Amtsgericht Köln Urteil, 20. Mai 2016 - 208 C 148/16

Gericht
Tenor
1.) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
2.) Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Verfügungsklägerin.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Klägerin darf die Volltreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Verfügungsklägerin ist Mieterin einer Wohnung in Köln, der Verfügungsbeklagte ihr Vermieter. Mit Schreiben vom 15.11.2015 kündigte der Verfügungsbeklagte verschiedene Modernisierungsarbeiten an, unter anderem Anbringung von neuen Deckenplatten zum Brandschutz, Verlegung der bisher unisolierten Heizungsrohre mit Isolation in den Fußboden statt darüber und im Bad Erneuerung mit Fliesen, Leitungen etc.. Mit Schreiben vom 14.12.2015 trat die Verfügungsklägerin den Maßnahmen an den Decken, den Heizungsrohren, der Versetzung des WC und der Neuverfliesung im Bad unter anderem entgegen, während sie teilweise andere angekündigte Maßnahmen akzeptierte. Der Verfügungsbeklagte entgegnete unter anderem mit Mail vom 09.03.2016, die Ausführung zu den geschuldeten Modernisierungsmaßnahmen bei dem Umbaumaßnahmen zu berücksichtigen. Während der Arbeiten erhielt die Verfügungsklägerin eine Ausweichwohnung.
3Anfang April 2016 wurden trotzdem die Heizungsrohre neu wie angekündigt verlegt, am 08. bzw. 09.04.2016 im Kinderzimmer an der Decke Metallleisten und Verstrebungen angebracht und im Schlafzimmer eine komplette zweite Decke eingezogen, so dass die Deckenhöhe von ca. 3,00 m sich mindestens um 10-14 cm, höchstens 20 cm reduzierte. Gegen die obengenannten Maßnahmen und die Badsanierung teilweise wandte sich die Verfügungsklägerin auch in der Folge. Die abgehängte Decke im Schlafzimmer hat der Verfügungsbeklagte am 16. bzw. 17.04.2016 wieder entfernen lassen, ebenso wie die Metallkonstruktion im Kinderzimmer.
4Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung bzw. behauptet, die Maßnahmen an Decke, Heizungsrohren und Fliesen im Bad seien nicht notwendig. Ihrem Eilantrag sei stattzugeben, weil der Verfügungsbeklagte ohne vorherige Schaffung eines Duldungstitels auf die Mietsache einwirke oder eine solche Einwirkung beabsichtige.
5Sie hat zunächst beantragt,
6dem Antragsgegner- wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung - zu untersagen, weitere Modernisierungsmaßnahmen, die von ihr nicht geduldet werden mussten und nicht geduldet wurden, in der von ihr gemieteten Wohnung durchzuführen und forderte gleichzeitig den Rückbau der bisher durchgeführten nicht geduldeten Modernisierungsmaßnahmen wie das Abhängen der Decke in Schlaf- und Kinderzimmer.
7Sie beantragt nunmehr,
81. Dem Antragsgegner wird untersagt, in der Wohnung im 3. OG rechts des Hauses ‚F-str.00, 00000 Köln,in Schlafzimmer und Kinderzimmer abgehängte Decken nicht vor Erwirkung eines gerichtlichten Duldungstitels durch den Antragsgegner herzustellen sowie im Badezimmer die Wand- und Bodenfliesen abgesehen von den Bereichen, in denen die Wasserleitungen und Abwasserrohre erneuert werden nicht vor Erwirkung eines gerichtlichen Duldungstitels durch den Antragsgegner abzustemmen.
92. Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 e und für den Fall,dass
10dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt;
11Im Übrigen erklärt die Verfügungsklägerin den Rechtsstreit für erledigt.
12Der Verfügungsbeklagte schließt sich der Teilerledigungserklärung an und beantragt im Übrigen, wie tenoriert.
13Er ist der Meinung bzw. behauptet, die Erneuerung der Decken sei wegen Brandschutzvorgaben erforderlich; dabei habe sich erst nachträglich herausgestellt, dass die Brandschutzdecke an einer Metallkonstruktion zu befestigen sei, was eine öffentlich rechtliche Vorgabe sei, die er nicht zu vertreten habe, da dies von der Baubehörde vorgegeben sei. Die übrigen Maßnahmen seien Modernisierungen.
14Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16Die Verfügungsklage hat und hatte keinen Erfolg auch soweit sie für erledigt erklärt worden ist.
17Die Anordnung der Beseitigung und Untersagung der ursprünglich bzw. jetzt genannten Maßnahmen wäre eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache und ist im Übrigen teilweise rechtsmissbräuchlich.
18Soweit die Heizrohre ausgetauscht wurden bzw. werden sollten, bestand bereits ein Duldungsanspruch des Verfügungsbeklagten gemäß § 555 d Abs. 1 BGB gegen die Verfügungsklägerin. Dass der Ersatz unisolierter durch isolierter Heizrohre und deren Verlegung von über dem Boden in den Boden eine Modernisierung im Sinne von § 555 b Nr. 1, 2 und 5 BGB darstellt, ist offenkundig. Dies wurde auch ausreichend und rechtzeitig mit Schreiben vom 15.11.2015 angekündigt. Angesichts dessen erschien ein Rückbau bzw. Untersagung gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich, da in der Folge ohnehin dieser Anspruch erneut vom Verfügungsbeklagten wieder durchgesetzt werden könnte; außerdem und zumindest wäre kein Grund ersichtlich, bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren wie in einem Hauptsacheverfahren schon diesbezüglich zu entscheiden. Nach Auffassung des Gerichts kann die Verfügungsklägerin sich auch nicht auf den possessiven Charakter der Ansprüche berufen, da sie eine Ersatzwohnung zurzeit bewohnt und der Verfügungsbeklagte Besitz an der vermieteten Wohnung erhalten hat. Zumindest ist der schützenwerte Bezug der Verfügungsklägerin zu ihrer Wohnung (soweit Besitzbezogen) gelockert, dass eine Regelung im einstweiligen Verfügungsverfahren angesichts der erheblichen Verzögerung eines Hauptsacheverfahrens zur Erlangung eines Duldungstitels unverhältnismäßig erschiene.
19Folglich sind die Kosten nach Erledigung insoweit gemäß § 91 a ZPO der Verfügungsklägerin aufzuerlegen.
20Auch ein Anspruch auf Beseitigung der Deckenkonstruktion und deren Untersagung kann die Verfügungsklägerin nicht im einstweiligen Verfügungsverfahren erlangen. Auch diesbezüglich würde dies unzulässig die Hauptsache vorwegnehmen, obwohl die Klägerin während der Maßnahmen in einer Ersatzwohnung wohnt, nur äußerst geringfügig betroffen ist, bzw. war. Ob die Decke von ca. 3,00 m hohen Wohnräumen zwischen 10 und 20 cm niedriger hängt als vorher, stellt nur eine unwesentliche Beeinträchtigung dar, die den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht rechtfertigt, wenn die begehrten Folgen der Verurteilung in der Hauptsache gleichkommen. Soweit für erledigt erklärt wurde, hat folglich auch die Verfügungsklägerin die entsprechenden Kosten gemäß § 91 a ZPO zu tragen.
21Ähnliches gilt für die Untersagung der Abstemmung der Fliesen an Wand und Boden des Bades. Bei gemäß Ankündigungsschreiben ca. 40 Jahre alten Fliesen stellt die Maßnahme eine Modernisierung oder eine Reparatur dar, die gemäß §§ 555 a bzw. 555 d BGB zu dulden sind, zumal die Ankündigung im Sinne von § 555 c bzw. § 555 a Abs. 2 BGB ordnungsgemäß und rechtzeitig erfolgt ist. Bezüglich des possessorischen Charakters gilt das oben Gesagte. Auch diesbezüglich erscheint es missbräuchlich und eine Vorwegnahme nicht rechtfertigend, Maßnahmen zu untersagen, die ansonsten zu dulden wären (Dolo agit quiet petit quod statim rediturus est). Dies gilt zumindest bei der Frage der Vorwegnahme der Hauptsache, deren ausnahmeweise Zulässigkeit deshalb zu verneinen ist.
22Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 91 a, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
23Streitwert: Bis z um 10.05.2016: 2.000,00 €
24Seit dem: 1.000,00 €
25Rechtsbehelfsbelehrung:
26A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
271. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
282. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
29Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
30Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.
31Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
32Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
33B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
34Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Annotations
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.