Amtsgericht München Endurteil, 15. Mai 2018 - 231 C 4144/17

bei uns veröffentlicht am15.05.2018

Gericht

Amtsgericht München

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.131,95 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.05.2017 zu zahlen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Der Streitwert wird auf 1.131,95 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Einziehung einer bei der Beklagten als Drittschuldnerin gepfändeten Forderung.

Der Kläger hat gegen die O. A.S. mit Sitz in der Türkei (Schuldnerin) einen Anspruch auf Zahlung von 400 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.01.2016, rechtskräftig festgestellt durch Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 18.04.2016, Az. 519 C 4884/15, sowie einen Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe von 662,68 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2016, rechtskräftig festgestellt durch den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Hannover vom 11.08.2016, Az. 519 C 4884/15.

Bei der Beklagten handelt es sich um eine so genannte IATA-Agentur. Die IATA bildet als Dachverband einen Zusammenschluss von über 250 weltweit agierenden und meist größeren Fluggesellschaften, die unter anderem die Aufgabe übernommen hat, für ihre Mitglieder den Verkauf, die Ausstellung und die Abrechnung verkaufter Flugtickets zu vereinfachen. Hierzu gewährt sie, nach vorheriger Prüfung der Zuverlässigkeit und Solvenz, im Rahmen einer Akkreditierung so genannten IATA-Agenturen die Befugnis, Flugtickets für die an die IATA angeschlossenen Fluggesellschaften unmittelbar auszustellen. Die anschließende Abrechnung der von den IATA-Agenturen ausgestellten Flugtickets erfolgt im Rahmen des BSP (Billing and Settlement Plan). Hierzu werden im Rahmen des BSP die Preise sämtlicher Ticketverkäufe, die eine IATA-Agentur im Abrechnungszeitraum getätigt hat und die ihr über eine eindeutige IATA-Nummer zugeordnet wurden, summiert und in einem vereinbarten Rhythmus, regelmäßig eine Woche, als Gesamtbetrag von der IATA bei der betreffenden IATA-Agentur eingezogen. Die IATA übernimmt anschließend die Auskehr und Verteilung der eingezogenen Beträge an die Fluggesellschaften entsprechend der jeweils auf diese im Einzelnen entfallenden Ticketverkäufe.

Die Rechtsbeziehungen zwischen der IATA und den IATA-Agenturen werden unter anderem vom „Passenger Sales Agency Agreement“ geregelt. Nr. 7.1 dieses Agreements lautet auszugsweise:

„on the issue by the Agent of a Traffic Document on behalf of the Carrier […] the Agent, irrespective of whether it collects a corresponding amount, shall be responsible for payment to the Carrier […]”.

Nr. 7.2 dieses Agreements lautet auszugsweise:

„All monies collected by the Agent […] shall be the property of the Carrier and shall be held by the Agent in trust for the Carrier or on behalf of the Carrier until satisfactorily accounted for to the Carrier and settlement made.” Für den vollständigen Wortlaut des Agreements wird auf Anlage K8 Bezug genommen.

Die Teilnahme am BSP richtet sich unter anderem nach dem „BSP Manual for Agents – Local Procedures“. In Ziffer 14.5.2 dieses Dokuments ist vorgesehen, dass die IATA-Agentur über sogenannte ACMs (Agency Credit Memos) Gutschriften von der Fluggesellschaft erhalten kann. In Ziffer 14.6 ist aufgeführt, dass wöchentlich im Onlinesystem des BSP (BSPlink) sowohl die „Agent Billing Analysis“ samt den der Abrechnung zugrundeliegenden E-Ticketnummern als auch das „Agent Billing Statement“ samt dem auf jede Airline entfallenden Gesamtbetrag zum Abruf bereitgestellt werden. Für den genauen Wortlaut wird auf die nicht nummerierte Anlage zum Schriftsatz vom 26.01.2018 (Bl. 33/34 dA) Bezug genommen.

Die Beklagte ist zudem als so genannter Consolidator tätig. Mit dieser Tätigkeit eröffnet sie mit ihr in Vertragsbeziehung stehenden Reisebüros, die über keine eigene IATA-Lizenz verfügen, unter anderem die Möglichkeit, gegen ein Bearbeitungsentgelt Ticketbuchungen unter der IATA-Nummer der Beklagten bei Fluggesellschaften direkt vornehmen zu können.

Die F. T. GmbH gehört zum gleichen Konzern wie die Beklagte. Die F. T. GmbH vermittelt im operativen Geschäft Flüge der Schuldnerin oder bietet diese Flüge im Rahmen von Pauschalreisen selbst als Leistung an. Unter anderem am 29.08.2016 und 11.07.2017 schloss die F. GmbH Reiseverträge, die einen Flug mit der Schuldnerin beinhalteten. Im Februar 2017 bot die F. GmbH Flüge mit der Schuldnerin gegenüber Endkunden an. Am 02.03.2017 verkaufte die F. GmbH Flüge mit der Schuldnerin an Endkunden.

Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 04.01.2017, Az. 1535 M 52598/16, ließ der Kläger Ansprüche der Schuldnerin gegen die Beklagte auf Bezahlung der Ticketpreise aus dem Kauf und Verkauf von Flugtickets der Schuldnerin pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde der Beklagten als Drittschuldnerin am 10.01.2017 zugestellt. Am 11.01.2017 teilte die Beklagte gegenüber der Klägerin mit, dass die erfolgte Pfändung nicht anerkannt werde, da keinerlei Forderungen existierten und mit der Schuldnerin keine aktive Geschäftsbeziehung bestünde.

Der Kläger behauptet im Wesentlichen, die Beklagte stünde mit der Schuldnerin in laufender Geschäftsbeziehung. Diese sei zwar dergestalt organisiert, dass die Bezahlung der ausgegebenen Flugtickets über die IATA abgewickelt würden. Es liege jedoch ein Dauertreuhandverhältnis im Verhältnis zur Schuldnerin vor, da die Beklagte die Ticketpreise als Treuhänder für die Schuldnerin vereinnahmen würde und dieser gegenüber zur Auskehr über die IATA verpflichtet wäre. Zum Zeitpunkt der Pfändung seien Forderungen der Schuldnerin gegen die Beklagte in Höhe von jedenfalls 1.131,95 € vorhanden gewesen. Denn die Beklagte werde von der F. GmbH als IATA-Agent bzw. Consolidator für die Buchungen von Flügen der Schuldnerin eingesetzt. Es sei deshalb äußerst unwahrscheinlich, dass zum Zeitpunkt der Pfändung keine Forderung der Schuldnerin gegen die Beklagte aus diesen Ticketbuchungen vorhanden war.

Die Klägerin ist der Auffassung, Forderungen der Schuldnerin gegen die Beklagte in Höhe von jedenfalls 1.131,95 € seien erfolgreich gepfändet worden. Zudem komme es auf den Forderungsstand der Schuldnerin bei der Beklagten im Zeitpunkt der Pfändung nicht an, da nach § 832 ZPO auch alle später fällig werdenden Forderungen von der Pfändung umfasst seien.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.131,95 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

Die Beklagte behauptet im Wesentlichen, eine faktische Möglichkeit, die Pfändung und Überweisung umzusetzen, bestünde nicht. Da sämtliche Zahlungsströme über die IATA und das BSP abgewickelt würde, wäre der Beklagten jede Gelegenheit genommen, auf vereinnahmte Ticketpreise für Flugtickets der Schuldnerin zuzugreifen. Die IATA verlange eine unbedingte Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen, anderenfalls drohe der Beklagten die Deklaration als „in default“ sowie der Entzug der IATA-Lizenz. Zudem seien zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses keine von der Beklagten als IATA-Agentin ausgestellten aber noch nicht bezahlten Flugtickets der Schuldnerin vorhanden gewesen.

Die Beklagte ist der Auffassung, ein unmittelbares Vertragsverhältnis mit der Schuldnerin bestünde nur zum Fluggast. Sie selbst sei allein zur Erfüllung der von der IATA übertragenen Aufgaben verpflichtet. Der hierzu gehörenden Pflicht der vollständigen Zahlung aller über ihre IATA-Nummer gebuchten Flüge könne sie sich nicht entziehen. Darüber hinaus wäre das Gesamtsystem der IATA zum Scheitern verurteilt, wenn der Zahlungsfluss zwischen Agent und IATA durch Forderungen, Minderungen oder sonstige isolierte Preisanpassungen gestört würde.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlungen vom 22.11.2017, 28.03.2018 und 18.04.2018 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 1.131,95 €. Er hat infolge des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts München vom 04.01.2017, Az. 1535 M 52598/16 den Anspruch der Schuldnerin gegen die Beklagte auf Auszahlung des Teilbetrages der Ticketpreise, welche die Beklagte infolge ihrer Tätigkeit als IATA-Agent vereinnahmt und die daraus resultieren, dass sie Tickets für Flüge der Schuldnerin ausstellt, in der gepfändeten Höhe zur Einziehung erworben.

1. Der Kläger ist aktivlegitimiert.

Der Kläger ist infolge des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts München vom 04.01.2017, Az. 1535 M 52598/16 gemäß §§ 835 Abs. 1 Alt. 1, 836 Abs. 1 ZPO berechtigt. Er hat infolge der Überweisung zur Einziehung einen Anspruch auf Auszahlung des Teilbetrages der Ticketpreise erworben, welche die Beklagte infolge ihrer Tätigkeit als IATA-Agent vereinnahmt und die daraus resultieren, dass sie Tickets für Flüge der Schuldnerin ausstellt.

2. Der Anspruch der Schuldnerin gegen die Beklagte besteht in Höhe von jedenfalls 1.131,95 €.

a) Der Anspruch der Schuldnerin gegen die Beklagte besteht dem Grunde nach. Die Beklagte ist der Schuldnerin gegenüber zur Verschaffung der vereinnahmten Beträge verpflichtet. Dass diese Verschaffung nach den für das Verhältnis zwischen der Beklagten und der Schuldnerin gewählten Konstruktionen als Auskehr allein über die IATA im Rahmen des BSP zu erfolgen hat, ist rechtlich ohne Belang.

1) Die Beklagte ist IATA-Agentur und dadurch als eine Vertriebsstelle für den Luftbeförderungsvertrag anzusehen, welcher direkt zwischen dem Endkunden und der Fluggesellschaft zustande kommt (Gran, RRa 1999, 67; Gran, Die IATA aus Sicht des deutschen Rechts, S. 107; Schwenk in: Recht der Touristik, (Stand 1998), 3. Abschnitt, S. 19 f. – zitiert nach Gran, RRa 1999, 67).

2) Welche rechtliche Funktion ein IATA-Agent beim Vertrieb der Flugtickets genau übernimmt, ist bislang in der Rechtsprechung nicht entschieden worden. In Betracht kommen hier vor allem sowohl eine Stellvertretung als auch eine reine Botenstellung.

Im heutigen digitalen Zeitalter spricht viel dafür, dass die Beklagte die jeweiligen Willenserklärungen der späteren Parteien des Beförderungsvertrages nur wechselseitig vermittelt, indem sie zunächst den Buchungswunsch des Reisenden oder des Reiseveranstalters, mithin das Vertragsangebot, entgegennimmt und diesen an die betreffende Fluggesellschaft bzw. deren Buchungssystem weiterleitet. Anschließend übermittelt die Beklagte die elektronische Bestätigung bzw. die Vornahme der Sitzplatzbuchung und die Ausgabe der Ticketnummer durch das Luftfahrtunternehmen als annehmende Willenserklärung der Fluggesellschaft an den Buchenden (vgl. Schulz, RRa 2006, 134).

Sollte die an die IATA-Agenturen ausgelagerte Ausstellung der Tickets hingegen nicht als Weitergabe einer fremden, sondern vielmehr als eigene Willenserklärungen der Agenturen im fremden Namen einzuordnen sein, wäre hingegen eher von einer Stellvertretung auszugehen unter Gestattung eines In-Sich-Geschäfts (Gran, Die IATA aus Sicht des deutschen Rechts, S. 76 f.). Dafür spricht, dass im Agenturvertrag der IATA in seiner aktuellen Fassung geregelt ist „All services sold pursuant to this Agreement shall be sold on behalf of the Airline“.

3) Ob die Beklagte als Stellvertreterin sowohl der Fluggesellschaft als auch des Buchenden agiert oder ob sie lediglich die Willenserklärungen der beiden späteren Vertragsparteien weitergibt, bedarf letztlich aber keiner Entscheidung.

Denn in beiden Fällen begründet die Tatsache, dass die Beklagte unstreitig (Bl. 33 dA) die Preise für die ausgestellten Tickets zunächst selbst vereinnahmt, für eine gewisse Zeit verwaltet und diese dann von der IATA über das BSP einziehen lässt, eine Verpflichtung der Beklagten gegenüber der jeweiligen Fluggesellschaft, hier der Schuldnerin, zur Auskehr bzw. Verschaffung der auf diese entfallenden Beträge. Die Beklagte fungiert insoweit als Einziehungsstelle mit Inkassovollmacht (Gran, RRa 1999, 67, 69; vgl. auch Schulz, RRa 2006, 134). Neben das über den IATA-Vertrag begründete Vermittlungs- bzw. Vertretungsverhältnis zur Schuldnerin tritt folglich ein Verwaltungsverhältnis, welches den Anspruch der Schuldnerin auf Erhalt der vereinnahmten Ticketpreise betrifft (Gran, RRa 1999, 67, 70). Die Ansprüche aus diesem Einziehungs- und Verwaltungsverhältnis sind es, die vorliegend der Pfändung unterliegen.

Dabei kann auch offenbleiben, ob im Rahmen dieses Verhältnisses eine Qualität erreicht wird, die – unabhängig von der im Passenger Sales Agency Agreement (Anlage K8) unter Nr. 7.2 getroffenen Regelung – auch nach dem deutschen Recht eine Treuhänderstellung der Beklagten begründet (dafür wohl Gran, RRa 1999, 67, 70; dagegen, allerdings auf das Frachtgeschäft bezogen, BGH NJW-RR 1989, 252 (Rn. 31)). Denn jedenfalls ist die Beklagte schuldrechtlich verpflichtet, der Schuldnerin die dieser zustehenden Entgelte aus den Ticketausstellungen zu verschaffen (so explizit auch BGH, aaO). Unzweifelhaft ist hierbei auch insbesondere, dass die Schuld entgegen der Ansicht der Beklagten gegenüber dieser besteht und nicht etwa gegenüber der IATA. Gemäß Nr. 7.1 des unstreitig anwendbaren Passenger Sales Agency Agreement (Anlage K8) sind die Preise für die verkauften Tickets ausdrücklich allein gegenüber der Fluggesellschaft geschuldet. Nach Nr. 7.2 erfolgt zudem die Einziehung dieser Beträge ausdrücklich für die Fluggesellschaft und verbleiben sogar in deren Eigentum und werden von der Agentur in der Zwischenzeit lediglich treuhänderisch verwaltet.

4) Soweit die Beklagte schließlich einwendet, der Pfändung stünde entgegen, dass für die Beklagte mangels unmittelbarem Zahlungsverkehr mit der Schuldnerin keine Möglichkeit bestünde, eine erfolgte Pfändung faktisch umzusetzen, etwa in Form einer Aufrechnung, verfängt dies nicht. Gleiches gilt für das Vorbringen, der Pfändung stünden unumstößliche vertragliche Verpflichtungen gegenüber der IATA auf unbedingte Zahlung und keinerlei Möglichkeit zum (teilweisen) Widerspruch gegen die über das BSP vorgenommene turnusmäßige Abbuchung entgegen. Der entsprechende Vortrag übersieht, dass im Rahmen des BSP sehr wohl Mittel und Wege bestehen, Gegenansprüche geltend zu machen oder Unstimmigkeiten über die Berechtigung einer Forderung zu klären. So folgt aus dem „BSP Manual for Agents – Local Procedures“ (nicht nummerierte Anlage zum Schriftsatz vom 26.01.2018, Bl. 33 dA) Ziffer 14.5.2, dass die IATA-Agentur über sogenannte ACMs (Agency Credit Memos) Gutschriften von der Fluggesellschaft erhalten kann. Folgt man dem im von der Beklagten vorgelegten „BSP Manual for Agents – Local Procedures“ auf Seite 2 genannten Link zum Haupthandbuch „BSP Manual for Agents“, wird noch weiter erhellt, wie diese Geltendmachung rein praktisch abläuft. So bestimmt 5.2, dass BSPlink einen Streitregelungsmechanismus vorsieht und dass Gutschriften bei der Airline beantragt werden können. Das „BSPlink Manual for Agents“, auf das im Manual mehrmals und in „Appendix D“ mit Fundstelle verwiesen wird, regelt sodann unter Ziffer 5, dass ACMs von der Agentur unter Beigabe einer Begründung bei der Airline angefragt werden können. Stimmt die Airline dem ACM zu, wird der entsprechende Betrag sodann im Rahmen des aktuellen oder nächstmöglichen Abrechnungszyklus berücksichtigt und führt zu einer Minderung des durch die IATA eingezogenen Betrages. Diese übernimmt dann die Einzelabrechnung gegenüber der Airline. Des Weiteren können nach Nr. 26 Konflikte initiiert werden, so genannte Post Billing Disputes (PBD). Die Korrekturanfrage zu einer Buchung wird von der Agentur begründet und über das BSP an die Airline gesandt. Diese hat dann 30 Tage Zeit auf die Anfrage zu antworten und zu erklären, ob sie der Korrekturanfrage zustimmt (Agree to Agent) oder diese ablehnt (Reject). Reagiert die Airline nicht, gilt der Konflikt automatisch als zugunsten der Agentur gelöst. Die Beklagte hätte vor diesem Hintergrund also entgegen ihrem Vortrag durchaus direkt innerhalb des Abrechnungssystems des BSP die Möglichkeit, gegenüber der Schuldnerin konkret geltend zu machen, dass sie den auszukehrenden Ticketpreisen Forderungen aus einer erfolgten Einziehung bei ihr als Drittschuldnerin entgegenhält hält. Diese Schlussfolgerung liegt umso mehr nahe, als die Beklagte trotz mehrmaligem Hinweis des Gerichts bezeichnenderweise davon abgesehen hat, näher dazu vorzutragen, welche (ihrer Auffassung nach offenbar nicht ausreichenden) Möglichkeiten der Streitregelung im Rahmen der IATA bzw. des BSP vorhanden sind.

5) Soweit die Beklagte weiter darauf verweist, dass einer Pfändung entgegenstünde, dass es sich bei den vereinnahmten Geldern um solche der Endkunden handelt, verfängt dies nicht. Die treuhänderische Bindung besteht hier, wenn überhaupt, nicht gegenüber den Endkunden, sondern lediglich gegenüber der Schuldnerin. Es sind daher allenfalls Gelder der Schuldnerin, die der Pfändung unterliegen. Einer Pfändung des Gläubigers des Treugebers in das Treugut stehen aber gerade keine zwangsvollstreckungsrechtlichen Bedenken entgegen.

Endlich ist noch festzuhalten, dass es das besondere Geschäftsmodell der Beklagten bildet, Tickets von Fluggesellschaften wie der Schuldnerin zu vermarkten oder zu vermitteln und sich hierbei zugleich der enormen Vereinfachungen und Optimierungen der Zahlungsprozesse zu bedienen, die die Lizenzierung als IATA-Agentur und die Teilnahme am BSP mit sich bringen. Die mit diesen Vorteilen für die Beklagte ebenfalls verbundenen Nachteile bzw. Erschwernisse können nicht zulasten der Dritten gehen. Würde die Beklagte ihre Ticketausstellungen, für die die Preise nach ihrem Vortrag wöchentlich „in Millionenhöhe“ (Bl. 43 dA) liegen, direkt mit den jeweiligen Fluggesellschaften, hier also der Schuldnerin, abrechnen, könnte die Beklagte ihre Gegenrechte im Verhältnis zur jeweiligen Airline ohne Probleme geltend machen. Die Beklagte ist direkter Nutznießer derjenigen Prozesse, die sie nun im Rahmen des Verfahrens anführt, um daraus eine faktische Unmöglichkeit der Umsetzung der Pfändung im Verhältnis zur Schuldnerin abzuleiten. Diese Nutznießerschaft rechtfertigt es, der Beklagten die mit ihrem Geschäftsmodell ebenfalls verbundenen Nachteile und Risiken voll aufzuerlegen.

b) Die Schuldnerin hatte im Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses Forderungen gegen die Beklagte in der mit der Klage geltend gemachten Höhe.

Dies gilt als zwischen den Parteien unstreitig, § 138 Abs. 3 ZPO. Die Beklagte hat ihre sekundäre Darlegungslast im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen der entsprechenden Forderungen nicht erfüllt, was zur Geständnisfiktion führt (Greger, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2017, § 138 Rn. 8b).

1) Nach der ständigen Rechtsprechung (BGHZ 86, 23 (29); 100, 190 (195), BGH NJW 1990, 3151; BGHZ 120, 320 (327); BGHZ 182, 245; BGHZ 197, 196; NJW 1995, 3311; 1999, 717; NJW-RR 2002, 1309) obliegt der nicht beweisbelasteten Partei eine gesteigerte Substantiierungslast, wenn die an sich beweisbelastete Partei außerhalb des für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablauf steht und deshalb die maßgebenden Tatsachen im Einzelnen nicht kennt, während diese der Gegenpartei bekannt sind. Die sekundäre Darlegungslast betrifft also Fälle, in denen ein deutliches Informationsgefälle zwischen den Parteien besteht (MüKoZPO/Prütting ZPO § 286 Rn. 103). In diesen Konstellationen können dem Prozessgegner der beweisbelasteten Partei ausnahmsweise nähere Angaben über die zu seinem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zuzumuten sein, wenn die primär darlegungspflichtige Partei außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner ohne weiteres nähere Angaben machen kann (vgl. BGHZ 145, 170, 184 m.w. Nachw.; BGH Urt. v. 5.6.2003 – I ZR 234/00, BeckRS 2003, 08473; Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2017, Vor § 284 Rdnr. 34; Musielak/Voit/Stadler ZPO § 138 Rn. 1).

2) So liegt es hier. Die Klagepartei hat keinerlei Einblick in den Zeitpunkt und den Umfang der Ticketausstellungen der Beklagten bezüglich Flügen, die von der Schuldnerin durchgeführt werden. Dieser Umstand und die daraus resultierenden fehlenden Detailkenntnisse über das Bestehen und gegebenenfalls den Umfang von Forderungen der Schuldnerin gegen die Beklagte führen dazu, dass die Anforderungen an die Substantiierung des Vortrags durch die Klägerin abgesenkt sind und es zu einem Wechsel der Darlegungslast kommt. Die Klägerin hat hier ausreichend dargetan, dass es vorliegend äußerst wahrscheinlich ist, dass im relevanten Zeitpunkt tatsächlich Forderungen der Schuldnerin gegen die Beklagte bestehen, die der Pfändung und Überweisung unterliegen. So hat die Klägerin – von der Beklagten unbestritten – vorgetragen, dass die Beklagte als konzernverwandtes Unternehmen für die im operativen Geschäft tätige F. GmbH mit hoher Wahrscheinlichkeit die ticketmäßige Abwicklung übernimmt, soweit hierfür ein IATA-Agent oder ein Consolidator erforderlich ist. Zudem wurden von der Klageseite Buchungen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die F. GmbH Reiseverträge abgeschlossen hat, im Rahmen derer sie sich der Schuldnerin als Erfüllungsgehilfin für den Transport der Reisenden bediente. Die Buchungen liegen zwar um den Zeitraum der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses herum und treffen diesen nicht. Dies ist jedoch nicht erforderlich. Denn der Vortrag zu den beiden konzernverbundenen Unternehmen, von denen eines die Agenturbeziehung zur für Flugbuchungen zentralen, wenn nicht sogar unentbehrlichen IATA unterhält und das andere im für den deutschen Markt höchst erfolgreich operativ agierend Reiseangebote vermarktet, in Verbindung mit dem Umstand, dass – wie wohl auch unstreitig – Ticketverkäufe über die Beklagte abgewickelt wurden, die Tickets der Schuldnerin betrafen, führt dazu, dass als äußerst wahrscheinlich einzustufen ist, dass im relevanten Zeitpunkt Forderungen der Schuldnerin gegen die Beklagte vorhanden waren, die noch nicht erfüllt waren und damit gepfändet werden konnten.

Dieses Naheliegen und diese große Wahrscheinlichkeit führen dazu, dass die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast zu den tatsächlich im Zeitpunkt der Pfändung vorhandenen Forderungen der Schuldnerin gegen die Beklagte hat. Der Beklagten sind diese Informationen leicht zugänglich, wohingegen die Klageseite keine Möglichkeit hat, die entsprechenden Informationen selbst auf einem anderen Weg zu erlangen. Der äußerst knapp gehaltene Einwand der Beklagten, es sei eine komplexe Prüfung erforderlich, überzeugt nicht. Zum einen lässt sich der Literatur entnehmen, das im im Rahmen des BSP für die Abrechnungsperiode zur Verfügung gestellten „Agent Billing Statement“ (ehemals „Agency Statement of Account“) die entstandene Zahlschuld pro Fluggesellschaft aufgeschlüsselt wird. Die „Agent Billing Analysis“ enthält sodann die Aufschlüsselung nach einzelnen Flugscheinnummern (Steppler, RRa 2006, 176). Das deckt sich mit den Angaben im „BSPlink Manual for Agents“, dort Ziffer 15.3, wonach im Rahmen einer „Online Billing Analysis“ die Verkaufszahlen je Airline für die letzten 24 Monate recherchiert werden können und mit den Angaben im BSP Manual for Agents – Local Procedures, dort Ziffer 14.6 wonach wöchentlich im Onlinesystem des BSP (BSPlink) sowohl die „Agent Billing Analysis“ mitsamt den E-Ticketnummern als auch das „Agent Billing Statement“ samt dem auf jede Airline entfallenden Gesamtbetrag bereitgestellt werden.

3) Diese sekundäre Darlegungslast hat die Beklagte vorliegend nicht im Ansatz erfüllt. Schon aus dem Hinweisbeschluss vom 15.02.2018 war für die Beklagte ersichtlich, dass das Gericht die sekundäre Darlegungslast zwar derzeit als noch nicht ausgelöst betrachtet, zugleich aber davon ausgeht, dass hierfür keine besonders hohe Schwelle mehr anzunehmen sein dürfte, sondern vielmehr ein Vortrag, der das Bestehen der Forderungen als „äußerst naheliegend“ erscheinen lässt, genügen würde. Dass dies mit dem Vortrag aus dem Schriftsatz vom 12.03.2018 der Fall war, war auch für die Beklagte evident. Jedenfalls aber hat das Gericht in seinem Hinweis vom 13.03.2018 auf diesen Umstand hingewiesen und mitgeteilt, dass nunmehr substantiierter Vortrag vonseiten der Beklagten erforderlich ist. Dennoch beschränkte sich die Beklagte im Schriftsatz vom 11.04.2018 darauf, pauschal zu behaupten, zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändung- und Überweisungsbeschlusses seien keine Flugtickets der Schuldnerin ausgestellt gewesen, die noch nicht bezahlt waren. Näherer Vortrag dazu, weshalb das nicht der Fall gewesen sein soll, unterbleibt hingegen. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat diese keineswegs „ausführlich“ vorgetragen. Es wäre an der Beklagten gewesen, zumindest näher darzutun, wie viele Ticketausstellungen betreffend die Schuldnerin im Zeitraum unmittelbar vor und nach der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses abgewickelt wurden, wann Einnahmen daraus zuflossen und wann die Einziehung dieser Einnahmen über die IATA genau erfolgt ist. Die Beklagte zieht sich indes auf eine pauschale Behauptung zurück ohne diese durch genaueren Vortrag zu untermauern und sei es nur, dass sie vorträgt, dass am Tag zuvor durch die IATA alle Einnahmen aus den Ticketausstellungen für Flüge der Schuldnerin eingezogen wurden.

Diese Obliegenheitsverletzung führt zur Geständnisfiktion, § 138 Abs. 3 ZPO. Zudem macht sie den Vortrag der Beklagten, gerade auch im Hinblick auf die entgegen dem Vorbringen der Beklagte sehr leicht durch eine Abfrage im Onlinesystem BSPlink zugänglichen Zahlen zu den einzelnen Ticketverkäufen, erheblich unglaubwürdig.

4) Soweit die Beklagte weiter im Schriftsatz vom11.04.2018 erstmals vorträgt, es gebe mit der A. GmbH noch ein weiteres Unternehmen, über das die Beklagte Ticketausstellungen vornehmen lassen würde, erschließt sich die Relevanz dieses Vortrags nicht. Der Vortrag erfolgt zum einen nur „Zur Vervollständigung“, so dass die Erheblichkeit des Vorbringens offenbar nicht einmal aus Sicht der Beklagten gegeben ist. Er weist zum anderen keinen Bezug zu den hier allein interessierenden Ticketausstellungen über die Beklagte auf. Es mag sein, dass ein weiteres Unternehmen Tickets für Flüge der Schuldnerin ausstellt und dies sogar in Kollaboration mit der Beklagten geschieht. Dass sämtliche Tickets für die Schuldnerin im relevanten Zeitraum von der A. GmbH ausgestellt worden wären, trägt die Beklagte nicht vor. Damit kann aus dem Vortrag aber nicht abgeleitet werden, dass im relevanten Zeitraum von der Beklagten keinerlei Ticketausstellungen vorgenommen wurden und mithin keinerlei Einnahmen, die der Pfändung unterliegen könnten, vorhanden waren. Es wurde daher unstreitig zumindest ein Teil der Ticketausstellungen für Flüge der Schuldnerin durch die Beklagte vorgenommen, so dass sich an vorstehendem Ergebnis im Hinblick auf die Obliegenheit zur näheren (sekundären) Darlegung durch den Vortrag zur A. GmbH nichts ändert.

5) Beweis war über die von der Beklagten aufgestellte Behauptung, es seien zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändung- und Überweisungsbeschlusses keine Flugtickets der Schuldnerin ausgestellt gewesen, die noch nicht bezahlt waren, nicht zu erheben. Das Gegenteil gilt aufgrund der Nichterfüllung der sekundären Darlegungslast bereits als zugestanden, so dass die Beweisbedürftigkeit entfallen ist. Jedenfalls aber ist der gestellte Beweisantrag unzulässig. Es wird nicht deutlich, weshalb die benannte Zeugin Angaben zu diesem Beweisthema machen können soll. Die Angabe der Funktionsbezeichnung „Teammanagerin“ sagt wenig mehr, als dass die Zeugin bei der Beklagten in einer Position mit Personalverantwortung beschäftigt ist. Da bei der Beklagten aber sehr viele solche Personen arbeiten dürften, jedoch nicht alle davon tatsächlich Angaben zur behaupteten Tatsache machen können dürften, genügt dies für das Herbeiführen eines zulässigen Beweisantrages nicht. Zudem ist der Antrag schon zu unbestimmt, da offenbleibt, worauf sich die Behauptung der Beklagten, die Tickets der Schuldnerin seien „noch nicht bezahlt“ gewesen, genau beziehen soll. „Bezahlt sein“ kann sich auf die Bezahlung durch die Erwerber der Tickets, aber auch auf die Bezahlung durch die Beklagte beziehen. Es bleibt vor diesem Hintergrund unklar, ob die Behauptung so verstanden werden soll, dass die Beklagte noch nichts eingenommen hatte, das sie hätte weiterleiten können oder so, dass bereits alle Einnahmen weitergeleitet worden sind. Letztlich handelt es sich bei dem Beweisantrag zudem um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Den erforderlichen Sachvortrag, welche Ticketausstellungen wann erfolgt sind und welche Abbuchungen durch die IATA wann vorgenommen wurden, soll ersichtlich die Zeugin leisten. Dies vorzubringen, wäre jedoch Aufgabe der Beklagten gewesen. Wäre dieser Vortrag von der Gegenseite bestritten worden, hätte sodann über die konkreten Behauptungen Beweis erhoben werden können.

6) Auf die Frage, ob § 832 ZPO vorliegend auf die Geschäftsverbindung der Beklagten mit der Schuldnerin Anwendung findet, kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr an.

3. Der Anspruch auf Zahlung der Nebenforderung ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 S. 2, 288 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.

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Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juni 2003 - I ZR 234/00

bei uns veröffentlicht am 05.06.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 234/00 Verkündet am: 5. Juni 2003 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja H

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Das Pfandrecht, das durch die Pfändung einer Gehaltsforderung oder einer ähnlichen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung erworben wird, erstreckt sich auch auf die nach der Pfändung fällig werdenden Beträge.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 234/00 Verkündet am:
5. Juni 2003
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Grundsätze zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs kommen
auch nach Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli
1998 zur Anwendung.

b) Bei einem völlig ungeklärten Schadenshergang ist der Fixkostenspediteur
grundsätzlich verpflichtet, detailliert zum Organisationsablauf in seinem Betrieb
und zu den von ihm gegen einen Verlust von Transportgut eingerichteten
Sicherheitsmaßnahmen vorzutragen. Kommt er dem nicht einmal ansatzweise
nach, läßt das im allgemeinen den Schluß darauf zu, daß der eingetretene
Schaden durch Leichtfertigkeit i.S. von § 435 HGB und in dem Bewußtsein
, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, verursacht
wurde.

c) Die Berücksichtigung eines mitwirkenden Schadensbeitrages nach § 425
Abs. 2 HGB kommt auch dann in Betracht, wenn dem Frachtführer ein qualifiziertes
Verschulden i.S. von § 435 HGB anzulasten ist.
BGH, Urteil vom 5. Juni 2003 - I ZR 234/00 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 5. Juni 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. September 2000 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Transportversicherer der E. Computersysteme in Essen (im folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Versicherungsnehmerin kaufte von der H. Computersysteme in Essen diverse Computerteile, für die ihr die Verkäuferin unter dem
11. November 1998 insgesamt 95.615 DM netto in Rechnung stellte. Gemäß dem zu der Sendung gehörenden Lieferschein sollte die Ware per Paketdienst an den Messestand der Versicherungsnehmerin auf einer Messe in Köln geliefert werden. Mit der Beförderung der Ware von Essen zu dem Messestand in Köln beauftragte die Verkäuferin die Beklagte zu festen Kosten. Dem Beförderungsvertrag lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand Februar 1998) zugrunde, die Regelungen zum Haftungsumfang unter anderem bei einer vom Versender unterlassenen Wertangabe enthalten. Ferner ist in Nr. 10 Abs. 5 der Beförderungsbedingungen bestimmt, daß die darin vorgesehenen Haftungsbeschränkungen nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Beklagten, ihrer gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen gelten. Nach einem Absendebeleg der Beklagten übergab die Verkäuferin einem Fahrer der Beklagten am 12. November 1998 zwei Pakete (28 und 29 kg schwer) zur Beförderung zu dem Messestand der Versicherungsnehmerin in Köln, wo sie jedoch nicht ankamen. Die Beklagte teilte unter dem 22. Januar 1999 mit, daß sie einen Zustellnachweis nicht ermitteln könne.
Die Klägerin hat behauptet, in den beiden Paketen, die dem Fahrer der Beklagten übergeben worden seien, hätten sich die ihrer Versicherungsnehmerin unter dem 11. November 1998 in Rechnung gestellten Computerteile befunden. Die Beklagte habe für den Verlust der Sendung lediglich 1.000 DM Entschädigung gezahlt. In Höhe des Restbetrages habe sie ihrer Versicherungsnehmerin , die ihre etwaigen Schadensersatz- und Regreßansprüche am 1. März 1999 an sie, die Klägerin, abgetreten habe, den Schaden ersetzt.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hafte angesichts ihrer gerichtsbekannt mangelhaften Organisation für den Verlust der beiden Pakete unbeschränkt.
Sie hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 94.615 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie ist der Ansicht, die Rechtsprechung zur Einlassungsobliegenheit des Spediteurs/Frachtführers (im weiteren : Fixkostenspediteur) könne nach dem seit 1. Juli 1998 geltenden Transportrecht nicht unverändert aufrechterhalten bleiben. Ihr könne auch nicht vorgeworfen werden, zu ihrer Organisation nicht genügend vorgetragen zu haben. Sie habe erstinstanzlich ausdrücklich um einen richterlichen Hinweis gebeten, falls das Gericht nähere Angaben über ihre Organisation für erforderlich halten sollte. Ein derartiger Hinweis sei ihr nicht erteilt worden. Zudem sei es rechtsmißbräuchlich , trotz unterlassener Wertangabe vollen Schadensersatz zu verlangen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte hafte für den Verlust der beiden ihr zur Beförderung anvertrauten Pakete gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB (in der seit dem 1. Juli 1998 geltenden Fassung) i.V. mit § 398 BGB und § 67 Abs. 1 VVG unbeschränkt auf Schadensersatz. Dazu hat es ausgeführt:
Die Beklagte unterliege gemäß § 459 HGB der Frachtführerhaftung, da sie die Beförderung des Transportgutes zu festen Kosten übernommen habe. Die für den Messestand der Versicherungsnehmerin in Köln bestimmten Pakete seien der Beklagten übergeben worden. Die Sendung sei im Gewahrsam der Beklagten verlorengegangen, da sie einen Ablieferungsnachweis nicht führen könne.
Die Beklagte hafte für den Verlust gemäß § 435 HGB unbeschränkt, weil - wie das Berufungsgericht näher ausgeführt hat - davon auszugehen sei, daß der Schaden durch ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten oder ihrer Leute verursacht worden sei. Auf die Haftungsbeschränkungen in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen könne sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, da diese in dem hier gegebenen Fall grober Fahrlässigkeit nicht zur Anwendung kämen.
Die unterlassene Wertdeklaration ändere weder an der grundsätzlichen Einlassungsobliegenheit der Beklagten etwas noch rechtfertige sie den Vorwurf des Rechtsmißbrauchs oder des Mitverschuldens. Aufgrund der Beweisauf-
nahme stehe fest, daß sich in den beiden abhanden gekommenen Paketen die in der Rechnung vom 11. November 1998 aufgeführten Computerteile befunden hätten.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg.
1. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten nach § 425 HGB bejaht.
Es ist dabei zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, daß die Beklagte von der Versenderin als Fixkostenspediteurin i.S. des § 459 HGB beauftragt worden ist und daß sich ihre Haftung daher grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) und - aufgrund vertraglicher Einbeziehung - ihren Beförderungsbedingungen beurteilt, soweit diese mit den in § 449 Abs. 2 HGB enthaltenen Regelungen in Einklang stehen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 23.1.2003 - I ZR 174/00, TranspR 2003, 119, 120).
2. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden gemäß § 435 HGB unbeschränkt.
Nach § 435 HGB gelten die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine der in § 428 HGB genannten Personen vorsätz-
lich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, grundsätzlich sei zwar die Klägerin als Anspruchstellerin darlegungs- und beweisbelastet für ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten. Jedoch treffe den Fixkostenspediteur zumindest dann vorab eine Einlassungspflicht hinsichtlich der seiner betrieblichen Sphäre zuzurechnenden und damit der Wahrnehmung des Auftraggebers entzogenen Umstände der generellen und konkreten Abwicklung des Beförderungsauftrags , wenn der Anspruchsteller plausible Anhaltspunkte für ein qualifiziertes Verschulden des Fixkostenspediteurs vorbringe oder - wie im Streitfall - der Schadenshergang völlig im Dunkeln liege. An dieser Verteilung der Darlegungs - und Beweislast habe sich durch das Inkrafttreten des neuen Transportrechts , welches im Streitfall zur Anwendung komme, nichts geändert. Der Umstand, daß § 435 HGB statt grober Fahrlässigkeit Leichtfertigkeit verlange, rechtfertige ebenfalls keine andere Beurteilung der Frage, in welchem Umfang den Fixkostenspediteur eine Einlassungspflicht treffe. Denn die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs seien unabhängig vom Grad des Verschuldens, das für dessen unbeschränkte Haftung gefordert werde.
Die Beklagte sei - so hat das Berufungsgericht weiterhin angenommen - ihrer Einlassungspflicht nicht ansatzweise nachgekommen. Dies begründe die Vermutung qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB. Wer als Fixkostenspediteur seine generellen und konkreten Sicherheitsmaßnahmen nicht darlege bzw. nicht darlegen könne, zeige damit regelmäßig, daß seine Sicherheitsstandards so ungenügend seien, daß sie den Vorwurf des Vorsatzes oder jedenfalls
der Leichtfertigkeit rechtfertigten. Im Streitfall sei der Beklagten auch deshalb Leichtfertigkeit vorzuwerfen, weil ihr aus zahlreichen vom Berufungsgericht entschiedenen Rechtsstreitigkeiten bekannt sei, welche Sicherheitsstandards von ihr gefordert würden, und sie ihre Betriebsorganisation gleichwohl nicht entsprechend geändert habe. Damit habe die Beklagte rücksichts- und bedenkenlos die gegenüber den Vermögensinteressen ihrer Kunden gebotenen Schutzvorkehrungen unterlassen.

b) Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Bereich der ADSp- und CMR-Haftung trägt grundsätzlich der Anspruchsteller die Darlegungs - und Beweislast für ein grob fahrlässiges Verhalten des Anspruchsgegners. Die ihm obliegende Darlegungslast erfüllt er aber bereits dann, wenn sein Klagevortrag nach den Umständen des Falles ein grob fahrlässiges Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt und allein der Fixkostenspediteur zur Aufklärung des in seinem Bereich entstandenen Schadens zumutbarerweise beitragen kann. Gleiches gilt, wenn sich die Anhaltspunkte für das Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. In diesem Fall darf sich der Anspruchsgegner zur Vermeidung prozessualer Nachteile nicht darauf beschränken , den Sachvortrag schlicht zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, das Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten Sachvortrag zum Ablauf des Betriebs und zu den ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auszugleichen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 127, 275, 283 f.; 129, 345, 349 f.; BGH, Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 156/95, TranspR 1998, 262, 263 f. = VersR 1998, 657 m.w.N.). Kommt er dem nicht nach, kann daraus je nach den Umständen des Einzelfalls der Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (vgl. BGH, Urt. v.
6.10.1994 - I ZR 179/92, TranspR 1995, 106, 110 = VersR 1995, 320 m.w.N., zu § 15 Abs. 2 GüKUMT; BGHZ 127, 275, 284).
Diese Darlegungs- und Beweislastgrundsätze hat der Bundesgerichtshof auch im Bereich des internationalen Luftverkehrs hinsichtlich der verschärften Haftung des Luftfrachtführers nach Art. 25 des Warschauer Abkommens in der Fassung von Den Haag 1955 (WA 1955) anerkannt (vgl. BGHZ 145, 170, 183 ff.), dessen Umschreibung qualifizierten Verschuldens in der deutschen Übersetzung in § 435 HGB übernommen worden ist (vgl. Begr. z. Gesetzentwurf d. Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 71).
bb) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß diese Darlegungs - und Beweislastgrundsätze auch hinsichtlich der Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Fixkostenspediteurs bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gemäß §§ 435, 461 Abs. 1 Satz 2 HGB Anwendung finden. Danach trägt der Anspruchsteller die Beweislast dafür, daß der Fixkostenspediteur oder seine "Leute" i.S. von § 428 HGB leichtfertig und in dem Bewußtsein gehandelt haben , daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (vgl. Begr. z. Gesetzentwurf d. Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 72). Hinsichtlich der Einlassungspflicht des Fixkostenspediteurs und der insoweit bestehenden Beweislastverteilung hat das Transportrechtsreformgesetz ebenfalls keine sachlichen Änderungen mit sich gebracht (vgl. Piper, Festgabe für Herber, S. 135, 143 f.; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., § 435 HGB Rdn. 20 f.; Gass in: Ebenroth /Boujong/Joost, HGB, § 435 Rdn. 11; Fremuth in: Fremuth/Thume, Transportrecht , § 435 HGB Rdn. 20).
cc) Entgegen der Auffassung der Revision ist es für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast - und damit auch für die Haftung des Fixkostenspediteurs aufgrund ungenügender Einlassungen zu den in seiner Sphäre liegenden Umständen - ohne Bedeutung, ob und inwieweit aufgrund des nunmehr in § 435 HGB verwendeten Verschuldensbegriffs der Leichtfertigkeit, zu der das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts hinzukommen muß, strengere Anforderungen an ein qualifiziertes Verschulden zu stellen sind als nach § 430 HGB (in der bis zum 30. Juni 1998 geltenden Fassung), der grobe Fahrlässigkeit vorausgesetzt hat (vgl. Piper aaO S. 144). Die Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs sowie die Rechtsfolge der Nichterfüllung dieser Pflicht folgt bereits aus den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und im Schrifttum anerkannten Grundsätzen der sogenannten sekundären Behauptungslast. Danach können dem Prozeßgegner der beweisbelasteten Partei ausnahmsweise nähere Angaben über die zu seinem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zuzumuten sein, wenn die primär darlegungspflichtige Partei außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozeßgegner nähere Angaben machen kann (vgl. BGHZ 145, 170, 184 m.w.N.; Zöller /Greger, ZPO, 23. Aufl., Vor § 284 Rdn. 34; vgl. auch Herber, TranspR 2003, 164, 165).
dd) Auch der weitere Einwand der Revision, die Rechtsprechung zur Haftung des Fixkostenspediteurs für grobes Organisationsverschulden aufgrund ungenügender Einlassungen zu den in seiner Sphäre liegenden Umständen führe faktisch zu einer Beweislastumkehr, greift nicht durch. Denn die Einlassungsobliegenheit besteht nur dann, wenn das prozessuale Geschehen, also der Klagevortrag oder der unstreitige Sachverhalt, Anhaltspunkte für ein Orga-
nisationsverschulden bieten. Auch dann, wenn der Fixkostenspediteur seine Einlassungsobliegenheit erfüllt, bleibt der Anspruchsteller beweisbelastet dafür, daß der vorgetragene Organisationsablauf den Vorwurf qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB rechtfertigt (vgl. BGHZ 145, 170, 184 f.).
ee) Die Revision rügt des weiteren ohne Erfolg, das Berufungsgericht hätte die Beklagte darauf hinweisen müssen, daß sie auch in der zweiten Instanz ihrer Einlassungspflicht nicht nachgekommen sei.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt das Gericht seiner Hinweispflicht nach § 139 Abs. 1, § 278 Abs. 3 ZPO a.F. nur dann, wenn es die Parteien auf fehlenden Sachvortrag, der von seinem materiellrechtlichen Standpunkt aus gesehen entscheidungserheblich ist, unmißverständlich hingewiesen und der Partei die Möglichkeit eröffnet hat, ihren Sachvortrag sachdienlich zu ergänzen (vgl. BGHZ 127, 254, 260 m.w.N.). Diese Hinweispflicht besteht grundsätzlich auch in Prozessen, in denen die Partei durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten wird, jedenfalls dann, wenn der Rechtsanwalt die Rechtslage ersichtlich falsch beurteilt hat oder darauf vertrauen konnte, daß sein schriftsätzliches Vorbringen ausreichend sei (vgl. BGHZ 127, 254, 260; BGH, Urt. v. 27.11.1996 - VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441; Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 179/98, WRP 2001, 699, 701 = NJW 2001, 2548 - Impfstoffe, m.w.N.). Etwas anderes gilt jedoch hinsichtlich solcher Anforderungen an den Sachvortrag, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Prozeßbeteiligter nach dem bisherigen Prozeßverlauf rechnen mußte (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 65/96, NJW-RR 1998, 16; vgl. auch BVerfG NJW 1994, 1274). Insbesondere besteht dann keine Hinweispflicht des Gerichts, wenn das
Verhalten einer Partei den Schluß zuläßt, daß sie nicht näher vortragen kann oder will (vgl. Zöller/Greger aaO § 139 Rdn. 3). So liegt der Fall hier.
(2) Die Klägerin hatte bereits in der Klageschrift auf die Senatsrechtsprechung zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs hingewiesen und die Auffassung vertreten, daß sich daran durch das Transportrechtsreformgesetz nichts geändert habe. Dem hiervon abweichenden Standpunkt der Beklagten ist schon das Landgericht in seinem Urteil entgegengetreten. Die Beklagte hätte sich daher in ihrer Berufungsbegründung nicht auf den Vortrag beschränken dürfen, sie habe im Hinblick auf die Zweifel an der schlüssigen Darlegung der Anspruchsvoraussetzungen und den fehlenden erstinstanzlichen Hinweis auf die Notwendigkeit ergänzenden Sachvortrags keinen Anlaß gesehen , näher zum Organisationsablauf in ihrem Unternehmen vorzutragen. Aufgrund des vorausgegangenen Prozeßverlaufs mußte ein gewissenhafter und kundiger Prozeßbeteiligter damit rechnen, daß auch das Berufungsgericht dem abweichenden Standpunkt der Beklagten, die Rechtsprechung zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs könne nicht unverändert aufrechterhalten bleiben, nicht beitritt. Das gilt im Streitfall um so mehr deshalb, weil die prozessuale Darlegungslast des Fixkostenspediteurs zu seiner Betriebsorganisation grundsätzlich nichts mit der Frage zu tun hat, welche materiellrechtlichen Anforderungen an ein qualifiziertes Verschulden i.S. des § 435 HGB zu stellen sind. Die Beklagte konnte sich für ihren abweichenden Standpunkt zudem nicht auf entsprechende Stimmen in der Rechtsprechung oder im Schrifttum stützen. Daß sie vor diesem Hintergrund jegliche Darlegung zu ihrer Betriebsorganisation und insbesondere zu den von ihr zum Schutz der ihr anvertrauten Güter ergriffenen Maßnahmen unterlassen hat, durfte das Beru-
fungsgericht rechtsfehlerfrei dahingehend werten, daß die Beklagte hierzu keinen Vortrag halten konnte oder wollte.
Auf die Rüge, die die Revision gegen die Hilfserwägung des Berufungsgerichts erhoben hat, wonach der Beklagten die Rechtsprechung des Berufungsgerichts zu der sie treffenden Darlegungslast unter der Geltung des neuen Transportrechts bekannt sei, kommt es mithin nicht mehr an.
ff) Entgegen der Auffassung der Revision sind an die Einlassungspflicht des Fixkostenspediteurs hinsichtlich seines betrieblichen Organisationsablaufs auch dann keine geringeren Anforderungen zu stellen, wenn es sich bei ihm um einen Paketdienst handelt, bei dem es auf Massenumschlag, Massenlagerung und Massenbeförderung ankommt und dessen Kunden eine kostengünstige Abholung und Zustellung binnen 24 Stunden erwarten. Denn nach der Rechtsprechung des Senats gelten für solche Paketdienstunternehmen keine geringeren Sorgfaltsanforderungen (vgl. BGHZ 149, 337, 349 ff. sowie BGH, Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 128/00, TranspR 2003, 255, 257).

c) Auf dieser rechtlichen Grundlage hat das Berufungsgericht die Beklagte mit Recht für verpflichtet gehalten, den von der Klägerin vorgetragenen Vorwurf eines groben Organisationsverschuldens durch konkrete Angaben zum Ablauf des Warenumschlags zu entkräften. Denn nach der unangegriffen gebliebenen Feststellung des Berufungsgerichts liegt der Schadenshergang völlig im Dunkeln. Nimmt man die Weigerung der Beklagten hinzu, auch nur ansatzweise zu den von ihr gegen den Verlust von Transportgut ergriffenen Sicherheitsvorkehrungen vorzutragen, begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht angenommen hat, der von der Klägerin vorgetragene
Sachverhalt biete hinreichende Rückschlüsse auf ungenügende Sicherheitsstandards , die den Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S. des § 435 HGB rechtfertigten.
aa) Wenn wie im Streitfall der Schadenshergang völlig ungeklärt ist und der Frachtführer sich weigert, auch nur ansatzweise zum Organisationsablauf in seinem Betrieb vorzutragen, ist der Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden schon aufgrund einer generalisierenden Betrachtungsweise geboten, weil der Anspruchsteller von den näheren Umständen der Behandlung des Transportgutes im Gewahrsamsbereich des Fixkostenspediteurs keine Kenntnis hat und eine solche Kenntnis auch nicht haben kann, während jener nähere Informationen in zumutbarem Umfang unschwer erteilen könnte. Unterläßt er dies, ist nicht nur der Schluß auf das objektive Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit, sondern - entgegen der Auffassung der Revision - auch der Schluß auf das subjektive Erfordernis des Bewußtseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gerechtfertigt. Denn in einem solchen Fall ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig nicht nur von einer Organisation des Betriebsablaufs auszugehen, die keinen hinreichenden Schutz der zu befördernden Güter gegen ein Abhandenkommen gewährleistet und sich in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzt (vgl. BGH, Urt. v. 12.1.1982 - VI ZR 286/80, TranspR 1982, 100, 101 = VersR 1982, 369; BGHZ 145, 170, 183), sondern auch von einer sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängenden Erkenntnis, es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden entstehen (vgl. hierzu BGHZ 74, 162, 168).
bb) Dieser Annahme steht nicht entgegen, daß der Verschuldensbegriff der Leichtfertigkeit in § 435 HGB, der vom Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit
des Schadenseintritts getragen sein muß, nicht mit dem in den bisherigen transportrechtlichen Regelungen verwendeten Begriff der groben Fahrlässigkeit gleichzusetzen ist.
Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, daß nicht mit jedem leichtfertigen Verhalten ein Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts verbunden sein muß (vgl. BGHZ 74, 162, 168). Das ändert jedoch nichts daran, daß der Schluß auf das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts auch im Rahmen typischer Geschehensabläufe naheliegen kann. Von einem solchen typischen Geschehensablauf, der den Schluß auf das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zuläßt, ist auszugehen , wenn - wie im Streitfall - der Fixkostenspediteur über sichernde Maßnahmen in der Organisation seines Betriebs und zum Schadenshergang keinen Vortrag hält (vgl. Herber, TranspR 2003, 164, 165 f.).
Entgegen der Auffassung der Revision widerlegt die von ihr behauptete, im Verhältnis zu der Anzahl der bei der Beklagten umgeschlagenen Pakete äußerst geringe Verlustquote für sich allein nicht die Annahme des Bewußtseins der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Dem steht schon entgegen, daß die Beklagte verpflichtet ist, jeglichem Verlust des in ihre Obhut gelangten Gutes durch geeignete und ausreichende Sicherheitsvorkehrungen entgegenzuwirken. Aus der geringen Verlustquote ergeben sich im übrigen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, daß in der theoretischen oder praktischen Durchführung der Organisation der Beklagten im hier maßgeblichen Zeitraum schwerwiegende Mängel nicht vorgelegen haben (vgl. BGH TranspR 1998, 262, 264 f. = VersR 1998, 657).
cc) Auf die Rügen der Revision gegen die Hilfserwägung des Berufungsgerichts , ein leichtfertiges und vom Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts getragenes Verhalten der Beklagten sei auch deshalb anzunehmen , weil ihr aus zahlreichen von ihm entschiedenen Rechtsstreitigkeiten bekannt sei, welche Sicherheitsstandards von ihr gefordert würden, und sie diese Erfahrungen nicht zum Anlaß genommen habe, ihre Betriebsorganisation zu verändern, kommt es danach nicht mehr an.
3. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin müsse sich die unterlassene Wertdeklaration bei der in Verlust geratenen Sendung nicht als Mitverschulden der Absenderin anrechnen lassen.

a) Der Senat hat zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 allerdings entschieden, daß ein Paketversender in einen nach § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, daß der Spediteur die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht. Mit seinem Verzicht auf die vom Spediteur angebotenen weitergehenden Schutzvorkehrungen setzt der Versender das Transportgut bewußt einem erhöhten Verlustrisiko aus mit der Folge, daß ihm der eingetretene Schaden bei wertender Betrachtung gemäß § 254 BGB anteilig zuzurechnen ist (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH TranspR 2003, 255, 258). Ein anspruchsminderndes Mitverschulden kann sich gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB auch daraus ergeben, daß der Geschädigte es unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen mußte (vgl. BGHZ 149, 337, 353).


b) Hieran hat sich durch das Transportrechtsreformgesetz grundsätzlich nichts geändert. Maßgeblich sind nunmehr § 425 Abs. 2 und § 461 Abs. 3 HGB. Diese Bestimmungen, die den Rechtsgedanken des § 254 BGB aufgreifen und an Art. 17 Abs. 2 und 5 CMR angelehnt sind, fassen alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen (vgl. Begr. z. Gesetzentwurf d. Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 60; MünchKomm. HGB/Dubischar, Aktualisierungsband zum Transportrecht, § 425 Rdn. 4; Fremuth aaO § 425 HGB Rdn. 2, 63; Gass aaO § 425 Rdn. 44 f.).
Zwar wird die Auffassung vertreten, daß im Falle eines qualifizierten Verschuldens des Frachtführers i.S. des § 435 HGB die Berücksichtigung eines mitwirkenden Schadensbeitrags nach § 425 Abs. 2 HGB ausscheide, weil dann alle Haftungsbefreiungen und -begrenzungen und somit auch diejenigen des § 425 Abs. 2 HGB entfielen (vgl. Gass aaO § 425 Rdn. 48; Koller aaO § 425 HGB Rdn. 83, Art. 29 CMR Rdn. 8; vgl. auch BGH, Urt. v. 27.6.1985 - I ZR 40/83, TranspR 1985, 338, 340 = VersR 1985, 1060 zu Art. 17 Abs. 5 u. Art. 29 CMR). Dem kann jedoch nicht beigetreten werden. Die unbeschränkte Haftung des Frachtführers gemäß § 435 HGB gründet sich ausschließlich auf Umstände aus seiner Sphäre. Die Vorschrift besagt dagegen nichts über eine Mithaftung des Versenders oder Empfängers aufgrund von schadensursächlichen Umständen aus deren Bereich.
Im vorliegenden Fall kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß die unterlassene Wertdeklaration den Schaden tatsächlich mitverursacht hat (vgl. dazu BGHZ 149, 337, 355 sowie BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, Umdr. S. 6 f.). Voraussetzung hierfür wäre, daß die Beklagte bei richtiger Wert-
angabe ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es dann zumindest zu einer Verringerung des Verlustrisikos gekommen wäre (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, Umdr. S. 7). Dazu läßt sich den Feststellungen im Berufungsurteil nichts entnehmen. Die Revision macht nicht geltend, daß das Berufungsgericht einen entsprechenden Sachvortrag der Beklagten in den Tatsacheninstanzen verfahrensfehlerhaft übergangen hat.
III. Danach war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Das Pfandrecht, das durch die Pfändung einer Gehaltsforderung oder einer ähnlichen in fortlaufenden Bezügen bestehenden Forderung erworben wird, erstreckt sich auch auf die nach der Pfändung fällig werdenden Beträge.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.