Jugendamt: Eingriff ist möglich, damit ein Elfjähriger zur Schule geht

published on 02/10/2013 17:01
Jugendamt: Eingriff ist möglich, damit ein Elfjähriger zur Schule geht
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und die Eltern die Schulunlust ihres Kindes akzeptieren.
Ein Jugendamt darf eingreifen, wenn ein elfjähriger Junge nicht zur Schule geht und die Eltern die Schulunlust ihres Kindes akzeptieren. Die Eltern können zur Unterstützung eines Schulbesuchs ihres Kindes verpflichtet werden.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines heute elfjährigen Jungen entschieden. Schon im ersten Schuljahr, in das er mit 7 Jahren eingeschult wurde, fehlte er an über 40 Tagen. Die Eltern meldeten ihn dann 2010 in der örtlichen Grundschule ab. In den nächsten Jahren besuchte er zwei weitere Grundschulen, an denen er nur wenige Tage blieb. Ein im Jahre 2012 unternommener Versuch, das Kind durch Lehrkräfte zu Hause zu beschulen, um eine Wiedereingliederung in eine Schule vorzubereiten, scheiterte. Der Junge wird zurzeit durch seine Mutter, von Beruf Informatikerin, unterrichtet. Er verfügt über einen altersgerechten Wissensstand. In der Vergangenheit lehnten es die Eltern ab, den Jungen gegen seinen Willen auf eine öffentliche Schule zu schicken.

Das OLG hat den Eltern nun das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten entzogen und dieses dem zuständigen Jugendamt übertragen. Dabei hat es davon abgesehen, das Kind aus dem elterlichen Haushalt herauszunehmen. Die Eltern wurden aber verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Junge der Schulpflicht nachkommt und ihn zum Schulbesuch zu motivieren. Nach Ansicht der Richter sei das geistige und seelische Wohl des Kindes trotz des altersgerechten Wissensstands gefährdet. Im Hinblick auf die Weigerung des Kindes, zur Schule zu gehen, hätten die Eltern in der Erziehung versagt.
Das bestätige das Gutachten des im Verfahren gehörten Sachverständigen. Zurzeit setzten die Eltern dem Kind keine Grenzen und Regeln, Pflichten seien diesem unbekannt. Da die Eltern die Schulpflicht des Kindes nicht akzeptierten und es in seiner Schulunlust förderten, würden dem Jungen die Bildungsinhalte einer weiterführenden Schule vorenthalten. Die Mutter werde trotz ihrer Ausbildung nicht in der Lage sein, sämtliche Lerninhalte einer weiterführenden Schule adäquat zu vermitteln. Ein Schulbesuch solle Kindern auch die Gelegenheit verschaffen, in das Gemeinschaftsleben hineinzuwachsen. Soziale Kompetenzen könnten effektiver eingeübt werden, wenn Kontakte mit der Gesellschaft nicht nur gelegentlich stattfänden, sondern Teil einer mit einem regelmäßigen Schulbesuch verbundenen Alltagserfahrung seien. Der in der Familie gut integrierte Junge könne zumindest vorerst im familiären Umfeld bleiben. Deswegen sei den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr Kind zu belassen. Zu entziehen sei ihnen aber das Recht zur Regelung seiner schulischen Angelegenheiten, weil sie nicht Willens und in der Lage seien, die Schulpflicht durchzusetzen (OLG Hamm, 8 UF 75/12).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

OLG Hamm Beschluss vom 12.06.2013 (Az.: 8 UF 75/12):

Auch wenn die Schulpflicht in erheblicher Weise verletzt wird, kann es im Einzelfall unverhältnismäßig sein, den Eltern das Aufenhaltsbestimmungsrecht zu entziehen.

Den Kindeseltern wird das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten, das Recht der Gesundheitsfürsorge und das Recht, Hilfen zur Erziehung zu beantragen, betreffend das Kind K entzogen und auf das Kreisjugendamt Warendorf als Ergänzungspfleger übertragen.

Den Kindeseltern wird aufgegeben, nach ihren Kräften dafür zu sorgen, dass das betroffene Kind K C der Schulpflicht nachkommt, und insbesondere K zum Schulbesuch zu motivieren; mit dem Ergänzungspfleger nach dessen Maßgaben zusammenzuarbeiten; dem Ergänzungspfleger und von diesem beauftragten Personen - insbesondere zur häuslichen Beschulung des Kindes - Zugang zum betroffenen Kind K zu gestatten; den Ergänzungspfleger auch im Rahmen der Gesundheitsfürsorge zu unterstützen, insbesondere an den von diesem bestimmten Diagnose- und Therapiemaßnahmen mitzuwirken.

Die weitergehenden Beschwerden werden zurückgewiesen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.


Gründe:

Es geht um das Aufenthaltsbestimmungsrecht bzw. das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten betr. das Kind K C.

Die Antragsgegner sind die bis zur angefochtenen amtsgerichtlichen Entscheidung grundsätzlich sorgeberechtigten Eltern von K. K wurde im Jahre 2009 im Alter von 7 Jahren eingeschult. Bereits im ersten Schuljahr blieb K an 43 Tagen der Schule fern. Am 08.10.2010 meldeten die Eltern K von der Regelgrundschule in En. ab, ohne ihn gleichzeitig an einer anderen Schule anzumelden. Danach besuchte K einige Tage die Waldorfschule in F. In der Zeit vom 19. bis 26.05.2011 besuchte er die B-Schule in W. Zuletzt wurde im April 2012 ein Versuch unternommen, K zunächst zu Hause durch Lehrerinnen zu beschulen, um eine Wiedereingliederung in die Grundschule vorzubereiten. Dieser Versuch scheiterte. Weitere Schulbesuche fanden seitdem nicht mehr statt.

Zu K:

Er ist das 6. Kind seiner Eltern und hat nur wenige Tage den Regelkindergarten besucht. Nach Angaben der Kindesmutter habe er sich seinerzeit nicht von ihr trennen können.

Ks gewöhnlicher Tagesablauf sieht so aus, dass er spätestens gegen 9.00 Uhr morgens aufsteht und sich mit PC-Spielen, Lesen, Handarbeit und dem Lernen von schulischen Inhalten beschäftigt. Oft läuft er aber auch nur den Eltern und den weiteren im gemeinsamen Haushalt lebenden Geschwistern hinterher. Nach dem Mittagessen spielt er zumeist am PC. Er sitzt täglich etwa 4 Stunden vor dem Computer. Die Eltern versuchen nach Angaben der Kindesmutter, die Computerspielzeit auf täglich 3 Stunden zu begrenzen.

Befreundet ist K mit einem Nachbarjungen namens I, mit dem er sich etwa dreimal pro Woche trifft, um gemeinsam zu spielen, bevorzugt am PC. Seit kurzer Zeit hat er auch noch einen weiteren Freund namens F.

Eine feste Zeit zum Schlafengehen wird K nicht gesetzt. Nach seinen eigenen Angaben geht er zwischen 21 Uhr und 21.30 Uhr ins Bett, allerdings nur, „wenn kein toller Film im Fernsehen kommt“. Ansonsten geht er ins Bett, wenn der Film zu Ende ist.

Zur Kindesmutter:

Die Kindesmutter war zum Jahreswechsel 2012/2013 49 Jahre alt. Sie ist Diplom-Informatikerin und geringfügig beschäftigt. Sie gibt Computerkurse an der Volkshochschule. Zusammen mit dem Kindesvater hat sie neben K noch 5 weitere Kinder:

- B und T, Zwillinge, 28 Jahre, Studenten, bzw. abgeschl. Bachelor-Studium,

- S, 21 Jahre, Student,

- D, 20 Jahre, Schülerin, hat gerade ihr Abitur absolviert und

- M, 16 Jahre, Schüler eines Gymnasiums, verweigert derzeit den Schulbesuch, da er von anderen Kindern gemobbt worden sei.

Zum Vater:

Der Kindesvater war zum Jahreswechsel 2012/2013 51 Jahre alt. Er ist aufgrund einer Persönlichkeitsstörung und einer Suchtproblematik seit dem Jahr 1998 von einer Amtsärztin dauerhaft als erwerbsunfähig eingestuft worden. Bereits als Jugendlicher war er tablettenabhängig. Einen ersten Suizidversuch unternahm er im Alter von 16 Jahren; weitere Suizidversuche folgten. Es folgten stationäre Behandlungen in den Jahren 1980 und 1984. Seit einer Entgiftung im Jahr 1988 erfolgte kein Tablettenmissbrauch oder Suizidversuch mehr. Nachfolgend entwickelte sich allerdings eine Alkoholproblematik in Phasen. Zwischen den Phasen ist er für mehrere Monate trocken.

Seit dem Jahr 2002 arbeitet er an zwei Büchern, die sich u. a. mit Nahtoderfahrungen, visionären Welten, halluzinatorischen Zuständen und Phänomenen, Kristallomantie und biochemischen Prozessen befassen.

Im Hinblick auf die Schulpflichtverletzung hat das Jugendamt des Kreises Warendorf unter dem 25.10.2011 eine Anzeige gem. § 8a Abs. 3 SGB VIII wegen Kindeswohlgefährdung an das Amtsgericht Warendorf gerichtet.

Im Rahmen des aufgrund dieses Anzeige eingeleiteten Verfahrens hat das Amtsgericht - Familiengericht - Warendorf den Eltern mit Beschluss vom 09.03.2012 das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten für das betroffene Kind K C entzogen und auf den Kreis Warendorf übertragen. Gleichzeitig wurde den Eltern aufgegeben, das Kind an den Kreis Warendorf herauszugeben, und der Gerichtsvollzieher ermächtigt, die Herausgabe des Kindes notfalls unter Einsatz von Gewalt und mittels Betretens und Durchsuchung der elterlichen Wohnung sowie unter Inanspruchnahme der Hilfe der Polizei zu erzwingen. Wegen der Einzelheiten wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf den angefochtenen Beschluss vom 09.03.2012 Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss wenden sich sowohl die Antragsgegner als auch K mit ihren Beschwerden. Die Eltern meinen, entgegen den Gründen der angefochtenen Entscheidung weigerten sie sich nicht, K in eine öffentliche Schule zu schicken. Die Verweigerungshaltung gehe nicht von ihnen, sondern von K aus und sei Ausdruck seiner Persönlichkeit und seines Willens. Als das Jugendamt angekündigt habe, ein Sorgerechtsverfahren einzuleiten, habe K im September 2011 erhebliche Hautirritationen, Ausschläge und Ekzeme bekommen, weswegen er u. a. drei Tage stationär behandelt worden sei. Die Herausnahme des Kindes aus ihrem Haushalt würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ganz erhebliche gesundheitliche Reaktionen bei K hervorrufen. Eine Herausnahme sei alles andere als interessengerecht und im Übrigen unverhältnismäßig.

Die Eltern beantragten, des Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Warendorf vom 09.03.2012 zum Aktenzeichen 9 F 715/11 aufzuheben.

K beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, hilfsweise abzuändern.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Der Senat hat die Vollstreckung aus dem angefochtenen Beschluss mit Beschlüssen vom 11.04.2012 und 22.08.2012 einstweilen eingestellt und ein Sachverständigengutachten des Dipl.-Psych. I zu der Frage eingeholt, ob im Hinblick auf die mangelnde Beschulung eine Kindeswohlgefährdung vorliegt und welche Maßnahmen erforderlich sind, um einer eventuellen Kindeswohlgefährdung entgegenzuwirken.

Im Senatstermin vom 12.06.2013 hat der Senat K sowie die weiteren Beteiligten mit Ausnahme des nicht erschienenen Kindesvaters angehört und den Sachverständigen zu seinem Gutachten ergänzend vernommen. Wegen des Ergebnisses der Anhörungen bzw. der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk vom 12.06.2013 Bezug genommen.

Die Beschwerden sind zulässig, aber nur im Umfang des Beschlusstenors begründet.

Gemäß dem § 1666 Abs. 1 BGB waren den Kindeseltern Teilbereiche der elterlichen Sorge zu entziehen.

Das geistige und seelische Wohl von K ist durch das Erziehungsversagen seiner Eltern im Hinblick auf seine Schulverweigerungshaltung nachhaltig im Sinne des § 1666 Abs. 1 BGB gefährdet.

Insoweit hat der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass das Kindeswohl trotz altersgerechten Wissensstands gefährdet sei. Da die Eltern die Schulpflicht nicht akzeptierten und die Schulunlust von K auch zukünftig von ihnen gefördert und unterstützt würde, bedeute dies, dass K nicht nur die Bildungsinhalte einer weiterführenden Schule vorenthalten würden, sondern auch wichtige außerfamiliäre soziale Erfahrungen und die Gewöhnung an gesellschaftliche Pflichten. Hierfür hätten die Kindeseltern kein Problembewusstsein.

Dass diese Einschätzung des Sachverständigen zutreffend ist, zeigt sich bereits an den Ausführungen der Kindesmutter und Ks anlässlich ihrer Anhörungen. K werden keine Grenzen und Regeln gesetzt. Die Eltern und insbesondere die Kindesmutter richten sich nach den Wünschen und dem Willen Ks. Pflichten sind ihm unbekannt. Auf die Frage, ob er zu Hause auch Dinge machen müsse, die er nicht wolle, fiel K nichts ein. Er lehnte sogar eine Hausbeschulung durch externe Lehrkräfte ab, da er dann nicht entscheiden könne, was zu lernen sei. Seiner Mutter könne er beispielsweise sagen, dass er heute keine Lust auf Deutsch habe.

Hieran zeigt sich, dass K bereits jetzt nicht in der Lage ist, sich an Regeln zu halten und Pflichten zu akzeptieren.

Dahinstehen kann daher, ob für K durch den von der Kindesmutter gestalteten Heimunterricht eine hinreichende Wissensvermittlung gewährleistet ist. Abgesehen davon, dass die Kindesmutter trotz ihrer Ausbildung nicht in der Lage sein dürfte, sämtliche Lerninhalte einer weiterführenden Schule adäquat zu vermitteln, dient der Schulbesuch nämlich nicht nur der reinen Wissensvermittlung. Durch den Schulbesuch sollen Kinder auch die Gelegenheit erhalten, in das Gemeinschaftsleben hineinzuwachsen. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Nichtannahmebeschluss vom 31.05.2006 insoweit ausgeführt, dass sich der staatliche Erziehungsauftrag nicht nur auf die Vermittlung von Wissen richtet, sondern auch auf die Erziehung zu einer selbstverantwortlichen Persönlichkeit und die Heranbildung verantwortlicher Staatsbürger, die gleichberechtigt und verantwortungsbewusst an demokratischen Prozessen in einer pluralistischen Gesellschaft teilhaben. Soziale Kompetenz, gelebte Toleranz, Durchsetzungsvermögen und Selbstbehauptung einer von der Mehrheit abweichenden Überzeugung könnten effektiver eingeübt werden, wenn Kontakte mit der Gesellschaft und den in ihr vertretenen Auffassungen nicht nur gelegentlich stattfinden, sondern Teil einer mit dem regelmäßigen Schulbesuch verbundenen Alltagserfahrung sind.

Wie bereits vom Sachverständigen insofern zutreffend ausgeführt, ist es daher äußerst wichtig, K auch anderen Einflüssen als denen seines Elternhauses auszusetzen, damit er die für sein zukünftiges Leben erforderlichen Erfahrungen machen und die erforderlichen Fähigkeiten entwickeln kann

Die Kindeseltern sind nicht gewillt oder in der Lage, die Kindeswohlgefährdung abzuwenden. Beide Eltern sind nach ihren eigenen Bekundungen - die Kindesmutter schon aufgrund ihrer Überzeugung - nicht gewillt, irgendeine Form der Beschulung gegen den Willen von K durchzuführen.

Der Senat hatte daher gemäß § 1666 Abs. 1 BGB die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwehr der Gefahr erforderlich sind, wobei die Grundsätze des § 1666a BGB zu beachten waren.

Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts.

Im Gegensatz zum Amtsgericht ist der Senat sachverständig beraten zur Überzeugung gelangt, dass der Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts unverhältnismäßig ist.

Nach Auffassung des Sachverständigen stelle eine Fremdunterbringung keine geeignete Lösung der Problematik dar. Zwar sei davon auszugehen, dass K in einem außerfamiliären Umfeld regelmäßig die Schule besuchen würde, allerdings würde die Fremdunterbringung des in der Familie gut integrierten und an die Kindesmutter tragfähig gebundenen Jungen seiner Ansicht nach andere massive Defizite und Symptome nach sich ziehen. Diese Einschätzung des Sachverständigen stimmt auch mit der Auffassung der ehemaligen Schulamtsärztin Dr. S überein, die K am 13.04.2011 untersucht und in einem Vermerk u. a. ausgeführt hatte, dass bereits bei empfundenem Druck die Gefahr bestehe, dass K sich verschließe, verweigere, seelisch zerbreche oder sich etwas antue.

Vor diesem Hintergrund ist der Senat entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung der Auffassung, dass K - zumindest vorerst - im familiären Umfeld zu belassen ist, so dass die Beschwerde insoweit begründet war. Auch das Kreisjugendamt verfolgt nicht mehr das Ziel, K aus der Familie herauszunehmen.

Entzug des Rechts zur Regelung schulischer Angelegenheiten

Das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten war den Eltern zu entziehen. Die Eltern und insbesondere die Kindesmutter haben durch ihr Verhalten in der Vergangenheit gezeigt, dass sie nicht willens oder in der Lage sind, die Schulpflicht durchzusetzen. Ganz im Gegenteil akzeptieren und unterstützen sie die Verweigerungshaltung von K, indem sie - wie es bereits der Sachverständige dargestellt hat - zwar eine Bildungspflicht akzeptieren, nicht aber eine „Schulgebäudeanwesenheitspflicht“. Gegenüber dem Gericht oder dem Jugendamt gemachte Zusagen wurden unter Hinweis auf den entgegenstehenden Willen von K nicht eingehalten.

Die Eltern sind nach Auffassung des Senats, die auch durch die im Rahmen der Anhörungen gemachten Angaben von K sowie der Kindesmutter gestützt wird, nicht in der Lage, sich gegenüber dem Kind durchzusetzen, wobei es nicht darum geht, den Willen von K „zu brechen“.

Aus diesen Gründen ist der Entzug des Rechts zur Regelung schulischer Angelegenheiten nicht nur verhältnismäßig, sondern auch das allein geeignete Mittel - vor dem Hintergrund, dass K in der Familie belassen wird -, um die Schulpflicht durchzusetzen.

Entzug des Rechts der Gesundheitsfürsorge

Ähnliches gilt für das Recht der Gesundheitsfürsorge. Bereits in dem Vermerk der Schulamtsärztin Dr. S vom 13.04.2011 wurde eine kinderpsychiatrische Beratung angeregt. Nach dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 12.06.2013 vorgelegten Arztbericht des St. G-Hospital Ahlen vom 18.10.2011 wurde auch von dieser Seite dringend eine weitere kinderpsychotherapeutische Diagnostik und Behandlung empfohlen. Eine begleitende Kinderpsychotherapie empfiehlt schließlich auch der Sachverständige.

Entgegen diesen von verschiedenen Seiten geäußerten Empfehlungen haben die Eltern die Möglichkeiten einer solchen Therapie bislang jedoch nicht genutzt; möglicherweise auch deswegen nicht, weil eine stationäre Behandlung im Raum stand. Die Vorstellung bei Dr. T erfolgte insoweit noch vor der Empfehlung der Schulamtsärztin.

Der Senat hält es daher insbesondere aufgrund der Angaben des Sachverständigen für dringend geboten und verhältnismäßig, K spätestens während der voraussichtlichen Schulwiedereingliederungsversuche kinderpsychologisch bzw. kinderpsychiatrisch zu begleiten, um auf diese Weise mögliche Gründe für seine Schulverweigerung festzustellen, aber auch, um eventuelle Gefahren für K bzw. eine mögliche Überforderung durch professionelle Unterstützung möglichst frühzeitig zu erkennen bzw. zu verhindern.

Da die Eltern einer solchen Therapie ablehnend gegenüberstehen, war ihnen bereits aus diesem Grund das Recht der Gesundheitsfürsorge zu entziehen.

Entzug des Rechts, Hilfen zur Erziehung zu beantragen

Auch dieser Teilbereich der elterlichen Sorge war den Eltern zu entziehen. Da die Eltern - wie bereits erwähnt - die Schulverweigerungshaltung von K akzeptieren, haben sie in der Vergangenheit - aus ihrer Sichtweise konsequent - keinerlei Hilfen zur Erziehung beantragt oder angefordert. Aber auch insoweit muss zur Überzeugung des Senats jede Möglichkeit wahrgenommen werden, K zur Einhaltung der Schulpflicht anzuhalten. Vorstellbar wäre insoweit zum Beispiel ein Schulbegleiter, der während des Schulaufenthalts von K zumindest für eine Übergangszeit anwesend ist.

Maßnahmen gem. § 1666 Abs. 3 Ziff. 2 BGB

Da die zukünftigen Versuche, die Schulverweigerungshaltung von K aufzulösen, voraussichtlich nicht ohne Mithilfe der Eltern erfolgreich sein können, sollen die Kindeseltern mit den Auflagen zu Ziffern 1. bis 4. im Sinne des Kindeswohls angehalten werden, die getroffenen bzw. noch zu treffenden Maßnahmen zu unterstützen und nicht durch eine Blockadehaltung zu boykottieren.

Da der Senat § 1666 Abs. 3 Nr. 2 BGB i. V. m. den landesrechtlichen Regelungen zur Schulpflicht in Übereinstimmung mit dem Bundesgerichtshof nicht für verfassungswidrig hält, ist es der Anregung des Verfahrensbevollmächtigten des Kindes, das Verfahren gem. Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, nicht gefolgt. Insbesondere sind die Länder nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes befugt, die Schulpflicht zu regeln, wie es das Land Nordrhein-Westfalen in Art. 8 der Landesverfassung und §§ 34 ff. des Schulgesetzes getan hat. Diese Vorschriften verstoßen auch nicht gegen Art. 6 GG. Art. 6 Abs. 2 GG schließt ein staatliches Erziehungsrecht in Schulen - neben dem elterlichen Erziehungsrecht - nicht aus, wie sich auch aus der Zusammenschau mit Art. 7 GG ergibt. Insbesondere lässt Art. 7 Abs. 2 GG den Umkehrschluss zu, dass die Eltern nicht das Recht haben, über die Teilnahme ihres Kindes am Unterricht (abgesehen vom Religionsunterricht) zu bestimmen. Auch die Regelungen zum Privatschulwesen zeigen, dass Art. 7 Grundgesetz vom Bestehen einer Schulpflicht (selbstverständlich) ausgeht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG.

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Annotations

(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder dieses Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird, hat das Jugendamt die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen und, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist,

1.
sich dabei einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen sowie
2.
Personen, die gemäß § 4 Absatz 3 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz dem Jugendamt Daten übermittelt haben, in geeigneter Weise an der Gefährdungseinschätzung zu beteiligen.
Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Erziehungsberechtigten anzubieten.

(2) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.

(3) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein.

(4) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass

1.
deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen,
2.
bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie
3.
die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
In den Vereinbarungen sind die Kriterien für die Qualifikation der beratend hinzuzuziehenden insoweit erfahrenen Fachkraft zu regeln, die insbesondere auch den spezifischen Schutzbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen Rechnung tragen. Daneben ist in die Vereinbarungen insbesondere die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte der Träger bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.

(5) In Vereinbarungen mit Kindertagespflegepersonen, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass diese bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes eine Gefährdungseinschätzung vornehmen und dabei eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzuziehen. Die Erziehungsberechtigten sowie das Kind sind in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes nicht in Frage gestellt wird. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) Werden einem örtlichen Träger gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sind dem für die Gewährung von Leistungen zuständigen örtlichen Träger die Daten mitzuteilen, deren Kenntnis zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a erforderlich ist. Die Mitteilung soll im Rahmen eines Gespräches zwischen den Fachkräften der beiden örtlichen Träger erfolgen, an dem die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche beteiligt werden sollen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

(1) Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Dies gilt auch, wenn einem Elternteil vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Nutzung der Familienwohnung untersagt werden soll. Wird einem Elternteil oder einem Dritten die Nutzung der vom Kind mitbewohnten oder einer anderen Wohnung untersagt, ist bei der Bemessung der Dauer der Maßnahme auch zu berücksichtigen, ob diesem das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zusteht, auf dem sich die Wohnung befindet; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht, das dingliche Wohnrecht oder wenn der Elternteil oder Dritte Mieter der Wohnung ist.

(2) Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, dass sie zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.