Amtsgericht Bottrop Urteil, 13. Mai 2015 - 11 C 317/14
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 23.5.2014 auf der Sterkrader Straße in Bottrop in Höhe des Hauses Nr. 166 ereignet hat.
3Der Ehemann der Klägerin, der Zeuge C, hatte das Fahrzeug der Klägerin, einen Renault Twingo, amtliches Kennzeichen , auf dem Parkstreifen der Sterkrader Straße in Fahrtrichtung stadteinwärts abgestellt.
4Zur gleichen Zeit befuhr der Beklagte zu 1. mit der Sattelzugmaschine Mercedes Benz, amtliches Kennzeichen und dem Sattelauflieger mit dem amtlichen Kennzeichen , die beide bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert sind, die Sterkrader Straße in Richtung Innenstadt.
5Bei der Vorbeifahrt an dem Fahrzeug der Klägerin kam es zu einem Kontakt zwischen der Fahrertür des Fahrzeugs der Klägerin und dem Sattelauflieger der Beklagten im Bereich des hinteren rechten Reifens der dritten Achse.
6Die Klägerin behauptet, der Zeuge C habe nach dem Abstellen und Verlassen des Fahrzeuges gemerkt, dass er vergessen habe, die Parkscheibe auszulegen. Er sei daher zum Fahrzeug zurück gegangen, habe die Fahrertür geöffnet und sich auf den Fahrersitz gesetzt, wobei bei der linke Fuß noch im Bereich des Parkstreifens auf dem Boden gestanden habe. Dabei habe er mit der linken Hand die Tür so zum Fahrzeug herangezogen, dass sie seinen linken Fuß berührt habe.
7Als der Zeuge bemerkt habe, dass sich von hinten der LKW der Beklagten näherte, habe er versucht, sein linkes Bein ins Fahrzeuginnere zu bekommen und die Tür gänzlich zu schließen. Hierzu sei es jedoch nicht mehr gekommen, da der vorbei fahrende Lkw die Fahrertür des Fahrzeugs der Klägerin erfasst und nach vorne mitgenommen habe.
8Die Klägerin ist der Auffassung, das alleinige Verschulden liege bei der Beklagten zu 1., da er einen zu geringen Seitenabstand eingehalten habe, zumal die Tür nicht einmal in die Fahrbahn hinein geragt habe.
9Die Klägerin macht einen Wiederbeschaffungswert i.H.v. 1100,00 € abzüglich Restwert i.H.v. 150,00 €, somit einen Fahrzeugschaden i.H.v. 950,00 €, sowie Sachverständigengebühren i.H.v. 452,09 € und eine Auslagenpauschale i.H.v. 20,00 €, insgesamt einen Schaden i.H.v. 1422,09 € geltend.
10Die Klägerin beantragt,
11die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 1422,09 € nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 27.6.2014 zu zahlen, sowie die Klägerin hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltsgebühren i.H.v. 201,71 € gegenüber den Rechtsanwälten … freizustellen.
12Die Beklagten beantragen,
13die Klage abzuweisen.
14Sie behaupten, die Fahrertür des Fahrzeugs der Klägerin sei zu dem Zeitpunkt, als der Beklagte zu 1. das Fahrzeug habe passieren wollen, nicht geöffnet gewesen.
15Der Zeuge C habe die Tür vielmehr geöffnet, während der Beklagte zu 1. mit der Sattelzugmaschine nebst Auflieger am Fahrzeug der Klägerin vorbei fuhr. Hierfür spreche bereits, dass die Kontaktstelle am Fahrzeug der Beklagten ganz hinten liege.
16Wäre das Vorbringen der Klägerin richtig, wäre bereits die Zugmaschine mit der Tür kollidiert.
17Die Beklagten sind der Auffassung, es spreche bereits der Beweis des ersten Anscheins gegen ein Alleinverschulden des Zeugen C , da ein Fahrzeugführer, der aus einem Fahrzeug aussteigt, gemäß § 14 StVO die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausschließen müsse. Dazu gehöre auch, dass er sich während der gesamten Dauer der geöffneten Tür darüber vergewissern müsse, ob Fahrzeugverkehr herannaht, um gegebenenfalls die geöffnete Tür wieder schließen zu können.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf deren gewechselte Schriftsätze und überreichte Unterlagen Bezug genommen.
19Das Gericht hat Beweis erhoben durch Anhörung des Beklagten zu 1. und Vernehmung des Zeugen C sowie durch Einholung eines verkehrsanalytischen Sachverständigengutachtens.
20Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift des Sitzungsprotokolls vom 17.11.2014 (Bl. 49 - 50 der Akte) und auf das Gutachten des Sachverständigen X vom 19.3.2015 (Bl. 56 - 77 der Akte) Bezug genommen.
21Mit Schriftsatz vom 20.4.2015 hat die Klägerin beantragt, den Sachverständigen ergänzend dazu zu befragen, ob die technische Möglichkeit gegeben sei, dass bei einer unterstellten Geschwindigkeit des Sattelzuges von 50 km/h und einem Seitenabstand von ca. einem Meter die geöffnete Tür eines parkenden Fahrzeuges durch die Zugluft des vorbeifahrenden Sattelzuges weiter aufgerissen werden könne, so dass das Öffnen der Tür nicht auf einen aktiven Vorgang des Zeugen zurückzuführen sei.
22Hierzu haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 5.5.2015 Stellung genommen.
23Entscheidungsgründe:
24Die Klage ist nicht begründet.
25Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagten gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 VVG.
26Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht das erkennende Gericht davon aus, dass der Zeuge C die Fahrertür des Fahrzeugs der Klägerin gegen den vorbei fahrenden Lkw der Beklagten gestoßen hat und damit das alleinige Verschulden für das Zustandekommen des Verkehrsunfalls trägt. Dieses Verschulden muss die Klägerin sich zurechnen lassen.
27Die Anhörung des Beklagten zu 1. und die Vernehmung des Zeugen C (erwartungsgemäß) haben kein eindeutiges Ergebnis erbracht, da beide das schriftliche Vorbringen der Parteivertreter bestätigt haben.
28Nach dem überzeugenden und für das Gericht nachvollziehbaren Gutachten des Sachverständigen X geht das erkennende Gericht jedoch davon aus, dass sich der Unfall nur so ereignet haben kann, wie von den Beklagten behauptet, da es aus sachverständiger Sicht auszuschließen ist, dass der Lkw der Beklagten beim Vorbeifahren gegen die nur leicht geöffnete Tür des Fahrzeugs der Klägerin gestoßen ist und diese nach vorne mitgenommen hat.
29Dem Antrag der Klägerin, den Sachverständigen ergänzend dazu zu befragen, ob nicht wegen der Zugluft, verursacht durch den vorbeifahrenden Lkw, sich die Tür auch ohne Zutun des Zeugen C geöffnet haben kann, war nicht nachzugehen.
30Die dahingehende Fragestellung der Klägerin ändert nichts am alleinigen Verschulden des Zeugen Borgers, da dieser wegen der Verpflichtung des § 14 Abs. 1 StVO, beim Öffnen der Tür des Fahrzeuges die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen, hätte sicherstellen müssen, dass die Tür sich auch bei der Vorbeifahrt eines schweren LKWs nicht bewegt, insbesondere sich nicht weiter eröffnet.
31Im Übrigen entspricht die nunmehr aufgestellte These der Klägerin, die Tür habe sich von alleine durch die Zugluft geöffnet, nicht der ursprüngliche Behauptung der Klägerin, die im Übrigen auch vom Zeugen C bestätigt worden ist, dass dieser die Tür mit der Hand festgehalten hat, damit sie gerade nicht weiter aufgeht.
32Diese Behauptung ist jedoch durch das Sachverständigengutachten widerlegt und es kann dahingestellt bleiben, ob der Zeuge C die Tür aus Unachtsamkeit geöffnet und dabei gegen das vorbeifahrende Fahrzeug gestoßen hat oder ob er sie nur leicht geöffnet, aber nicht festgehalten hat und die Tür sich dann durch die Zugluft des vorbeifahrenden LKWs weiter geöffnet hat.
33Ein Verschulden des Beklagten zu 1. Ist dagegen nicht festzustellen.
34Die vom Fahrzeug der Beklagten ausgehende Betriebsgefahr tritt hinter dem überragenden Verschulden des Zeugen C , welche sich die Klägerin anrechnen lassen muss, vollständig zurück mit der Folge, dass die Klägerin zu 100% haftet.
35Die Klage war daher abzuweisen.
36Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
37Streitwert: 1.422,09 Euro.
Annotations
(1) Wer ein- oder aussteigt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilnehmenden ausgeschlossen ist.
(2) Wer ein Fahrzeug führt, muss die nötigen Maßnahmen treffen, um Unfälle oder Verkehrsstörungen zu vermeiden, wenn das Fahrzeug verlassen wird. Kraftfahrzeuge sind auch gegen unbefugte Benutzung zu sichern.
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
(1) Wer ein- oder aussteigt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilnehmenden ausgeschlossen ist.
(2) Wer ein Fahrzeug führt, muss die nötigen Maßnahmen treffen, um Unfälle oder Verkehrsstörungen zu vermeiden, wenn das Fahrzeug verlassen wird. Kraftfahrzeuge sind auch gegen unbefugte Benutzung zu sichern.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.