrzeuges bei einem möglichen Verkauf Schadenersatz. Er setzte hierfür 10 Prozent des Kaufpreises an, mithin 4.350,00 €. Die Beklagte wies diesen Anspruch mit Schreiben vom 09.09.2014 zurück.

Der Kläger ist der Auffassung, dass er eine Wertminderung von 10 Prozent des Kaufpreises verlangen könne. Die Bagatellschadensgrenze sei bei Weitem überstiegen. Bei einem Verkauf des Fahrzeuges sei der Kläger verpflichtet, potentielle Käufer auf die eingetretene Feuchtigkeit hinzuweisen. Eine Beschränkung des sog. merkantilen Minderwertes auf Unfallfahrzeuge sei rechtlich unzutreffend.

Der Kläger verlangt zuletzt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.350,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.08.2014 nebst vorgerichtlichen Anwaltsgebühren in Höhe von 492,54 € zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass der Sachmangel durch die Reparatur vollumfänglich beseitigt worden sei. Es bestehe kein erhöhtes Reparaturrisiko an dem Fahrzeug. Es gebe auch keine Wertminderung, nachdem das Problem vollständig fach- und sachgerecht beseitigt worden sei.

Die Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass eine Offenbarungspflicht der Feuchtigkeitsschäden bzw. des Eintritts von Feuchtigkeit bei einem Weiterverkauf nicht bestehe. Eine Offenbarungspflicht bestehe nach ständiger Rechtsprechung nur für Unfallschäden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch ein mündliches Gutachten des Sachverständigen Sascha Kohl.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten die Zahlung von 1.250,00 € aus § 441 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen. Der verkaufte Gebrauchtwagen weist einen Sachmangel im Sinne des § 434 BGB auf, der in Form des merkantilen Minderwertes auch nach der vollständigen Reparatur weiter besteht.

Grundsätzlich wird der merkantilen Minderwert nur im Zusammenhang mit einem Unfallschaden anerkannt. Der Begriff ist nicht als Beschreibung eines Sachmangels entstanden, sondern als Schadensposition nach einem Unfall, der eine deliktische Haftung auslöst. Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 20.05.2009 (Az.: VIII ZR 191/07) dargelegt, dass dem Gedanken eines merkantilen Minderwertes bei einem Unfallfahrzeug der Gedanke zugrunde liegt, dass trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines erheblich beschädigten Kraftfahrzeuges bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen eines nicht auszuschließenden Verdachts verborgen gebliebener Schäden und des Risikos höherer Schadensanfälligkeit in Folge nicht fachgerechter Reparatur, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb eines derart beschädigten Kraftfahrzeuges bestehe. In dem Fall, den der BGH zu entscheiden hatte, lag der Klage eine fachgerechte Neulackierung nach Kratzschäden zugrunde. Hier stand nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht zu befürchten, dass verborgen gebliebene Schäden zurückgeblieben seien oder sonst unkalkulierbare Risiken einer höheren Schadensanfälligkeit bestünden. Gleiches gelte bei dem Austausch geschädigter Teile an einem Kraftfahrzeug.

Aufgrund dessen war der Beweisbeschluss vom 30.12.2014 in der mündlichen Verhandlung vom 03.03.2015 näher konkretisiert worden. Die Frage war dem Sachverständigen dahingehend eingeengt vorgelegt worden, dass er aus sachverständiger Sicht darlegen solle, ob bei dem streitgegenständlichen Schaden ein derartiger Schaden anzunehmen sei, dass er in dem Sinne mit einem Unfallschaden vergleichbar sei, dass zu befürchten stehe, dass das Fahrzeug weitere verborgen gebliebene Schäden aufweise oder sonst unkalkulierbare Risiken einer erhöhten Schadensanfälligkeit bestünden.

Diese Frage hat der Sachverständige in einem überzeugenden Gutachten bejaht. Der Sachverständige bezog sich dabei auf die Tatsache, dass der Bodenbelag vor der Reparatur nass gewesen war, sich an der Lenksäule oberflächliche Korrosion gezeigt hatte und am Heizungskasten Wassertropfen und Feuchtigkeit vorhanden gewesen waren. Der Sachverständige bezog sich zudem auf die durchgeführte Reparatur und hier insbesondere auf eine Instandsetzung am Kabelbaum, deren genauer Umfang vom Sachverständigen jedoch nicht mehr festgestellt werden konnte.

Auf dieser Grundlage kam der Sachverständige zu dem Schluss, dass Feuchtigkeit insbesondere, wenn diese auch Steuergeräte und Kabelbäume betriffet, ein erhebliches Reparaturrisiko mit sich bringt. Hier ist insbesondere die Kapillarwirkung der Feuchtigkeit zu beachten. Feuchtigkeit wird demgemäß über die Stecker der Leitungssätze in die Kabel hineingezogen, was zu einem späteren Zeitpunkt zur Korrosion und Ausfall des Kabels führen kann. Dabei ist zu sehen, dass im Innenraum der Fahrzeuge bauseits auf die Abdichtung der Stecker und der Kabelstränge kein gesteigerter Wert gelegt wird, da in der Regel im Innenraum nicht mit Feuchtigkeit zu rechnen ist. Dieser Umstand erhöht die Gefahr von erst langfristig wirkender Korrosion. Der Sachverständige hatte zur Vorbereitung des Gutachtens spezifische Gutachten beigezogen, die nach Hochwasserereignissen gefertigt worden waren. Diese Untersuchungen von Hochwasserschäden konnten belegen, dass zuvor kalkulierte Reparaturkosten nicht zutreffend gewesen waren und aufgrund der speziellen Problematik von Feuchteschäden ganz erhebliche, nicht vorhersehbare Reparaturen erforderlich gewesen waren. Aus diesen Gründen ist aus sachverständiger Sicht der hier aufgetretene Feuchteschaden eher mit einem Unfallschaden vergleichbar als mit dem Austausch einzelner Teile oder der Lackierung eines Fahrzeuges.

Das Gericht folgt den Ausführungen des Sachverständigen. Er ist dem Gericht aus einer Vielzahl von Verfahren als kompetent und gründlich bekannt. Das Gutachten war plausibel und in sich widerspruchsfrei.

Auf dieser Grundlage hat der Sachverständige nach verschiedenen Berechnungs-Methoden den merkantilen Minderwert auf durchschnittlich zwischen 1.000,00 und 1.500,00 € festgesetzt.

Auf dieser Grundlage schätzt das Gericht den merkantilen Minderwert auf 1.250,00 € (§ 287 ZPO). Das Gericht kann diese Schätzung selbst vornehmen. Es ist aufgrund seines Aufgabenzuschnittes mit einer Vielzahl von Streitigkeiten auf dem Gebiet von Verkehrsunfällen bzw. dem Kauf oder Verkauf von Kraftfahrzeugen befasst.

Der Kläger kann von der Beklagten weiterhin die geltend gemachten Verzugszinsen verlangen, allerdings erst ab dem 25.09.2014. Mit diesem Datum hat die Beklagte die Ansprüche des Klägers endgültig zurückgewiesen. Das Schreiben selbst, mit dem zur Zahlung aufgefordert worden war, kann keinen Verzug begründen, da eine schuldrechtliche und keine deliktische Haftung vorliegt.

Der Kläger kann weiterhin die Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung nicht verlangen. Auch hier ist zu sehen, dass ein schuldrechtlicher Anspruch besteht. Der Kläger hatte seinen Prozessvertreter bereits vor Eintritt des Verzuges beauftragt. Der Verzug war damit nicht ursächlich für die Entstehung der Kosten der Rechtsverfolgung.

Kostenfolge. §§ 91, 92 ZPO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Nürnberg-Fürth 110

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht

Fürther Str. 90429 Nürnberg

einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem Amtsgericht Nürnberg, Fürther Str. 110, 90429 Nürnberg einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Amtsgericht Nürnberg Urteil, 24. März 2015 - 13 C 8730/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Amtsgericht Nürnberg Urteil, 24. März 2015 - 13 C 8730/14

Referenzen - Gesetze

Amtsgericht Nürnberg Urteil, 24. März 2015 - 13 C 8730/14 zitiert 7 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 434 Sachmangel


(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht. (2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 441 Minderung


(1) Statt zurückzutreten, kann der Käufer den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung. (2) Sind auf der Seite des Käufers oder auf der Seite des Verkäufers mehr

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Amtsgericht Nürnberg Urteil, 24. März 2015 - 13 C 8730/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Amtsgericht Nürnberg Urteil, 24. März 2015 - 13 C 8730/14 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Mai 2009 - VIII ZR 191/07

bei uns veröffentlicht am 20.05.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 191/07 Verkündet am: 20. Mai 2009 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR

Amtsgericht Nürnberg Urteil, 24. März 2015 - 13 C 8730/14

bei uns veröffentlicht am 24.03.2015

Gründe Amtsgericht Nürnberg Az.: 13 C 8730/14 IM NAMEN DES VOLKES Verkündet am 24.03.2015 L., JAng Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ... - Beklagte - Prozessbevollmäc
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Amtsgericht Nürnberg Urteil, 24. März 2015 - 13 C 8730/14.

Amtsgericht Nürnberg Urteil, 24. März 2015 - 13 C 8730/14

bei uns veröffentlicht am 24.03.2015

Gründe Amtsgericht Nürnberg Az.: 13 C 8730/14 IM NAMEN DES VOLKES Verkündet am 24.03.2015 L., JAng Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ... - Beklagte - Prozessbevollmäc

Referenzen

(1) Statt zurückzutreten, kann der Käufer den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern. Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 Satz 2 findet keine Anwendung.

(2) Sind auf der Seite des Käufers oder auf der Seite des Verkäufers mehrere beteiligt, so kann die Minderung nur von allen oder gegen alle erklärt werden.

(3) Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.

(4) Hat der Käufer mehr als den geminderten Kaufpreis gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Verkäufer zu erstatten. § 346 Abs. 1 und § 347 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht.

(2) Die Sache entspricht den subjektiven Anforderungen, wenn sie

1.
die vereinbarte Beschaffenheit hat,
2.
sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und
3.
mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, übergeben wird.
Zu der Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 1 gehören Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben.

(3) Soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde, entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn sie

1.
sich für die gewöhnliche Verwendung eignet,
2.
eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann unter Berücksichtigung
a)
der Art der Sache und
b)
der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden,
3.
der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters entspricht, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat, und
4.
mit dem Zubehör einschließlich der Verpackung, der Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
Zu der üblichen Beschaffenheit nach Satz 1 Nummer 2 gehören Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit. Der Verkäufer ist durch die in Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b genannten öffentlichen Äußerungen nicht gebunden, wenn er sie nicht kannte und auch nicht kennen konnte, wenn die Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in derselben oder in gleichwertiger Weise berichtigt war oder wenn die Äußerung die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.

(4) Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht die Sache den Montageanforderungen, wenn die Montage

1.
sachgemäß durchgeführt worden ist oder
2.
zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Montage durch den Verkäufer noch auf einem Mangel in der vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht.

(5) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 191/07 Verkündet am:
20. Mai 2009
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Bei Gebrauchtfahrzeugen gehört es nicht ohne Weiteres zur üblichen Beschaffenheit im
Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB, dass sich alle Fahrzeugteile noch im Originalzustand
befinden. Die übliche Beschaffenheit ist deshalb grundsätzlich nicht in Frage gestellt
, wenn einzelne (wesentliche) Fahrzeugteile in technisch einwandfreier Weise erneuert
wurden. Das gilt auch, wenn das Fahrzeug mit einer neuen Lackierung versehen worden
ist, um es technisch und optisch wieder in einen tadellosen Zustand zu versetzen.

b) Welche Beschaffenheit des Kaufgegenstandes ein Käufer anhand der Art der Sache im
Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB erwarten kann, bestimmt sich nach dem Empfängerhorizont
eines Durchschnittskäufers und damit nach der objektiv berechtigten Käufererwartung.
Diese orientiert sich im Regelfall an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger
Sachen. Dagegen ist nicht entscheidend, welche Beschaffenheit der Käufer tatsächlich
erwartet und wie er auf eine hiervon abweichende Beschaffenheit reagiert.
BGH, Urteil vom 20. Mai 2009 - VIII ZR 191/07 - OLG München
LG Landshut
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger und den Richter
Dr. Achilles

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 13. Juni 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der damals noch als Verkäufer bei der Beklagten beschäftigte Kläger kaufte von dieser am 18. November 2004 einen gebrauchten Pkw Mercedes CLK Cabrio für 32.900 €. Dieses Fahrzeug hatte er zuvor seinerseits durch Vertrag vom 12. Februar 2004 zum gleichen Preis an die Beklagte verkauft und dabei die Verpflichtung übernommen, für den Fall, dass die Beklagte bei einem Verkauf des Fahrzeugs Verlust machen sollte, den entsprechenden Betrag nachzuzahlen. Auf den im Vertrag vom 18. November 2004 vereinbarten Kaufpreis leistete der Kläger eine Anzahlung von 5.000 €. Die Restzahlung sollte bis März 2005 erfolgen. Das verkaufte Fahrzeug verblieb auf dem Betriebsgelände der Beklagten und wurde dort am 25. Februar 2005 zusammen mit anderen Fahrzeugen zerkratzt. Der Kläger erklärte daraufhin ohne vorherige Fristsetzung mit Schreiben vom 30. März 2005 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte zur Rückerstattung der geleisteten Anzahlung auf.
2
Mit seiner Klage hat der Kläger die Rückzahlung der Anzahlung in Höhe von 5.000 € nebst Zinsen und die Feststellung begehrt, dass der Beklagten kein Anspruch auf einen Verlustausgleich aus dem Vertrag vom 12. Februar 2004 zusteht. Die Beklagte hat widerklagend in erster Linie die Verurteilung des Klägers zur Zahlung des Restkaufpreises in Höhe von 27.900 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs sowie die Feststellung eines Annahmeverzugs des Klägers beantragt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage unter Abweisung im Übrigen hinsichtlich des Zahlungsantrags stattgegeben. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage insgesamt stattgegeben, die Anschlussberufung der Beklagten, mit der diese ihren Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs sowie hilfsweise auf Feststellung einer Verlustausgleichspflicht des Klägers weiterverfolgt hat, zurückgewiesen und die Widerklage vollständig abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat Erfolg.

I.

4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
5
Der Kläger, dem das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Beschädigung noch nicht übereignet gewesen sei und der sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit der Abnahme nicht im Verzug befunden habe, sei auch ohne Fristsetzung wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten, weil der Beklagten infolge der Lackbeschädigung die Erfüllung des Kaufvertrages unmöglich geworden sei. Sie habe einen durch speziellen Gebrauch und spezielle Abnutzung individualisierten Gebrauchtwagen im damaligen, beiden Parteien bekannten, unbeschädigten und unfallfreien Zustand geschuldet, und dies bedeute mit Originallack , selbst wenn ausdrücklich im Kaufvertrag keine Originallackierung aufgeführt gewesen sei. Da die Originallackierung zerstört sei, sei das Fahrzeug in einem vertragsgemäßen Zustand nicht mehr lieferbar. Die grundsätzlich mögliche Nachlieferung eines gleichwertigen anderen Fahrzeugs scheide aus, weil der Kläger seine Kaufentscheidung nicht nur aufgrund objektiver Anforderungen getroffen, sondern ein ihm in seinen wertbegründenden Eigenschaften bekanntes Fahrzeug zurückgekauft habe, so dass es angesichts der konkreten Vorstellungen des Klägers zum Wiederverkaufswert für ihn erkennbar nicht austauschbar gewesen sei. Auch eine Nachlackierung des Fahrzeugs könne nicht zur Wiederherstellung der geschuldeten Kaufsache führen. Die mit einem Neulackierungsaufwand von 4.407,50 € zu beseitigende Zerstörung der geschuldeten Originallackierung durch Vandalismus sei vielmehr einem Unfallgeschehen gleichzusetzen und damit als erheblich einzustufen, so dass ein in dieser Weise repariertes Fahrzeug nicht mehr der geschuldeten Kaufsache entsprechen würde.
6
Da die Weiterverkaufsmöglichkeiten durch das von der Beklagten zu tragende Schadensrisiko wesentlich gemindert seien, sei auch der vom Kläger im Vertrag vom 12. Februar 2004 übernommene Verlustausgleich bei verständiger Würdigung der Interessen gegenstandslos geworden. Das dahingehende Feststellungsbegehren des Klägers sei deshalb begründet, während die mit der Wi- derklage verfolgten Ansprüche der Beklagten durch das Schadensereignis und den wirksam erklärten Vertragsrücktritt entfallen seien.

II.

7
Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht an, dass der Beklagten die Erfüllung des Kaufvertrages wegen des Zerkratzens der Originallackierung unmöglich geworden ist und dem Kläger deshalb ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 18. November 2004 durch Rückerstattung der auf den Kaufpreis geleisteten Anzahlung (§ 346 Abs. 1, § 323, § 326 Abs. 5, § 275 Abs. 1 BGB) zusteht. Die Beschädigung der Originallackierung führt nicht zur Unmöglichkeit der Vertragserfüllung, sondern stellt lediglich einen Mangel der Kaufsache dar. Dieser Mangel kann aber behoben werden, weil das Fahrzeug durch eine fachgerechte Neulackierung wieder in einen vertragsgemäßen Zustand versetzt werden kann. Der Kläger konnte deshalb nicht gemäß § 326 Abs. 5, § 323 BGB vom Kaufvertrag zurücktreten, ohne zuvor der Beklagten die Möglichkeit zu geben, das verkaufte Fahrzeug in den geschuldeten Zustand zu versetzen (vgl. MünchKommBGB/Westermann, 5. Aufl., § 434 Rdnr. 45; Erman/ Grunewald, BGB, 12. Aufl., § 434 Rdnr. 67).
8
1. Die Beklagte schuldet (nur) eine mangelfreie Lackierung, sie ist aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verpflichtet, das verkaufte Fahrzeug in originallackiertem Zustand zu liefern.
9
a) Eine dahingehende Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht nicht. Die Vertragsurkunde enthält hierzu keine Aussage. Dass dahingehend mündliche Absprachen erfolgt sind, ist nicht festgestellt ; hierzu ergibt sich auch aus dem Sachvortrag der Parteien kein Anhalt. Ebenso wenig reicht es zur Annahme einer konkludent getroffenen Beschaffen- heitsvereinbarung aus, dass das Fahrzeug sich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in einem den Parteien bekannten unbeschädigten und unfallfreien Zustand befunden hat. Daraus lässt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht schlussfolgern, dass die Originallackierung als Beschaffenheit vereinbart ist. Zwar kann die für eine Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Willensübereinstimmung auch konkludent in der Weise erzielt werden, dass der Käufer dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand zur Kenntnis bringt und dieser zustimmt (BT-Drs. 14/6040, S. 213). Eine einseitig gebliebene Vorstellung des Käufers genügt dafür jedoch selbst dann noch nicht, wenn sie dem Verkäufer bekannt ist. Erforderlich ist vielmehr weiter, dass der Verkäufer darauf in irgendeiner Form zustimmend reagiert (OLG Saarbrücken, OLGR 2007, 645; MünchKommBGB/Westermann, aaO, § 434 Rdnr. 12; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB (2004), § 434 Rdnr. 55; Bamberger /Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 434 Rdnr. 40). Anhaltspunkte für eine solche Zustimmung ergeben sich weder aus den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen noch aus den sonstigen Umständen.
10
b) Dem verkauften Fahrzeug fehlt nach Beseitigung der Schäden an der Lackierung nicht die Eignung für eine vertraglich vorausgesetzte Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB. Das Berufungsgericht hat sich mit dieser Frage nicht befasst. Der Kläger beabsichtigt nach seinem unwidersprochenen Sachvortrag, das Fahrzeug weiterzuveräußern. Es kann dahinstehen, ob allein schon aus dieser - der Beklagten bei Vertragsschluss bekannten - Absicht ein bestimmter, im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB vertraglich vorausgesetzter Verwendungszweck folgt (vgl. MünchKommBGB/Westermann, aaO, § 434 Rdnr. 15). Jedenfalls wird bei einem mehrere Jahre alten Gebrauchtfahrzeug dessen Eignung zur Weiterveräußerung durch das Fehlen der Originallackierung nicht in Frage gestellt, wenn - wie hier - durch eine Neula- ckierung ein technisch gleichwertiger Lackierungszustand hergestellt werden kann.
11
c) Das verkaufte Fahrzeug weist nach ordnungsgemäßer Neulackierung schließlich auch nach den Maßstäben des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB keinen Mangel auf. Es eignet sich vielmehr für die gewöhnliche Verwendung und weist eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
12
(1) Die Eignung für die gewöhnliche Verwendung im Straßenverkehr wird durch die Neulackierung nicht berührt.
13
(2) Das Fahrzeug weist auch bei Ersetzung der Originallackierung durch eine ordnungsgemäß ausgeführte Neulackierung eine Beschaffenheit auf, die bei Gebrauchtwagen dieses Alters üblich ist. Bei derartigen Gebrauchtfahrzeugen gehört es nicht zur üblichen Beschaffenheit, dass sich alle Fahrzeugteile noch im Originalzustand befinden. Die übliche Beschaffenheit gleichartiger Sachen ist vielmehr auch dann noch gegeben, wenn einzelne (wesentliche) Fahrzeugteile in technisch einwandfreier Weise erneuert wurden. Das gilt in gleicher Weise, wenn das Fahrzeug mit einer neuen Lackierung versehen worden ist, um es technisch und optisch wieder in einen tadellosen Zustand zu versetzen. Zu Recht wird deshalb in der Instanzrechtsprechung angenommen, dass der Umstand einer technisch einwandfreien Neulackierung für sich allein keinen Mangel des Fahrzeugs begründet (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17. Juli 2002 - 17 U 9/02, juris, Tz. 15; OLG Frankfurt/M., OLGR 2001, 109, 110; LG Oldenburg , MDR 2006, 444; LG Itzehoe, Urteil vom 25. August 2003 - 2 O 41/03, juris , Tz. 21).
14
(3) Der Kläger konnte nach der Art der Sache - eines rund vier Jahre alten Gebrauchtwagens - nicht erwarten, dass das Fahrzeug mit der ursprünglich vorhandenen Originallackierung versehen war. Dies bestimmt sich nach dem Empfängerhorizont eines Durchschnittskäufers, und zwar danach, welche Beschaffenheit er anhand der Art der Sache erwarten kann, wobei die berechtigten Erwartungen des Käufers bei einem Gebrauchtwagen namentlich durch dessen Alter und dessen Laufleistung bestimmt werden (BT-Drs. 14/6040, S. 214). Es kommt mithin auf die objektiv berechtigte Käufererwartung an, die sich in Ermangelung abweichender Anhaltspunkte jedenfalls im Regelfall an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen orientiert. Dagegen ist nicht entscheidend , welche Beschaffenheit der Käufer tatsächlich erwartet und wie er auf eine hiervon abweichende Beschaffenheit reagiert (Senatsurteil vom 7. Februar 2007 - VIII ZR 266/06, NJW 2007, 1351, Tz. 21). Hat er deshalb in der Kaufsituation höhere Erwartungen, muss er eine entsprechende Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB individuell vereinbaren, damit sie die Sollbeschaffenheit mit bestimmen (Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., § 434 Rdnr. 30; jurisPK-BGB/Pammler, 4. Aufl., § 434 Rdnr. 67).
15
Bei einem mehrere Jahre alten Gebrauchtwagen kann ein durchschnittlicher Käufer nicht erwarten, dass das Fahrzeug noch die Originallackierung aufweist. Denn es ist nicht ungewöhnlich, dass es im Laufe des mehrjährigen Gebrauchs eines Kraftfahrzeugs zu Lackschäden kommt, die durch eine mehr oder weniger umfangreiche Neulackierung beseitigt werden. Bestimmte Äußerungen der Beklagten, die bei einem durchschnittlichen Käufer weitergehende Erwartungen hätten wecken können, sind nicht ersichtlich, so dass der Kläger nicht erwarten konnte, das Fahrzeug mit der ursprünglich vorhandenen Originallackierung ausgeliefert zu erhalten.
16
(4) Zu Unrecht will das Berufungsgericht das Fahrzeug wegen des eingetretenen Schadens an der Lackierung einem Unfallfahrzeug gleichsetzen. Bei einem Unfallfahrzeug kann auch dann, wenn der Unfallschaden vollständig und fachgerecht beseitigt wurde, wegen eines merkantilen Minderwerts noch ein Mangel bestehen bleiben, weil der Charakter eines Fahrzeugs als Unfallfahrzeug sich nicht durch Nachbesserung korrigieren lässt (BGHZ 168, 64, Tz. 17; Senatsurteil vom 12. März 2008 - VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517, Tz. 21). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines erheblich beschädigten Kraftfahrzeugs bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen eines nicht auszuschließenden Verdachts verborgen gebliebener Schäden und des Risikos höherer Schadensanfälligkeit infolge nicht fachgerechter Reparatur, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb eines derart beschädigten Kraftfahrzeugs besteht (vgl. BGHZ 161, 151, 159 f.).
17
Eine solche Fallgestaltung ist indessen bei einer Neulackierung zur Beseitigung von Kratzschäden an der äußeren Hülle des Fahrzeugs nicht gegeben , weil dieser Schaden durch eine fachgerechte Neulackierung ohne verbleibende technische Risiken zuverlässig beseitigt werden kann. Anders als bei Unfallschäden steht hier nicht zu befürchten, dass verborgen gebliebene Schäden zurückbleiben oder sonst unkalkulierbare Risiken einer erhöhten Schadensanfälligkeit bestehen. Genauso wie der Austausch beschädigter Teile eines Kraftfahrzeugs für sich allein nicht die Zubilligung eines Anspruchs auf Ersatz eines merkantilen Minderwerts rechtfertigen kann (MünchKommBGB /Oetker, aaO, § 249 Rdnr. 54), bleibt auch unter den hier gegebenen Umständen nach einer fachgerecht durchgeführten Neulackierung kein ersatzfähiger merkantiler Minderwert zurück.
18
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht auch den weiteren Antrag des Klägers auf Feststellung, dass die Beklagte gegen ihn keinen Anspruch aus der Vereinbarung im Kaufvertrag vom 12. Februar 2004 wegen eines Verlusts bei dem Verkauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs habe, für begründet erach- tet. Ob dies der Fall ist, lässt sich derzeit noch nicht abschließend beurteilen, sondern hängt ungeachtet der Unwirksamkeit des am 30. März 2005 erklärten Rücktritts entscheidend davon ab, ob dem Kläger das Fahrzeug in einem erfüllungstauglichen Zustand angeboten worden ist oder angeboten werden wird und er es deshalb selbst abzunehmen hat. Dazu bedarf es weiterer tatrichterlicher Feststellungen.
19
3. In Ermangelung eines wirksamen Rücktritts des Klägers vom Kaufvertrag vom 18. November 2004 durfte das Berufungsgericht ebenfalls nicht die auf Zahlung des Restkaufpreises gerichtete Widerklage der Beklagten abweisen. Die Beklagte kann vielmehr Zahlung des restlichen Kaufpreises in Höhe von 27.900 € Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs in einwandfrei lackiertem Zustand von dem Kläger verlangen (§ 433 Abs. 2 BGB). Ob und ab welchem Zeitpunkt der Kläger zur Restkaufpreiszahlung verpflichtet ist und Zinsen hierauf schuldet, hängt davon ab, ob und zu welchem Zeitpunkt dem Kläger das Fahrzeug in einwandfrei lackiertem Zustand angeboten worden ist oder angeboten werden wird. Denn vorher ist die Restkaufpreisforderung mangels einer von § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB abweichenden Vorleistungspflicht des Klägers nicht fällig (BGHZ 55, 198, 200; 61, 42, 46).
20
4. Das gilt in gleicher Weise für die von der Beklagten begehrte Feststellung , dass sich der Kläger mit der Annahme des Fahrzeugs im Annahmeverzug befunden hat. Nachdem der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hatte, war die Beklagte zwar nur noch gehalten, ein wörtliches Angebot gemäß § 295 BGB abzugeben, da der Kläger mit seinem Rücktritt zum Ausdruck gebracht hatte, dass er die Leistung unter keinen Umständen mehr annehmen werde (Palandt/Grüneberg, aaO, § 295 Rdnr. 4 m.w.N.). Ein solches Angebot hat die Beklagte spätestens mit ihrer auf Leistung Zug-um-Zug gerichteten Widerklage abgegeben (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1996 - V ZR 292/95, NJW 1997, 581, unter II 1 c). Jedoch setzt der Eintritt eines Annahmeverzuges nach § 297 BGB weiter voraus, dass die Beklagte ihrerseits bei Abgabe des Angebots imstande war, das Fahrzeug in einem einwandfrei lackierten Zustand zu übergeben. Hierzu hat das Berufungsgericht - nach seinem Standpunkt folgerichtig - bislang keine Feststellungen getroffen.

III.

21
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da es weiterer tatrichterlicher Feststellungen zur Fälligkeit der Restkaufpreisforderung und zum Eintritt eines Annahmeverzugs des Klägers bedarf, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Ent- scheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Achilles
Vorinstanzen:
LG Landshut, Entscheidung vom 07.12.2006 - 73 O 2481/05 -
OLG München, Entscheidung vom 13.06.2007 - 20 U 5646/06 -

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.