Die Klägerin ist Eigentümerin eines Katers, dem sie als „Freigänger“ ermöglicht, ihr Anwesen zu verlassen, den sie also nicht nur in ihrem Haus hält. Der Kater leide dabei schon seit Jahren an Epilepsie, wodurch er zweimal täglich Medikamente benötige. Ansonsten bestünde die Gefahr von lebensbedrohlichen epileptischen Anfällen.
Die Klägerin macht geltend, dass die in der Nachbarschaft wohnenden Beklagten seit Juli 2015 ihren Kater immer wieder bei sich aufnähmen, ihm Futter gäben und ihn teils auch nachts über Stunden bei sich behielten. Sie bewertet dies als ein Sich-als-Eigentümer-Gerieren seitens der Beklagten. Wegen diesen Verhaltens sei es mangels medizinischer Versorgung zu epileptischen Anfällen bei ihrem Haustier gekommen und drohe eine Verschlechterung des Gesundheitszustands des Katers. Es seien weitere Tierarztkosten zu besorgen. Ihr alleine stünde das Recht zu, den Kater zu füttern, zu beherbergen und Zeit mit ihm zu verbringen.
Insbesondere am 27.09.2017 sei die Beklagte zu 1. beobachtet worden, wie sie den Kater rief und über die Terrasse in die Wohnung lockte und dann die Terrassentür schloss. Als Zeuge wurde der Vater der Klägerin angeboten, zudem als Angebot zur Substaniierung die Vorlage von GPS-Tracking-Verläufen.
Bereits im Oktober 2015 hatte die Klägerin nach dem Scheitern persönlicher Gespräche einen Anwalt eingeschaltet, der sich an die Beklagten wandte, und hatte die Klägerin auch Strafanzeige gegen die Beklagten erstattet, die seitens der Staatsanwaltschaft im Dezember 2015 aber umgehend nach Erstattung nicht weiter verfolgt wurde. Darauf ließ die Klägerin ein Geltendmachen ihrer Forderungen für längere Zeit ruhen, obwohl sie davon ausging, dass die Beklagten ihr Verhalten weiter fortführten. Anfang 2017 schaltete sie dann erneut ihren Anwalt ein, der für sie dann von den Beklagten forderte, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Die Beklagten lehnten über ihren Anwalt im Februar 2017 die Abgabe einer Unterlassungserklärung ausdrücklich ab, mit der Bitte, die Beklagten nicht weiter mit „hanebüchenen Ansprüchen“ zu belästigen.
In der Folge erhob die Klägerin über ihren Anwalt mit Schriftsatz vom 17.07.2017 Klage gegen die Beklagten, mit dem Antrag, diese dazu zu verurteilen, es zu unterlassen, ihren Kater anzulocken, zu füttern, auch nur für Stunden im eigenen Haus aufzunehmen oder dort zu dulden.
Seitens des Gerichts wurde mit Verfügung vom 04.08.2017 terminiert, unter Hinweis auf Zweifel an der Schlüssigkeit der Klage.
Die Beklagten erklärten, sie hätten die Katze weder angelockt, noch gefüttert, noch gegen ihren Willen festgehalten. Dass sich der Kater gelegentlich in ihrer Wohnung aufhielt, erklärten sie damit, dass sie in wärmeren Monaten Türen und Fenster ihres Hauses zum Lüften geöffnet hatten, so dass der Kater das Haus auf diesen Wegen betreten konnte, zumal er in der Lage ist, angelehnte Türen aufzudrücken. Der Kater verhielte sich auch bei anderen Nachbarn ähnlich.
Im Vorfeld der mündlichen Verhandlung erfolgte am 22.01.2018 ausführlicher Hinweis des Gerichts auf die weiter fehlende Schlüssigkeit der Klage und rechtliche Beurteilung des Klägervorbringens seitens des Gerichts. Ein gerichtliches Vergleichsangebot wurde seitens der Klägerin nicht angenommen.
In der mündlichen Verhandlung vom 21.03.2018 erfolgte dann auch kein Vergleichsangebot seitens der Klägerin, trotz entsprechender vorgerichtlicher Ankündigung. Die Klägerin beantragte Verurteilung entsprechend Klageschriftsatz, die Beklagten Klageabweisung.
A. Eine Sachentscheidung ist zulässig.
Die Klage ist am Wohnsitz der Beklagtenpartei erhoben, die Klageforderung hält sich von ihrem Wert im Rahmen der Zuständigkeit des Amtsgerichts.
B. In der Sache ist die Klage unbegründet.
Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch zu, der sich auf ein Unterlassen wie klageweise gefordert richtet.
1. Nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB kann ein Eigentümer zwar auf Unterlassung klagen, wenn weitere Beeinträchtigungen in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes zu besorgen sind. Das von der Klägerin dargestellte Verhalten stellt aber keine Beeinträchtigung ihres Eigentumsrechts dar.
a. Das Eigentumsrecht umfasst bei freilaufenden Katzen nicht das Recht, andere Menschen vom Umgang mit dem Tier auszuschließen, auch nicht, soweit das Tier gefüttert wird oder sich in einer fremden Unterkunft aufhalten darf.
Maßgeblich zu beachten ist, dass Tiere keine Sachen sind, und die für Sachen geltenden Vorschriften nur entsprechend anzuwenden sind (§ 90 a BGB). Insofern sind für Sachen entwickelte Definitionen nicht unbesehen auf Tiere zu übertragen. Das Eigentum begründet zwar aufgrund eines Herrschaftsverhältnisses eine Bestimmungsgewalt über eine Sache. Dies gilt aber für Tiere nur eingeschränkt: Menschen können über Tiere nur in dem Umfang bestimmen, in dem sich die Tiere durch Vorgaben bestimmen und so beherrschen lassen. Insofern ist das Eigentum an einer Katze, die als Freigänger-Katze lebt, von anderen Herrschaftsmöglichkeiten geprägt als bei einem reinen Haustier. Das Tier verfügt dann über eigene Freiheit, innerhalb derer keine Herrschaft erfolgt und damit auch keine Herrschaft beeinträchtigt werden kann. Insbesondere Katzen sind letztlich domestizierte Raubtiere, die freilaufend nach wie vor auf die Jagd gehen und jedenfalls ihrer Art nach in der Lage wären, längere Zeit auch ohne menschliche Versorgung zu überleben. Sie zeichnen sich auch durch ein hohes Maß an Eigenwilligkeit aus. Insofern sind Katzen sinnbildlich mit einer von vier Pfoten immer schon herrenlos. In dem Umfang, in dem man sie sich selbst überlässt, scheidet Herrschaft und damit Beeinträchtigung eines Herrschaftsrechts aus.
Eine Beeinträchtigung ist entsprechend spiegelbildlich durch Dritte erst dann anzunehmen, wenn diese ihrerseits dem Tier die vom Eigentümer überlassene Freiheit nehmen. Nur dies, dem Tier seine Freiheit zu nehmen, ist dem Eigentümer einer freilaufenden Katze vorbehalten.
Anders als von der Klägerin gewünscht besteht aber nicht für sie alleine das Recht, das Tier anzulocken, es zu füttern, es im eigenen Haus zu dulden oder aufzunehmen. Ein freilaufendes Tier hat die Möglichkeit, sich Futter zu suchen, wo es möchte, und kann sich dorthin begeben, wo es möchte. Der Umstand, dass Menschen mit freilaufenden Tieren in Kontakt treten, insbesondere wenn diese als ungefährlich wahrgenommen werden, und sie im Rahmen dieses Kontaktes auch freundlich behandeln, stellt keine Einschränkung der Herrschaft eines Eigentümers über sein Tier dar, weil dem Tier in Freiheit begegnet wird. Die Freundlichkeit im Kontakt erlaubt es anderen als dem Eigentümer auch ohne weiteres, einer Katze Futter und Aufenthalt anzubieten. Wie bei anderen Tieren auch ist es anderen Menschen unbenommen, fremde Tiere an sich zu gewöhnen. Sämtliche daraus folgende Entwicklungen entspringen aus der dem Tier überlassenen Freiheit.
Entsprechend geht auch jede Form der Umgangs- oder Aufenthaltsbestimmung ins Leere. Wenn dem Tier überlassen ist, sich sein Umfeld zu suchen, besteht keine Beeinträchtigung darin, dass es sich einen Platz sucht, an dem es ihm gefällt.
b. Das gleiche Ergebnis ergibt sich auch aus einer wertenden Zurechnung. Die Beeinträchtigung ihrer Herrschaftswünsche über das Tier liegt an der Kägerin selbst.
Insofern beinhaltet die Beurteilung, ob Verhalten anderer als Beeinträchtigung zu sehen ist, ein wertendes Element, wie bei jeder Frage einer Zurechnung von Folgen. Anders als bei einem Schadensersatzanspruch kann bei einem Unterlassen unter dem Gesichtspunkt einer Mitverursachung durch die Klägerin keine nur teilweise Befolgung zugesprochen werden. Insofern sind eigene Verursachungsbeiträge der Klägerin bereits im Vorfeld zu berücksichtigen, ob überhaupt eine den Beklagten zuzurechnende Beeinträchtigung vorliegt. Wenn die Klägerin mehr für die drohende Beeinträchtigung kann als die Beklagten, scheidet eine Bewertung des beklagten Verhaltens als Beeinträchtigung aus.
Dabei greifen dann entscheidend Aspekte der eigenen Verursachung fremden Verhaltens durch das Verhalten der Klägerin. Fremdes Verhalten ist dann wertungsgemäß als herausgefordert der Klägerin selbst zuzurechnen. Zentrale Aspekte von Zurechnung sind hier, ob fremdes menschliches Verhalten als situativ verständlich und als solches billigenswert anzunehmen ist. Beides ist hier der Fall, weil andere Menschen nicht verpflichtet sind, fremde Tiere zu verscheuchen oder zu ignorieren. Andere Menschen dürfen Tiere als Wesen mit einem Eigenwert und so als Gäste im menschlichen Leben betrachtet und auch willkommen heißen.
Insofern ist der Umstand, dass andere zu ihrer Katze freundlich sind, der Klägerin selbst zuzurechnen. Es wäre ihr unbenommen, die Freiheit der Katze zu beschränken, statt zu versuchen, andere Menschen durch Unterlassungsverpflichtung in deren Freiheit zu beschränken.
Dass für die Katze der Klägerin die Besonderheit besteht, dass diese an einer gravierenden und behandlungsbedürftigen Erkrankung leiden soll, ändern an diesen Wertungen nichts. Auch insofern liegt die Schutzobliegenheit alleine bei der Klägerin.
2. Für einen Anspruch aus § 862 Abs. 1 S. 2 BGB gilt nichts anderes. Das im Besitz zum Ausdruck kommende Herrschaftsverhältnis ist nicht weitergehend als das aus dem Eigentum fließende Herrschaftsrecht. Eine Beeinträchtigung ist der Klägerin selbst zuzurechnen.
D. Entscheidungsgründe zur Kostentragung:
Die Kostenfolge ergibt sich aus dem Unterliegen des Klagepartei, § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
E. Entscheidungsgründe zur vorläufigen Vollstreckbarkeit:
Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich wegen der Höhe der vollstreckbaren Verfahrenskosten der Beklagten, die unter 1.500 Euro liegen, nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
F. Entscheidungsgründe zum Streitwert:
Der Wert des Streitgegenstands wird vom Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt (§ 3 ZPO).
Grundlegend zu beachten ist, dass die Klägerin mit ihrer Klage im Wesentlichen das Eintreten eines Risiko verhindern will, dass ihrem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen ist, nämlich ein Tier zu verlieren, dem sie mit Affektion verbunden ist. Das Erleben des Verlustes oder der Verletzung eines Tieres ist aber nicht schmerzensgeldfähig (BGH, Urteil vom 20.3.2012 - VI ZR 114/11). Affektionsinteressen bleiben bei der Beurteilung des Wertes der Streitsache außen vor. Ein Streit wird nicht mehr oder weniger teuer, weil jemand seinem Tier mehr oder weniger zugewandt ist.
Tatsächlich handelt es sich deswegen nur um eine vermögensrechtliche Streitigkeit, mit der Zielrichtung, dass die Klägerin in der Lage bleibt, ihre Katze selber zu „nutzen“, also den Genuss des Umgangs mit ihr zu haben. Darin gleicht der Fall den Fällen, in denen es darum geht, in einer Mietwohnung ein Haustier halten zu dürfen und so täglich den Genuss des Umgangs mit einem Haustier zu haben. Dort wird der Wert regelmäßig auf 400 Euro angesetzt (vgl. etwa LG Berlin Beschl. v. 16.8.2016, 63 S 120/16). Da ein Affektionsinteresse nicht zu berücksichtigen ist und keine komplette Umgangsentziehung, sondern nur eine Beeinträchtigung geltend gemacht wurde, ist dieses Interesse zu reduzieren und nur auf 250 Euro festzusetzen. Dabei wird die uneingeschränkte Katzen-„Nutzung“ auch nicht mehr oder weniger wert, weil eine Katze gesund oder krank ist.
Eine Werterhöhung dafür, dass die Unterlassungsforderung auch der Befürchtung begegnen soll, ohne Unterlassungsverpflichtung vermehrt Tierarztleistungen in Anspruch nehmen zu müssen, ist nicht geboten. Ziel ist damit nur die Verhinderung eines bloßen Risikos, sicher absehbar ist der Eintritt solcher Folgen nicht, geschweige denn, dass eine befürchtete gesundheitliche Verschlechterung bei Unterlassen des beklagten Verhaltens sicher ausbleiben würde. Preislich wäre ein Krankheitsrisiko bei voller Risikoübernahme als Beiträge zu einer Tierkrankenversicherung darstellbar. Ob die Katze für Krankheit nicht ohnehin schon versichert ist, ist nicht vorgetragen, mangels Maßgeblichkeit aber als Vortrag vom Gericht auch nicht gefordert worden: Weder wäre den Beklagten bei einem zusprechenden Urteil das volle Krankheitsrisiko überbürdet, so dass nur ein Bruchteil einer jährlichen Versicherung anzusetzen wäre. Zudem ist der Eintritt solcher Folgen als Risiko nur der Klägerin zuzurechnen: Es ist „alleine“ die Entscheidung der Klägerin, ihre behandlungbedürftige Katze frei laufen zu lassen und damit eine laufend nötige Behandlung zu gefährden. Der Wert des Streites wird nicht dadurch erhöht, dass die Klägerin sich eine andere Risikozuschreibung wünscht, sondern richtet sich auch insofern nur nach „objektiver“ rechtlicher Bewertung alleine des klägerischen Vortrags mit darauf gestützem Begehren. Wenn schon nach eigenem Vortrag ein Risiko alleine ihres ist, erhöht dieses Risiko nicht den Streitwert.
Insofern ist nach den Umständen des Falles nach Ermessen des Gerichts der Streitwert auf 250 Euro begrenzt.