Online Kommentar zu § 80 VwGO - Aufschiebende Wirkung, Ausnahmen und gerichtlicher Eilrechtsschutz

originally published: 26.11.2025 17:01, updated: 22.12.2025 15:11
Online Kommentar zu § 80 VwGO - Aufschiebende Wirkung, Ausnahmen und gerichtlicher Eilrechtsschutz
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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80

Author’s summary by ra.de Redaktion

1. Wem nützt dieser Beitrag – und weshalb ist § 80 VwGO so bedeutsam?

Dieser Kommentar richtet sich an Praktiker:innen (Verwaltungsgerichte, Behörden, Anwaltschaft), an In‑house‑Jurist:innen in Kommunen und Unternehmen sowie an Studierende und Referendar:innen. § 80 VwGO ist die Schaltstelle des verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes, sobald es um Vollziehung von Verwaltungsakten (VA) geht: Er entscheidet, ob ein belastender VA vorläufig wirksam durchgesetzt werden darf oder ob der Bürger bis zur Hauptsacheentscheidung vor den Vollzugsfolgen geschützt wird. Für die Verwaltungspraxis ist das zentral (Durchsetzungsfähigkeit!); für Betroffene ist es existentiell (Grundrechtsschutz in der Zwischenzeit!).

Im System des vorläufigen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) regelt § 80 VwGO die Regel: aufschiebende Wirkung und deren Ausnahmen, den behördlichen wie den gerichtlichen Weg der Vollzugsregelung und die Maßstäbe der Interessenabwägung. Besonders examens‑ und praxisrelevant sind Abs. 1 (Grundsatz), Abs. 2 (gesetzliche/behördliche Ausnahmen) und Abs. 5 (gerichtlicher Antrag).

2. Stellung im System und Verhältnis zu Nachbarvorschriften

  • Dreiklang des Eilrechtsschutzes:

    1. §§ 80, 80a VwGO (Vollziehung von Verwaltungsakten – „Regelung der Vollziehung“),

    2. § 123 VwGO (einstweilige Anordnung – subsidiär, wenn keine VA‑Vollziehung betroffen ist),

    3. § 47 Abs. 6 VwGO (Normenkontrolle im Eilverfahren).
      Spezialität geht vor: Wo § 80/80a eingreifen, ist § 123 gesperrt.

  • Zwei‑Personen‑ vs. Drei‑Personen‑Verhältnis:
    § 80 VwGO betrifft den Adressaten des VA und die Behörde. Drittbetroffene (z. B. Nachbarn gegen begünstigende Baugenehmigung) laufen über § 80a VwGO; dort gelten modifizierte Antrags‑ und Tenorierungsregeln, die aber auf die Logik des § 80 Abs. 5 zurückgreifen.

  • Worum geht es? Nicht der Inhalt des VA, sondern dessen Vollziehung („Ob“ und „Wann“ der Durchsetzung bis zur Hauptsache). Das ist auch im Rubrum vieler Beschlüsse sichtbar: „hier: Regelung der Vollziehung“.


3. § 80 Abs. 1 VwGORegel: aufschiebende Wirkung

3.1 Inhalt und Reichweite

  • Satz 1: Widerspruch und Anfechtungsklage hemmen grundsätzlich die Vollziehung belastender VA. Die Verwaltung darf bis zur Bestandskraft bzw. rechtskräftigen Entscheidung nicht vollstrecken, Realwirkungen auslösen oder Vollzugsmaßnahmen fortsetzen.

  • Satz 2 konkretisiert, dass bestimmte VA (rechtsgestaltend, feststellend) ohnehin keiner Vollstreckung im engeren Sinne bedürfen; maßgeblich bleibt: Es geht stets um Hinausschieben von Vollzugsfolgen.

Wichtig: Die aufschiebende Wirkung betrifft den Vollzug, nicht die Wirksamkeit des VA als solchen. Der VA bleibt existent, wird aber (vorläufig) nicht durchgesetzt.

3.2 Hauptsacherechtsbehelf

Leitfall ist die Anfechtungsklage gegen belastende VA. In seltenen Konstellationen kann das Institut auch bei Verpflichtungsklagen relevant werden, wenn die Ablehnung einer beantragten Begünstigung den Wegfall einer bisherigen Rechtsposition bewirkt und Spezialrecht die aufschiebende Wirkung vorsieht (klassisch: fiktive Aufenthaltserlaubnis, § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG).


4. § 80 Abs. 2 VwGOAusnahmen von der aufschiebenden Wirkung

Der Gesetzgeber (Nrn. 1–3a) oder ausnahmsweise die Behörde im Einzelfall (Nr. 4) kann den Regelfall des Abs. 1 durchbrechen.

4.1 Gesetzliche Ausnahmen (Abs. 2 S. 1 Nrn. 1–3a)

  • Nr. 1 – öffentliche Abgaben und Kosten:
    Abgaben zur Deckung des Finanzbedarfs (insbes. Steuern, Beiträge); unter „Kosten“ fallen typischerweise Verwaltungsgebühren – dogmatisch wird diskutiert, ob nur selbstständig erhobene Kosten erfasst sind. Nicht jede Nebenforderung einer Sachentscheidung gehört dazu. Praxis: Kosten der Verwaltungsvollstreckung (ersatzweise Ausführung etc.) werden oft nicht Nr. 1 zugeordnet.

  • Nr. 2 – unaufschiebbare Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten:
    Enger Anwendungsbereich; erfasst sind situationsbezogene, sofortige Eingriffe (Platzverweise, Sicherstellungen durch den Vollzugsdienst). Verkehrszeichen werden teils als funktionales Äquivalent behandelt.

  • Nr. 3 – Spezialgesetze:
    Vielfach praxisrelevant. Beispiele:
    – § 84 Abs. 1 AufenthG (aufenthaltsrechtliche Ablehnung),
    – Vollstreckungstitel/ Zwangsmittel nach Landes‑VwVG,
    § 212a Abs. 1 BauGB (Nachbarklagen gegen Baugenehmigungen ohne aufschiebende Wirkung).
    Nr. 3a ergänzt neu bestimmte Infrastrukturvorhaben.

Folge: In diesen Fällen ist die aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes entfallen – sie „hat nie eingesetzt“.

4.2 Behördliche Ausnahmeentscheidung (Abs. 2 S. 1 Nr. 4) – „sofortige Vollziehung“

Die Ausgangs‑ oder Widerspruchsbehörde kann für den Einzelfall die sofortige Vollziehung anordnen. Das setzt ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse voraus und unterliegt der Begründungspflicht des Abs. 3 (dazu sogleich). Dogmatisch bedeutet das: Die (für eine juristische Sekunde) eingetretene aufschiebende Wirkung wird aufgehoben.


5. § 80 Abs. 3 VwGOBegründungspflicht der Behörde

Die Anordnung nach Abs. 2 Nr. 4 muss schriftlich und einzelfallbezogen begründet werden: Darzustellen ist das besondere Interesse, gerade nicht nur die Gründe für den VA selbst. Pauschalformeln („Sicherung der öffentlichen Ordnung“) genügen nicht.

Rechtsfolge eines Begründungsmangels ist formelle Rechtswidrigkeit der Anordnung – im gerichtlichen Verfahren ist das ein eigenständiges Aufhebungs‑/Versagungskriterium, ohne dass der VA selbst schon rechtswidrig sein muss.


6. § 80 Abs. 4 VwGO – der behördliche Aussetzungsweg

Die Behörde kann die Vollziehung aussetzen (Regelfall: gleiche Behörde, die den VA erlassen hat; im Widerspruchsstadium auch die Widerspruchsbehörde).
In Abgabenfällen (Abs. 2 Nr. 1) gelten strengere Maßstäbe: Aussetzung nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit oder bei unbilliger Härte (Abs. 4 S. 3). Das ist für die Praxis bedeutsam; der gerichtliche Maßstab ist damit nicht automatisch identisch (s. unten Abs. 5).


7. § 80 Abs. 5 VwGOgerichtlicher Eilrechtsschutz (Kern der Praxis)

Das Gericht der Hauptsache ordnet (Var. 1) oder stellt wieder her (Var. 2) die aufschiebende Wirkung. Der Prüfungsmaßstab ist eine Interessenabwägung: privates Aussetzungsinteresse vs. öffentliches Vollzugsinteresse – maßgeblich beeinflusst durch die Erfolgsaussichten in der Hauptsache.

7.1 Zulässigkeit – der examens‑ und praxisrelevante Aufbau

  1. Statthaftigkeit:
    Statthaft ist der Antrag, wenn ein Rechtsbehelf in der Hauptsache (typisch: Anfechtungsklage) grundsätzlichaufschiebende Wirkung hat, diese jedoch entfallen ist.
    Anordnung (Var. 1) bei gesetzlichem Entfall (Abs. 2 Nrn. 1–3a).
    Wiederherstellung (Var. 2) bei behördlich angeordneter sofortiger Vollziehung (Abs. 2 Nr. 4).
    Seltene Sonderfälle betreffen Verpflichtungsklagen, soweit Spezialgesetze die aufschiebende Wirkung regeln.

  2. Antragsbefugnis:
    Mögliches Betroffensein in eigenen Rechten durch die Vollziehung (Adressatenformel). Formulierung: „Der Antragsteller ist als Adressat des belastenden VA möglicherweise durch dessen Vollziehung in eigenen Rechten verletzt.“

  3. Vorverfahren/Frist:
    § 80 Abs. 5 selbst kennt keine Frist. Wichtig: In Abgabenfällen ist nach § 80 Abs. 6 vorher behördliche Aussetzungzu beantragen (Ausnahme: Eilnot‑/Unzumutbarkeitsfälle). Spezialgesetze können Fristen statuieren (z. B. AsylG).

  4. Rechtsschutzbedürfnis:
    Fehlt ausnahmsweise, wenn ein einfacherer, gleichgeeigneter Weg besteht (s. Abs. 6) oder der Antrag offensichtlich nutzlos ist (Hauptsache ersichtlich unzulässig, etwa wegen Fristablaufs). Umstritten ist, ob der Eilantrag ohne Hauptsacherechtsbehelf zulässig ist; viele Gerichte lassen ihn zu, um Fristen nicht zu verkürzen, und tenorieren dann „aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage“.

7.2 Begründetheit – Maßstab und Stufenprüfung

Obersatz allgemein: Der Antrag ist begründet, wenn im Rahmen eigenständiger gerichtlicher Interessenabwägung das private Aussetzungsinteresse überwiegt.

  • Variante 1 – Anordnung (Abs. 2 Nrn. 1–3a):
    Der Gesetzgeber hat die sofortige Vollziehbarkeit als Regel festgelegt; die Abwägung ist vorgeprägt. Schlüssel ist daher die summarische Prüfung der Rechtmäßigkeit des VA:
    VA offensichtlich rechtmäßig → öffentliches Interesse überwiegt → Antrag abweisen.
    VA offensichtlich rechtswidrig → kein öffentliches Vollzugsinteresse → aufschiebende Wirkung anordnen.
    Bei offenem Ausgang werden die Folgen/Grundrechtsintensität einbezogen (Folgen‑/Intensitätsabwägung).

  • Variante 2 – Wiederherstellung (Abs. 2 Nr. 4):
    Zweischritt:

    1. Formelle Kontrolle der behördlichen Anordnung (Abs. 3 – Begründungspflicht, Zuständigkeit, Verfahren). Defizite genügen, um die Wiederherstellung zu rechtfertigen.

    2. Materielle Abwägung: Auch hier sind die Erfolgsaussichten maßgeblich. Aber: Selbst wenn der VA rechtmäßig ist, reicht das nicht automatisch aus; erforderlich ist zusätzlich ein besonderesVollzugsinteresse (Dringlichkeit, Gefahrenabwehr, erhebliche Gemeinwohlbelange). Fehlt das, wird wiederhergestellt.

Prüfungstiefe („summarisch“): Die Eilnatur erfordert eine verdichtete Tatsachen‑ und Rechtsprüfung. In der Klausur ist vollständig zu subsumieren; in der Praxis kann bei außergewöhnlicher Eile (Versammlungsverbote, Gefahrfälle) die Prüfung stärker folgen‑orientiert ausfallen.

Hinweis § 80c VwGO: Formelle Mängel, die heilbar sind (z. B. bestimmte Verfahrensverstöße), können die Erfolgsaussichten relativieren – die Norm konkretisiert, wie Heilungsoptionen die Abwägung beeinflussen.


8. § 80 Abs. 6 VwGOZugangsvoraussetzung in Abgabenfällen

In Fällen des Abs. 2 Nr. 1 (Abgaben/Kosten) ist ein vorheriger Aussetzungsantrag bei der Behörde zwingend (Ausnahme: besondere Dringlichkeit/Unzumutbarkeit, Abs. 6 S. 2). Diese Hürde ist nicht heilbar – fehlt der Antrag, ist der gerichtliche Antrag unzulässig.


9. § 80 Abs. 7 und 8 VwGONachsteuerung und Tenorierung

  • Abs. 7 erlaubt Anpassungen bei veränderter Sach‑/Rechtslage (Abänderungsanträge).

  • Abs. 8 regelt u. a. Zuständigkeiten und Verweisungskonstellationen (Gericht der Hauptsache).

Tenorierungspraxis:

  • Anordnung: „Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom … wird angeordnet.“

  • Wiederherstellung: „… wird wiederhergestellt.“

  • Bei noch nicht erhobener Klage: „… der noch bis zum … zu erhebenden Klage …“.


10. Verhältnis zu § 80a VwGO (Drittbetroffene)

Greifen Dritte die Vollziehung eines begünstigenden VA an (Nachbar gegen Baugenehmigung), ist § 80a maßgeblich. Kerngedanke bleibt die Vollziehungsregel, aber Antrags‑ und Tenorformeln spiegeln das Drei‑Personen‑Verhältnis (Adressat des VA, Begünstigter, Behörde) wider. § 212a BauGB nimmt Nachbarklagen die aufschiebende Wirkung; im Eilrechtsschutz wird dann regelmäßig § 80a i. V. m. § 80 Abs. 5 bemüht.


11. Verhältnis zu § 123 VwGO (Subsidiarität)

Ist kein Vollzugsbezug eines VA vorhanden (Realakte, schlichtes Verwaltungshandeln, Nichtstörer‑Konstellationen), ist der Weg über § 123 VwGO eröffnet. Sobald es um die Vollziehung eines VA geht, ist § 80 vorrangig. Falsch eingeordnete Anträge sind umzudeuten (§ 88 VwGO).


12. Praxistipps, typische Fehler und Formulierungshilfen

Typische Fehlerquellen

  • Verwechslung von Anordnung (Var. 1) und Wiederherstellung (Var. 2).

  • § 80 Abs. 6 übersehen (Abgaben!).

  • Unpräziser Streitgegenstand („Vollziehung“ statt „Inhalt des VA“).

  • Begründungsmängel nach Abs. 3 nicht gesondert prüfen.

  • Unkritische Übernahme des behördlichen Maßstabs (ernstliche Zweifel gelten im Gericht nur für § 80 Abs. 4, nicht per se in Abs. 5).

Formulierung – Obersatz Abs. 5 Var. 1 (Anordnung):
„Der Antrag ist begründet, wenn bei eigenständiger gerichtlicher Abwägung das Aussetzungsinteresse überwiegt; dies ist regelmäßig der Fall, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt bei summarischer Prüfung als rechtswidrig erweist.“

Formulierung – Obersatz Abs. 5 Var. 2 (Wiederherstellung):
„Der Antrag ist begründet, wenn die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell/materiell den Anforderungen nicht genügt und/oder bei eigenständiger Abwägung das Aussetzungsinteresse überwiegt; bei rechtmäßigem Verwaltungsakt bedarf es zusätzlich eines besonderen Vollzugsinteresses.“

Checkliste Zulässigkeit

  1. Statthaftigkeit (VA‑Vollziehung betroffen? Welche Variante?),

  2. Antragsbefugnis (Adressatenformel bezogen auf Vollziehung),

  3. Vorverfahren/Frist (Spezialgesetze),

  4. § 80 Abs. 6 in Abgabenfällen,

  5. Rechtsschutzbedürfnis (kein einfacherer Weg, keine offensichtliche Nutzlosigkeit).


13. Fazit

§ 80 VwGO hält die Balance zwischeneffektiver Verwaltung und effektivem Rechtsschutz. Abs. 1 setzt die Regel (aufschiebende Wirkung), Abs. 2 benennt die Ausnahmen (gesetzliche und behördliche), Abs. 3 zwingt zur einzelfallbezogenen Rechtfertigung, und Abs. 5 stellt die gerichtliche Korrektur sicher – mit der Erfolgsaussichten‑geleiteten Interessenabwägung als Herzstück. Wer in Praxis und Examen sauber zwischen Anordnung und Wiederherstellung, zwischen Form und Materie sowie zwischen Vollzug und Inhalt trennt, meistert die meisten Fallkonstellationen – im Sinne eines wirksamen Schutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG und einer funktionierenden Verwaltung.

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Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.