Trunkenheitsfahrt - Alkohlbedingte Ausfallerscheinungen
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Ein Autofahrer fiel der Polizei durch eine überhöhte Geschwindigkeit und einem lauten Mototrengeräusch auf. Als diese ihm folgte, floh dieser. Dabei führte er mehrmals Wende- und Abbiegemanöver ohne zu blinken durch. Nachdem die Polizei den Fahrer gestellt hatte, stellte sie eine erhöhte Blutalkoholkonzentration von 0,88 Promille bei diesem fest.
Das Gericht sah hier die Grenze zur absoluten Fahrunsichererheit (1,1 Promille) nicht gegeben. Dazu hätten neben der Blutalkoholkonzentration noch andere Ausfallerscheinungen treten müssen. Die fehlenden Abbiegezeichen sowie das laute Motorengeräusch könnten als solche gewertet werden. Jedoch führte das AG Tiergarten dies hier auf die Flucht und nicht auf den Alkoholrausch des Fahrers zurück. Also hatte der Fahrer hier keine alkohlbedingten Ausfallserscheinungen und entging somit einer höheren Strafe.
Gericht / Entscheidungsdatum: AG Tiergarten, Urt. v. 31.08.2018 - (343 Cs) 3034 Js 7166/18 (112/18)
Leitsatz: Zur relativen Fahrunsicherheit bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,88 Promille,
Amtsgericht Tiergarten
Urteil
Im Namen des Volkes
Geschäftsnummer: (343 Cs) 3034 Js 7166/18 (112/18)
In der Strafsache
gegen pp.
wegen gefährlichen Eingriffes in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr
hat das Amtsgericht Tiergarten in der Sitzung vom 31.08.2018, an der teilgenommen haben:
Richter als Strafrichter
Amtsanwältin als Beamtin der Amtsanwaltschaft Berlin
Rechtsanwalt als Verteidiger
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Justizbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:
Der Angeklagte wird wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeuges, obwohl sich mehr als 0,5 Promille Alkohol im Blut befanden, zu einer Geldbuße in Höhe von 500 € verurteilt.
Es wird ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet, welches durch die Zeit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis als vollstreckt gilt.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen.
§§ 24a Abs. 1 und 3, 25 Abs. 1 StVG
Gründe:
Der im Strafbefehl vom 26.06.2018 erhobene Vorwurf einer fahrlässigen Trunkenheitsfahrt gemäß § 316 Abs. 1 und 2 StGB ließ sich in der Hauptverhandlung mangels Fahrunsicherheit nicht nachweisen, so dass aufgrund der bußgeldbewehrten Alkoholisierung die Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a Abs. 1 und 3 StVG erfolgte.
I.
Der 38 Jahre alte Angeklagte ist türkischer Staatsangehöriger, verheiratet und hat drei minderjährige Kinder. Seine Ehefrau verfügt über ein eigenes Einkommen und arbeitet als kaufmännische Angestellte. Er selbst ist als Assistent der Geschäftsleitung in einem Unternehmen angestellt und bezieht ein Nettomonatseinkommen von etwa 2000 Euro.
Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.
II.
Am 11.05.2018 gegen 03:13 Uhr befuhr der Angeklagte mit dem Pkw Porsche, amtliches Kennzeichen, den Olivaer Platz und den Kurfürstendamm in Berlin. Er wies dabei infolge Alkoholgenusses eine Blutalkoholkonzentration von 0,88 Promille auf, was er bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt als Kraftfahrzeugführer hätte erkennen können und müssen. Alkoholbedingte Ausfallerscheinungen, die eine Fahruntüchtigkeit des Angeklagten begründen könnten, ließen sich zur Überzeugung des Gerichts nicht feststellen.
III.
Die vorstehenden Feststellungen ergeben sich zur Überzeugung des Gerichts aus der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung.
Der vertretungsbevollmächtigte Verteidiger, welcher für den abwesenden Angeklagten auftrat, trug zu dessen persönlichen Verhältnisse vor und gab zum Anklagevorwurf keine Einlassung ab. Dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist, ergab sich aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen, ihn betreffenden Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 16.05.2018, welcher keine Eintragungen enthält.
Aus den Schilderungen der Polizeibeamten H. und R. ließ sich zur Überzeugung des Gerichts die Fahrereigenschaft des Angeklagten feststellen und das in der Hauptverhandlung verlesene Gutachten des Landeskriminalamtes vom 14.05.2018 belegte die Blutalkoholkonzentration von 0,88 Promille zum Zeitpunkt der Blutentnahme um 04:30 Uhr. Da über den Zeitpunkt des Trinkendes beziehungsweise der Resorptionsphase keine Feststellungen getroffen werden konnten, war zu Gunsten des Angeklagten von einer Blutalkoholkonzentration von 0,88 Promille zur Tatzeit auszugehen. Darüber hinausgehende alkoholbedingte Fahrfehler beziehungsweise körperliche Ausfallerscheinungen im Hinblick auf eine relative Fahrunsicherheit ließen sich nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Wahrscheinlichkeit feststellen.
Die Zeugen R.und H. berichteten übereinstimmend von ihrer Streifenfahrt, die sie zur Tatzeit auf den Kurfürstendamm in nordöstlicher Richtung geführt habe, als ihnen in Höhe der Kreuzung Kurfürstendamm / Olivaer Platz ein schwarzer Porsche (ppp.) mit lauten Motorengeräuschen und überhöhter Geschwindigkeit entgegengekommen sei. Sie hätten gewendet, die Verfolgung aufgenommen und kurz vor der Kreuzung Kurfürstendamm / Lewishamstraße zu dem Porsche aufgeschlossen. Der Porsche habe nun ohne zu blinken gewendet und sei zurück in Richtung Olivaer Platz gefahren, wo er in die Konstanzer Straße abbog. Der Streifenwagen habe direkt zu dem Porsche aufschließen können, als dieser erneut ohne zu blinken wendete. Bei diesem Wendemanöver hätten die Zeugen bei guter Straßenbeleuchtung erkennen können, dass der Fahrer allein im Fahrzeug gewesen sei. Die Zeugin H. habe den Fahrer in dieser Situation als einen südländisch wirkenden Typ, mit dunklem Hemd und leicht zurückgegelten Haaren wahrgenommen. Übereinstimmend bezeugten beide, es habe sich dabei um die später kontrollierte Person, den hier Angeklagten, gehandelt.
Im Anschluss an dieses Wendemanöver habe der Porsche stark beschleunigt, sei erneut in den Kreuzungsbereich Kurfürstendamm / Olivaer Platz eingefahren und anschließend ohne zu blinken in die Giesebrechtstraße eingebogen. Der Streifenwagen habe nun Probleme gehabt zu folgen, jedenfalls hätten die Zeugen noch erkennen können, wie der Porsche am Ende der Giesebrechtstraße in die Clausewitzstraße eingebogen sei. Selbst mit einer Geschwindigkeit von etwa 70 bis 80 km/h sei es ihnen nicht möglich gewesen, aufzuschließen. Sie hätten den Porsche für rund 10 Sekunden aus den Augen verloren, seien dann ohne Sichtkontakt die Clausewitzstraße Richtung Kurfürstendamm gefahren und dort nach rechts eingebogen. Nach einer nur kurzen Wegstrecke sei den Zeugen auf Höhe Kurfürstendamm Nr. 69 auf der dort befindlichen Parkinsel der Porsche wieder aufgefallen. Als sie sich ihm genähert hätten, sei die Person ausgestiegen, die sie bei dem Wendemanöver in der Konstanzer Straße als Fahrer wahrgenommen hätten. Andere Personen hätten sie im Umfeld des Porsches nicht wahrnehmen können. Bei dem kontrollierten habe es sich um den Angeklagten gehandelt, der beim Aussteigen aus dem Porsche seine Jacke vom Beifahrersitz gegriffen und beim Anziehen derselben erheblich Probleme gehabt habe, den Arm einzufädeln. Der Angeklagte habe eine kräftige Statur gehabt und die Jacke sei eng gewesen. Während des Gesprächs mit dem Angeklagten habe dieser undeutlich, leicht lallend gesprochen und man habe Alkoholgeruch wahrnehmen können.
Die Schilderungen der Zeugen belegen zur Überzeugung des Gerichts die Fahrereigenschaft des Angeklagten. Sie hatten beim Wendemanöver in der Konstanzer Straße beide die Möglichkeit, den Innenraum des Porsches wahrnehmen zu können und erkannten aus kurzer Distanz den später kontrollierten Angeklagten als den Fahrer. Dem steht auch nicht die kurze Zeit entgegen, in dem die Zeugen den Sichtkontakt zum Porsche verloren. Diese Phase war lediglich etwa 10 Sekunden lang und als die Zeugen den Porsche auf der Parkinsel wieder entdeckten, stieg der Angeklagte gerade aus und zog sich anschließend die Jacke. Es ist weder vorgetragen worden noch ansatzweise wahrscheinlich, dass in der kurzen Phase der Sichtunterbrechung ein Fahrerwechsel stattgefunden haben könnte. Da die Zeugen beim Wendemanöver im Porsche lediglich einen Fahrzeuginsassen wahrnahmen, hätte der etwaige Fahrertausch zudem mit einer Person außerhalb des Fahrzeugs stattfinden müssen.
Eine (relative) Fahrunsicherheit des Angeklagten können die Schilderungen der Zeugen hingegen nicht tragen. Bei einer Alkoholisierung von 0,88 Promille müssen aufgrund des Abstands zu der in der Rechtsprechung anerkannten Grenze zur absoluten Fahrunsicherheit (ab 1,1 Promille) zusätzliche Umstände hinzukommen, die einen Rückschluss auf die Fahrunsicherheit nahelegen. Die beschriebene Fluchtfahrt mit lauten Motorengeräuschen, überhöhter Geschwindigkeit und fehlender Anzeige von Wende- beziehungsweise Abbiegmanöver kann zur Überzeugung des Gerichts nicht mit der erforderlichen Sicherheit als alkoholbedingte Ausfallerscheinung gewertet werden. Sofern man sich - aus welchen Gründen auch immer - einer Verkehrskontrolle entziehen will und versucht, dem Streifenwagen zu entfliehen, ist eine solche Fahrweise nachvollziehbar auf die Fluchtintention und nicht unbedingt auf die Alkoholisierung zurückzuführen. Dies muss umso mehr berücksichtigt werden, wenn lediglich eine bußgeldbewehrte Alkoholisierung (0,88 Promille) erreicht wurde und im Übrigen keinerlei Fahrunsicherheiten wie Schlangenlinien oder ähnliches wahrgenommen werden konnten. Auch die während der Kontrollsituation wahrgenommenen Auffälligkeiten rechtfertigen die Annahme einer Fahrunsicherheit nicht. Die Schwierigkeiten des Angeklagten, die Jacke anzuziehen können plausibel mit seiner kräftigen Statur und der eng geschnittenen Jacke in Verbindung gebracht werden. Der Alkoholgeruch deutet lediglich auf die tatsächlich vorhandene Alkoholisierung hin und die undeutliche Aussprache kann bei dem türkischen Angeklagten herkunftbedingt veranlagt sein und lässt für sich genommen keinen sicheren Rückschluss auf eine Fahrunsicherheit zu.
IV.
Der Angeklagte hat sich hiernach einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit, des Führens eines Kraftfahrzeugs, obwohl sich mehr als 0,5 Promille Alkohol im Blut befanden, gemäß § 24a Abs. 1 und 3 StVG schuldig gemacht.
Er war deshalb zu einer Geldbuße und einem einmonatigen Fahrverbot zu verurteilen. Bei der Festsetzung der zu verhängenden Geldbuße hat sich das Gericht an der im Bußgeldkatalog unter lfd. Nr. 241 vorgesehenen Bußgeldhöhe von 500,00 Euro orientiert, die angesichts der Tat und der geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten angemessen ist. Das Fahrverbot war mangels entgegenstehender Umstände als Regelfolge gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 StVG i.V.m. lfd. Nr. 241 BKatV zu verhängen, gilt jedoch durch die länger als einen Monat währende Zeit der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis als vollstreckt.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG.
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(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.
(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.
(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.
(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.
(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.
(1) Wer im Verkehr (§§ 315 bis 315e) ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 315a oder § 315c mit Strafe bedroht ist.
(2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.
(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.
(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.
(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.
(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.
(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.
(1) Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a eine Geldbuße festgesetzt, so ist in der Regel auch ein Fahrverbot anzuordnen.
(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Wird er nicht freiwillig herausgegeben, so ist er zu beschlagnahmen.
(2a) Ist in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot gegen die betroffene Person nicht verhängt worden und wird auch bis zur Bußgeldentscheidung ein Fahrverbot nicht verhängt, so bestimmt die Verwaltungsbehörde oder das Gericht abweichend von Absatz 2 Satz 1, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
(2b) Werden gegen die betroffene Person mehrere Fahrverbote rechtskräftig verhängt, so sind die Verbotsfristen nacheinander zu berechnen. Die Verbotsfrist auf Grund des früher wirksam gewordenen Fahrverbots läuft zuerst. Werden Fahrverbote gleichzeitig wirksam, so läuft die Verbotsfrist auf Grund des früher angeordneten Fahrverbots zuerst, bei gleichzeitiger Anordnung ist die frühere Tat maßgebend.
(3) In anderen als in Absatz 2 Satz 3 genannten ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt. Zu diesem Zweck kann der Führerschein beschlagnahmt werden.
(4) Wird der Führerschein in den Fällen des Absatzes 2 Satz 4 oder des Absatzes 3 Satz 2 bei der betroffenen Person nicht vorgefunden, so hat sie auf Antrag der Vollstreckungsbehörde (§ 92 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) bei dem Amtsgericht eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib des Führerscheins abzugeben. § 883 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(5) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.
(6) Die Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozessordnung) wird auf das Fahrverbot angerechnet. Es kann jedoch angeordnet werden, dass die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten der betroffenen Person nach Begehung der Ordnungswidrigkeit nicht gerechtfertigt ist. Der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis steht die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozessordnung) gleich.
(7) Wird das Fahrverbot nach Absatz 1 im Strafverfahren angeordnet (§ 82 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten), so kann die Rückgabe eines in Verwahrung genommenen, sichergestellten oder beschlagnahmten Führerscheins aufgeschoben werden, wenn die betroffene Person nicht widerspricht. In diesem Fall ist die Zeit nach dem Urteil unverkürzt auf das Fahrverbot anzurechnen.
(8) Über den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Fahrverbots nach Absatz 2 oder 2a Satz 1 und über den Beginn der Verbotsfrist nach Absatz 5 Satz 1 ist die betroffene Person bei der Zustellung der Bußgeldentscheidung oder im Anschluss an deren Verkündung zu belehren.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.
(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.
(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.
(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.
(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist
- 1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder - 2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.
(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.
(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.
(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.
(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.