Amtsgericht München Urteil, 14. Juni 2016 - 911 OWi 437 Js 150260/16

bei uns veröffentlicht am14.06.2016

Gericht

Amtsgericht München

Tenor

I. Der Betroffene ist schuldig einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit als Führer eines Kraftfahrzeuges innerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h.

II. Es wird deshalb eine Geldbuße von 160,- Euro verhängt.

III. Dem Betroffenen wird für die Dauer von 1 Monat verboten, Kraftfahrzeuge aller Art auf öffentlichen Straßen zu führen.

IV. Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.

Gründe

I.

Persönliche Verhältnissenicht öffentlich

II.

Der Betroffene fuhr am 27.12.2015 um 22.31 Uhr im Petueltunnel in München in Richtung Osten auf Höhe der Ausfahrt Schwabing-West mit dem Pkw BMW ED-… auf der linken Spur. Er überschritt hierbei die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaft von 50 km/h um 22 km/h. Dabei hatte der Betroffene aus Unachtsamkeit die die Geschwindigkeitsbeschränkung anzeigende Beschilderung übersehen. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen und auch zumutbaren Sorgfalt hätte der Betroffene erkennen und vermeiden können und müssen, dass er die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritt.

III.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen beruhen auf den Angaben des Betroffenen persönlich sowie auf der Verlesung des Fahreignungsregisters des Betroffenen.

Die Überzeugung, dass der Betroffene zur Tatzeit das Tatfahrzeug gefahren und den Verkehrsverstoß, so wie oben unter II. festgestellt, begangen hat, hat das Gericht gewonnen durch die glaubhaften Angaben der Zeugin … und dem Ergebnis der von dieser durchgeführten Geschwindigkeitsüberwachung bei der der Betroffene auf einem in Augenschein genommenen Lichtbild als Fahrer des Fahrzeuges abgelichtet wurde.

Der Betroffene hat in der Hauptverhandlung keine Angaben zur Sache gemacht.

Das Gericht konnte sich durch die Inaugenscheinnahme des während der Messung gefertigten Lichtbildes - Blatt 12 der Akten - und einem Vergleich mit dem in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen von dessen Fahrereigenschaft zum Tatzeitpunkt überzeugen. Auf das auf Blatt 12 der Akten befindliche Messfoto, das in Augenschein genommen wurde, wird gemäß §§ 267 I Satz 3 StPO, 46 OWiG Bezug genommen.

Das Gericht ist nach Durchführung der Beweisaufnahme durch Einvernahme der Zeugin PHMin … sowie Verlesung des im Messprotokolls und Verlesung und Inaugenscheinnahme der Messung vom 27.12.2015, 22.31 Uhr von dem unter Ziffer II. beschriebenen Verkehrsverstoß überzeugt. Die Geschwindigkeitsüberschreitung wurde mittels einer stationären Geschwindigkeitsüberwachungsanlage des Typs TraffiStar S330 mit Wechselverkehrszeichenanbingung festgestellt. Die Messmethode ist obergerichtlich als standardisiertes Messverfahren anerkannt worden. Die Messstelle befindet sich im Petueltunnel. Der Betroffene befand sich in dem Petueltunnel mit Fahrtrichtung Osten auf der linken Spur. Durch die Messung fotografiert wurde das Tatfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ED-… mit einer Geschwindigkeit von 75 km/h. Bei einer Berücksichtigung einer Messtoleranz von 3 km/h ergibt dies eine mindest gefahrene Geschwindigkeit von 72 km/h. Die zulässige Geschwindigkeit zum Tatzeitpunkt betrug 50 km/h. Die Zeugin … bestätigte entsprechende Anzeigen der Geschwindigkeit auf den Wechselverkehrszeichenanlagen. Die Zeugin machte darüber hinaus deutlich, dass zum Tatzeitpunkt die maximal zulässige Geschwindigkeit im Petueltunnel in dieser Fahrtrichtung und damit auch zum Messzeitpunkt 50 km/h betragen habe. Die Zeugin erläuterte das Messverfahren und die auf Blatt 12 der Akten festgestellten Messdaten, die sie als richtig bestätigte. Auch insoweit wird weiter auf Blatt 24 der Akten gemäß § 267 I Satz 3 StPO i.V.m. §§ 46, 71 OWiG verwiesen. Die Zeugin sagte ferner aus, die Anlage sei geeicht gewesen bis Ende 2016. Der Eichschein befindet sich auf Blatt 13 der Akten. Er wurde verlesen und in Augenschein genommen. Nachdem die Anlage ordnungsgemäß geeicht ist und die Zeugin, die für die Messanlage verantwortlich ist, über keinerlei Unregelmäßigkeiten der Messanlage zu berichten wusste, hat das Gericht auch keinerlei Zweifel an der Korrektheit der Messung und dem ordnungsgemäßen Funktionieren der Sensoren. Die Zeugin bestätigte weiterhin, über entsprechende Schulungen im Umgang mit der Messanlage zu verfügen. Einen entsprechenden Schulungsnachweis legte die Zeugin vor. Dieser wurde zu Protokoll genommen. Weiter bestätigte die Zeugin, dass die Messung ordnungsgemäß innerhalb der Vorgaben der PTB erfolgte. Das Gericht hatte keinerlei Anlass, an den glaubhaften Angaben der Zeugin zu zweifeln.

Da sich keine konkreten Anhaltspunkte für eine etwaige Fehlmessung gefunden haben und auch sonst keine Anhaltspunkte vorgetragen wurden, ist das Gericht von der Korrektheit der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung überzeugt.

Beweisanträge wurden seitens der Verteidigung nicht gestellt.

IV.

Der Betroffene hat sich daher schuldig gemacht einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaft um 22 km/h gemäß §§ 41 I, 49 III Nr. 4 StVO, 24, 25 StVG.

V.

Eine Geldbuße von 160,- Euro ist angemessen und entspricht dem Grad des vorwerfbaren Handelns des Betroffenen, nachdem gegen ihn außerdem ein Fahrverbot ausgesprochen wurde.

Das Gericht hat bei der Bemessung der Geldbuße bedacht, dass gemäß § 17 III OWiG Grundlage für die Zumessung der Geldbuße die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit ist und der Vorwurf, der den Täter trifft. Der Bußgeldkatalog sieht in Ziffer 11.3.4 der Bußgeldkatalogverordnung in der zur Tatzeit geltenden Fassung für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 22 km/h innerhalb geschlossener Ortschaft eine Regelgeldbuße von 80,- Euro vor. Bei der Bußgeldkatalogverordnung nicht berücksichtigt, war der Satz in Anbetracht der unter Ziffer II. festgestellten mannigfachen Vorahndungen des Betroffenen die Geldbuße angemessen zu erhöhen, wobei dem Gericht eine Verdoppelung des Regelsatzes gerechtfertigt erschien.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen, der angab in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen zu leben gaben hingegen keinen Anlass zu einer Reduzierung oder Erhöhung der Geldbuße.

Neben der Geldbuße ist zur Einwirkung auf den Betroffenen ein Fahrverbot für die Dauer von 1 Monat als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme geboten.

Nach § 25 I Satz 1 StVG kann einem Betroffenen wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 StVG, die er unter grober und beharrlicher Verletzung seiner Pflichten als Kraftfahrer begangen hat, für die Dauer von 1 bis zu 3 Monaten geboten werden, Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art im Straßenverkehr zu führen.

Ein Fall grober Pflichtverletzung stellt der vom Betroffenen begangene Verstoß für sich alleine gesehen zwar nicht dar, insbesondere fällt er nicht unter die in § 4 I BKatVO genannten Verstöße, deren Begehung regelmäßig eine grobe Pflichtverletzung und die Verhängung eines Fahrverbotes indizieren.

Der Verstoß des Betroffenen ist jedoch Ausdruck beharrlicher Pflichtverletzung im Sinne des § 25 I StVG.

Eine beharrliche Pflichtverletzung liegt vor, wenn Verkehrsvorschriften aus mangelnder Rechtstreue verletzt werden. Bei der Feststellung ist dabei zu beachten, dass Verkehrsverstöße aus verschiedener Motivation in unterschiedlichen Verkehrslagen vorkommen. Bloß Augenblicksversagen bei einer Wiederholungstat rechtfertigt demnach die Feststellung mangelnder Rechtstreue nicht. Allerdings kann eine Vielzahl leicht fahrlässiger Verstöße mangelnde Rechtstreue offenbaren, wenn zwischen diesen ein enger zeitlicher Abstand und innerer Zusammenhang gegeben ist. Der Verordnungsgeber hat in Konkretisierung des Begriffes der Beharrlichkeit im Sinne des § 25 I StVG und § 4 II Satz 2 BKatVO ein Regelbeispiel gegeben, in dem Beharrlichkeit indiziert ist. Ein Fahrverbot wegen Beharrlichkeit kommt danach in der Regel in Betracht, wenn gegen den Führer eines Kraftfahrzeuges wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h bereits eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist und er innerhalb eines Jahres seit Rechtskraft der Entscheidung eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h begeht. Dieses Regelbeispiel zeigt, dass es grundsätzlich keine groben Verstöße nach § 4 I BKatVO bedarf, sondern schon die einfache Wiederholung eines Verstoßes von mittlerem und nach zwischenzeitlicher Einwirkung durch rechtskräftige Ahndung den Rückschluss auf Beharrlichkeit regelmäßig zulässt.

Die Annahme von Beharrlichkeit des Regelfalls des § 4 II Satz 2 erfordert, dass die Beharrlichkeit der Pflichtverletzung von ähnlich starkem Gewicht ist wie bei diesem Regelfall. Dabei ist von wesentlicher Bedeutung das Zeitelement zwischen dem gegenständlichen Verstoß und den Vorahndungen sowie der innere Zusammenhang der Verfehlungen.

Vorliegend liegt eine Gesamtabwägung der bislang durch den Betroffenen begangenen Ordnungswidrigkeiten unter Berücksichtigung von Art und Zeitpunkt, dass konkret der gegenständliche Verstoß Ausdruck beharrlicher Visierung elementarer, selbst Verkehrsregeln ist. Der Betroffene wurde bis zu dem hier zu verurteilenden Verstoß in den letzten 4 Jahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen in insgesamt 8 Fällen verurteilt. Die Geschwindigkeitsüberschreitungen betrugen hier zwischen 21 und 46 km/h, wobei der Betroffene zuletzt lediglich 1 Jahr und 3 Monate vor der hier begangenen Tat wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaft um 41 km/h verurteilt wurde. Des Weiteren wurde der Angeklagte wegen eines Fahrens trotz Fahrverbotes zu einer Geldstrafe verurteilt. Auch in dieser strafrechtlichen Verurteilung wird das negieren sämtlicher Regeln deutlich. Im Rahmen der unter Ziffer II. genannten Verurteilungen wurde gegen den Betroffenen allein Ordnungswidrigkeiten 5 Mal jeweils 1 Monat Fahrverbot ausgesprochen, auch in der strafrechtlichen Verurteilung erfolgte der Ausspruch eines Fahrverbotes von 2 Monaten. Trotz dieser mannigfachen Ahndungen hatte der Betroffene erneut eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen. Es zeigen diese Geschwindigkeitsverstöße des Betroffenen, den jeweils das Streben des schnelleren Vorankommen unter Zurückstellung des Sicherheitsinteresses anderer Verkehrsteilnehmer zugrunde liegt, die also inneren Zusammenhang aufweisen, dass sich der Betroffene über einen Zeitraum von 4 Jahren als notorischer Schnellfahrer und Drängler präsentiert hat, der seinen Fortwärtsdrang durch Verkehrvorschriften und durch die mehrfach verhängten Geldbußen nicht Wenn auch die Geschwindigkeitsüberschreitungen von 21 km/h im Juli 2012, von 22 km/h im November 2012 nicht im gehobenen Bereich liegen, fügen sie sich doch in dieses Bild ein.

Art, Häufigkeit und zeitliche Abfolge der oben unter Ziffer II. aufgeführten Zuwiderhandlungen und der verfahrensgegenständlichen Ordnungswidrigkeit belegen, dass es dem Betroffenen an der für die Teilnahme am Straßenverkehr erforderlichen rechtstreuen Gesinnung und an der notwendigen Einsicht in zuvor begangenes Unrecht fehlt.

Wegen Beharrlichkeit seiner Pflichtverletzungen war die Anordnung eines Fahrverbotes zur Einwirkung auf den Betroffenen unerlässlich. Allein durch die ohnehin erfolgte Erhöhung des für den betreffenden Tatbestandes vorgesehenen Bußgeldes kann der mit dem Fahrverbot angestrebte erzieherische Effekt und die notwendige Warnwirkung für die Zukunft beim Betroffenen nicht erreicht werden.

Gedacht hat das Gericht, dass es sich bei der Anordnung eines Fahrverbotes auch im Fall einer in der Stärke den Regelfall in § 4 II Satz 2 BKatVO entsprechenden Beharrlichkeit um eine Ermessensentscheidung handelt, bei der die Prüfung der Anordnung im konkreten Einzelfall eine nicht nur am Schuld-, sondern auch am Verhältnismäßigkeitsprinzip ausgerichteten Gesamtwürdigung aller Umstände einschließlich des Bedarf. Für einen Betroffenen kann es durch ein Fahrverbot zu deutlichen Erschwernissen in der Berufsausübung kommen. Dieser Gesichtspunkte war dem Gericht bekannt, Anhaltspunkte dafür, dass ein Fahrverbot eine unangemessene Härte für den Betroffenen darstellt, ergaben sich in der Hauptverhandlung jedoch nicht und wurden vom Betroffenen auch nicht vorgetragen.

Die Privilegierung des § 25 II a StVG konnte dem Betroffenen aufgrund des Umstandes, dass ihn bereits durch Entscheidung vom 10.06.2015, rechtskräftig seit 16.09.2015 und damit innerhalb von 2 Jahren vor der hier zu verurteilenden Tat bereits ein einmonatiges Fahrverbot verhängt wurde.

V.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 46 OWiG, 464, 465 StPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Amtsgericht München Urteil, 14. Juni 2016 - 911 OWi 437 Js 150260/16

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Amtsgericht München Urteil, 14. Juni 2016 - 911 OWi 437 Js 150260/16

Referenzen - Gesetze

Amtsgericht München Urteil, 14. Juni 2016 - 911 OWi 437 Js 150260/16 zitiert 8 §§.

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 4 Fahreignungs-Bewertungssystem


(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 46 Anwendung der Vorschriften über das Strafverfahren


(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsge

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 24 Bußgeldvorschriften


(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Rechtsverordnung nach § 1j Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 5 oder 6, § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a bis c oder d, Nummer 2, 3, 5, 6 Buchstabe a, Nummer 8 bis 16 oder 17, jeweils auc

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 71 Hauptverhandlung


(1) Das Verfahren nach zulässigem Einspruch richtet sich, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung, die nach zulässigem Einspruch gegen einen Strafbefehl gelten. (2) Zur besseren Aufklärung der Sa

Referenzen

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

(1) Das Verfahren nach zulässigem Einspruch richtet sich, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung, die nach zulässigem Einspruch gegen einen Strafbefehl gelten.

(2) Zur besseren Aufklärung der Sache kann das Gericht

1.
einzelne Beweiserhebungen anordnen,
2.
von Behörden und sonstigen Stellen die Abgaben von Erklärungen über dienstliche Wahrnehmungen, Untersuchungen und Erkenntnisse (§ 77a Abs. 2) verlangen.
Zur Vorbereitung der Hauptverhandlung kann das Gericht auch dem Betroffenen Gelegenheit geben, sich innerhalb einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern, ob und welche Tatsachen und Beweismittel er zu seiner Entlastung vorbringen will; § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 ist anzuwenden.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Rechtsverordnung nach § 1j Absatz 1 Nummer 1, 2, 4, 5 oder 6, § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a bis c oder d, Nummer 2, 3, 5, 6 Buchstabe a, Nummer 8 bis 16 oder 17, jeweils auch in Verbindung mit § 6 Absatz 3 Nummer 1 bis 5 oder 7, nach § 6e Absatz 1 Nummer 1 bis 5 oder 7 oder nach § 6g Absatz 4 Satz 1 Nummer 3, 5, 7 oder 9 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2
a)
Nummer 1 Buchstabe a bis e oder g,
b)
Nummer 1 Buchstabe f, Nummer 2 oder 3 Buchstabe b,
c)
Nummer 3 Buchstabe a oder c oder
d)
Nummer 4,
jeweils auch in Verbindung mit § 6 Absatz 3 Nummer 1, 2, 3 Buchstabe a oder c, Nummer 4, 5 oder 7 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, oder
2.
einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union zuwiderhandelt, die inhaltlich einer Regelung entspricht, zu der die in Nummer 1
a)
Buchstabe a,
b)
Buchstabe b,
c)
Buchstabe c oder
d)
Buchstabe d
genannten Vorschriften ermächtigen, soweit eine Rechtsverordnung nach Satz 2 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, soweit dies zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union erforderlich ist, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Tatbestände zu bezeichnen, die als Ordnungswidrigkeit nach Satz 1 Nummer 2 geahndet werden können.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen

1.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe d und Nummer 2 Buchstabe d mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro,
2.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und Nummer 2 Buchstabe c mit einer Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro,
3.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 Buchstabe a mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro,
4.
des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 Buchstabe b mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro,
5.
des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu zweitausend Euro
geahndet werden.

(4) In den Fällen des Absatzes 3 Nummer 1 und 2 ist § 30 Absatz 2 Satz 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten anzuwenden.

(5) Fahrzeuge, Fahrzeugteile und Ausrüstungen, auf die sich eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 in Verbindung mit § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 10 oder eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 2 Satz 1 bezieht, können eingezogen werden.

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.