Verkehrsunfall: Auch wer „unschuldig“ ist, trägt ein Risiko

bei uns veröffentlicht am02.10.2012

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Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
kann ein Verkehrsunfall nicht aufgeklärt werden, tragen beide Parteien je die Hälfte des Schadens-AG München vom 07.12.11-Az:322 C 21241/09
Grund hierfür ist die Tatsache, dass von beiden Verkehrsteilnehmern eine gleichwertige Betriebsgefahr ausgeht.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Amtsgericht (AG) München. Anlass der Streitigkeit war ein Verkehrsunfall auf einer zweispurigen Ausfallstraße. Ein Porschefahrer war auf der linken Spur unterwegs, rechts von ihm befand sich ein Mercedes. Schließlich kam es zur Kollision der beiden Fahrzeuge. Die Beifahrertüre des Porsches wurde dabei leicht eingedellt, die Spiegelkappe verkratzt sowie der Radlauf des rechten hinteren Kotflügels abgeschürft. Insgesamt entstand an dem Wagen ein Schaden von 3.280 EUR. Diesen Schaden wollte die Eigentümerin des Fahrzeugs ersetzt haben. Schließlich sei der Mercedesfahrer plötzlich ohne zu blinken nach links gezogen. Dem widersprach dieser aber heftig. Im Gegenteil, der Porschefahrer habe ihn links überholt und sei dann einfach nach rechts auf seine Fahrbahn gefahren.

Die Besitzerin des Porsches erhob daraufhin Klage vor dem AG München. Der zuständige Richter sprach ihr aber nur die Hälfte des eingeklagten Schadenersatzbetrags zu. Grundsätzlich habe die Klägerin einen Anspruch auf Schadenersatz. Dabei sei jedoch eine Haftungsquote von 50 Prozent zugrunde zu legen. Auch nach Durchführung einer Beweisaufnahme, insbesondere nach Einholung eines Sachverständigengutachtens sei der genaue Unfallhergang nicht aufklärbar. Beide Versionen seien denkbar. Es spreche auch kein erster Anschein gegen den „Fahrstreifenwechsler“, dass er den Unfall verursacht habe, da gerade nicht feststehe, wer den Fahrstreifen gewechselt habe. Damit verbleibe es für beide Seiten bei einer Haftung aus der Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge. Die Klägerin habe damit Anspruch auf Zahlung von 1.640 EUR (AG München, 322 C 21241/09).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:


AG München Entscheidung vom 07.12.2011 (Az: 322 C 21241/09)

Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin EUR 1.640,85 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.10.2009 zu bezahlen, zuzüglich EUR 229,55 vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.10.2009.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger aber nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Der Kläger darf die gegen ihn gerichtete Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf EUR 3.286,70 festgesetzt.


Tatbestand

Die Parteien streiten über Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall am 16.06.2009 auf der R.-Straße in M.

Beteiligt war der Pkw des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen ... beim Unfall gefahren von Herrn ..., sowie das Beklagtenfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... beim Unfall gefahren von dem Beklagten zu 1) und haftpflichtversichert bei der Beklagten zu 2).

Am Unfalltag befuhren die beiden Fahrzeuge die zweispurige R.-Straße in M.

Es kam zur Kollision der beiden Fahrzeuge.

Die Klägerin behauptet, das Klägerfahrzeug sei auf der linken der beiden Fahrspuren gefahren, das Beklagtenfahrzeug rechts. Als sich das Klägerfahrzeug links versetzt hinter dem Beklagtenfahrzeug befunden habe, sei das Beklagtenfahrzeug plötzlich ohne zu blinken und ohne Grund scharf nach links gezogen.

Die Klägerin macht folgende Schäden geltend:

Reparaturkosten lt. Privatgutachten (netto):   EUR 2.228,10

Wertminderung:      EUR 500,00

Sachverständigenkosten:     EUR 528,60

Unkostenpauschale:      EUR 30,00

Insgesamt:       EUR 3.286,70.

Daneben macht die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagten werden verurteilt, samtverbindlich an die Klägerin EUR 3.286,70 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagten werden verurteilt, samtverbindlich an die Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 359,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagtenseite beantragt:

Klageabweisung.

Die Beklagtenseite behauptet, das Beklagtenfahrzeug, sei auf der linken der beiden Fahrspuren gefahren. Das Klägerfahrzeug habe das Beklagtenfahrzeug verbotswidrig auf der Gegenfahrbahn überholt. Kurz vor einer Verkehrsinsel sei das Klägerfahrzeug nach rechts auf die Spur des Beklagtenfahrzeugs gefahren.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen ...

Der Beklagte zu 1) wurde informatorisch angehört.

Zur Ergänzung wird verwiesen auf die Schriftsätze der Parteien sowie die Sitzungsniederschrift vom 11.10.2010 und das Gutachten des Sachverständigen.

Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.


Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist zum Teil begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Schadensersatzanspruch in Höhe von EUR 1.640,85 aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 1 PflVG.

Dem liegt eine Haftungsquote von 50:50 zugrunde.

Unfallhergang und Haftungsverteilung

Auch nach Durchführung der Beweisaufnahme steht der bis zuletzt umstrittene genaue Unfallhergang nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Das Gericht hält einen Beweis für die eine oder die andere Seite nicht für erfolgreich geführt. Es ist von einem ungeklärten Unfallhergang mit hälftiger Haftungsteilung aus Betriebsgefahr auszugehen.

Der Beklagte zu 1) hat bei seiner informatorischen Anhörung die Darstellung der Beklagtenseite bestätigt, wonach er sich auf der linken Spur befunden habe und das Klägerfahrzeug auf der Gegenfahrspur.

Eine Vernehmung des Zeugen Welz war zuletzt nicht mehr beantragt. In der Sitzung vom 11.10.2010 wurde auf den Zeugen Welz „derzeit“ verzichtet. Auch auf den ausdrücklichen Hinweis des Gerichts vom 26.10.2011 (dass das Gericht davon ausgeht, dass die Vernehmung des Zeugen Welz nicht mehr beantragt ist und für den Fall, dass dessen Vernehmung von den Parteien noch begehrt wird, ein ausdrücklicher Antrag zu stellen sei) wurde die Einvernahme nicht mehr beantragt.

Allein die Angaben des Beklagten zu 1) bei seiner informatorischen Anhörung genügen dem Gericht nicht, um von seiner Darstellung ausreichend überzeugt zu sein. Auch nach dem Eindruck des Gerichts von dem Beklagten zu 1) in der mündlichen Verhandlung und dem Vorliegen der beiden Gutachten hält das Gericht seine Schilderung jedenfalls nicht für so wahrscheinlich, dass das Gericht von seiner Unfalldarstellung beweissicher überzeugt wäre.

Gleiches gilt umgekehrt aber auch für die klägerische Darstellung.

Der vom Gericht bestellte Sachverständige hat in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass bezüglich der Fahrlinie beide Unfalldarstellungen prinzipiell möglich sind. Der klägerische Sachvortrag lasse sich aber mit der Fahrzeugendstellung nicht in Einklang bringen. Der Beklagtenvortrag lasse sich bezüglich der Lenkbewegung im Kollisionszeitpunkt nicht in Einklang bringen. Das Gericht hält bei einer Zusammenschau der Umstände weder die eine noch die andere Unfalldarstellung für bewiesen. Auch durch das Ergänzungsgutachten des Sachverständigen ergaben sich keine Umstände, durch die das Gericht die eine oder die andere Unfalldarstellung ausreichend für bewiesen hält.

Letztlich war der Unfall nicht mehr aufklärbar. Beide Unfalldarstellungen sind mit Unsicherheiten behaftet, die Zweifel an der jeweiligen Unfalldarstellung aufkommen lassen. Keine der beiden Unfallschilderungen steht zur Überzeugung des Gerichts so eindeutig fest, dass das Gericht hiervon beweissicher überzeugt wäre.

Ein Anscheinsbeweis gegen den „Fahrstreifenwechsler“ (§ 7 Abs. 5 StVO) spricht hier gegen keine Seite, da der Spurwechsel eines der beiden Fahrzeuge gerade nicht feststeht, also weder unstreitig ist, noch bewiesen. Auch sonst sind keine Umstände zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, die Grundlage für die Anwendung eines Anscheinsbeweises sein könnten.

Damit verbleibt es für beide Seiten bei einer Haftung aus der Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge. Eine Haftungsverschiebung zugunsten bzw. zulasten einer Seite findet nicht statt, da ein Verschulden oder überwiegender Mitverursachungsbeitrag einer Seite nicht nachgewiesen ist. Letztlich war nicht feststellbar, ob das Beklagtenfahrzeug von der rechten Spur auf die vom Klägerfahrzeug befahrene linke Spur geriet oder ob das Klägerfahrzeug das Beklagtenfahrzeug auf der Gegenfahrspur überholte und dabei das Beklagtenfahrzeug auf der rechten Spur traf.

Ausgehend von der Betriebsgefahr der beiden Fahrzeuge ergibt sich damit eine Haftungsquote von 50% für jede Seite.

Schaden

Der vom Gericht bestellte Sachverständige hat in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend festgestellt, dass die von Klägerseite geltend gemachte Schadenshöhe plausibel sei.

Damit kann die Klägerin grundsätzlich geltend machen:

Reparaturkosten:  EUR 2.228,10

Wertminderung:  EUR 500,00

Sachverständigenkosten: EUR 528,60

Im Hinblick auf die Unkostenpauschale gilt: Nach ständiger Rechtsprechung des OLG München (vgl. z. B. Urteil vom 27.1.2006, 10 U 4904/05), der sich das Gericht anschließt, ist als Auslagenpauschale ein Betrag von EUR 25,00 angemessen (dies nach Auffassung des Gerichts auch unter Berücksichtigung der seit der Entscheidung des OLG München vergangenen Zeit). Ein darüber hinausgehender Anspruch erscheint im vorliegenden Fall auch nicht durch Umstände des Einzelfalles gerechtfertigt. Daher ist nur ein Betrag von EUR 25,00 anzusetzen.

Damit ergibt sich ein Schaden in Höhe von EUR 3.281,70.

Hiervon kann die Klägerin 50% ersetzt verlangen, also EUR 1.640,85.

Zinsen

Der Klägerseite stehen antragsgemäß Verzugszinsen zu ab Eintritt der Rechtshängigkeit, § 286 Abs. 1 BGB. Die Höhe des Zinsanspruchs ergibt sich aus § 288 BGB.

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten

An vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten kann die Klägerseite geltend machen eine 1,3 Gebühr aus einem Geschäftswert in Höhe der berechtigten Schadensersatzforderung von EUR 1.640,85 zuzüglich einer Auslagenpauschale von EUR 20,00 und der Mehrwertsteuer. Dies sind hier EUR 229,55.

Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Streitwert

Der Streitwert ergibt sich aus der Klageforderung ohne Einbeziehung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.


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(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Auf Fahrbahnen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung dürfen Kraftfahrzeuge von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren (§ 2 Absatz 2) abweichen, wenn die Verkehrsdichte das rechtfertigt. Fahrstreifen ist der Teil einer Fahrbahn, den ein mehrspuriges Fahrzeug zum ungehinderten Fahren im Verlauf der Fahrbahn benötigt.

(2) Ist der Verkehr so dicht, dass sich auf den Fahrstreifen für eine Richtung Fahrzeugschlangen gebildet haben, darf rechts schneller als links gefahren werden.

(2a) Wenn auf der Fahrbahn für eine Richtung eine Fahrzeugschlange auf dem jeweils linken Fahrstreifen steht oder langsam fährt, dürfen Fahrzeuge diese mit geringfügig höherer Geschwindigkeit und mit äußerster Vorsicht rechts überholen.

(3) Innerhalb geschlossener Ortschaften – ausgenommen auf Autobahnen (Zeichen 330.1) – dürfen Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 3,5 t auf Fahrbahnen mit mehreren markierten Fahrstreifen für eine Richtung (Zeichen 296 oder 340) den Fahrstreifen frei wählen, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen. Dann darf rechts schneller als links gefahren werden.

(3a) Sind auf einer Fahrbahn für beide Richtungen insgesamt drei Fahrstreifen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert, dann dürfen der linke, dem Gegenverkehr vorbehaltene, und der mittlere Fahrstreifen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt für Fahrbahnen, wenn insgesamt fünf Fahrstreifen für beide Richtungen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert sind, für die zwei linken, dem Gegenverkehr vorbehaltenen, und den mittleren Fahrstreifen. Wer nach links abbiegen will, darf sich bei insgesamt drei oder fünf Fahrstreifen für beide Richtungen auf dem jeweils mittleren Fahrstreifen in Fahrtrichtung einordnen.

(3b) Auf Fahrbahnen für beide Richtungen mit vier durch Leitlinien (Zeichen 340) markierten Fahrstreifen sind die beiden in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen ausschließlich dem Gegenverkehr vorbehalten; sie dürfen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt auf sechsstreifigen Fahrbahnen für die drei in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen.

(3c) Sind außerhalb geschlossener Ortschaften für eine Richtung drei Fahrstreifen mit Zeichen 340 gekennzeichnet, dürfen Kraftfahrzeuge, abweichend von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren, den mittleren Fahrstreifen dort durchgängig befahren, wo – auch nur hin und wieder – rechts davon ein Fahrzeug hält oder fährt. Dasselbe gilt auf Fahrbahnen mit mehr als drei so markierten Fahrstreifen für eine Richtung für den zweiten Fahrstreifen von rechts. Den linken Fahrstreifen dürfen außerhalb geschlossener Ortschaften Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t sowie alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger nur benutzen, wenn sie sich dort zum Zwecke des Linksabbiegens einordnen.

(4) Ist auf Straßen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung das durchgehende Befahren eines Fahrstreifens nicht möglich oder endet ein Fahrstreifen, ist den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, dass sich diese Fahrzeuge unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einordnen können (Reißverschlussverfahren).

(5) In allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.