Aktuelle Gesetzgebung: Die zehn häufigsten Fragen zum neuen Energiepass

15.06.2007

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für Familien- und Erbrecht

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Rechtsberatung zum Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG) - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB

Der Energiepass für Gebäude trifft Aussagen über die energetische Qualität der Gebäudeaußenhaut einschließlich Dach, Fenster und Türen, Heizungstechnik sowie abgaswärmeverluste. Grundlage ist die EU-Gesamtgebäudeenergieeffizienz-Richtlinie vom 16.12.02. Diese Richtlinie sollte bis zum 4.1.06 in nationales Recht umgesetzt werden. Obwohl der Gesetzgebungs- und Verordnungsprozess noch nicht abgeschlossen ist, wird in der Praxis bereits oft nach dem Energiepass gefragt. Die folgenden Ausführungen stellen daher eine - vorläufige - Information dar.

1. Für wen muss der Energieausweis ausgestellt werden?

Der Pass ist für alle privaten und öffentlichen Gebäude ohne Unterschied auszustellen, ob sie zu Wohn- oder Gewerbezwecken genutzt werden. Ausnahmen gelten für selbstgenutzte Einfamilienhäuser, solange sie nicht veräußert werden. Für Baudenkmäler sind Ausnahmen von der Pflicht zur Erstellung und Vorlage eines Energieausweises möglich. Gleiches gilt, wenn die energetische Sanierung zu einer unbilligen Härte für den Eigentümer führen würde.

2. Wer stellt den Energiepass aus?

Der Energiepass kann von Architekten, Bauingenieuren oder sonst bauvorlageberechtigten Personen, Handwerkern und Schornsteinfegern mit spezieller und nachgewiesener Zusatzausbildung (Zertifizierung) ausgestellt werden. Augenblicklich gilt er nur für neu zu errichtende Gebäude. Künftig soll er auch für Bestandsimmobilien gelten. Die Deutsche  Energieagentur unterhält eine Ausstellerdatenbank zertifizierter Aussteller im Internet (www.zukunft-haus.info.de; kostenlose Hotline: 0800 736734).

3. Mit welchem Preis muss gerechnet werden?

Die Erstellungskosten werden momentan je nach Verfahren mit 300 bis 1.500 EUR beziffert.

4. Für welchen Zeitraum gilt der Energiepass?

Der Energiepass gilt für zehn Jahre. Danach muss er aktualisiert werden.

5. Nach welchen Vorgaben wird der Energiepass ausgestellt?

Ein spezielles Verfahren zur Berechnung der energetischen Qualität des Gebäudes ist momentan vom Gesetzgeber noch nicht ausgewählt. In Betracht kommen sowohl ein bedarfskennwert-orientiertes Verfahren als auch eine Berechnung auf Verbrauchsgrundlage. Dazu muss die ausführende Verwaltungsvorschrift (AVV) erst erlassen und die EnEV novelliert werden.

6. Welche Daten und Unterlagen muss der Hauseigentümer beibringen und wo können sie beschafft werden?

Es sind die Bauunterlagen einzureichen. Sind sie nicht vorhanden, können sie bei der Bauaufsichtsbehörde beschafft werden. Insbesondere von Interesse sind neben Grundrisszeichnungen energetische Berechnungen der bauvorlageberechtigten Person, die gemeinsam mit dem Bauantrag vor Realisierung des erstellten Bauvorhabens eingereicht worden sind, vor allem Wärmedämmwerte der verbauten Scheiben für Fenster, Balkontüren o.a. Neben technischen Unterlagen zu Heizungs- und Klimaanlagen sind auch Rechnungen von Bedeutung, aus denen das Kaufdatum sowie Art und Umfang des verbauten sonstigen Materials zur Installation der Heizung (wie z.B. Leitungsquerschnitte von Zu- und Abflusssträngen) sowie verwendetes Isolationsmaterial hervorgehen. Vor allem sollten sich aus den Unterlagen die Berechnung der Heizlast nach DIN 12831, die Auswahl der Heizungsanlage nach Art, Größe und Fabrikat sowie die Bestimmung der Anlagenaufwandszahl nach DIN 4107-10 für mögliche Alternativen ergeben.

7. Wie wirkt sich der Energiepass auf die Werthaltigkeit der Immobilie aus und wie kann man gegensteuern?

Eine große Gefahr des Energieausweises liegt in einer unmittelbaren Beeinflussung des Immobilienwerts. Der Energiepass ist beim Verkauf der Immobilie und bei ihrer Vermietung vorzulegen. Unterlegt man die bisher von der DENA entwickelten Bewertungskriterien für die energetische Qualität, ist zu befürchten, dass die Bestandsimmobilien einen sehr schlechten energetischen Qualitätsausweis im unteren Drittel der gewählten Skala erfahren. Dies schlägt unmittelbar auf die Höhe des Kaufpreises sowie auf die Höhe der erzielbaren Mieten durch. Beide werden nach unten tendieren. Dies gilt im Fall der Vermietung vor dem Hintergrund des bestehenden Mietermarkts mit einem Überangebot von Wohnungen ohnehin. Soweit möglich, ist mit den unter 6. genannten Unterlagen sowie mit vorhandenen Schornsteinfegermessprotokollen (CO²-Emission) und parallelen Messprotokollen beauftragter Firmen zur Heizungswartung gegebenenfalls unter Zuhilfenahme einer "möglichst kostengünstigen Lösung" über Verbände, Handwerker, Bekannte o.a. der energetische Bedarf des eigenen Gebäudes zu prüfen. Diese Prüfung im Vorfeld des Energiepasses macht unter folgenden Aspekten Sinn:
Ist der Energiepass erst einmal Pflicht, wird es zu einem Auftragsstau im Hinblick auf die dann gewünschten energetischen Qualitätsverbesserungen kommen. Einzelne Gewerke sollten im Sommer durchgeführt werden, wie z.B. der Einbau neuer Heizungen, Fenster oder grundlegender Dämmarbeiten an der Gebäudeaußenhaut und im Dachbereich. Insbesondere die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bietet zinsgünstige Darlehen zur energetischen Qualitätsverbesserung von Gebäuden an. "Tagesfrische Konditionen" können unter www.kfw.de im Internet abgerufen werden.

8. Welche Auswirkungen hat der Energiepass im laufenden Mietverhältnis?

Dem Mieter stehen keine Mietminderungsrechte zu, wenn die im Energieausweis ausgewiesene energetische Qualität des Gebäudes tatsächlich nicht besteht. Ebenso wenig ergeben sich Schadenersatzansprüche, wenn der Mieter etwa direkt mit dem Energieversorger höhere Verbräuche abrechnen muss als sie im Energiepass ausgewiesen sind. Auch wenn der Energieausweis bei der Neuvermietung vorzulegen ist, wird er nicht zum Bestandteil des Mietvertrags und damit erst recht nicht zu einer zugesicherten Eigenschaft. Denn der Vermieter hat keinerlei darauf gerichteten Erklärungswillen, sondern genügt schlicht seiner öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Vorlage des Energiepasses. Der Energiepass ist auch nicht mit dem Mietvertrag zu verbinden und wird dadurch nicht Vertragsbestandteil. Er ist nur vorzulegen. Der Ausweis bleibt im Eigentum des Vermieters.

9. Wie können die Mieter an den Kosten des Energiepasses beteiligt werden?

Wird ein Architekt oder Ingenieur mit der Erstellung des Energiepasses beauftragt, sind die Herstellungskosten als Baunebenkosten im Rahmen der Mieterhöhung nach Modernisierung anrechnungsfähig. Denn zu den Baunebenkosten gehören auch die Kosten für Architekten- und Ingenieurleistungen.

10. Sind Besonderheiten bei Wohnungseigentümergemeinschaften zu beachten?

Bei Eigentümergemeinschaften stellt sich die Frage, ob nicht ein Eigentümer auf der Grundlage einer ggf. "schwachen" Klassifizierung des Objekts einen gegen die Gemeinschaft gerichteten Anspruch auf Energieeinsparmaßnahmen erwirbt, da dann ein technisch-wirtschaftlicher Standard etabliert wird, der zu einer Verpflichtung der Eigentümer zur Durchführung einer so genannten modernisierenden Instandsetzung führt. Anspruchsgrundlage könnten §§ 14, 15 WEG sein. Ein solcher Anspruch ist wahrscheinlich. Obwohl der Energieausweis keine Rechtspflichten begründen soll und nur der Information dient, wird der Anspruch von einzelnen Eigentümern gestellt werden, wenn diese zeitnah ihre Wohnung verkaufen/vermieten wollen, um mit bestmöglich ausgewiesenem energetischen Standard einen möglichst hohen Preis zu erzielen.Soweit sich dies im konkreten Falle abzeichnet, sollten die Instandhaltungsrücklagen frühzeitig aufgestockt werden. Anderenfalls drohen kurzfristige Nachschusspflichten.

 

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Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 14 Pflichten des Wohnungseigentümers


(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet, 1. die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und2. das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses un

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Wer Wohnungseigentum gebraucht, ohne Wohnungseigentümer zu sein, hat gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern zu dulden:1.die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums, die ihm rechtze

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(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet,

1.
die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und
2.
das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.

(2) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet,

1.
deren Sondereigentum nicht über das in Absatz 1 Nummer 2 bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen und
2.
Einwirkungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Nummer 2 zu dulden.

(3) Hat der Wohnungseigentümer eine Einwirkung zu dulden, die über das zumutbare Maß hinausgeht, kann er einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen.

Wer Wohnungseigentum gebraucht, ohne Wohnungseigentümer zu sein, hat gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern zu dulden:

1.
die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums, die ihm rechtzeitig angekündigt wurde; § 555a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend;
2.
Maßnahmen, die über die Erhaltung hinausgehen, die spätestens drei Monate vor ihrem Beginn in Textform angekündigt wurden; § 555c Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2, Absatz 2 bis 4 und § 555d Absatz 2 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.