Amtsgericht Gladbeck Urteil, 25. Aug. 2015 - 51 C 7/15

Gericht
Tenor
Die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung ………. in … vom 10.02.2015 zum TOP 5 (Jahresabrechnung 2014 und Verwalterentlastung) und TOP 6 (Wirtschaftsplan 2015) werden für unwirksam erklärt.
Die beklagte Gemeinschaft trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.Die beklagte Gemeinschaft kann die Vollstreckung der Kläger wegen der Kosten des Verfahrens gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 11 % über dem vollstreckbaren Betrag abwenden, wenn nicht zuvor die Kläger in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
1
Tatbestand:
2Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft ….. in ….
3Am 10. Februar 2015 fand eine Eigentümerversammlung statt, zu welcher unter dem 24.01.2015 eingeladen wurde.
4Die Kläger sind der Ansicht, die zu den Tagesordnungspunkten 5 und 6 gefassten Beschlüsse bezüglich der Jahresabrechnung des Wirtschaftsplans sowie der Verwalterentlastung seien nicht ordnungsgemäß und deshalb für unwirksam zu erklären. Die Entlastung des Verwalters sei schon aus formalen Gründen unwirksam. Darüber hinaus leide aber auch die Jahresabrechnung unter erheblichen Mängeln, weshalb die Entlastung des Verwalters auch aus diesem Grunde nicht in Betracht komme. Es seien die Kosten der Verwaltung fehlerhaft in die Abrechnung eingestellt worden. Dazu seien auch falsche Abrechnungsschlüssel verwandt worden. An den Kosten einer Außenleuchte seien die Kläger nicht zu beteiligen, da sie hierzu ihre Zustimmung nicht erteilt hätten. Die Abrechnung der Kosten für den Pool der Eheleute … sei nicht ordnungsgemäß erfolgt und die Darstellung der Rücklagen nicht nachvollziehbar.
5Die Kläger beantragen,
6wie erkannt.
7Die beklagte Gemeinschaft beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Sie bestreitet die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung und die sonstigen Einlassungen der Kläger.
10Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.
11Entscheidungsgründe:
12Die Klage ist begründet. Die Abrechnung weist – teilweise unstreitig – Mängel auf, so dass das Gesamtzahlenwerk nicht mehr zutreffend ist. Insoweit kommt auch die Entlastung des Verwalters und die auf der Abrechnung fußende Berechnung des Wirtschaftsplanes für das Folgejahr nicht in Betracht und die entsprechenden Beschlüsse sind für unwirksam zu erklären. Bezüglich der angegriffenen Abrechnungsbeschlüsse hat zwar teilweise eine Veränderung stattgefunden in dem die Gemeinschaft einstimmig eine Vereinbarung dahingehend getroffen hat, dass bestimmte Schlüssel, abweichend von der Teilungserklärung verwandt werden sollen. Dies trifft aber nicht für die Abrechnungsschlüssel bezüglich der Versicherung zu. Dass insoweit die Abrechnung annähernd richtig ist, ist nicht ausreichend. Die Abrechnung muss nicht annähernd richtig sondern richtig sein. Das gleiche gilt im Hinblick auf die Verwalterkosten. Soweit die Gemeinschaft vorträgt es gäbe eine Vereinbarung dahingehend, dass zusätzlich Wohnungseigentümerversammlungen extra vergütet werden, ist die entsprechende Vereinbarung weder vorgelegt noch nachgewiesen worden. Die Berechtigung der entsprechenden Beträge hat die Klägerseite bestritten. Im Übrigen ist die Klägerseite auch einseitig höher belastet worden als die anderen Eigentümer. Zwar ist insoweit offenbar vorgesehen die Fehlbeträge der anderen Miteigentümer im Folgejahr einzutreiben, dies rechtfertigt jedoch keine Mehrbelastung der Kläger im laufenden Abrechnungszeitraum. Warum nur einseitig die Kläger mehr zahlen sollen und zwar schon zu einem früheren Zeitpunkt als die anderen Miteigentümer ist nicht nachvollziehbar. Im Übrigen fehlt bezüglich des Mehrbetrages für die Verwaltung, wie ausgeführt, der Nachweis, dass dieser berechtigt ist. Bezüglich der angebrachten Außenleuchte liegt ein Beschluss oder eine Vereinbarung der Gemeinschaft ausweislich der vorgelegten Protokolle der Wohnungseigentümergemeinschaft über die Anbringung der Außenleuchte und die Tragung der Kosten nicht vor. Die Behauptung der Kläger, dass sie der Anbringung und der teilweisen Kostenübernahme nicht zugestimmt haben, ist deshalb nicht zu widerlegen. An einer entsprechenden Beschlussfassung fehlt es. Auch insoweit ist die Abrechnung insoweit unrichtig. Was die Abrechnung der von den Eheleuten … zu tragenden Kosten für den Pool angeht, ist die entsprechende Berechnung wenig transparent und insgesamt nicht nachvollziehbar. Es spricht zwar vieles dafür, dass sie zutrifft, dies kann jedoch anhand der Abrechnung nicht ohne weiteres nachvollzogen werden. Die Einbuchung des Darlehens in das Rücklagenkonto erscheint in der vorliegenden Form zweifelhaft. Zwar hätten möglicherweise, wenn dies von der Gemeinschaft so gewollt und beschlossen war, nämlich das Darlehen aus dem Rücklagenkonto gezahlt wird, die entsprechenden Beträge aus dem Rücklagenkonto ausgebucht werden müssen, das Darlehen hier jedoch direkt einzustellen, erscheint zweifelhaft, da das Darlehen direkt mit dem Rücklagenkonto nichts zu tun hat.
13Insgesamt liegt somit eine Mehrzahl von Mängeln vor, die es nicht rechtfertigt, nur einzelne Positionen aus der Abrechnung zu korrigieren und im Übrigen die Abrechnung bestehen zu lassen. Das Gesamtgefüge der Abrechnung ist durch die mehrfache Verletzung der Beschlusslage der Gemeinschaft derart in Unordnung geraten, dass aus Sicht des Gerichts nur die Gesamtaufhebung der Beschlüsse bleibt. Da der Wirtschaftsplan für das Folgejahr auf der Abrechnung fußt und die Verwalterentlastung voraussetzt, dass der Verwalter eine ordnungsgemäße Abrechnung erstellt hat, sind auch insoweit die Beschlüsse aufzuheben. Der Klage war daher mit der sich aus § 91 ZPO ergebenden Kostenfolge insgesamt stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
14Rechtsbehelfsbelehrung:
15Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
161. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
172. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
18Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, Kaiserstraße 34, 44135 Dortmund, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
19Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen.
20Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
21Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Annotations
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.