Amtsgericht Ahlen Urteil, 16. Jan. 2015 - 5 Ls - 81 Js 1582/2014 - 39/2014
Gericht
Tenor
Die Angeklagten sind der gefährlichen Körperverletzung schuldig.
Es wird erkannt:
gegen die Angeklagten O1 auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und 8 Monaten,
gegen den Angeklagten O2 auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr.
Die Vollstreckung der Strafen wird zur Bewährung ausgesetzt.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens.
Angewandte Vorschriften:
§§ 224 Abs. I Nr. 5, 13 Abs. I, 25 Abs. II, 56 StGB
1
Gründe
2Der Angeklagte O2 wurde am 00.00.0000 in 03 geboren, wuchs jedoch in Ahlen auf. Nachdem er die Schule mit dem Sonderschulabschluss nach Klasse 8 verlassen hatte, arbeitete er ein Jahr lang auf der Zeche. Anschließend besuchte er für die Dauer eines Jahres die Berufsschule im Bereich Metall, um anschließend von 1983 bis 2002 in der Metallwerkstatt S2 zu arbeiten. In der Folgezeit arbeitete er bei verschienenen Firmen, zuletzt auf Leiharbeitsbasis, und ist jetzt über die Zeitarbeitsfirma R im Palettenbau tätig. Er verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 1.000,- Euro, von dem er jetzt die Miete für die zwischenzeitlich angemietete Wohnung in Höhe von 300,- Euro monatlich begleichen muss.
3Der Angeklagte lebte bis Frühjahr 2014 im Haushalt der Eltern bzw. zuletzt des Vaters, die er gemeinsam mit seinen Geschwistern in deren Alter betreute, hat seit dem Frühsommer 2014 jedoch eine eigene Wohnung bezogen.
4Die Angeklagte O1 wurde am 00.00.0000 in 03 geboren. Nach der Schule, die sie regulär mit dem Hauptschulabschluss verließ, nahm sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau auf, die sie erfolgreich abschloss. Anschließend war sie zunächst beschäftigungslos, bis sie eine Anstellung in verschiedenen Firmen fand. Sie ist jetzt jedoch seit 11 Jahren arbeitslos.
5Am 00.00.2004 heiratete die Angeklagte. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Mitte 2013 wurde das Verhältnis zwischen den Eheleuten so massiv belastet, dass eine Trennung absehbar war; diese vollzog der Mann der Angeklagten im Dezember 2013. Seit kurzer Zeit ist die Beziehung jedoch wieder aufgenommen worden. Sie ist derzeit arbeitslos und bezieht ALG-II-Leistungen in Höhe des Regelsatzes.
6Strafrechtlich sind beide Angeklagte bislang noch nicht aufgefallen.
7* * *
8Die Hauptverhandlung hat zu folgenden Feststellungen geführt:
9Die Angeklagten und die Zeugin M sind die Kinder der Eheleute O4. Der Vater der Angeklagten, O5, erlitt 2004 einen schweren Verkehrsunfall, in dessen Folge er zunehmend geistig und zuletzt auch körperlich abbaute; es trat zunehmende Demenz ein. Die beiden Angeklagten und ihre Schwester, die Zeugin M, betreuten - zunächst gemeinsam mit ihrer Mutter den Vater, bis die Mutter im Januar 2011 nach längerer schwerer Krankheit, während derer sie ebenfalls von den Kindern gepflegt wurde, verstarb. Während der Angeklagte 02 gemeinsam mit den Eltern in deren Haus, die Zeugin M in einem neu errichteten Anbau desselben wohnte, zu dessen Errichtung ein Hypothekendarlehen aufgenommen worden war, wohnte die Angeklagte O1 gemeinsam mit ihrem Mann in einer eigenen Wohnung, die in der Nähe des Elternhauses gelegen war.
10Aufgrund der zunehmenden Demenz des O5 wurde im April 2010 eine gesetzliche Betreuung eingerichtet; zur Betreuerin wurde auf übereinstimmenden Vorschlag der Familienangehörigen die Angeklagte O1 bestellt. Diese kümmerte sich in der Folgezeit allein um die finanziellen Angelegenheiten ihrer Eltern; obwohl beide Schwestern Kontovollmacht hatten, verfügte ab diesem Zeitpunkt allein die Angeklagte über das Konto ihrer Eltern. Aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Bergmann, aufgrund des erlittenen Unfalls und aufgrund der Pflegebedürftigkeit, zuletzt in Pflegestufe 3, verfügte O5 über ein monatliches Einkommen von mehr als 3.500,- Euro, mit dem eine Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung auch ohne Hausverkauf hätte finanziert werden können.
11O5 wurde aufgrund der Folgen des erlittenen Unfalls und der in dessen Folge einsetzenden Demenz von dem Psychiater Herrn T4 in B1 behandelt, dem er bis September 2013 vierteljährlich vorgestellt wurde. Hausärztlich wurde er von Herrn I3 aus B1 versorgt, wobei sich dessen Tätigkeit in den letzten drei Jahren darauf beschränkt haben soll, Rezepte für Medikamente auszustellen, ohne den Patienten in den drei Jahren überhaupt einmal gesehen zu haben.
12Ende 2012 wurde O5 wegen eines Oberschenkelhalsbruchs in stationäre Behandlung aufgenommen, an die sich eine REHA-Maßnahme im Krankenhaus N2 in U anschloss. Im Rahmen der dort geführten Gespräche wurde die Angeklagte O1 darauf hingewiesen, dass es für den Vater das Beste sei, wenn er weiterhin in dem elterlichen Haus wohne könne; allerdings sei eine 24-Stunden-Betreuung erforderlich.
13In der Folgezeit kümmerten sich die Angeklagten und die Zeugin M weiter um den Vater, wobei die Zeugin M zunehmend mit der Pflege ihres schwerkranken Mannes ausgelastet war und sich zunehmend überfordert fühlte. Während der Angeklagte O2 seiner Arbeit nachging, hielt sich die Angeklagte O1 überwiegend in der Wohnung des Vaters auf, bis der Angeklagte O2 nach der Arbeit die Sorge für den Vater wieder übernehmen konnte, wobei die Geschwister jedoch zunehmend an ihre Grenzen kamen und auch dem Vater gegenüber gelegentlich übergriffig wurden und ihn tätlich angingen.
14Im Mai 2013 kam es zu einem massiven Streit zwischen der Angeklagten O1 und der Zeugin M um die Frage, ob der Vater weiterhin im seinem Haus bleiben oder besser in ein Heim gegeben werden sollte. Obwohl der Streit in massive Tätlichkeiten eskaliert sein soll, kamen die Geschwister doch überein, das Haus zu verkaufen mit der Vorstellung, den Vater dann in ein Pflegeheim zu geben. Etwa zeitgleich wurde zunehmend das Verhältnis der Angeklagten O1 zu ihrem Mann durch die Pflege ihres Vaters so belastet, dass Herr T5 sich Ende 2013 letztlich entschloss, sich von seiner Frau zu trennen, und aus der gemeinsamen Wohnung auszog.
15Entsprechend dem Entschluss der Angeklagten und der Zeugin M stellte im August 2013 die bereits zuvor bestellte Ergänzungspflegerin, die Zeugen C2, einen Antrag auf Erweiterung der Bestellung zwecks Hausverkaufs und beauftragte nach erfolgter Erweiterung der Bestellung einen Gutachter mit Bewertung des Hauses. Zu einem Verkauf kam es jedoch zunächst nicht, weil kein Käufer gefunden werden konnte, der einen angemessenen Preis zu zahlen bereit gewesen wäre.
16Auf Betreiben der Zeugin M suchten die Zeugin B2, Mitarbeiterin des sozialpsychiatrischen Dienstes des Kreises Warendorf in Begleitung des Zeugen L3, eines Gerontologen, am 04.12.2013 die Angeklagte O1 in der Wohnung ihres Vaters auf. Sie konnten bei diesem Besuch keinerlei Auffälligkeiten feststellen; O5 wies keine unmittelbar sichtbaren Auffälligkeiten auf. In dem Gespräch wurde die Angeklagte O1 auf die diversen Hilfsangebote hingewiesen, die auch in Form ambulanter Pflegedienste zur Verfügung ständen. Diese Hilfsangebote wurden jedoch von der Angeklagten O1mit der Bemerkung zurückgewiesen, dass sich dies nicht mehr lohne, da der Vater ohnehin ab Januar in einem Pflegeheim untergebracht werde. Tatsächlich war bis zu diesem Tag - und auch in der Folgezeit nicht - noch keinerlei Kontakt zu irgendeiner Pflegeeinrichtung aufgenommen worden.
173 Tage später, am 07.12.2013, wurde Herr O5 im G2-Hospital B1 aufgenommen, weil er sich beim hastigen Essen verschluckt und ein Stück Brot in die Luftröhre geraten war. Bei diesem Krankenhausaufenthalt wurden einige Dekubitus-Stellen festgestellt, die jedoch bei dem Allgemeinzustand des O5 nicht als auffällig eingestuft wurden. Im Übrigen wurden keine Auffälligkeiten festgestellt, die Rückschlüsse auf eine mangelnde Pflege zugelassen hätten.
18Er kehrte nach wenigen Tagen stationärer Behandlung wieder in seine Wohnung zurück. Am 15.02.2014 wurde er erneut notfallmäßig in das F-Krankenhaus in C3 eingeliefert. Hier wurde festgestellt, dass O5 sich in einem ungewöhnlich schlechten Pflegezustand befunden und zahlreiche Hämatome aufgewiesen habe. Wegen des Verdachts einer möglichen Misshandlung wurde das Institut für Rechtsmedizin in Münster informiert. Der Sachverständige L4 untersuchte O5 am 20.02.2014 im Krankenhaus und stellte dort folgende Auffälligkeiten fest:
19- An der Stirn rechts eine großfleckige Hautunterblutung
- An der Stirn links eine großfleckige Hautunterblutung
- Im Bereich der linken Augenbraue eine streifige Hautblutung mit Unterblutung des linken Augenober- und -unterlides
- An der Nasenwurzel eine großfleckige Oberhauteintrocknung mit Krustenbildung sowie am Nasenrücken mehrere kleinfleckige Oberhauteintrocknungen
- Eine kleinfleckige Schleimhautunterblutung im Mundvorhof
- Am linken Unterarm streckseitig sowie an beiden Handrücken zahlreiche kleinfleckige Hautblutungen
- Am Rücken rechts der Brustwirbelsäule eine großfleckige Hautunterblutung
- In der Haut des Rückens zahlreiche kratzerartige und kleinfleckige Oberhauteintrocknungen
- In der Haut des Gesäßes zahlreiche kleinfleckige und streifige Hautblutungen, teilweise wie ein Textilabdruckmuster
- In der Haut des Gesäßes 2 kleinfleckige Druckgeschwüre
- Über dem rechten Hüftgelenk ein großfleckiges Druckgeschwür
- Vor dem linken Kniegelenk 2 kleinfleckige Druckgeschwüre
- Am linken Außenknöchel ein kleinfleckiges Druckgeschwür
- Vor beiden Kniegelenken und vor beiden Schienbeinen zahlreiche kleinfleckige Oberhauteintrocknungen
- An der Streckseite beider Vorfüße kleinfleckige Hautunterblutungen
- Die Haut beider Leisten und übergehend auf die Oberschenkelinnenseiten, links stärker als rechts, mit einer flächenhaften Hautrötung im Sinne einer chronischen Hauterkrankung (Pilzinfektion?).
Im Anschluss an die Untersuchung wurden Fotografien des F-Krankenhauses in Augenschein genommen, welche am 15.02.2014 aufgenommen worden waren. Hier zeigen sich die oben beschriebenen Verletzungen / Veränderungen. Es ist zu erkennen, dass diese Veränderungen auf den Fotografien im Gegensatz zur körperlichen Untersuchung jeweils frisch imponieren.
21Bei der körperlichen Untersuchung konnte die Einwirkung umschriebener stumpfer Gewalt gegen die Stirn rechts, die Stirn links, die Nasenwurzel und den Rücken rechts gesichert werden. Zur Erzeugung dieser Hautunterblutungen war jedoch keine intensive stumpfe Gewalteinwirkung erforderlich. Eine Entstehung durch Anschlag oder Sturz kann nicht ausgeschlossen werden, auch wenn dies zumindest für den Rücken unwahrscheinlich ist.
22Insgesamt stellt sich somit das Bild einer chronischen Vernachlässigung dar.
23Herr O5 ist schlecht oder überhaupt nicht gepflegt worden. Dafür sprechen auch die bei der stationären Aufnahme am 15.02.2014 dokumentierte Austrocknung und Unterkühlung. Auch die beiden Druckgeschwüre vor dem linken Kniegelenk passen in dieses Bild. Die Druckgeschwüre am Gesäß und am Hüftgelenk können durch „Durchliegen" erklärt werden. Diese Druckgeschwüre sind nicht notwendigerweise vermeidbar. Die Druckgeschwüre vor dem Kniegelenk können so jedoch nicht erklärt werden. Sie entstanden am ehesten durch ständigen oder repetitiven Kontakt mit Bettgittern oder ähnlichen Strukturen. Auch die großflächige Hauterkrankung in beiden Leisten und übergehend auf die Oberschenkelinnenseiten passen in das Bild einer chronischen Vernachlässigung.“
24O5 wurde am 22.02.2014 gegen 03.15 Uhr tot in seinem Bett im F-Krankenhaus aufgefunden. Er war an den Folgen eines Herzinfarktes verstorben.
25Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Tod des O5 und einer mangelnden Pflege / Vernachlässigung desselben kann nicht festgestellt werden.
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27Die Angeklagten haben sich durch das festgestellte Verhalten der gefährlichen Körperverletzung gemäß §§ 224 Abs. I Nr. 5, 13 Abs. I, 25 Abs. II StGB schuldig gemacht.
28Die Angeklagten haben - der Angeklagte Neumann faktisch, die Angeklagte O1 auch rechtlich - die Pflege und damit die Verantwortung für das Wohlergehen ihres Vaters übernommen. Bei einer Gesamtschau auf die langjährige Pflegeleistung, die die beiden Angeklagten - über lange Zeit gemeinsam mit der Zeugin M - übernommen haben, ist festzustellen, dass sie letztlich mit der notwendigen Pflege völlig überfordert waren und daher - und dies ist der Vorwurf, der beiden Angeklagten gemacht werden muss - sich äußerer Hilfe hätten bedienen müssen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen L4 befand sich O5 Anfang 2014 in einem Pflegezustand, bei dem Infektionen leicht auftreten und lebensbedrohliche Wirkung entfalten konnten. Eine ausreichende pflegerische Versorgung des O5 hat nicht stattgefunden, obwohl sich diese auch für eine medizinischen Laien hätte aufdrängen müssen. Die auch nach den Ausführungen des Sachverständigen L4 kaum zu vermeidenden Dekubitusstellen hätten ärztlich bzw. pflegerisch versorgt und verbunden werden müssen, um Infektionen zu verhindern und Schmerzen durch die Wundstellen zumindest zu verringern. Eine solche Versorgung hat in keiner Weise stattgefunden; weder ist O5 einem Arzt vorgestellt noch ein Pflegedienst zu Hilfe oder Beratung hinzugezogen worden, obwohl noch im Dezember 2013 von der Zeugin B2 die Hilfsmöglichkeiten im Einzelnen dargelegt worden waren. Zugunsten der Angeklagten ist jedoch andererseits zu berücksichtigen, dass noch im Dezember 2013 anlässlich des stationären Krankenhausaufenthaltes im G2-Hospital außer nicht ungewöhnlich erscheinenden Dekubitusstellen keine Auffälligkeiten im Pflegezustand des O5 festgestellt worden sind.
29Eine Misshandlung von Schutzbefohlenen im Sinne des § 225 Abs. I Nr. 1, 2, 2. Alt., Abs. II Nr. 1 StGB durch eine böswillige Vernachlässigung kann hingegen nicht festgestellt werden. Wie bereits vorstehend erwähnt sind bis Ende 2013 keine Anzeichen für eine Vernachlässigung des O5 festgestellt worden, auch wenn Pflegeleistungen sicherlich nicht in dem objektiv sachlich gebotenen Umfang erbracht wurden; so ist beispielsweise die Selbstversorgung der Dekubitusstellen durch noch in der Hausapotheke vorgefundene Salben völlig unzureichend gewesen. Dass dies in im Sinne des § 225 Abs. I StGB "böswilliger" Absicht geschehen ist, kann jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Die Angeklagten profitierten zwar objektiv durch den weiteren Aufenthalt des Vaters in der elterlichen Wohnung, indem der Angeklagte Neumann dort weiterhin mitfrei leben konnte, die Angeklagte O1 Zugriff auf das Einkommen des Vaters hatte, über das sie ab Betreuerbestellung allein verfügte, wobei zu ihren Gunsten wiederum zu berücksichtigen ist, dass ein Teil des Einkommens - das Pflegegeld - ihr und dem Angeklagten O2 für ihre Pflege zugestanden hätten. Diese wirtschaftlichen Vorteile allein reichen jedoch nicht aus, um eine Böswilligkeit im Sinne des § 225 Abs. I StGB zu begründen. Insoweit muss - wie bereits mehrfach ausgeführt - berücksichtigt werden, dass eine gefährdende Vernachlässigung positiv erst in den letzten bei den Monaten zwischen der Entlassung aus dem G2-Hospital im Dezember 2013 und der Einlieferung in das F-Hospital in C3 Mitte Februar 2014 festgestellt werden kann. Hier ist jedoch zugunsten der Angeklagten O1 zu berücksichtigen, dass genau in diese Phase die Trennung ihres Mannes von ihr fällt, die letztlich durch die ausufernde und aufreibende Pflege des Vaters ausgelöst worden ist. Weiter ist insoweit zu berücksichtigen, dass viele der von dem Sachverständigen L4 bei der Untersuchung am 20.02.2014 festgestellten Auffälligkeiten auch das Ergebnis einer sehr kurzfristigen Entwicklung sein können: So hat er zu der großflächigen Pilzinfektion im Schrittbereich des O5 ausgeführt, dass dieses Wundbild innerhalb einer Woche entstehen könne.
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31Die Angeklagten, die bislang strafrechtlich noch nicht aufgefallen sind, haben den objektiven Sachverhalt wie festgestellt ohne Umschweife eingeräumt, ohne allerdings zu den Gründen konkret Stellung zu nehmen / nehmen zu können, warum es zu dieser Vernachlässigung des Vaters gekommen ist. Zu ihren Gunsten ist zu berücksichtigen, dass sie sich jahrelang um ihre Eltern gekümmert und diese mit zunehmendem Aufwand gepflegt haben. Beide Angeklagte waren in den letzten Jahren und insbesondere den letzten Monaten durch die Pflege erst der schwerkranken Mutter, dann des zunehmend dementen Vaters zeitlich stark eingebunden. Auch wenn die Pflege objektiv völlig unzureichend war, waren sie vor Ort und zur Stelle, wenn Handlungsbedarf bestand. Wie schon ausgeführt, war die Angeklagte O1 in den letzten Monaten durch die sich abzeichnende Trennung ihres Mannes emotional stark belastet, während der sehr schlicht strukturierte Angeklagte O2 sich allein und unbesehen auf seine Schwester verließ. Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagten sprechender Umstände erschienen
32- bei der Angeklagten O1 eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten
- bei dem Angeklagten O2 eine solche von einem Jahr
tat- und schuldangemessen.
35Die Angeklagten sind bislang strafrechtlich nicht aufgefallen. Die Situation, in der es zu dieser Straftat gekommen ist, kann sich nicht wiederholen, zumal die Angeklagten durch das Verfahren nachdrücklich auf ihre Pflichten hingewiesen worden sind. Daher konnte die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden.
36Eine Bewährungszeit in Höhe des gesetzlichen Mindestmaßes von zwei Jahren erschien ausreichend.
37Als fühlbare Reaktion auf das begangene Unrecht erschien bei der Angeklagten O1, die beschäftigungslos ist, ein Sozialdienst von 200 Stunden, bei dem Angeklagten O2 eine Geldbuße von 1.000,- Euro, die in monatlichen Raten von mindestens 50,- Euro zu entrichten ist, angemessen.
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39Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. I StPO.