Compliance-Versäumnisse: Haftungsrisiken für GmbH-Geschäftsführer

originally published: 15/08/2024 16:22, updated: 15/08/2024 16:23
Compliance-Versäumnisse: Haftungsrisiken für GmbH-Geschäftsführer
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Im folgenden Artikel geht es um die Haftung des GmbH-Geschäftsführers bei fehlendem Compliance-Management-System. Es soll ein Überblick über die komplizierte Thematik entstehen und insbesondere anhand des Urteil des Oberlandesgericht Nürnberg die aktuelle Rechtslage verständlich gemacht werden.

Das OLG Nürnberg hat in seinem Urteil vom 30. März 2022 (12 U 1520/19) die Sorgfaltspflichten von GmbH-Geschäftsführern hinsichtlich der Implementierung eines Compliance-Management-Systems (CMS) näher beleuchtet. Die Entscheidung verdeutlicht die weitreichenden Konsequenzen, die aus der Verletzung dieser Pflichten resultieren können, insbesondere in Form einer persönlichen Haftung des Geschäftsführers.

I. Sorgfaltspflichten und Compliance im Rahmen der Geschäftsführung

Nach § 43 Abs. 1 GmbHG hat ein Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns walten zu lassen. Diese Sorgfaltspflicht umfasst auch die Einrichtung und Pflege eines CMS, das darauf abzielt, Rechtsverstöße innerhalb des Unternehmens zu verhindern. Das Gericht stellte klar, dass die Pflicht zur Implementierung eines CMS unabhängig von der Art des Anstellungsverhältnisses des Geschäftsführers besteht. Die Verpflichtung zur Einhaltung von Recht und Gesetz – die sogenannte Legalitätspflicht – bildet den Kern dieser Sorgfaltspflichten.

 

II. Die Compliance-Organisationspflicht des Geschäftsführers

Die Entscheidung des OLG Nürnberg unterstreicht, dass die Einrichtung eines CMS nicht nur eine optionale Maßnahme, sondern eine zwingende Pflicht für den Geschäftsführer ist. Diese Compliance-Organisationspflicht beinhaltet die Notwendigkeit, interne Strukturen zu schaffen, die sicherstellen, dass alle unternehmensinternen Aktivitäten rechtlich konform ablaufen. Ein wirksames CMS umfasst dabei Mechanismen zur Identifikation und Verhinderung von Rechtsverstößen, die regelmäßig überprüft und aktualisiert werden müssen.

Der Geschäftsführer ist dafür verantwortlich, dass diese Compliance-Mechanismen etabliert und wirksam sind. Dabei genügt es nicht, dass der Geschäftsführer lediglich reagiert, wenn konkrete Verdachtsmomente für Fehlverhalten bestehen; vielmehr ist proaktives Handeln gefordert, um potenzielle Risiken im Voraus zu minimieren.

 

III. Überwachungspflichten und deren Reichweite

Die Überwachungspflicht des Geschäftsführers erstreckt sich auf die laufende Kontrolle der Einhaltung der Compliance-Standards im Unternehmen. Das OLG Nürnberg betonte, dass diese Pflicht nicht erst bei Auftreten von Problemen greift, sondern von Anfang an integraler Bestandteil der Geschäftsführung sein muss. Regelmäßige, stichprobenartige Überprüfungen sind erforderlich, um sicherzustellen, dass Verstöße erkannt und sanktioniert werden.

Die Kontrolle der Einhaltung dieser Standards darf nicht vollständig an Dritte delegiert werden. Auch wenn eine Delegation von Aufgaben möglich ist, verbleibt die sogenannte „Oberaufsicht“ immer beim Geschäftsführer, der für die Endverantwortung nicht aus der Haftung entlassen werden kann.

 

IV. Konsequenzen bei Verstößen gegen Compliance-Pflichten

Ein Versäumnis bei der Einrichtung oder Pflege eines CMS kann schwerwiegende Folgen für den Geschäftsführer haben. Die persönliche Haftung des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG kann im Falle eines Schadenseintritts erheblich sein. So wurde der Geschäftsführer im Fall des OLG Nürnberg zur Zahlung von Schadensersatz in beträchtlicher Höhe verurteilt, da er seiner Compliance-Organisationspflicht nicht nachgekommen war.

Darüber hinaus kann eine mangelnde Compliance-Organisation zu einer Haftung gegenüber Dritten führen, etwa im Rahmen von Deliktsrecht oder bei Verstößen gegen spezielle gesetzliche Vorschriften.

 

V. Praktische Umsetzung der Compliance-Pflichten

Um den Pflichten zur Compliance gerecht zu werden, ist es essenziell, ein umfassendes CMS im Unternehmen zu etablieren. Dieses System sollte auf die spezifischen Bedürfnisse und Risiken des Unternehmens zugeschnitten sein und kontinuierlich angepasst werden. Dabei spielt die Schulung der Mitarbeiter eine zentrale Rolle, um ein Bewusstsein für die Einhaltung von Rechtsvorschriften zu schaffen.

Für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern besteht zudem die Pflicht zur Einrichtung eines Hinweisgebersystems gemäß dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG). Ein solches System ermöglicht es Mitarbeitern, Verstöße anonym zu melden, wodurch potenzielle Risiken frühzeitig erkannt und gemindert werden können.

 

VI. Fazit

Die Entscheidung des OLG Nürnberg zeigt deutlich, dass die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten von Geschäftsführern stetig zunehmen. Die Etablierung eines wirksamen CMS ist nicht nur eine Frage der unternehmerischen Weitsicht, sondern auch eine rechtliche Notwendigkeit, um persönliche Haftungsrisiken zu vermeiden. Geschäftsführer sollten daher proaktiv Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass ihre Unternehmen rechtlich abgesichert sind und Compliance-Standards konsequent eingehalten werden.

Ein funktionierendes CMS trägt wesentlich dazu bei, Haftungsrisiken zu minimieren und das Unternehmen vor rechtlichen und finanziellen Schäden zu schützen. Geschäftsführer sind gut beraten, die Implementierung und laufende Überprüfung dieser Systeme als zentrale Aufgabe ihrer Tätigkeit zu betrachten.

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(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. (2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Sch

Annotations

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.