Amtsgericht Gelsenkirchen Urteil, 31. Okt. 2014 - 211 C 170/14
Tenor
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 378,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 18,00 Euro ab dem 05.09., 04.10., 06.11., 05.12.2012, 04.01., 06.02., 0.03., 04.04., 06.05., 05.06., 03.07., 06.08., 04.09., 04.10., 06.11., 04.12.2013, 07.01., 05.02., 05.03., 03.04. und 06.05.2014 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über Ansprüche aus Mietvertrag.
3Mit schriftlichem Mietvertrag vom 31.10.1988 (Bl. 41 – 45 der Akte) vermietete die Klägerin mit ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann an die Beklagten eine Wohnung in der XYstraße in H. Die Klägerin ist derzeit Alleineigentümerin. Diesbezüglich wird auf die eingereichten Unterlagen (Bl. 68 der Akte) Bezug genommen.
4Unter § 4 Abs. 2 des Mietvertrages wurde durch die Vermieterseite handschriftlich eingefügt „Es wird zur Zeit eine monatliche Pauschale von DM 260, - gezahlt.“ Dieser Betrag wurde nachträglich wegen dem Guthaben aus den ersten Abrechnungen auf 197,00 DM runtergesetzt.
5Im Laufe des Mietverhältnisses wurde diese „Pauschale“ immer weiter erhöht.
6Die Beklagten zahlten in dem Zeitraum Februar 2010 bis einschließlich August 2012 auf die „Pauschale“ einen Betrag in Höhe von 155,00 Euro pro Monat. In dem Zeitraum September 2012 bis einschließlich Mai 2014 zahlten die Beklagten jedoch lediglich nur darauf einen monatlichen Betrag in Höhe von 115,00 Euro. Der Differenzbetrag in Höhe von 880,00 Euro wird vorliegend mit dieser Klage geltend gemacht.
7Die Klägerin ist der Ansicht, dass vorliegend eine echte Pauschale zwischen den Parteien vereinbart worden sei, so dass Guthaben weder zu Lasten der Vermieterseite gehen, noch Nachzahlungen zu Lasten der Mieterseite. Für den Zeitraum September 2012 bis einschließlich März 2014 sei eine monatliche Pauschale von 155,00 Euro und für den Zeitraum April und Mai 2014 in Höhe von 175,00 Euro gewesen.
8Die Klägerin beantragt,
9die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie
10880,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von jeweils 5 Prozentpunkten
11über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 40,00 Euro ab
12dem 05.09., 04.10., 06.11., 05.12.2012, 04.01., 06.02., 06.03.,
1304.04., 06.05., 05.06., 03.07., 06.08., 04.09., 04.10., 06.11.,
1404.12.2013, 07.01., 05.02., und 05.03.2014 sowie jeweils aus
1560,00 Euro ab dem 03.04. und 06.05.2014 zu zahlen.
16Die Beklagten beantragen,
17die Klage abzuweisen.
18Die Beklagten behaupten, sie hätten in den Jahren 1988 bis 2012 jeweils die entsprechenden Guthaben aus Abrechnungen ausgezahlt bekommen und die jeweiligen Nachzahlungen seien auch stets ausgeglichen.
19Sie sind der Ansicht, die „Pauschale“ sei als Vorauszahlung zu versetehen, was sich auch aus dem Mietvertrag ergebe.
20Entscheidungsgründe:
21Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Im übrigen ist sie unbegründet.
22Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 378,00 Euro gem. § 535 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 2 des Mietvertrages. Nach Ansicht des Gerichts ist im vorliegenden Fall im Wege der Vertragsauslegung davon auszugehen, dass die Vertragsparteien ursprünglich in dem streitgegenständlichen Mietvertrag eine Betriebskostenpauschale in Höhe von 260,00 DM vereinbart hatten. Denn für die Frage, ob eine Betriebskostenpauschale oder Vorauszahlungen vereinbart sind, kommt es im Zweifel zunächst auf den Wortlaut der Vereinbarung an, sofern sich nicht aus einer bereits erfolgten Handhabung der Klausel das ein oder andere schlüssig ergibt (vgl. Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Auflage, Seite 602, Randnummer V 267). Vorliegend wurde in den Vertrag explizit das Wort „Pauschale“ aufgenommen, obwohl den Parteien hätte klar sein müssen, dass die umstehenden vertraglichen Regelungen von „Vorauszahlung“ sprechen. Insoweit deutet im Wege der Vertragsauslegung einiges darauf hin, dass die Parteien bewusst von dem Begriff „Vorauszahlung“ Abstand genommen und stattdessen eine monatliche Pauschale vereinbaren wollten.
23Die Beklagten können sich hier nach Ansicht des Gerichts auch nicht auf eine anderweitige Handhabung der Klausel berufen. Denn diesbezüglich sind sie beweisfällig geblieben. Zwar haben sie vorgetragen, dass in den Jahren 1988 bis 2012 jeweils Guthaben aus erfolgten Abrechnungen ausgezahlt und Nachzahlungssalden beglichen worden sind. Dieser Vortrag wurde jedoch von der Klägerseite bestritten. Ein formeller Beweisantritt der Beklagtenseite ist nicht erfolgt.
24Hinsichtlich der Höhe der monatlich geschuldeten Pauschale ist nach Ansicht des Gerichts ein Betrag in Höhe von 133,00 Euro anzusetzen. Denn dieser Betrag entspricht – gerundet – der ursprünglich vereinbarten Pauschale in Höhe von 260,00 DM. Infolge dessen haben die Beklagten in dem streitgegenständlichen Zeitraum September 2012 bis einschließlich Mai 2014 monatlich jeweils 18,00 Euro zu wenig gezahlt, mithin 378,00 Euro. Zwar wurde durch die Klägerseite vorgetragen, dass im Laufe des Mietverhälntisses die monatliche Pauschale erst auf 197,00 DM abgesenkt und im späteren wieder erhöht worden ist. Eine solche Erhöhungserklärung durfte jedoch jeweils aus rechtlichen Gründen nicht erfolgen bzw. war unwirksam. Zwar ist der Vermieter gem. § 560 Abs. 1 BGB bei einer Betriebskostenpauschale berechtigt, Erhöhungen der Betriebskosten durch Erklärungen in Textform anteilig auf den Mieter umzulegen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass dies im Mietvertrag vereinbart ist. An einer eindeutigen Erhöhungsvereinbarung in Bezug auf die vereinbarte Pauschale fehlt es jedoch in dem streitgegenständlichen Mietvertrag. Der Rechtsgedanke des § 560 Abs. 1 BGB ist unter Berücksichtigung von § 242 BGB auch auf Altverträge anzuwenden.
25Der Anspruch ist fällig und durchsetzbar.
26Der zugesprochene Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 288 BGB, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
27Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
28Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf 880,00 Euro festgesetzt.
29Der zugesprochene Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 288 BGB, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
30Rechtsbehelfsbelehrung:
31A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
32a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
33b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
34Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Essen, Zweigertstr. 52, 45130 Essen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
35Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Essen zu begründen.
36Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Essen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
37Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
38B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Gelsenkirchen statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Gelsenkirchen, Overwegstr. 35, 45879 Gelsenkirchen, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
39Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.
(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.
(1) Bei einer Betriebskostenpauschale ist der Vermieter berechtigt, Erhöhungen der Betriebskosten durch Erklärung in Textform anteilig auf den Mieter umzulegen, soweit dies im Mietvertrag vereinbart ist. Die Erklärung ist nur wirksam, wenn in ihr der Grund für die Umlage bezeichnet und erläutert wird.
(2) Der Mieter schuldet den auf ihn entfallenden Teil der Umlage mit Beginn des auf die Erklärung folgenden übernächsten Monats. Soweit die Erklärung darauf beruht, dass sich die Betriebskosten rückwirkend erhöht haben, wirkt sie auf den Zeitpunkt der Erhöhung der Betriebskosten, höchstens jedoch auf den Beginn des der Erklärung vorausgehenden Kalenderjahres zurück, sofern der Vermieter die Erklärung innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis von der Erhöhung abgibt.
(3) Ermäßigen sich die Betriebskosten, so ist eine Betriebskostenpauschale vom Zeitpunkt der Ermäßigung an entsprechend herabzusetzen. Die Ermäßigung ist dem Mieter unverzüglich mitzuteilen.
(4) Sind Betriebskostenvorauszahlungen vereinbart worden, so kann jede Vertragspartei nach einer Abrechnung durch Erklärung in Textform eine Anpassung auf eine angemessene Höhe vornehmen.
(5) Bei Veränderungen von Betriebskosten ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten.
(6) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.