SIM-Lock Entfernung: Wechselseitige Beziehungen im Markenrecht, Urheberrecht und Strafrecht

published on 17/08/2012 15:33
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zur rechtlichen Problematik der SIM-Lock Entfernung bei gesperrten Handys

Zur Problematik:

Viele Handys sind heutzutage durch die sogenannte SIM-Lock auf die Nutzung eines bestimmten Telefonnetzes und dessen Anbieter beschränkt. Es gibt Anbieter, die sich gewerbsmäßig darauf spezialisiert haben, diese Sperre aufzuheben, um den Handybesitzer von den tariflichen Konditionen zu lösen oder das vor Ablauf der Sperrfrist entsperrte Gerät Simlock-frei zu verkaufen.

Dies führt zu enormen Verlusten auf Seiten der Handyhersteller und Netzbetreiber, die sich hiergegen mit allen zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln zu wehren versuchen.

Die Problematik kann unter verschiedenen Gesichtspunkten näher betrachtet werden:

1. Markenrechtliche Asprekte

Gemäß §24 I MarkenG kann der Inhaber einer Marke Dritten nicht verbieten das Produkt unter der gleichen Markenbezeichnung weiterzuverkaufen. Falls also beispielsweise die Firma Apple ein Handy unter der Bezeichnung „iPhone 4 GS“ verkauft, sind Dritte berechtigt, das gleiche Produkt unter selbiger Bezeichnung weiter zu verkaufen. Eingeschränkt wird diese Regelung jedoch durch §24 II MarkenG, wonach sich der Inhaber der Marke sich dem Vertreib durch Dritte berechtigt widersetzen kann, wenn das Produkt nach dem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert wurde. Hierbei ist die Grenze zwischen einer unzulässigen Veränderung und handelsüblicher Anpassung der Markenware für den Vertrieb entscheidend. Ein wichtiger Leitsatz hierbei ist das vermutete Interesse des Produktherstellers.

Das Entsperren von Handys, die vorher durch eine SIM-Lock auf die Benutzung einer speziellen Simkarte eingestellt wurden, stellt eine Veränderung dar, die sich gerade gegen das berechtigte Interesse des Herstellers richtet. Somit ist §24 II MarkenG einschlägig und folglich kann der Handyhersteller den Vertrieb von entsperrten Handys untersagen (Vgl. BGH Urteil vom 09.06.2004 – I ZR 13/02).

Zu beachten ist, dass der Unterlassungsanspruch im Markenrecht nach §14 MarkenG die Nutzung der Marke im geschäftlichen Verkehr voraussetzt. Der Handyhersteller kann sich folglich nicht gegen Privatverkäufe zur Wehr setzen.

2. Strafrechtliche Aspekte

Die Problematik kann ferner auch strafrechtlich beleuchtet werden. So geschehen beim AG Göttingen:

„Die unbefugte Aufhebung eines SIM-Locks, der ein Handy nur mit bestimmten SIM-Karten, Providern oder Netzen benutzbar macht, ist als Fälschung beweiserheblicher Daten und Datenveränderung strafbar.“


Zur Begründung:


Der Angeklagte hatte gegen ein Entgelt im Kundenauftrag SIM-Locks auf SIM-Karten von Handys entfernt, die sich noch innerhalb der zweijährigen Vertragslaufzeit befanden.

§202 a II StGB definiert den strafrechtlich relevanten Datenbegriff. Daten sind hiernach solche, die elektronisch wahrnehmbar sind. Eine SIM-Lock enthält elektronische wahrnehmbare Informationen und fällt somit unter den Datenbegriff des §202 a II StGB.

Zum Zeitpunkt des Entsperrens bestand an der SIM-Lock nur ein fremdes Nutzungsrecht, nämlich das des Herstellers, welches der Angeklagte nicht inne hatte.
Diese Tatsache ist urheberrechtlich relevant
Das Betriebssystem des Mobilfunktelefons stellt ein urheberrechtlich geschütztes Programm im Sinne des §69a III S 1 dar. Die SIM-Lock des Handys ist in das Betriebssystem eingebettet und ist ebenso vom urheberrechtlichen Schutz erfasst.
Im Urheberrecht ist der Grundsatz verankert, dass nicht systembedingte Veränderungen des Computerprogramms der Zustimmung des Rechteinhabers bedürfen. Eine Ausnahme dieses Grundsatzes stellt nur eine Systemberichtigung im Sinne des §69 d I UrhG dar. Eine Berichtigung müsste eine Verbesserung im zuvor fehlerhaften System darstellen. Die SIM-Lock war vom Hersteller dort jedoch bewusst installiert wurden. Folglich war sie nicht fehlerhaft eingebaut und die Entfernung stellt keine Berichtigung dar. Das Entfernen hätte somit nur aufgrund einer Zustimmung des Handyrechteinhabers erfolgen dürfen. Eine solche Zustimmung lag jedoch zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht vor. Das Gericht ging davon aus, dass dem Angeklagten das Fehlen einer Berechtigung auch bewusst war.

§269 StGB befasst sich mit der Fälschung von beweiserheblichen Daten, die unter bestimmten Voraussetzungen mit der Urkundenfälschung gleichgesetzt werden kann. Beim Speicherbereich des Mobiltelefons handelt es sich um beweiserhebliche Daten im Sinne des §269 I StGB. Bei einem Mobiltelefon, welches im Ausgangszustand mit einer SIM-Lock versehen ist, kann man aufgrund dieser gespeicherten Daten darauf schließen, dass der Handyhersteller die befristete Benutzung nur einer bestimmten SIM-Karte vorgesehen hatte. Durch die vom Angeklagten vorgenommene Veränderung der elektronischen Daten, wurde der Anschein einer neuen Willenserklärung geweckt, welche  zum Zeitpunkt des Entsperrens aber gar nicht vom Hersteller abgegeben wurde.

Würde man also die neu gespeicherten Informationen der menschlichen Wahrnehmung zugänglich machen, dann läge eine verfälschte Urkunde vor. Sie gäbe nämlich fälschlicherweise den Anschein vor, dass das Unternehmen, welches das subventionierte Handy herausgegeben hat, den SIM-Lock nach Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit entfernt hat. Dies sollte im Interesse des Unternehmens aber erst nach Ablauf der befristeten Vertragslaufzeit geschehen.

Der Angeklagter hat dieses Vorgehen über einen langen Zeitraum und mit einem ausgeprägten Kundenstamm wiederholt. §267 III StGB stellt genau diese Gewerbsmäßigkeit unter höhere Strafe. Er hat somit auch die Qualifizierung des §267 III, 269 StGB zum besonders schweren Fall verwirklicht.

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Entfernung der SIM-Lock markenrechtlich, urheberrechtlich und auch strafrechfrech problematisch ist.



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published on 09/06/2004 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 13/02 Verkündet am: 9. Juni 2004 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR
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Die Bildberichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis kann auch zulässig sein, wenn einzelne Aussagen der Wortberichterstattung für unzulässig erklärt worden sind - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 13/02 Verkündet am:
9. Juni 2004
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
SIM-Lock
Werden Mobiltelefone, mit denen aufgrund einer Sperre (sog. SIM-Lock) nur in
einem bestimmten Mobilfunknetz telefoniert werden kann, nach dem Inverkehrbringen
durch den Markeninhaber ohne dessen Zustimmung von Dritten entsperrt
, so liegt eine die Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausschließende
Produktveränderung i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG vor.
BGH, Urt. v. 9. Juni 2004 - I ZR 13/02 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 30. Oktober 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Inhaberin der für "Geräte und Anlagen für den Mobilfunk, Geräte und Anlagen zur Übertragung von Sprache, Daten und Bildern" mit Priorität vom 30. Mai 1994 eingetragenen Wortmarke Nr. "S. ".
Unter der Bezeichnung "S. " Modell " " produziert und vertreibt die Klägerin Mobiltelefone, die teilweise mit einer als "SIM-Lock" bezeichneten Sperre versehen sind. Diese bewirkt, daß der Erwerber des Mobiltelefons nur über das Mobilfunknetz eines bestimmten Betreibers telefonieren kann.
Der Netzbetreiber V. bot mit dem SIM-Lock-Schutz versehene Mobiltelefone der Klägerin zum Preis von 299 DM einschließlich eines Startguthabens von 50 DM an, während das entsperrte Handy etwa 400 DM kostete. Nach Ablauf von 24 Monaten erhielt der Erwerber des Mobiltelefons von V. einen achtstelligen Code, mit dem das Mobiltelefon entsperrt werden konnte. Vor Ablauf der 24 monatigen Frist verlangte V. für die Entsperrung die Zahlung von 150 DM.
Die Beklagte zu 1, deren frühere Geschäftsführerin die Beklagte zu 2 war und deren früherer Mitarbeiter und jetziger Geschäftsführer der Beklagte zu 3 ist, verkauft Mobiltelefone. Sie war im November 1999 im Besitz von 150 Mobiltelefonen des Modells "S. ", die von der Klägerin mit dem SIM-LockSchutz versehen, jedoch nachfolgend entsperrt worden waren. Die Aufhebung der Sperre war nicht von den Betreibern der Mobilfunknetze vorgenommen worden. Vielmehr hatten die Beklagten die Mobiltelefone jedenfalls zum Teil selbst entsperrt oder entsperren lassen.
In der Aufhebung der Sperre ohne ihre Zustimmung sieht die Klägerin eine Kennzeichenverletzung.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verbieten,
Mobiltelefone unter der Bezeichnung "S. " anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, unter dem Zeichen die genannten Waren einzuführen oder auszuführen und/oder das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
wenn und soweit die Mobiltelefone in der Form, in der sie vertrieben werden - nämlich mit beseitigtem sogenanntem SIM-Lock-Schutz -, nicht von der Klägerin selbst oder mit deren Zustimmung unter der Bezeichnung "S. " im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind,
und/oder den sogenannten SIM-Lock-Schutz bei den von der Klägerin stammenden Mobiltelefonen zu beseitigen, insbesondere durch Manipulation an der Software, um diese Mobiltelefone dadurch zu entsperren, daß die Beschränkung der Benutzbarkeit auf das Netz eines bestimmten Betreibers entfällt.
Darüber hinaus hat die Klägerin die Beklagten auf Auskunftserteilung und Vernichtung der in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen streitgegenständlichen Waren in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten begehrt.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben vorgetragen, sie machten mit der Entsperrung nur von einer in den Mobiltelefonen vorgesehenen technischen Möglichkeit Gebrauch. Demgegenüber handele die Klägerin mit der Verfolgung markenrechtlicher Ansprüche rechtsmißbräuchlich, weil sie nur im Interesse der Betreiber der Mobilfunknetze verhindern wolle, daß die technischen Möglichkeiten der Mobiltelefone benutzt werden könnten.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung unter Beschränkung des Verbots auf ein Handeln im geschäftlichen Verkehr zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage aufgrund markenrechtlicher Ansprüche der Klägerin für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
Der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG zu. Sie habe zwar die mit ihrer Marke versehenen Mobiltelefone in den Verkehr gebracht. Erschöpfung gemäß § 24 Abs. 1 MarkenG sei jedoch nicht eingetreten, weil die Klägerin sich dem weiteren Vertrieb der von ihr als gesperrt in den Verkehr gebrachten, anschließend jedoch entsperrten Mobiltelefone aus berechtigten Gründen i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG widersetze. Die Aufhebung des SIM-Lock-Schutzes sei nicht lediglich eine Anwendung der Gerätesoftware, sondern eine Veränderung des Produkts, durch die eine erweiterte Einsatzmöglichkeit eröffnet werde, die von der Klägerin bei dem Inverkehrbringen gerade nicht vorgesehen worden sei. Durch die Entsperrung werde die ursprüngliche Softwareinformation der Mobiltelefone geändert. Dies rechtfertige es, von einer Veränderung nach § 24 Abs. 2 MarkenG auszugehen, ohne daß es darauf ankomme, ob die Entsperrung entsprechend der Behauptung der Klägerin durch Installation einer veralteten Software erfolgt sei.
Die Klägerin handele bei der Geltendmachung ihrer Ansprüche auch nicht rechtsmißbräuchlich. Sie verfolge keine sachfremden Interessen, sondern versuche nur den Umsatz mit den mit dem SIM-Lock-Schutz versehenen Geräten zu sichern. Dieser werde durch den Weitervertrieb entsperrter Mobiltelefone gefährdet. Zu einer Entsperrung der Mobiltelefone durch beliebige Dritte habe die Klägerin ihre Zustimmung nicht erteilt. Eine irreführende Werbung gegenüber den Endabnehmern hätten die Beklagten nicht dargelegt. Es brauche da-
her nicht entschieden zu werden, ob die Klägerin sich eine irreführende Werbung der V. zurechnen lassen müsse und welche Folgen sich daraus für die markenrechtlichen Ansprüche der Klägerin überhaupt ergeben könnten.
Ein Rechtsmißbrauch der Klägerin folge auch nicht aus einer von den Beklagten geltend gemachten Preisverschleierung der Gebühren von Mobilfunkbetreibern. In deren Preisgestaltung sei die Klägerin nicht einbezogen.
Die Beklagten hätten den Nachweis nicht erbracht, daß sich die Klägerin mit den Versuchen, die Entsperrung der Mobiltelefone durch Dritte zu verhindern , an einem Verdrängungswettbewerb beteilige.
Darauf, ob sich die geltend gemachten Ansprüche auch aus § 1 UWG und § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 263a StGB ergäben, komme es danach nicht mehr an.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1. Der Klägerin stehen die markenrechtlichen Ansprüche nach § 14 Abs. 2 und Abs. 5 unabhängig davon zu, ob die Beklagten die Aufhebung der Sperre durch Änderungen an der Software der von der K lägerin produzierten und vertriebenen Mobiltelefone vorgenommen haben oder nicht.

a) Das Berufungsgericht hat zu Recht das Verbot nur für ein Handeln im geschäftlichen Verkehr ausgesprochen. Dies stellt, anders als die Revision meint, gegenüber dem landgerichtlichen Urteilstenor lediglich eine Klarstellung
dar. Denn die Klägerin hat mit der Klage kein Verbot der Entsperrung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs geltend gemacht hat.

b) Die Beklagte zu 1 hat ein mit der Wortmarke der Klägerin identisches Zeichen für Waren benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke Schutz genießt (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Sie hat 150 mit der Marke "S. " versehene Mobiltelefone in ihrem Besitz gehabt, um sie in den Verkehr zu bringen (§ 14 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG). Entgegen der Ansicht der Revision hat die Klägerin einem Inverkehrbringen der Mobiltelefone durch die Beklagte zu 1 in entsperrtem Zustand nicht zugestimmt. Auf die Erteilung einer Zustimmung zur Entsperrung durch die Netzbetreiber können die Beklagten sich nicht berufen.

c) Das Berufungsgericht hat angenommen, der markenrechtliche Schutz sei nicht gemäß § 24 Abs. 1 MarkenG ausgeschlossen, weil die Klägerin sich dem weiteren Vertrieb der von ihr gesperrt in den Verkehr gebrachten Mobiltelefone aus berechtigten Gründen i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG widersetze. Die Aufhebung der Sperre (SIM-Lock), durch die der Einsatz als Mehrbandtelefon eröffnet werde, sei eine Veränderung des Produkts. Die Identität des Produkts werde auch durch seine Einsatzmöglichkeit bestimmt, ohne daß es darauf ankomme , ob zum Zweck der Entsperrung eine veraltete Software in den Mobiltelefonen installiert worden sei. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
aa) Nach § 24 Abs. 1 MarkenG hat der Markeninhaber nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm selbst in einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind. Zwischen den
Parteien ist nicht umstritten, daß die in Rede stehenden Mobiltelefone in diesem räumlichen Bereich von der Klägerin in den Verkehr gebracht worden sind.
bb) Die Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes nach § 24 Abs. 1 MarkenG hängt, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, davon ab, ob die Klägerin sich dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen widersetzen kann, insbesondere ob der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert worden ist. Denn der Inhaber eines Zeichenrechts kann Handlungen verbieten, welche die Herkunfts- und Garantiefunktion seines Zeichens verletzen (vgl. EuGH, Urt. v. 23.5.1978 - Rs. 102/77, Slg. 1978, 1139 = GRUR 1978, 599, 603 Tz. 7 - Hoffmann-La Roche/Centrafarm; Urt. v. 23.4.2002 - Rs. C-143/00, Slg. 2002, I-3759 = GRUR 2002, 879, 881 Tz. 30 = WRP 2002, 666 - Boehringer/Swingward u.a.). Eine solche Beeinträchtigung ist anzunehmen, wenn die Veränderung die Eigenart der Ware berührt (BGHZ 131, 308, 316 - Gefärbte Jeans; BGH, Urt. v. 12.2.1998 - I ZR 241/95, GRUR 1998, 696 = WRP 1998, 604 - Rolex-Uhr mit Diamanten; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 24 Rdn. 41; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 24 Rdn. 61; v. Schultz/Stuckel, Markenrecht, § 24 Rdn. 28; zum WZG: BGH, Urt. v. 28.10.1987 - I ZR 5/86, GRUR 1988, 213, 214 - Griffband). Dies gilt unabhängig davon, ob die Änderung des Produkts sichtbar ist oder ni cht.
Der Markeninhaber kann sich dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG auch dann widersetzen, wenn ohne Veränderung des Zustands des Produkts eine Gefahr für die Herkunftsoder Garantiefunktion der Marke gegeben ist oder wenn die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der Marke ausgenutzt oder beeinträchtigt wird (vgl. EuGH, Urt. v. 4.11.1997 - Rs. C-337/95, Slg. 1997, I-6034 = GRUR Int. 1998, 140, 143 Tz. 43 = WRP 1998, 150 - Dior/Evora; Urt. v. 23.2.1999 - Rs. C-63/97,
Slg. 1999, I-905 = GRUR Int. 1999, 438, 442 Tz. 51 f. = WRP 1999, 407 - BMW/ Deenik).
Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Beklagten die installierte Software ändern oder ersetzten mußten, um die Mobiltelefone zu entsperren, bedarf keiner Klärung. Haben die Beklagten - wie die Klägerin behauptet hat - die installierte durch eine andere Software ersetzt, ist von einer Änderung der Eigenart der Mobiltelefone der Klägerin auszugehen, ohne daß es darauf ankommt , ob sich hierdurch die Funktion der Mobiltelefone verschlechtert hat. Denn die Produktänderung i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG erfordert nicht die Feststellung einer Verschlechterung der mit der Marke gekennzeichneten Originalware (vgl. BGH GRUR 1998, 696 - Rolex-Uhr mit Diamanten; OLG Köln GRUR 1998, 54, 56; OLG Hamburg GRUR 2001, 749, 751; Fezer aaO § 24 Rdn. 38; Ingerl/Rohnke aaO § 24 Rdn. 59). Doch auch wenn die Mobiltelefone - wie die Beklagten behaupten - ohne Eingriff in die installierte Software entsperrt worden sind, ist ebenfalls eine Veränderung der mit der Marke der Klägerin gekennzeichneten Mobiltelefone anzunehmen.
Auch in diesem Fall wird auf eine Eigenschaft der mit der Marke der Klägerin gekennzeichneten Mobiltelefone eingewirkt. Es wird ihr Verwendungszweck verändert, den die Markeninhaberin beim Inverkehrbringen der Mobiltelefone vorgesehen hat. Zu den Merkmalen, auf die sich die Garantiefunktion der Marke bezieht, gehört die von der Klägerin vorgesehene Sperrfunktion, deren Vorhandensein von den Betreibern von Mobilfunknetzen - wie der V. -, die zu den Kunden der Klägerin gehört, erwartet wird. Wird diese Sperrfunktion aufgehoben, reicht ein derartiger Eingriff in die Eigenschaften der Mobiltelefone der Klägerin aus, um die Erschöpfung nach § 24 Abs. 2 MarkenG auszuschließen. Denn der Verkehr erwartet, daß die Funktion und der Verwen-
dungszweck der Mobiltelefone nach dem Inverkehrbringen nicht derart von einem Dritten ohne Zustimmung des Markeninhabers verändert worden sind.
Für die rechtliche Beurteilung ohne Bedeutung ist der Umstand, daß die Klägerin unter ihrer Marke auch von ihr entsperrte Geräte vertreibt oder Dritten die Zustimmung zu einer Entsperrung erteilt. Die Klägerin ist im Hinblick auf die Freiheit der Produktgestaltung nicht gehindert, unter derselben Marke Waren mit unterschiedlichen Eigenschaften in den Verkehr zu bringen oder Produktveränderungen Dritter zuzustimmen.
Der von der Revision angeregten Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bedurfte es nicht. Die Feststellung, ob im Einzelfall eine Änderung des Produkts vorliegt, die die Markenfunkti on beeinträchtigt, und deshalb die Erschöpfung ausgeschlossen ist, ist Aufgabe der nationalen Gerichte.

d) Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht eine rechtsmißbräuchliche Geltendmachung der Markenrechte durch die Klägerin verneint hat. Die Klägerin braucht einen Weitervertrieb der mit ihrer Marke gekennzeichneten Waren nicht hinzunehmen, wenn der Originalzustand der von ihr produzierten und vertriebenen Mobiltelefone von den Beklagten oder auf deren Veranlassung durch andere verändert worden ist.
Eine irreführende Werbung eines Netzbetreibers gegenüber Endkunden schließt die markenrechtlichen Ansprüche der Klägerin nicht aus. Die Werbung eines Netzbetreibers braucht die Klägerin sich nicht zurechnen zu lassen. Gleiches gilt für den von den Beklagten erhobenen Vorwurf einer Preisverschleierung durch einen Netzbetreiber beim Absatz der Mobiltelefone, für die im übri-
gen stichhaltige Anhaltspunkte von den Beklagten nicht konkret dargelegt worden sind.
Zu Unrecht beruft sich die Revision gegenüber den markenrechtlichen Ansprüchen der Klägerin auch auf eine Mitwirkung an einer Manipulation des Börsenwertes eines Netzbetreibers durch die Bindung von Neukunden und auf eine Beteiligung an einem Verdrängungswettbewerb gegenüber dem Handel. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Klägerin jedenfalls an derartigen Maßnahmen nicht beteiligt ist. Durchgreifende Verfahrensrügen gegen diese Feststellungen hat die Revision nicht erhoben.
2. Die weiteren von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche beruhen auf § 19 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG, § 242 BGB (Auskunftsantrag), § 18 Abs. 1 MarkenG (Vernichtungsantrag) und auf § 14 Abs. 6 MarkenG (Antrag auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Büscher

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr beweiserhebliche Daten so speichert oder verändert, daß bei ihrer Wahrnehmung eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde, oder derart gespeicherte oder veränderte Daten gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) § 267 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.