Amtsgericht Neubrandenburg Beschluss, 11. Juni 2011 - 5 IN 581/04

bei uns veröffentlicht am11.06.2011

Tenor

In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des

- Schuldners -

wird dem Schuldner die Restschuldbefreiung gemäß § 296 InsO versagt.

Gründe

1

Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners wurde am 17.8.2004 eröffnet. Nach Durchführung des Schlusstermins wurde dem Schuldner durch Beschluss vom 11.10.2006 die Restschuldbefreiung angekündigt.

2

Mit Schreiben vom 25.06.2008 wurde der Schuldner durch das Gericht aufgefordert, seine aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen. Es erfolgte keine Reaktion des Schuldners.

3

Mit Schreiben vom 27.03.2009 erfolgte eine erneute Aufforderung an den Schuldner, Auskunft über seine Erwerbstätigkeit und die Einkünfte zu erteilen.

4

Die Versagungsantragstellerin beantragte mit Schreiben vom 31.03.2009 die Versagung der Restschuldbefreiung, da der Schuldner seine Pflicht zur Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse verletzt. In seiner Stellungnahme zum Versagungsantrag vom 14.04.2009 teilt der Schuldner nur mit, dass er die BWA 2007 und 2008 an den Treuhänder übersandt habe bzw. übersenden werde.

5

Der Treuhänder bestätigt mit Schreiben vom 30.04.2009 den Eingang der BWA 2006 - 2008 und teilt mit, dass der Schuldner während der Wohlverhaltensphase bisher keine Zahlungen geleistet habe. Der Schuldner sei mehrfach auf § 295 Abs. 2 InsO hingewiesen worden.

6

Mit Schreiben vom 13.05.2009 ergänzt die Versagungsantragstellerin den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung hinsichtlich des Versagungsgrundes (§ 295 Abs. 2 InsO) der Glaubhaftmachung der Beeinträchtigung der Gläubigerbefriedigung.

7

In seiner Stellungnahme zum Versagungsantrag vom 25.05.2009 teilt der Schuldner mit, dass es sich nur um eine vorläufige BWA für 2008 handelt. Auf den Vorhalt, keine Beträge an den Treuhänder gezahlt zu haben, erklärt der Schuldner nur, dass er als Selbständiger nicht mit einem Angestellten gleich gesetzt werden könne und auch keine Freibeträge für ihn gelten, er sei vielmehr einem Geschäftsführer gleich gestellt. Der umfangreiche sonstige Vortrag des Schuldners steht in keinem Zusammenhang mit der Erfüllung der Obliegenheiten des § 295 InsO oder dem Versagungsantrag der Versagungsantragstellerin.

8

Der Antrag der Versagungsantragstellerin auf Versagung der Restschuldbefreiung ist fristgemäß sowie zulässig und begründet. Der Schuldner übt seit Ankündigung der Restschuldbefreiung eine selbständige gewerbliche Tätigkeit als Immobilienmakler aus.

9

Gemäß § 295 Abs. 2 InsO hat der Schuldner während der Wohlverhaltensphase die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zustellen, als wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Auf diese Pflicht wurde der Schuldner durch den Treuhänder hingewiesen.

10

Der Schuldner hat die betriebswirtschaftlichen Auswertungen für die Jahre 2006 bis 2008 vorgelegt, jedoch keine Zahlungen an den Treuhänder geleistet.

11

Der Schuldner hat während der Wohlverhaltsphase gemäß § 295 Abs. 1 Ziffer 1 InsO eine Erwerbsobliegenheit. Im vorliegenden Fall war der Schuldner verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit entsprechend seiner Qualifikation aufzunehmen. Er hätte sich um eine Anstellung im Bereich der Immobilienwirtschaft bemühen müssen. Die Erwerbsobliegenheit kann der Schuldner aber auch durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit erfüllen. Er muss sich dann jedoch so behandeln lassen, als wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis in dieser Branche eingegangen wäre. Als Vergleichsmaßstab für Einkünfte aus einem angemessenen Dienstverhältnis eignen sich die Tarifverträge für die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. Die Versagungsantragstellerin hat durch die Vorlage von zwei Vergütungstarifverträgen glaubhaft gemacht, dass der Schuldner bei einer abhängigen Beschäftigung im Bereich der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ein monatliches Nettoeinkommen deutlich über dem Pfändungsfreibetrag (beim Schuldner sind keine Unterhaltspflichten zu berücksichtigen) erzielt hätte. Der Schuldner hätte als abhängig Beschäftigter monatlich ca. 900,-€ an den Treuhänder abführen müssen. Da sich der Schuldner nicht um eine abhängige Beschäftigung bemüht sondern eine selbständige Tätigkeit aufgenommen hat, musste er gem. § 295 Abs. 2 InsO den für einen abhängig Beschäftigten pfändbaren Betrag an den Treuhänder zahlen.

12

Seit Ankündigung der Restschuldbefreiung wären dies bisher ca. 27 000,- €. Zahlungen an den Treuhänder wurden durch den Schuldner bisher nicht geleistet. Der Schuldner hat die Gläubiger nicht so gestellt, als wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Es mag dahingestellt sein, ob der Schuldner in Mecklenburg/Vorpommern bei einer Anstellung im Bereich Wohnungs- und Immobilienwirtschaft tatsächlich das im Vergütungstarifvertrag ausgewiesene Gehalt erzielt hätte. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass ein Gehalt oberhalb der für den Schuldner zutreffenden Pfändungsfreigrenze erzielt worden wäre. Durch den Verstoß gegen § 295 Abs. 2 InsO ist die Befriedigung der Gläubiger beeinträchtigt worden. Bei Abführung der dem pfändbaren Einkommen entsprechenden monatlichen Beträge hätte der Treuhänder bereits zweimal eine Auszahlung an die Gläubiger vornehmen können (§ 292 InsO). Auf Grund der Verletzung der Obliegenheit durch den Schuldner haben die Gläubiger in der Wohlverhaltensphase noch keine Zahlungen erhalten. Das schuldhafte Verhalten führte zu einer wirtschaftlich messbaren Beeinträchtigung der Befriedigung der Gläubiger.

13

Der Vortrag des Schuldners steht einer Versagung der Restschuldbefreiung nicht entgegen. Die Versagung der Restschuldbefreiung ist auch nicht unverhältnismäßig, da der Schuldner ausdrücklich auf seine Pflicht gemäß § 295 Abs. 2 InsO hingewiesen wurde und die Beeinträchtigung der Befriedigung der Gläubiger nicht unwesentlich ist.

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Referenzen - Gesetze

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Insolvenzordnung - InsO | § 296 Verstoß gegen Obliegenheiten


(1) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist eine seiner Obliegenheiten verletzt und dad

Insolvenzordnung - InsO | § 295 Obliegenheiten des Schuldners


Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist1.eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbar

Insolvenzordnung - InsO | § 292 Rechtsstellung des Treuhänders


(1) Der Treuhänder hat den zur Zahlung der Bezüge Verpflichteten über die Abtretung zu unterrichten. Er hat die Beträge, die er durch die Abtretung erlangt, und sonstige Leistungen des Schuldners oder Dritter von seinem Vermögen getrennt zu halten un

Referenzen

(1) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist eine seiner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; im Fall des § 295 Satz 1 Nummer 5 bleibt einfache Fahrlässigkeit außer Betracht. Der Antrag kann nur binnen eines Jahres nach dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem die Obliegenheitsverletzung dem Gläubiger bekanntgeworden ist. Er ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 glaubhaft gemacht werden.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag sind der Treuhänder, der Schuldner und die Insolvenzgläubiger zu hören. Der Schuldner hat über die Erfüllung seiner Obliegenheiten Auskunft zu erteilen und, wenn es der Gläubiger beantragt, die Richtigkeit dieser Auskunft an Eides Statt zu versichern. Gibt er die Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung ohne hinreichende Entschuldigung nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist ab oder erscheint er trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne hinreichende Entschuldigung nicht zu einem Termin, den das Gericht für die Erteilung der Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung anberaumt hat, so ist die Restschuldbefreiung zu versagen.

(3) Gegen die Entscheidung steht dem Antragsteller und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Die Versagung der Restschuldbefreiung ist öffentlich bekanntzumachen.

Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist

1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen;
2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen;
3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen;
4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen;
5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
Auf Antrag des Schuldners stellt das Insolvenzgericht fest, ob ein Vermögenserwerb nach Satz 1 Nummer 2 von der Herausgabeobliegenheit ausgenommen ist.

(1) Der Treuhänder hat den zur Zahlung der Bezüge Verpflichteten über die Abtretung zu unterrichten. Er hat die Beträge, die er durch die Abtretung erlangt, und sonstige Leistungen des Schuldners oder Dritter von seinem Vermögen getrennt zu halten und einmal jährlich auf Grund des Schlußverzeichnisses an die Insolvenzgläubiger zu verteilen, sofern die nach § 4a gestundeten Verfahrenskosten abzüglich der Kosten für die Beiordnung eines Rechtsanwalts berichtigt sind. § 36 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 gilt entsprechend. Der Treuhänder kann die Verteilung längstens bis zum Ende der Abtretungsfrist aussetzen, wenn dies angesichts der Geringfügigkeit der zu verteilenden Beträge angemessen erscheint; er hat dies dem Gericht einmal jährlich unter Angabe der Höhe der erlangten Beträge mitzuteilen.

(2) Die Gläubigerversammlung kann dem Treuhänder zusätzlich die Aufgabe übertragen, die Erfüllung der Obliegenheiten des Schuldners zu überwachen. In diesem Fall hat der Treuhänder die Gläubiger unverzüglich zu benachrichtigen, wenn er einen Verstoß gegen diese Obliegenheiten feststellt. Der Treuhänder ist nur zur Überwachung verpflichtet, soweit die ihm dafür zustehende zusätzliche Vergütung gedeckt ist oder vorgeschossen wird.

(3) Der Treuhänder hat bei der Beendigung seines Amtes dem Insolvenzgericht Rechnung zu legen. Die §§ 58 und 59 gelten entsprechend, § 59 jedoch mit der Maßgabe, daß die Entlassung auch wegen anderer Entlassungsgründe als der fehlenden Unabhängigkeit von jedem Insolvenzgläubiger beantragt werden kann und daß die sofortige Beschwerde jedem Insolvenzgläubiger zusteht.

Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist

1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen;
2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen;
3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen;
4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen;
5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
Auf Antrag des Schuldners stellt das Insolvenzgericht fest, ob ein Vermögenserwerb nach Satz 1 Nummer 2 von der Herausgabeobliegenheit ausgenommen ist.