Vergabekammer Südbayern Beschluss, 30. Aug. 2016 - Z3-3/3194/1/28/07/16

30.08.2016

Gericht

Vergabekammer Südbayern

Tenor

1. Dem Antragsgegner wird untersagt, im streitgegenständlichen Vergabeverfahren den Zuschlag auf die Angebote der Beigeladenen zu erteilen.

2. Das Vergabeverfahren wird in den Stand vor Versand der Vergabeunterlagen zurückversetzt. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die Vergabeunterlagen unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu korrigieren.

3. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gebühr beträgt …,.. €. Er ist von der Zahlung der Gebühr befreit. Auslagen sind nicht angefallen.

Gründe

I.

Der Antragsgegner beabsichtigt die Vergabe der Lieferung von Multifunktionsgeräten. Eine entsprechende Veröffentlichung der Lieferleistung erfolgte im Rahmen einer EU-weiten Bekanntmachung am 07.05.2016 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften im Wege eines Offenen Verfahrens. Die Vergabe erfolgt in 2 Losen. Nach Ziffer II.1.5 der Bekanntmachung werden in Los 1 drei Schwarz-Weiß-Digitaldrucksysteme mit einer garantierten Mindestabnahme von insgesamt 20 Mio. Klicks und in Los 2 ein Farb-Digitaldrucksystem, für welches eine Mindestabnahme von durchschnittlich 700.000 Klicks (insges. 2,8 Mio.) vorgesehen ist, ausgeschrieben. Angebote sind für alle Lose möglich (Ziff. II.1.8 der Bekanntmachung). Nach Ziffer II.1.9 sind Varianten/Alternativangebote nicht zulässig. Die Vertragslaufzeit beträgt 48 Monate (Ziffer II.3 der Bekanntmachung).

Als Schlusstermin für den Eingang der Angebote wurde nach Ziffer IV.3.4 der europaweiten Bekanntmachung der 13.06.2016, 11.00 Uhr, festgelegt.

Nach Ziffer IV.2.1 der Bekanntmachung soll das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die Kriterien, die in den Ausschreibungsunterlagen aufgeführt sind, erteilt werden.

In Ziffer 4 „Bewertung der Angebote“ (S.65 der Vergabeunterlagen, S.5 der Ergänzenden Bewerbungsbedingungen) ist Folgendes geregelt:

Die Wertungskriterien sind der Preis mit einer Gewichtung von 35% und die Leistung mit einer Gewichtung von 65%, wobei sich der Preis P aus dem Preisblatt (Produkte/Leistungen) und die Leistung L aus den Leistungspunktzahlen aus dem Kriterienkatalog ermittelt.

„Die Formel für die Kennzahl Z lautet: L + P = Z. Z ist maximal 100, der höchste zu erreichende Wert. Das Angebot mit der höchsten Kennzahl Z ist das Wirtschaftlichste.“

„P: Der beste Preis (das preisgünstigste Angebot) wird als 100 angenommen und die prozentuale Abweichung der anderen Angebote berechnet und dann gewichtet.

Bsp.: Bestes Angebot ist 9.000 € (dieser Bieter erhält 100 Punkte für den Preis). Der Beispielbieter hat ein Angebot über 12.000 € abgegeben. Er erhält somit 75 Punkte.“

Zudem enthielten die Vergabeunterlagen einen Kriterienkatalog, der für jedes Los wiederum in Unterkriterien und diese teilweise wieder in weitere Kriterien unterteilt wurden, jeweils mit Angabe der Gewichtung.

Die Antragstellerin hat bei beiden Losen das preislich günstigste Angebot abgegeben.

Mit Schreiben vom 13.07.2016 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass das Angebot der Antragstellerin nicht berücksichtigt werden könne und beabsichtigt sei, am 25.07.2016 auf das Angebot der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen.

Das Angebot der Antragstellerin sei hinsichtlich Los 1 und Los 2 zwar jeweils das günstigste gewesen, habe jedoch jeweils einen geringeren Prozentsatz der Leistungspunkte (der benannt wurde) erzielt, so dass die Antragstellerin bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots jeweils auf Rangstelle 2 gelegen habe.

Mit Fax vom 19.07.2016 rügte die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner die fehlerhafte Mitteilung gemäß § 134 GWB, da die Gründe der Nichtberücksichtigung nicht nachvollziehbar seien, sowie die fehlerhafte Wertung. Es sei für die Antragstellerin nicht nachvollziehbar, dass die Beigeladene mehr Leistungspunkte erreicht habe als die Antragstellerin. Die Antragstellerin bezweifle daher die von der Beigeladenen angegebenen Informationen und die damit verbundene Punktebewertung. Der Antragstellerin sei bekannt, dass die Beigeladene in ihren Produktdatenblättern hinsichtlich der Emissionswerte verwirrende Angaben mache. Ebenso sei der Antragstellerin bekannt, dass die Beigeladene in ihren Produktblättern nicht den geforderten Schallleistungspegel (gemessen in Lwa dB (A)), sondern den Schalldruckpegel (Lpa dB (A)) angebe. Die Antragstellerin bat den Antragsgegner die Entscheidung nochmals zu prüfen und zu korrigieren. Zudem wurde um Übersendung der Bewertungsmatrix gebeten, die der Entscheidung zugrunde gelegen habe.

Mit Schreiben vom 20.07.2016 half der Antragsgegner den Rügen der Antragstellerin nicht ab. Er wies darauf hin, dass der Aufbau der den jeweiligen Bewertungen der Lose zugrundeliegenden Kriterienkataloge so gestaltet worden sei, dass die Bieter selbst, wenn sie die für ihr Angebot geltenden Werte im eVergabe-System eingetragen haben, die sofort für das jeweilige Angebot erzielten Leistungspunkte einsehen konnten. Es sei bei keinem Angebot von den Bieterangaben abgewichen worden. Sämtliche Angaben, insbesondere die Angaben zu den Emissionswerten, seien durch vorgelegte Produkt- und Umweltdatenblätter nachvollziehbar und durch Vor-Ort-Tests vom Antragsgegner geprüft worden. Die Werte zum Schallleistungspegel im Angebot der Beigeladenen seien für beide Lose durch das jeweilige Umweltdatenblatt belegt worden und es seien keine falschen Ozonwerte berücksichtigt worden.

Weil die Rügen den Antragsgegner nicht zur Änderung seiner Rechtsauffassung bewegten, beantragte die Antragstellerin mit Schreiben vom 21.07.2016,

1. die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gem. §§ 160 ff. GWB,

2. die Gewährung von Akteneinsicht in die Vergabeakten des Antragsgegners gem. § 165 Abs.1 GWB,

3. festzustellen, dass die Antragstellerin durch das Verhalten des Antragsgegners in dem Offenen Verfahren (EU) Digitaldrucksysteme für die Hausdruckerei, Verfahren Nr. … vom 09.05.2016 bekannt gemachten Vergabeverfahren in ihren Rechten aus § 97 Abs. 2 und 6 GWB verletzt wird,

4. der Antragsgegner zu verpflichten, die Angebotswertung zur o.g. Vergabe erneut vorzunehmen.

Hilfsweise zu 4.

5. Für den Fall der Erledigung des Nachprüfungsverfahrens durch Aufhebung oder in sonstiger Weise festzustellen, dass eine Rechtsverletzung vorgelegen hat,

sowie des Weiteren

7. (gemeint wohl 6.) festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für den Antragsgegner nicht erforderlich gewesen sei,

8. (gemeint wohl 7.) dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Der Nachprüfungsantrag sei zulässig. Die Antragstellerin sei antragsbefugt, da sie ihr Interesse am Auftrag durch Abgabe der Angebote für Los 1 und 2 zum Ausdruck gebracht habe. Durch die vorgenommene fehlerhafte Bewertung des Antragsgegners drohe der Antragstellerin ein Schaden, da sie das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Dies mindere ihre Zuschlagschancen. Zudem sei die Antragstellerin ihrer Rügeobliegenheit unverzüglich nachgekommen.

Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet. Die Antragstellerin sei durch die fehlerhafte Wertung in ihren Rechten aus § 97 Abs.2 und 6 GWB verletzt worden. Der Antragsgegner führe in der Abweisung der Rüge mit Schreiben vom 20.07.2016 aus, dass die Beigeladene insbesondere hinsichtlich der Ozonemissionswerte 0 mg/h sowohl die Multifunktionsgeräte in Los 1 und 2 eingetragen habe und damit 10 Punkte erhalten habe. Aufgrund ihrer Marktkenntnis sei davon auszugehen, dass die Beigeladene falsche Angaben gemacht habe. Zumindest „die Farbmaschinen“ würden Ozonemissionen erzeugen, wie auch im Bedienerhandbuch der Beigeladenen zu entnehmen sei. Dass die Beigeladene widersprüchliche Angaben mache, ergebe sich auch aus dem als Anlage 7 beigefügten Umweltdatenblatt. Dort sei hinsichtlich der Ozonemissionswerte 0 mg/h angegeben, jedoch in der Fußnote darauf hingewiesen, dass die Ozonemissionswerte unter der Nachweisgrenze von < 0,12 mg/h liege. Auch wenn Ozonemissionswerte unter der Nachweisgrenze liegen, seien Emissionen vorhanden und es sei falsch zu behaupten, dass die vom Multifunktionsgerät generierte Emission bei 0 mg/h liege. Sofern der Antragsgegner Emissionswerte unter der Nachweisgrenze einem Emissionswert von 0 mg/h bei der Beigeladenen gleichgesetzt habe, sei dies bei der Antragstellerin ebenfalls so zu werten.

Auch gehe die Antragstellerin davon aus, dass die Beigeladene statt dem Schallleistungspegel den Schalldruckpegel angegeben habe, der geringere Messwerte habe und auf diese Weise ebenfalls die Höchstpunktzahl von 10 erhalten habe.

Die Vergabekammer informierte den Antragsgegner über den Nachprüfungsantrag mit Schreiben vom 21.07.2016 und forderte die Vergabeunterlagen an, die am 27.07.2016 eingegangen sind. Zudem wurde der Vergabekammer ein Lesezugang zur e-Vergabeplattform des Antragsgegners gewährt.

Der ehrenamtliche Beisitzer hat die Entscheidung über den Umfang der Akteneinsicht, über Beiladungen und Rücknahmebeschlüsse mit Schreiben vom 25.07.2016 auf den Vorsitzenden und die hauptamtliche Beisitzerin übertragen.

Mit Schreiben vom 28.07.2016 wurde die Bieterin, die den Zuschlag erhalten soll, beigeladen.

Mit Schreiben vom 28.07.2016 nahm der Antragsgegner Stellung zum Nachprüfungsantrag und beantragte die Anträge der Antragstellerin abzuweisen.

Zunächst teilte der Antragsgegner mit, dass er davon ausgehe, dass sich die Antragstellerin gegen die Vergabeentscheidung beider Lose wende.

Zur Bewertung der Leistung führte der Antragsgegner u. a. allgemein aus, dass der Aufbau der den jeweiligen Bewertungen der Lose zugrundeliegende Kriterienkataloge bei beiden Losen so gestaltet gewesen sei, dass die Bieter selbst die für ihr Angebot geltenden Werte im eVergabe-System eingetragen haben und damit sofort die für das jeweilige Angebot erzielten Leistungspunkte einsehen konnten.

Weiter wurde mitgeteilt, dass die Ausführungen der Antragstellerin, die bisher die Leistung erbracht habe (Vertragsende 31.08.2016), unbegründet und nicht nachweisbar seien.

Sämtliche Angaben im Angebot der Beigeladenen seien durch die vorgelegten Produkt- und Umweltdatenblätter nachvollziehbar und bei Vor-Ort Tests (bei Los 1 hinsichtlich des Bewertungskriteriums 1.4 Teilsatzheftung und bei Los 2 hinsichtlich des Bewertungskriteriums 2.4 Rückstichbroschüren) von Mitarbeitern der ausschreibenden Stelle überprüft worden.

Insbesondere seien die von der Antragstellerin angegriffenen Ozonemissionswerte durch Vorlage entsprechender Produkt- und Umweltdatenblätter durch die Beigeladene belegt worden. Dabei unterstelle die Antragstellerin, dass die Beigeladene in der Beantwortung der Leistungskriterien jeweils die maximale Wertung (10 Leistungspunkte) gewählt habe, indem sie einen Emissionswert von „0“ angegeben habe.

Für Los 1 sei von der Beigeladenen der Wert „0“ angegeben und durch das der Akte beiliegende (deutschsprachige) Umweltdatenblatt belegt worden. Der Wert „0“ werde im Umweltdatenblatt auch nicht durch eine Fußnote eingeschränkt, so dass keine Zweifel an der Bieterangabe seitens des Antragsgegners bestanden haben und die maximale Leistungspunktzahl bei diesem Kriterium bei Los 1 zu Recht ausgewählt worden sei.

Im Übrigen wäre - die Richtigkeit des Vortrags der Antragstellerin unterstellt, wonach Emissionen entgegen der Angaben im Umweltdatenblatt der Beigeladenen vorhanden seien, die allerdings unter der Nachweisgrenze von < 0,12 mg/h lägen - allenfalls eine Bewertung mit 9 statt 10 Leistungspunkten anzusetzen gewesen. Die Gesamtwertung bei Los 1 hätte somit auch in einem solchen Fall zu keinem anderen wirtschaftlichsten Angebot geführt. Selbst in diesem Falle hätte die Antragstellerin keine Zuschlagschance gehabt und sei insoweit nicht in ihren Bieterrechten verletzt worden.

Bei Los 2 sei von der Beigeladenen als Antwort der Wert 1,99 - 0,5 mg/h angegeben worden, der mit 7 Leistungspunkten bewertet worden sei.

Des Weiteren sei von der Antragstellerin gerügt worden, dass bei den Kriterien 1.5.8 (Schallleistungspegel im Bereitschaftsmodus) und 1.5.9 (Schallleistungspegel im Betriebsmodus) in Los 1 sowie analog bei Los 2 in 2.5.12 und 2.5.13 unzutreffende Leistungspunkte vergeben worden seien. Auch die dortigen Angaben der Beigeladenen seien durch Vorlage der Produkt- und Umweltdatenblätter belegt, so dass seitens des Antragsgegners kein Anlass bestanden habe, an der Richtigkeit der Bewertung zu zweifeln. Während die von der Beigeladenen bei Los 1 gewählten Werte bereits mit dem Angebot belegt worden seien, seien bei Los 2 in dem zunächst als Anlage zum Angebot vorgelegten Produktdatenblatt nur die Werte für den Schalldruckpegel angegeben gewesen. Auf hiesige Nachfrage sei aber von der Beigeladenen die insoweit eingegebenen Werte für den Schallleistungspegel belegt worden. Die Leistungspunkte, die die Beigeladene vorgewählt habe, haben den im Produktblatt nachgewiesenen Werten entsprochen. Es liege bei der Bewertung beider Lose auch insoweit kein Vergaberechtsverstoß vor.

Der Vorsitzende und die hauptamtliche Beisitzerin legten mit Schreiben vom 29.07.2016 den Umfang der Akteneinsicht fest. Mit Schreiben vom 29.07.2016 wurde der Antragstellerin Akteneinsicht nach § 165 Abs. 1 GWB gewährt.

Mit Schreiben vom 01.08.2016 wurde zur mündlichen Verhandlung am 16.08.2016, um 10.00 Uhr in den Räumen der Regierung von Oberbayern geladen.

Die Antragstellerin nahm mit Schreiben vom 04.08.2016 noch zur gewährten Akteneinsicht und zum Schreiben des Antragsgegners vom 29.07.2016 Stellung und hat darauf hingewiesen, dass sich ihr Nachprüfungsantrag auf Los 1 und 2 beziehe und führte weiter aus, dass der Antragsgegner eine andere Bewertungsgewichtung vorgenommen habe, als bekannt gemacht worden sei. Auf Seite 61 ff. der Leistungsbeschreibung sei die Gewichtung der einzelnen Leistungskriterien wie folgt angegeben:

- „Teilsatzheftung:70%

- Reaktionszeit Servicetechniker:2,73%

- Ausgabegeschwindigkeit:2,73%

- Ozonemission:2,73%

- Styrolemission:2,73%

- Benzolemission:2,73%

- TVOC-Emission:2,73%

- Feinstaubemission:2,73%

- Schallleistungspegel im Bereitschaftsmodus:5,45%

- Schallleitungspegel im Betriebsmodus:5,45%“.

In dem Vergabevermerk unter „I. Vermerk Los 1 Leistung“ sei dagegen mitgeteilt worden, dass die Druckgeschwindigkeit des Mustersatzes mit 70% innerhalb der Leistungsbewertung gewichtet worden sei und darüber hinaus seien die Emissionsanforderungen bewertet und mit 30% gewichtet worden, wobei die Lärmemissionen doppelt gewichtet worden sei.

Das gelte auch für Los 2. Gemäß dem Vergabevermerk unter „Los 2 Leistung“ sei die Rückstichbroschüre mit 35% gewichtet und die Ausgabegeschwindigkeit, die Sortierbarkeit des Papierkatalogs, Emissionsanforderungen und Lärmemissionen mit 65% gewichtet worden. Gemäß dem Kriterienkatalog für die Leistung von Los 2 auf Seite 63 ff. fehle in der Gewichtung wiederum die Reaktionszeit.

Weiterhin werde im Vergabevermerk und im Schriftsatz des Antragsgegners aufgeführt, dass während der Bewertungsphase eine Vor-Ort-Teststellung bei der Beigeladenen stattgefunden habe. Dagegen heiße es in Ziffer 1.1 der Leistungsbeschreibung hinsichtlich der Teststellung, dass sich der Antragsgegner vorbehalte, die Richtigkeit der Angaben in einer Teststellung an dem angebotenem System beim Anbieter oder einem benannten Referenzkunden zu überprüfen. Aufgrund der Formulierung habe die Antragstellerin nicht davon ausgehen müssen, dass die Durchführung der Teststellung lediglich beim wirtschaftlichsten Angebot durchgeführt werde. Die Auswahl der teilnehmenden Bieter an der Teststellung sei im Vergabeverfahren transparent und diskriminierungsfrei festzulegen.

Fakt sei auch, dass die angebotene Maschine der Beigeladenen in Los 1, ausweislich des Umweltdatenblattes auf Englisch, keinen Ozonemissionswert von „0 mg/h“ aufweise und durch die nicht fehlerfreie Übersetzung irreführende Informationen übermittelt habe, um die Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers zu beeinflussen. Deshalb stelle sich die Frage, ob die Beigeladene nicht gemäß § 124 Abs.1 Nr.9 c) GWB ausgeschlossen werden müsse.

In diesem Zusammenhang sei auch bereits die Bewertung des Antragsgegners in Frage zu stellen. Denn rein objektiv betrachtet, generiere jedes Kopiersystem Ozonemissionswerte und auch andere Emissionen, so dass grundsätzlich ein Emissionswert von „0 mg/H“ von keinem Bieter erreicht werden könne und damit kein Bieter die Höchstpunktzahl von 10 Punkten erreichen könne.

Mit Fax vom 05.08.2016 erteilte der Vorsitzende der Vergabekammer dem Antragsgegner den rechtlichen Hinweis, dass die vom Antragsgegner bekanntgegebene und umgesetzte Wertung der Angebotspreise nach Auffassung der Vergabekammer gegen Vergaberecht verstoße, da sie die relativen Preisabstände bei der Punkteverteilung nicht angemessen berücksichtige und die bekanntgegebene Gewichtung von 35% Preis und 65% Leistung verzerre. Dieser Verstoß führe dazu, dass im vorliegenden Vergabeverfahren kein Zuschlag erteilt werden könne, sondern das Verfahren in den Stand vor Versand der Vergabeunterlagen zurückzuversetzen sei. Die Angebotsaufforderung müsse beim Preiskriterium berichtigt und den Bietern Gelegenheit gegeben werden, ihre Angebote zu erneuern.

Im Übrigen regte die Vergabekammer an, zu überprüfen, ob die bekanntgegebene Wertung der Angebote mit „L + P = Z“ beibehalten werden soll, da nach vorläufiger Ansicht der Vergabekammer Südbayern zumindest Zweifel beständen, ob hierdurch tatsächlich das beste Preis-Leistungs-Verhältnis gemäß § 127 Abs.1 S.2 GWB ermittelt werden könne. Die Vergabekammer hat unter Fristsetzung um Mitteilung gebeten, ob der Antragsgegner das Vergabeverfahren entsprechend zurückversetzen werde.

Nach Genehmigung der Verlängerung der Frist zur Stellungnahme nahm die Beigeladene durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 08.08.2016 Stellung und teilte mit, dass der Zuschlag zu Recht an die Beigeladene zu erteilen sei. Die Antragstellerin habe lediglich mit pauschalen und teilweise auch unsubstantiierten Behauptungen ihren Nachprüfungsantrag begründet.

Die Antragstellerin habe in ihrer Rüge vom 19.07.2016 nicht, wie behauptet, die Angebotswertung als solche angegriffen, sondern lediglich konkret bei den Leistungskriterien „Ozonemission“ und „Schallleistungspegel“ die Punktebewertung des Angebots der Beigeladenen angegriffen, wobei der Rüge nicht zu entnehmen gewesen sei, ob sich diese auf beide Lose oder nur auf eines der Lose beziehe. Zum Nachweis ihrer Behauptung habe sie lediglich auf das Produktsicherheitsblatt der Beigeladenen bezüglich des Modells „…“ verwiesen, bei dem es sich nur um einen Schwarz-Weiß-Drucker handelt, der ausschließlich mit dem Los 1 angeboten worden sei. Auf die Farbdrucksysteme der Beigeladene hinsichtlich Los 2 habe die Antragstellerin in dieser Rüge nicht hingewiesen, und genauso wenig irgendwelche Nachweise vorgelegt. Die Ermittlung des Inhalts der Rüge vom 19.07.2016 sei jedoch wesentlich, da nur Verstöße zu prüfen seien, die ordnungsgemäß gerügt worden sind und mit denen die Antragstellerin daher nicht präkludiert ist.

Der Nachprüfungsantrag entspreche auch teilweise nicht den Anforderungen an die Antragsbefugnis, jedenfalls sei er hinsichtlich des Loses 2 als unzulässig zurückzuweisen.

Bei den Ozonemissionswerten habe die Antragstellerin im Nachprüfungsantrag pauschal behauptet, dass sie davon ausgehe, dass die Beigeladene bei den angebotenen Multifunktionsgeräten eine 0-Emission für beide Lose eingetragen und somit je Los die Höchstpunktzahl erhalten habe. Tatsächlich habe die Beigeladene bei der Wertung beim Los 2 eine geringere Punktzahl erhalten, da sie gerade keine Nullemission eingetragen habe. Da bei Los 2 (Farbmultifunktionsgeräten) keine 0-Emission von der Beigeladenen angegeben worden sei, liege insoweit eine unsubstantiierte ins Blaue hinein gemachte Behauptung vor, die nicht weiter zu verfolgen sei.

Das Gleiche gelte hinsichtlich der Behauptung, dass für das Angebot der Beigeladenen hinsichtlich der Schallleistungspegel unter den Ziff. 1.5.8 und 1.5.9 sowie 2.5.12 und 2.5.13 unzutreffende Leistungspunkte vergeben worden seien. Die Beigeladene habe nicht bloß den Schalldruckpegel, sondern auch den zutreffenden Schallleistungspegel benannt. Auch hier habe die Antragstellerin lediglich Vermutungen geäußert. Ein erfahrenes Unternehmen, wie die Beigeladene könne wohl zwischen dem Schallleistungspegel und dem Schalldruckpegel unterscheiden.

Die Beigeladene nahm hinsichtlich der Begründetheit auch bezüglich der Punkte Stellung, die sie als unzulässig ansieht.

Richtig sei, dass die Beigeladene im Los 1 den Wert „0“ angegeben habe und dieser Wert sei durch das Umweltdatenblatt der Beigeladenen mit der Überschrift „Umwelt-Sicherheit“ für das angebotene Modell mit einem Ozonemissionswert mit „0 mg/h“ bezeichnet worden. Allerdings verfüge das Produktdatenblatt ausdrücklich über eine Anmerkung auf die in Deutschland/Europa zulässige und angewandte Berechnungsmethode: „*Emissionsraten nach RAL-Kriterien Gerätevolumen < 250 Liter/RAL-UZ171“. Das niederländische Datenblatt, auf das sich wohl die Antragstellerin beziehe, verweise darauf, dass die Ozonemissionen unterhalb des messbaren Wertes liegen. Die maßgeblichen ECO-Deklarationen gingen von einem Ozonwert von 0,002 mg/h aus, der durch zulässige Abrundungen „0“ betrage. Damit sei die Beigeladene berechtigt, bei ihrem Angebot den Wert „0“ als Emission anzukreuzen und für ihr Angebot im Los 1 10 Punkte zu erreichen. Aber selbst wenn eine Bewertung mit 9 Punkten, wie die Antragstellerin vortrage, gerechtfertigt wäre, führe dies zu keiner Veränderung im Rang der Bieterangebote. Auch dann sei der Zuschlag der Beigeladenen für Los 1 zu erteilen.

Ein Vergabeverstoß hinsichtlich des Loses 2 bei den Ozonemissionen liege ohnehin nicht vor, weil die Beigeladene eine wesentlich niedrigere Punktzahl als 10 Punkte erhalten habe. Bei den Farbdruckern habe sie den Wert angegeben, der in den Produktblättern hinsichtlich der Farbemission angegeben worden sei.

Im Hinblick auf die Werte der Schallleistungspegel habe die Beigeladene in beiden Losen die zutreffenden Schalleistungspegelwerte genannt, und nicht die von der Antragstellerin behaupteten Schalldruckpegelwerte.

Damit sei der Nachprüfungsantrag nicht nur teilweise unzulässig, sondern in jedem Fall als unbegründet zurückzuweisen.

Auch die in der Replik aufgeführten Argumente der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 04.08.2016 seien nicht geeignet dem Nachprüfungsantrag zum Erfolg zu verhelfen. Bezüglich der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, dass die Bewertungsgewichtung fehlerhaft angewandt worden sei, sei es aus Sicht der Beigeladenen offensichtlich, dass der Antragsgegner die beiden Unterpunkte „Reaktionszeit Servicetechniker“ sowie „Ausgabegeschwindigkeit“ mit den jeweils im Vorfeld bereits zugeordneten Gewichtungen von 2,73% gewertet habe. Der Antragsgegner habe mit der Bemerkung im Vergabevermerk nur gemeint, dass die Einzelemissionen jeweils gesondert berücksichtigt worden seien und somit insgesamt eine stärkere Gewichtung erfahren haben, wie im Kriterienkatalog von 10.06.2016 anlässlich der Ausschreibung bereits mitgeteilt worden sei. Damit habe der Antragsgegner keine neue Bewertungsgewichtung angewandt, sondern lediglich die Bewertungsgewichtungen bei der Angebotsbewertung zugrunde gelegt. Gleiches gelte für Los 2.

Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin, sei auch der Antragsgegner berechtigt gewesen, die Teststellung lediglich bei dem zur Zuschlagserteilung beabsichtigten Angebot der Beigeladenen vorzunehmen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen.

Zur weiteren Überprüfungen gebe das Vorbringen der Antragstellerin keinen Anlass, schließlich habe die Antragstellerin das Bewertungssystem als solches weder in der Rüge, noch im Nachprüfungsantrag angegriffen. Eine entsprechende Rüge habe jedoch zwingend nach § 160 Abs.3 Nr.3 GWB erfolgen müssen. Auch habe die Beigeladene keine irreführenden Angaben gemacht, wie die Antragstellerin behaupte. Es lägen ferner keine Ausschlussgründe nach § 124 GWB hinsichtlich des Angebots der Beigeladenen vor.

Der Antragsgegner teilte mit Schreiben vom 10.08.2016 mit, dass er das Vergabeverfahren nicht in den Stand vor Versand der Vergabeunterlagen zurücksetzen werde. Entgegen der im Hinweis der Vergabekammer vom 04.08.2016 geäußerten Rechtsauffassung sei die vorgenommene Wertung nicht gleichheitswidrig und wettbewerbsverzerrend. Das vom Antragsgegner verwendete Bewertungssystem gewährleiste gerade, dass - insbesondere bei nur sehr geringen relativen Preisabständen - diese relativen Preisabstände berücksichtigt werden und verhindere somit gerade Wettbewerbsverzerrungen, wie sie beispielsweise in der Sonderkonstellation bei lediglich zwei abgegebenen Angeboten auftreten könne. Zudem stehe dem öffentlichen Auftraggeber bei der Festlegung der anzuwendenden Wertungsformel ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Bei der Bestimmung der Kriterien für das wirtschaftlichste Angebot sei er weitgehend ungebunden, bestimmten Faktoren eine größere Bedeutung zuzumessen. Die Kontrolle durch die Vergabenachprüfungsinstanzen habe sich dabei ähnlich wie bei der Ermessenskontrolle darauf zu beschränken, ob ein Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand gegeben ist und kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder ein Ermessensfehlgebrauch vorliegen. Vielmehr gehe die VK Sachsen offenbar davon aus, dass eine Preisbewertung im Dreisatz-Rechenwege (Minderung der Punktzahl für die nächst teureren Angebote aus dem prozentualen Preisabstand zum günstigsten Bieter) ein zulässiges Bewertungssystem darstellt, sofern dessen Verwendung - wie vorliegend - in den Vergabeunterlagen transparent dargelegt wird. Auch die VK Bund habe unter diesen Voraussetzungen - transparente Darlegung des Bewertungssystems - in ihrem Beschluss vom 21. Oktober 2014, Az. VK 2-81/14, in dem auch vorliegend verwendeten Bewertungssystem als solchem keinen Vergaberechtsverstoß gesehen.

Auch sei der Vergabekammer eine Überprüfung dieser Wertung ohnehin bereits versagt, weil die Antragstellerin den sich aus den Vergabeunterlagen klar ergebenden Umstand, wie die Wertung der Preise vom Antragsgegner vorzunehmen beabsichtigt sei, nicht gerügt habe und somit materiell präkludiert sei. Jedenfalls sei selbst bei einem angenommenen Vergaberechtsverstoß hinsichtlich des bei den Preisen benutzten Bewertungssystems keinesfalls ein schwerer und offenkundiger Vergaberechtsverstoß, der zu einer Durchbrechung der materiellen Präklusion gem. § 160 Abs.3 S.1 Nr.3 GWB führen würde, zu sehen.

Außerdem führen sämtliche in der Unterlage für Ausschreibung und Bewertung - UfAB - vorgeschlagenen Bewertungsmethoden zu vergleichbaren Ergebnissen. Sowohl nach der erweiterten Richtwertmethode als auch nach der gewichteten Richtwertmethode (Median und Referenzwert) würde das Angebot der Beigeladenen im Los 2 den Zuschlag erhalten. Lediglich bei Anwendung der einfachen Richtwertmethode erhalte das Angebot der Antragstellerin im Los 2 den Zuschlag. Diese Methode, bei der Preis und Leistung der Angebote gleich wiegen, wurde in vorliegendem Fall von der ausschreibenden Stelle aber bewusst nicht gewählt, da die Fachseite großen Wert auf schnelle und emissionsarme Geräte gelegt hatte und dies daher entsprechend bei der Bewertung zum Tragen kommen sollte.

Weiter führte der Antragsgegner aus, dass in dem Vergabevermerk die Bewertungserbnisse, die sich aus der Bewertungsmatrix der Leistungskriterien im eVergabe-System ergaben textlich zusammengefasst und bestimmte Kriterien hervorgehoben wurden. Es seien insgesamt alle Angaben, die die Bieter bei der Erstellung ihrer Angebote gemacht hatten, durch die Vergabestelle bestätigt worden.

Durch die Teststellung sollten die betroffenen Kriterien lediglich verifiziert oder falsifiziert werden und dies hätte allenfalls zu einer Abwertung der abgegebenen Angebote führen können Eine Benachteiligung der Antragstellerin liege damit ohnehin nicht vor.

Der mittlerweile mandatierte Bevollmächtigte des Antragsgegners nahm mit Schreiben vom 11.08.2016 zu dem Hinweis der Vergabekammer vom 04.08.2016 wie folgt Stellung:

Festzustellen sei, dass es keine richtige, bedenkenfreie Methode für die Umrechnung der Eurowerte in Punktwerte gebe. Der Graph einer Formel, bei der das günstigste Angebot 100 Punkte und ein Angebot, das doppelt so teuer ist wie das günstigste Angebot, 0 Punkte erhält, verlaufe zwischen diesen beiden Werten zwar linear. Angebote, die aber mehr als doppelt so teuer wie das günstigste Angebot sind, erhalten somit einen negativen Punktwert. Der Umstand, dass der Graph hier die Null-Punkte-Achse bei dem doppelten Wert des Angebotes mit der niedrigsten Wertungssumme schneidet, ist nicht etwa mathematisch zwingend oder Zufall, sondern eine willkürliche Vorgabe dieser Umrechnungsformel. Ebenso wäre es möglich, den „Nullpunkt" auf den dreifachen oder auf den hundertfachen Wert des besten Angebotswertes zu setzen. Diese willkürliche Maßgabe für den Nullpunktwert kann aber ganz erhebliche Auswirkungen auf das Wertungsergebnis haben. So werden bei einem geringen Nullpunktwert (also beispielsweise bei dem doppelten Wert des besten Angebotes) durch sehr geringe Preisunterschiede sehr große Punktunterschiede erzielt. Bei einen großen Nullpunktwert (a!so beispielsweise bei dem hundertfachen Wert des besten Angebotes) hingegen durch sehr große Preisunterschiede sehr geringe Punktunterschiede. Dies allein zeige, dass es sich auch hier nicht um die allein mathematische richtige Formel handelt und dass auch bei linearen Formeln ganz erhebliche Möglichkeiten der Einflussnahme bestehen. Festzustellen bleibt also, dass die Vorstellung einer mathematisch zutreffenden Umrechnung von Preisen in Punktwerte reine Illusion ist.

Wenn sich aber der Antragsgegner unter unterschiedlichen, jeweils nicht per se richtigen Methoden ohne diskriminierende oder wettbewerbsfeindliche Intention für eine entscheidet, so bewege er sich dabei im Rahmen seines insoweit bestehenden Beurteilungsspielraums. Ein Bieter habe keinen Anspruch darauf, dass ein bestimmter mathematisch einwandfreier methodischer Ansatz gewählt wird. Vielmehr habe er nur Anspruch darauf, dass die Schwerpunkte der Bewertung ordnungsgemäß offengelegt werden und dadurch transparent werden. Mit der von dem Antragsgegner gewählten Methode sei auch nicht gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung und des Wettbewerbs verstoßen worden. Denn die Formel sei unterschiedslos auf alle Bieter und alle Angebote angewendet worden und nicht per se nachteilig für einen bestimmten Bieter.

Die Antragstellerin entgegnete mit Schreiben vom 12.08.2016, dass sie dem Schreiben des Antragsgegners gem. § 134 GWB lediglich entnehmen konnte, dass ihr Angebot im Gegensatz zum Angebot der Beigeladenen nicht das wirtschaftlichste gewesen sei. Da die Antragstellerin demnach die konkrete Wertung der Beigeladenen nicht kannte, könne sie zu einem möglichen Wertungsfehler auch nicht mehr vortragen, als hier geschehen.

Weiter könne bei richtiger Anwendung der Regeln und Messvorschrift nach RAL UZ 171 maximal festgestellt werden, dass die Emissionen unterhalb der Nachweisgrenze liegen. Im Testbericht seien die Nachweisgrenzen entsprechend anzugeben. Diese liegen bei dem anzuwendenden Verfahren nie bei 0 mg/h. Von Ab- oder Aufrundungsregeln sei im zitierten Messverfahren an keiner Stelle die Rede und entspreche auch nicht der üblichen Laborpraxis. Sofern auf andere Art und Weise bewiesen werden soll, dass kein Ozon generiert wird, sei dies sicherlich möglich. Das Messverfahren nach UZ171 sei für diesen Nachweis allerdings ungeeignet.

Die mündliche Verhandlung fand in den Räumen der Regierung von Oberbayern am 16.08.2016 statt. Der Antragsgegner bestätigte, dass in den Vergabeunterlagen kein Zeitpunkt für die Vorlage der in der Tabelle „Leistungskriterien“ angesprochenen Umweltdatenblätter festgelegt wurde. Eine Vorlagepflicht von Datenblättern hinsichtlich der Schallleistungspegel sei in den Vergabeunterlagen überhaupt nicht vorgesehen gewesen. Auf die Niederschrift wird verwiesen.

Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert.

Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und im Ergebnis begründet. Das Vergabeverfahren ist in den Stand vor Versand der Vergabeunterlagen zurückzuversetzen.

Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.

Da das Vergabeverfahren nach dem 18. April 2016 begonnen wurde (EU-Bekanntmachung vom 07.05.2016), ist nach § 186 Abs. 2 GWB n. F. nicht nur für das Vergabeverfahren, sondern auch für das sich daran anschließende Nachprüfungsverfahren das Recht anwendbar, das zum Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens galt. Anwendbar ist somit das GWB in der neuen Fassung.

Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus §§ 155, 156 Abs.1, 158 Abs.2 GWB i. V. m. §§ 1 und 2 BayNpV.

Gegenstand der Vergabe ist ein Lieferauftrag i. S. d. § 103 Abs.2 GWB. Der Antragsgegner ist Auftraggeber gemäß §§ 98, 99 Nr.1 GWB. Der geschätzte Gesamtauftragswert überschreitet den gemäß § 106 GWB maßgebliche Schwellenwert in Höhe von 209.000 Euro für den Gesamtauftrag.

Eine Ausnahmebestimmung der §§ 107 - 109 GWB liegt nicht vor.

1. Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

1.1 Antragsbefugnis

Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es ein Interesse am Auftrag hat, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs.6 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt.

Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Angebots nachgewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten. Die Antragstellerin hat eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs.6 GWB durch eine fehlerhafte Bewertung und Prüfung der bekanntgegebenen Wertungskriterien, insbesondere der von der Beigeladenen angegebenen Ozonemissionen und Schallleistungspegel in den Losen 1 und 2 sowie eine unzulässigerweise durchgeführte Teststellung durch den Antragsgegner dargelegt. Da ihr der Zuschlag nicht erteilt wird, droht ihr ein finanzieller Schaden.

1.2 Rügeobliegenheit

Die Antragstellerin hat ihrer Rügeobliegenheit hinsichtlich der geltend gemachten Verstöße bezüglich der Bewertung und Prüfung der von der Beigeladenen angegebenen Ozonemissionen und Schallleistungspegel in den Losen 1 und 2 gemäß §°160 Abs.3 S.1 Nr.1, Nr.4 GWB genügt. Die anderen vorgetragenen Verstöße, so eine möglicherweise fehlerhafte Bewertung und Prüfung der bekanntgegebenen Wertungskriterien als auch eine unzulässigerweise durchgeführte Teststellung durch den Antragsgegner waren für die Antragstellerin hingegen erst mit der gewährten Akteneinsicht erkennbar.

2. Begründetheit des Nachprüfungsantrags

Der Nachprüfungsantrag ist im Ergebnis begründet.

2.1 Hinsichtlich der gerügten Verstöße ist der Nachprüfungsantrag unbegründet, da die Antragstellerin insoweit nicht in ihren Rechten verletzt ist.

2.1.1 Der Vermutung der Antragstellerin hat sich insoweit bestätigt, als dass das von der Beigeladenen im Los 1 angebotene System eine Ozonemission von 0,002 mg/h generiert und die Emission somit nicht bei 0 mg/h liege sofern der Wert nicht abgerundet wird. Unter Zugrundelegung der unter der Ziff. 1.5.3 von dem Antragsgegner vorgegebenen Möglichkeiten und der tatsächlichen Emissionen hätte die Beigeladene die Angabe „<0,5 mg/h (9)“ machen müssen. Nach Ansicht der Vergabekammer durfte die Beigeladene unter der Ziff. 1.5.3 dennoch ein Kreuz bei der Angabe „0 mg/h (10)“ machen. Unter dem Kriterium der Ziff. 1.5.3 steht nämlich, dass „Der angegebene Wert […] im Umweltdatenblatt für den Gerätetyp enthalten sein“ muss. Das von der Beigeladenen mit der Überschrift „Produkt Datenblatt Umwelt /Sicherheit“ für das angebotene Modell abgegebene Umweltdatenblatt weist einen Ozonemissionswert von „0 mg/h“ aus. Damit ist die Vorgabe des Antragsgegners erfüllt. Weitergehende Regelungen oder Vorgaben sind aus den Vergabeunterlagen nicht ersichtlich. So hat der Antragsgegner insbesondere nicht geregelt, wie mit Ozonemissionswerten die unter der Nachweisgrenze liegen zu verfahren ist und ob Rundungen zulässig sind (was allerdings zumindest für die bestehen Lücken für Emissionswerte von >°0,99 - < 1 mg/h, > 1,99 - < 2,0 mg/h und > 2,99 - < 3,0 mg/h der Fall sein muss).

Ob nach „RAL-Kriterien Gerätevolumen < 250 Liter/RAL-UZ171“ im Umweltdatenblatt der Beigeladenen nun zulässigerweise „0 mg/h“ angegeben werden durfte oder „unter der Nachweisgrenze“ hätte stehen müssen, kann hier dahinstehen. Denn die Antragstellerin ist hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt, da sich selbst bei einer Bewertung dieses Leistungskriteriums in Ziff. 1.5.3 mit 9 Punkten die Rangfolge der Angebote nicht geändert hätte. Unter Berücksichtigung der Gewichtung dieses Kriteriums hätte die Beigeladene in der Gesamtwertung 0,32 Punkte weniger erhalten. Dieser Punktabzug beim Angebot der Beigeladenen für Los 1 hätte - für sich genommen - sich bei keiner der diskutierten oder in Betracht kommenden Wertungsformeln auf die Rangfolge der Angebote ausgewirkt.

2.1.2 Mangels einer fehlerhaften Bewertung und Prüfung der bekanntgegebenen Wertungskriterien, insbesondere der von der Beigeladenen angegebenen Ozonemission in Los 1 und Schallleistungspegel in den Losen 1 und 2 sowie einer zulässigerweise nur mit der Beigeladenen durchgeführten Teststellung ist die Antragstellerin insoweit nicht in ihren Rechten verletzt.

Die Beigeladene hat die Ozonemission in Los 1 und die Schallleistungspegel in den Losen 1 und 2 zutreffend angegeben. Dies ergibt sich aus dem vom Antragsgegner nach Angebotsabgabe angeforderten und am 20.07.2016 von der Beigeladenen vorgelegten Datenblatt. Dieses Datenblatt war nach den Vergabeunterlagen zu keinem bestimmten Zeitpunkt vorzulegen, so dass der Antragsgegner dieses nach Angebotsabgabe im Rahmen der Aufklärung anfordern durfte.

Sämtliche bekanntgegebenen Wertungskriterien wurden von dem Antragsgegner gewertet. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus der Summe der von den Bietern jeweils erreichten Punktzahl in einem Leistungskriterium. Entgegen der Annahme der Antragstellerin hat der Antragsgegner also nicht einzelne bekanntgegebene Wertungskriterien nicht gewertet.

Die Teststellung wurde zulässigerweise nur mit der Beigeladenen durchgeführt. Es erfolgte diesbezüglich keine Wertung, sondern lediglich eine Prüfung, ob die angebotenen Geräte jeweils den Anforderungen nach Ziff.1.1 der Leistungsbeschreibungen zu Los 1 und 2 (S.84 und S. 98 der Vergabeunterlagen) entsprechen.

2.2 Der Nachprüfungsantrag erweist sich jedoch aus anderen, nicht von der Antragstellerin gerügten Verstößen, die die Antragstellerin in ihren Rechten verletzen, als begründet. Die bekanntgegebene Methode für die Umrechnung des Preises in Punkte (Pkt.) ist vergaberechtswidrig, da sie widersprüchlich ist. Weiterhin ist die angewandte Methode für die Umrechnung des Preises in Punkte vergaberechtswidrig, da sie die relativen Preisabstände bei der Punkteverteilung nicht angemessen berücksichtigt und im Ergebnis die bekanntgegebene Gewichtung von 35% Preis und 65% Leistung verändert.

2.2.1 Die unter Ziff.4 „Bewertung der Angebote“ (S.65 der Vergabeunterlagen, S.5 der Ergänzenden Bewerbungsbedingungen) angegebene Methode zur Berechnung der Preispunkte verstößt gegen das Transparenzgebot, da sich die textliche Beschreibung und das Rechenbeispiel widersprechen.

Nach Ziff.4 „Bewertung der Angebote“, wird „der beste Preis (das preisgünstigste Angebot) […] als 100 angenommen und die prozentuale Abweichung der anderen Angebote berechnet und dann gewichtet“. Dies impliziert eine lineare Umrechnung, bei der die prozentuale Abweichung des zu bewertenden Angebots vom günstigsten Angebot berechnet werden soll, da auf dieses zuvor abgestellt wurde und als Referenz mit 100 Pkt. bewertet wird. Die Formel für die prozentuale Abweichung nach dieser Formulierung lautet dann wie folgt:

Bild

Die prozentuale Abweichung kann jedoch nicht mit den Preispunkten gleichgesetzt werden, da ansonsten z. B. auch ein Angebot mit dem doppelten Preis wie das günstigste die Höchstpunktzahl von 100 Pkt., höhere Angebotspreise sogar noch mehr Punkte erreichen würden. Die Preispunkte für höhere Angebotspreise als dem günstigsten müssen aber logischerweise weniger als 100 Pkt. betragen.

Es ist demnach nicht geregelt, wie genau die Preispunkte aus der prozentualen Abweichung berechnet werden sollen. Naheliegend ist jedoch, dass der Antragsgegner die prozentuale Abweichung in Preispunkten von der maximal zu erreichenden Punktzahl abziehen wollte. Die Umrechnungsformel nach der oben genannten Formulierung sieht demnach wie folgt aus:

Bild

Herauszuheben ist, dass das zu bewertenden Angebot im Zähler steht und damit die Umrechnung von Angebotspreis in Preispunkte linear ist.

Eine andere Formel liefert das auf die textliche Formulierung folgende Rechenbeispiel. Es lautet wie folgt: „Bestes Angebot ist 9.000€ (dieser Bieter erhält 100 Punkte für den Preis). Der Beispielbieter hat ein Angebot über 12.000€ abgegeben. Er erhält somit 75 Punkte.“ Aus dem Beispiel ergibt sich damit folgende Rechenformel:

Bild

Es ergibt sich also eine komplett andere Umrechnungsformel, bei der das zu bewertende Angebot im Nenner steht.

Das zu bewertende Angebot taucht nach der textlichen Beschreibung im Zähler und nach dem Rechenbeispiel im Nenner auf. Dass beide fundamental unterschiedlichen Formeln auch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, ist evident. Beispielweise würde ein Angebot in Höhe von 18.000€ nach der textlichen Beschreibung 0 Pkt., nach dem Rechenbeispiel jedoch 50 Pkt. erhalten.

Vorliegend stellt sich nicht die Frage, ob der Antragsgegner überhaupt verpflichtet war, die Bewertungsmethode vor Angebotsabgabe bekanntzugeben (so OLG Düsseldorf, Beschl. v. 09.04.2014, Verg 36/13; VK Sachsen, Beschl. v. 12.06.2015; Az.: 1/SVK/016-15; ähnlich schon OLG München, Beschl. v. 21.05.2010; Az.: Verg 2/10, a. A. jetzt mit sehr widersprüchlicher Begründung EuGH, Urt. v. 14.07.2016 - Rs. C-6/15) denn er hat sich für die Bekanntgabe entschieden.

Allerdings hat er insoweit widersprüchliche Angaben gemacht. Der öffentliche Auftraggeber muss aber die bekanntgegebene Bewertungsmethode so eindeutig, klar und transparent formulieren, dass alle Bieter diese in derselben Weise verstehen und ihre Angebote daran ausrichten können. Dies war hier nicht der Fall, so dass der Antragsgegner gegen das Transparenzgebot verstoßen hat. Die Bekanntgabe von zwei sich widersprechenden Bewertungsmethoden birgt auch die Gefahr von Manipulationen. Denn der öffentliche Auftraggeber hätte es folglich in der Hand, welche Methode er für die Bewertung heranzieht. Davor ist der Wettbewerb als solcher als auch der einzelne Bieter durch eindeutige und transparente Formulierungen zu schützen.

2.2.2. Weiter ist die vom Antragsgegner durchgeführte Preiswertung gleichheitswidrig und wettbewerbsverzerrend und folglich unzulässig. Der Antragsgegner verwendet zur Preisbepunktung die Formel, die sich aus seinem Rechenbeispiel ergibt. Diese Umsetzung hat zur Folge, dass sich gleiche Preisunterschiede nicht in gleichen Bepunktungsunterschieden wiederspiegeln.

Gäbe es beispielsweise zum günstigsten Angebot von 9000 € zwei weitere Angebote mit 12000 € und 15000 € würden diese nach der angewendeten Formel 75 Pkt. bzw. 60 Pkt. erhalten. Das günstigste Angebot hat, wie definiert, 100 Pkt.. Die relativen Preisabstände zwischen allen drei Angeboten sind identisch, sie betragen nämlich 3000 €. Diese Gleichheit findet sich in der Bepunktung nicht wieder, denn die Punktabstände betragen 25 Pkt. und 15 Pkt.. Der Grund hierfür liegt in der Formel an sich: Der zu bewertende Angebotspreis steht im Nenner, die Bepunktung ist also hyperbolisch. Eine lineare Bepunktung, wie sie aus der textlichen Beschreibung hervorgeht, würde für gleiche Preisunterschiede auch gleiche Punktunterschiede in der Bewertung ergeben:

Angebotspreis

Lineare Methode nach textlicher Beschreibung

Hyperbolische Methode nach Rechenbeispiel

9000 €

100 Pkt.

100 Pkt.

12000 €

~67 Pkt.

75 Pkt.

15000 €

~33 Pkt.

60 Pkt.

Die hyperbolische Bewertung, wie sie bei diesem Vergabeverfahren durchgeführt wird, hat zur Konsequenz, dass hohe Angebotspreise eine unverhältnismäßig hohe Bepunktung erfahren.

Im Gegensatz zu einer linearen Interpolation führt dies weiter dazu, dass ausschließlich der günstigste Angebotspreis im Ergebnis letztlich mit einer 35%igen Gewichtung in die Gesamtwertung einfließt. Alle anderen Angebotspreise erhalten im Verhältnis zu diesem günstigsten Angebotspreis eine zu hohe Punktzahl und fließen folglich zu einer verhältnismäßig höheren Punktzahl in die Gesamtwertung ein. Die Gewichtung wird dabei genau genommen zwar nicht verändert, aber das Produkt aus Preispunkten und Gewichtung fällt jedoch bei allen anderen als dem günstigsten Angebotspreis unverhältnismäßig höher aus als gegenüber einer linearen Umrechnung. Dies ist - bei allen anderen als dem günstigsten Angebotspreis - faktisch einer Erhöhung der Gewichtung des Preiskriteriums gleichzustellen. Je größer der Angebotspreis ist, desto größer ist der effektive Gewichtungsfaktor mit dem dieses Angebot bewertet wird.

Dieses Ergebnis widerspricht der Bekanntgabe, dass das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag erhalten soll. Das bedeutet, dass mit der Höhe der Angebotspreise die zugehörigen Preispunkte linear fallen müssen. Aber gerade das ist bei der hier angewendeten Berechnungsmethode nicht der Fall. Gerade bei besonders hohen Angeboten nehmen die Preispunkte nicht linear mit dem Preiszuwachs ab. Die verwendete Methode ist also nicht geeignet, das wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln.

Bei der Wahl des Wertungssystems für die Preise ist nämlich zu beachten, dass die relativen Preisabstände angemessen bei der Punkteverteilung berücksichtigt werden müssen (VK Bund, Beschl. v. 24.10.2014, Az.: Vk 2-85/14; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.04.2015, Az.: Verg 35/14; VK Südbayern, Beschl. v. 24.07.2015, Az.: Z3-3-3194-1-28-04/15). Jeder für den Auftraggeber gesparte Euro muss sich gleichermaßen auswirken (VK Lüneburg, Beschl. v. 07.02.2014, Az.: VgK 51/2013). Weiter darf die angewandte Formel keine Veränderung der bekanntgegebenen Gewichtung bewirken (zuletzt: EuGH, Urt. v. 14.07.2016, Az.: C-6/15).

Der Antragsgegner geht fehl in der Annahme, dass die von ihm gewählte Preisumrechnungsformel von seinem Beurteilungsspielraum gedeckt sei. Die gewählte Preisumrechnungsformel ist nämlich gerade nicht eine von mehreren vertretbaren. Die von dem Antragsgegner zitierten Beschlüsse belegen keineswegs die vergaberechtliche Zulässigkeit der von ihm verwendeten Preisumrechnungsformel. Die Vergabekammer Sachsen hat sich in ihrem Beschluss vom 12.06.2015 (Az.: 1/SVK/016-15) wegen insoweit vorgelegener Präklusion überhaupt nicht zur Zulässigkeit einzelner Umrechnungsformeln geäußert. In dem von der 2. Vergabekammer des Bundes zitierten Beschluss vom 21.10.2014 (Az.: VK 2-81/14) war die von dem Antragsgegner verwendete Preisumrechnungsformel nicht Gegenstand dieser Entscheidung. Dem Beschluss des OLG Schleswig vom 02.07.2010 (Az.: 1 Verg 1/10) lag schließlich eine lineare (und keine hyperbolische) Umrechnung zugrunde, ebenso dem Beschluss der Vergabekammer Westfalen vom 21.01.2015 (Az.: VK 18/14). Die letztgenannte Entscheidung hatte eine Transparenzprüfung zum Gegenstand. Die Vergabekammer Westfalen stellt insoweit schließlich fest: „Ob diese „Formel“ mathematisch zu einem optimalen Ergebnis führt, ist nicht Gegenstand einer Transparenzüberprüfung. Es darf nur nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führen.“ Genau dies ist aber vorliegend der Fall.

Die Antragstellerin ist durch dieses Vorgehen in ihren Rechten verletzt. Ein Schadenseintritt könnte dann zu verneinen sein, wenn es auch unter Zugrundelegung jeder denkbaren Formelvariante bei derselben Rangfolge der Angebote bleiben sollte. Dies ist bei Los 1 evident nicht der Fall. Unter Zugrundelegung der Formel, die in Ziff.4 „Bewertung der Angebote“ textlich beschrieben ist und die zwischen dem günstigsten Angebotspreis und dem Doppelten hiervon linear interpoliert, hätte das Angebot der Antragstellerin die höchste Kennzahl Z erreicht und mithin den Zuschlag erhalten. Dies ist bei Los 2 zwar nicht in dieser Deutlichkeit der Fall. Das Angebot der Antragstellerin hätte nach keiner der diskutierten Wertungsformeln die höchste Kennzahl Z erreicht. Da die Wahl des Wertungssystems aber vom Antragsgegner zu treffen ist und zahlreiche Wertungssysteme denkbar sind und auch einbezogen werden muss, ob der Antragsgegner trotz der Ausführungen der Vergabekammer überhaupt an seiner bekanntgegebenen Gewichtung festhalten wird, ist es nicht ausgeschlossen, dass die Antragstellerin auch im Los 2 nach einer Korrektur des Wertungssystems und erneuten Angebotsabgabe den Zuschlag erhalten könnte.

Dieser Rechtsverstoß führt dazu, dass im vorliegenden Vergabeverfahren kein Zuschlag erteilt werden kann, sondern das Verfahren mindestens in den Stand vor Versand der Vergabeunterlagen zurückzuversetzen ist, sofern der Antragsgegner an seinem Beschaffungsvorhaben festhalten sollte. Die Angebotsaufforderung muss jedenfalls beim Preiskriterium berichtigt und den Bietern Gelegenheit gegeben werden, ihre Angebote zu erneuern. Sofern der Antragsgegner auch die Gewichtung der Zuschlagskriterien verändern möchte, wird er die Bekanntmachung ebenfalls ändern müssen. Der Antragsgegner hat schließlich einen Entscheidungsspielraum, in welcher Weise er das Wertungssystem korrigieren will.

Einer Berücksichtigung dieses Mangels von Amts wegen (vgl. § 163 Abs.1, § 168 Abs.1 S.2 GWB) steht nicht das Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge eines Verfahrensbeteiligten entgegen. Allerdings können Vergaberechtsfehler dann nicht von Amts wegen berücksichtigt werden, wenn eine entsprechende Rüge nach § 160 Abs.3 GWB präkludiert wäre; eine Rügepräklusion würde ihren Sinn verlieren, wenn der Mangel dennoch von Amts wegen eingeführt werden könnte (vgl. OLG Düsseldorf, B. v. 15.06.2005 - VII-Verg 5/05; OLG Celle, B. v.11.02.2010, 13 Verg 16/09).

Obwohl dies von keiner Partei gerügt wurde, ist keine Präklusion gem. § 160 Abs.3 S.1 Nr.3 GWB eingetreten. Der Verstoß war für die Parteien nicht erkennbar. Dabei kommt es nicht darauf an, ob insoweit auf die subjektiven Fähigkeiten des betreffenden Bieters oder auf die durchschnittlichen Fähigkeiten eines derartigen Bieters abzustellen ist. An die Vergaberechtskenntnisse eines Bieters dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Aus einem bloßen Abgleich der Verdingungsunterlagen und der Vergabebekanntmachung mit § 127 GWB und § 58 VgV ließ sich ein Vergaberechtsverstoß nicht erkennen. Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich erst aus der Rechtsprechung. Ein durchschnittlicher Bieter muss indessen nicht die Rechtsprechung der Vergabesenate und Vergabekammern kennen (Dicks: in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 107 GWB, Rn. 49). Eine Rügepräklusion kommt in der Regel nur bei auf allgemeiner Überzeugung der Vergabepraxis beruhenden und ins Auge fallenden Rechtsverstößen in Betracht (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.01.2014, Az.: Verg 26/13). Dies ist bezüglich Bewertungsmethoden zumindest derzeit eindeutig nicht der Fall.

Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Problematik von der Antragstellerin in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht positiv erkannt wurde und nicht gem. § 160 Abs.3 S.1 Nr.1 GWB innerhalb von 10 Tagen nach Erlangung der Kenntnis gerügt wurde. Allein die Tatsache, dass die Antragstellerin durch ihre Rechtabteilung juristisch beraten war, führt nicht dazu, dass positive Kenntnis aller denkbaren Verstöße unterstellt werden kann.

Die Vergabekammer weist für das zu korrigierende Wertungssystem auf Folgendes hin:

Die Vergabekammer hat erhebliche Zweifel daran, dass eine Umrechnung des Angebotspreises in Preispunkte mit den gängigen Interpolationsmethoden in vergaberechtskonformer Weise erfolgen kann. Diese weisen stets eine Abhängigkeit von zumindest einem der eingereichten Angebote, z. B. dem günstigsten, auf. Damit wohnen diesen Interpolations-Methoden zwei Schwachstellen inne:

Erstens sind sie anfällig für den sog. „Flipping-Effekt“. Diese Anfälligkeit, auch ohne Konkretisierung im Einzelfall, führt dazu, dass die verwendete Formeln nicht geeignet sein können, das Preis-Leistungs-Verhältnis und folglich das wirtschaftlichste Angebot (§ 127 Abs.1 S.2 GWB) widerzuspiegeln (Bartsch/von Gehlen, in: NZBau 2015, 523). Denn die Wirtschaftlichkeit eines Angebots darf nicht von der Höhe eines anderen Angebots abhängen. Vielmehr muss sich die Wirtschaftlichkeit eines Angebots direkt aus seinem Preis-Leistungs-Verhältnis ergeben.

Zweites ist bei der Ausschreibung die Bewertungsformel aufgrund des fehlenden Wissens um das Angebot, in dessen Abhängigkeit die Formel steht, nicht vollständig festgelegt und damit streng genommen nicht vollständig bekanntgegeben. Selbst wenn man mit der - zweifelhaft begründeten - zur Richtlinie 2004/18/EG ergangenen Entscheidung des EuGH vom 14.07.2016, Az.: C-6/15 keine Pflicht zulasten des öffentlichen Auftraggebers annehmen würde, den potenziellen Bietern durch die Veröffentlichung in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen die Bewertungsmethode zu Kenntnis zu bringen, hat der Gerichtshof in derselben Entscheidung doch betont, dass zur Vermeidung jeder Gefahr von Parteilichkeit die Bewertungsmethode, anhand derer der öffentliche Auftraggeber die Angebote konkret bewertet und einstuft, aber grundsätzlich nicht nach der Öffnung der Angebote durch den öffentlichen Auftraggeber festgelegt werden darf (EuGH, Urt. v. 14.07.2016, Az.: C-6/15). Etwas anderes gilt nur, wenn die Festlegung der Bewertungsmethode aus nachweislichen Gründen nicht vor der Öffnung möglich war, was so gut wie nie gegeben sein dürfte.

Im Ergebnis spricht Vieles dafür, dass der Begriff des besten Preis-Leistungs-Verhältnis i. S. d. Art. 67 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU bzw. § 127 Abs. 1 Satz 2 GWB mathematisch zu verstehen ist und die gewählte Bewertungsmethode das Preis-Leistungs-Verhältnis jedes Angebots abbilden können muss. Ein solches Verständnis findet seine Stütze auch in den Erwägungsgründen der Richtlinie 2014/24/EU.

In Erwägungsgrund 90 der Richtlinie heißt es:

Aufträge sollten auf der Grundlage objektiver Kriterien vergeben werden, die die Einhaltung der Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung gewährleisten, um einen objektiven Vergleich des relativen Werts der Angebote sicherzustellen, damit unter den Bedingungen eines effektiven Wettbewerbs ermittelt werden kann, welches das wirtschaftlich günstigste Angebot ist.

In Erwägungsgrund 92 der Richtlinie findet sich folgende Passage:

Öffentliche Auftraggeber sollten bei der Bewertung des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses die mit dem Gegenstand des Auftrags verbundenen wirtschaftlichen und qualitativen Kriterien festlegen, die sie zu diesem Zweck heranziehen werden. Diese Kriterien sollten damit eine vergleichende Beurteilung des Leistungsniveaus jedes einzelnen Angebots gemessen am Gegenstand des Auftrags, wie in den technischen Spezifikationen festgelegt, ermöglichen.

3. Kosten des Verfahrens

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 182 Abs.3 S.1 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist. Dies ist vorliegend der Antragsgegner.

Es wird eine Gebühr in Höhe von …,.. € festgesetzt. Der Antragsgegner ist von der Zahlung der Gebühr befreit. Dies ergibt sich aus § 182 Abs.1 S.2 GWB i. V. m. § 8 Abs.1 Nr.2 VwKostG. Auslagen sind nicht angefallen.

Von der Antragstellerin wurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraft erstattet.

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Referenzen - Gesetze

Vergabekammer Südbayern Beschluss, 30. Aug. 2016 - Z3-3/3194/1/28/07/16 zitiert 21 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 97 Grundsätze der Vergabe


(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt. (2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 107 Allgemeine Ausnahmen


(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen 1. zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,2. für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem u

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 160 Einleitung, Antrag


(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein. (2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 dur

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 182 Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer


(1) Für Amtshandlungen der Vergabekammern werden Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung ist anzuwenden.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 99 Öffentliche Auftraggeber


Öffentliche Auftraggeber sind 1. Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,2. andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewe

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 98 Auftraggeber


Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 124 Fakultative Ausschlussgründe


(1) Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn1.das Unternehmen bei der Ausfüh

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 106 Schwellenwerte


(1) Dieser Teil gilt für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen sowie die Ausrichtung von Wettbewerben, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweils festgelegten Schwellenwerte erreicht oder überschreit

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 103 Öffentliche Aufträge, Rahmenvereinbarungen und Wettbewerbe


(1) Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 134 Informations- und Wartepflicht


(1) Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über d

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 127 Zuschlag


(1) Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Grundlage dafür ist eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt. Das wirtschaftlichste Angebot bestimmt sich

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 156 Vergabekammern


(1) Die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Vergabe von Konzessionen nehmen die Vergabekammern des Bundes für die dem Bund zuzurechnenden öffentlichen Aufträge und Konzessionen, die Vergabekammern der Länder für die diesen zuzurechn

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 168 Entscheidung der Vergabekammer


(1) Die Vergabekammer entscheidet, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist an die Anträge ni

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 155 Grundsatz


Unbeschadet der Prüfungsmöglichkeiten von Aufsichtsbehörden unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge und von Konzessionen der Nachprüfung durch die Vergabekammern.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 165 Akteneinsicht


(1) Die Beteiligten können die Akten bei der Vergabekammer einsehen und sich durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge oder Abschriften erteilen lassen. (2) Die Vergabekammer hat die Einsicht in die Unterlagen zu versagen,

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 186 Anwendungsbestimmung zu § 47k


(1) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat 1. das Vorliegen der erforderlichen technischen Voraussetzungen für eine Übermittlung der abgegebenen Mengen nach § 47k Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 in Verbindung mit der Rechtsverordnung nach

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 58 Zuschlag und Zuschlagskriterien


(1) Der Zuschlag wird nach Maßgabe des § 127 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. (2) Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots erfolgt auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältni

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 163 Untersuchungsgrundsatz


(1) Die Vergabekammer erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Sie kann sich dabei auf das beschränken, was von den Beteiligten vorgebracht wird oder ihr sonst bekannt sein muss. Zu einer umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle ist die Vergabekammer ni

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 158 Einrichtung, Organisation


(1) Der Bund richtet die erforderliche Anzahl von Vergabekammern beim Bundeskartellamt ein. Einrichtung und Besetzung der Vergabekammern sowie die Geschäftsverteilung bestimmt der Präsident des Bundeskartellamts. Ehrenamtliche Beisitzer und deren Ste

Referenzen

(1) Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.

(2) Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Absatz 1 geschlossen werden. Wird die Information auf elektronischem Weg oder per Fax versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an.

(3) Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. Im Fall verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer Aufträge können öffentliche Auftraggeber beschließen, bestimmte Informationen über die Zuschlagserteilung oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung nicht mitzuteilen, soweit die Offenlegung den Gesetzesvollzug behindert, dem öffentlichen Interesse, insbesondere Verteidigungs- oder Sicherheitsinteressen, zuwiderläuft, berechtigte geschäftliche Interessen von Unternehmen schädigt oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen beeinträchtigen könnte.

(1) Die Beteiligten können die Akten bei der Vergabekammer einsehen und sich durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge oder Abschriften erteilen lassen.

(2) Die Vergabekammer hat die Einsicht in die Unterlagen zu versagen, soweit dies aus wichtigen Gründen, insbesondere des Geheimschutzes oder zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, geboten ist.

(3) Jeder Beteiligte hat mit Übersendung seiner Akten oder Stellungnahmen auf die in Absatz 2 genannten Geheimnisse hinzuweisen und diese in den Unterlagen entsprechend kenntlich zu machen. Erfolgt dies nicht, kann die Vergabekammer von seiner Zustimmung auf Einsicht ausgehen.

(4) Die Versagung der Akteneinsicht kann nur im Zusammenhang mit der sofortigen Beschwerde in der Hauptsache angegriffen werden.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Die Beteiligten können die Akten bei der Vergabekammer einsehen und sich durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge oder Abschriften erteilen lassen.

(2) Die Vergabekammer hat die Einsicht in die Unterlagen zu versagen, soweit dies aus wichtigen Gründen, insbesondere des Geheimschutzes oder zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, geboten ist.

(3) Jeder Beteiligte hat mit Übersendung seiner Akten oder Stellungnahmen auf die in Absatz 2 genannten Geheimnisse hinzuweisen und diese in den Unterlagen entsprechend kenntlich zu machen. Erfolgt dies nicht, kann die Vergabekammer von seiner Zustimmung auf Einsicht ausgehen.

(4) Die Versagung der Akteneinsicht kann nur im Zusammenhang mit der sofortigen Beschwerde in der Hauptsache angegriffen werden.

(1) Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Grundlage dafür ist eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt. Das wirtschaftlichste Angebot bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Zu dessen Ermittlung können neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte berücksichtigt werden.

(2) Verbindliche Vorschriften zur Preisgestaltung sind bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots zu beachten.

(3) Die Zuschlagskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen. Diese Verbindung ist auch dann anzunehmen, wenn sich ein Zuschlagskriterium auf Prozesse im Zusammenhang mit der Herstellung, Bereitstellung oder Entsorgung der Leistung, auf den Handel mit der Leistung oder auf ein anderes Stadium im Lebenszyklus der Leistung bezieht, auch wenn sich diese Faktoren nicht auf die materiellen Eigenschaften des Auftragsgegenstandes auswirken.

(4) Die Zuschlagskriterien müssen so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen. Lassen öffentliche Auftraggeber Nebenangebote zu, legen sie die Zuschlagskriterien so fest, dass sie sowohl auf Hauptangebote als auch auf Nebenangebote anwendbar sind.

(5) Die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung müssen in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen aufgeführt werden.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn

1.
das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat,
2.
das Unternehmen zahlungsunfähig ist, über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder eröffnet worden ist, die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, sich das Unternehmen im Verfahren der Liquidation befindet oder seine Tätigkeit eingestellt hat,
3.
das Unternehmen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, durch die die Integrität des Unternehmens infrage gestellt wird; § 123 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden,
4.
der öffentliche Auftraggeber über hinreichende Anhaltspunkte dafür verfügt, dass das Unternehmen mit anderen Unternehmen Vereinbarungen getroffen oder Verhaltensweisen aufeinander abgestimmt hat, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken,
5.
ein Interessenkonflikt bei der Durchführung des Vergabeverfahrens besteht, der die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit einer für den öffentlichen Auftraggeber tätigen Person bei der Durchführung des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte und der durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam beseitigt werden kann,
6.
eine Wettbewerbsverzerrung daraus resultiert, dass das Unternehmen bereits in die Vorbereitung des Vergabeverfahrens einbezogen war, und diese Wettbewerbsverzerrung nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen beseitigt werden kann,
7.
das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat,
8.
das Unternehmen in Bezug auf Ausschlussgründe oder Eignungskriterien eine schwerwiegende Täuschung begangen oder Auskünfte zurückgehalten hat oder nicht in der Lage ist, die erforderlichen Nachweise zu übermitteln, oder
9.
das Unternehmen
a)
versucht hat, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen,
b)
versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die es unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder
c)
fahrlässig oder vorsätzlich irreführende Informationen übermittelt hat, die die Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers erheblich beeinflussen könnten, oder versucht hat, solche Informationen zu übermitteln.

(2) § 21 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, § 98c des Aufenthaltsgesetzes, § 19 des Mindestlohngesetzes, § 21 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 22 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2959) bleiben unberührt.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.

(2) Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Absatz 1 geschlossen werden. Wird die Information auf elektronischem Weg oder per Fax versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an.

(3) Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. Im Fall verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer Aufträge können öffentliche Auftraggeber beschließen, bestimmte Informationen über die Zuschlagserteilung oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung nicht mitzuteilen, soweit die Offenlegung den Gesetzesvollzug behindert, dem öffentlichen Interesse, insbesondere Verteidigungs- oder Sicherheitsinteressen, zuwiderläuft, berechtigte geschäftliche Interessen von Unternehmen schädigt oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen beeinträchtigen könnte.

Unbeschadet der Prüfungsmöglichkeiten von Aufsichtsbehörden unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge und von Konzessionen der Nachprüfung durch die Vergabekammern.

(1) Die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Vergabe von Konzessionen nehmen die Vergabekammern des Bundes für die dem Bund zuzurechnenden öffentlichen Aufträge und Konzessionen, die Vergabekammern der Länder für die diesen zuzurechnenden öffentlichen Aufträge und Konzessionen wahr.

(2) Rechte aus § 97 Absatz 6 sowie sonstige Ansprüche gegen Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind, können nur vor den Vergabekammern und dem Beschwerdegericht geltend gemacht werden.

(3) Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und die Befugnisse der Kartellbehörden zur Verfolgung von Verstößen insbesondere gegen die §§ 19 und 20 bleiben unberührt.

(1) Der Bund richtet die erforderliche Anzahl von Vergabekammern beim Bundeskartellamt ein. Einrichtung und Besetzung der Vergabekammern sowie die Geschäftsverteilung bestimmt der Präsident des Bundeskartellamts. Ehrenamtliche Beisitzer und deren Stellvertreter ernennt er auf Vorschlag der Spitzenorganisationen der öffentlich-rechtlichen Kammern. Der Präsident des Bundeskartellamts erlässt nach Genehmigung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eine Geschäftsordnung und veröffentlicht diese im Bundesanzeiger.

(2) Die Einrichtung, Organisation und Besetzung der in diesem Abschnitt genannten Stellen (Nachprüfungsbehörden) der Länder bestimmen die nach Landesrecht zuständigen Stellen, mangels einer solchen Bestimmung die Landesregierung, die die Ermächtigung weiter übertragen kann. Die Länder können gemeinsame Nachprüfungsbehörden einrichten.

(1) Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben.

(2) Lieferaufträge sind Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf oder Ratenkauf oder Leasing, Mietverhältnisse oder Pachtverhältnisse mit oder ohne Kaufoption betreffen. Die Verträge können auch Nebenleistungen umfassen.

(3) Bauaufträge sind Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung

1.
von Bauleistungen im Zusammenhang mit einer der Tätigkeiten, die in Anhang II der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65) und Anhang I der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243) genannt sind, oder
2.
eines Bauwerkes für den öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll.
Ein Bauauftrag liegt auch vor, wenn ein Dritter eine Bauleistung gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber genannten Erfordernissen erbringt, die Bauleistung dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt und dieser einen entscheidenden Einfluss auf Art und Planung der Bauleistung hat.

(4) Als Dienstleistungsaufträge gelten die Verträge über die Erbringung von Leistungen, die nicht unter die Absätze 2 und 3 fallen.

(5) Rahmenvereinbarungen sind Vereinbarungen zwischen einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und einem oder mehreren Unternehmen, die dazu dienen, die Bedingungen für die öffentlichen Aufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den Preis. Für die Vergabe von Rahmenvereinbarungen gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, dieselben Vorschriften wie für die Vergabe entsprechender öffentlicher Aufträge.

(6) Wettbewerbe sind Auslobungsverfahren, die dem Auftraggeber aufgrund vergleichender Beurteilung durch ein Preisgericht mit oder ohne Verteilung von Preisen zu einem Plan oder einer Planung verhelfen sollen.

Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Dieser Teil gilt für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen sowie die Ausrichtung von Wettbewerben, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweils festgelegten Schwellenwerte erreicht oder überschreitet. § 114 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Der jeweilige Schwellenwert ergibt sich

1.
für öffentliche Aufträge und Wettbewerbe, die von öffentlichen Auftraggebern vergeben werden, aus Artikel 4 der Richtlinie 2014/24/EU in der jeweils geltenden Fassung; der sich hieraus für zentrale Regierungsbehörden ergebende Schwellenwert ist von allen obersten Bundesbehörden sowie allen oberen Bundesbehörden und vergleichbaren Bundeseinrichtungen anzuwenden,
2.
für öffentliche Aufträge und Wettbewerbe, die von Sektorenauftraggebern zum Zweck der Ausübung einer Sektorentätigkeit vergeben werden, aus Artikel 15 der Richtlinie 2014/25/EU in der jeweils geltenden Fassung,
3.
für verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge aus Artikel 8 der Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG (ABl. L 216 vom 20.8.2009, S. 76) in der jeweils geltenden Fassung,
4.
für Konzessionen aus Artikel 8 der Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung.

(3) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gibt die geltenden Schwellenwerte unverzüglich, nachdem sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Die Vergabekammer erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Sie kann sich dabei auf das beschränken, was von den Beteiligten vorgebracht wird oder ihr sonst bekannt sein muss. Zu einer umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle ist die Vergabekammer nicht verpflichtet. Sie achtet bei ihrer gesamten Tätigkeit darauf, dass der Ablauf des Vergabeverfahrens nicht unangemessen beeinträchtigt wird.

(2) Die Vergabekammer prüft den Antrag darauf, ob er offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. Dabei berücksichtigt die Vergabekammer auch einen vorsorglich hinterlegten Schriftsatz (Schutzschrift) des Auftraggebers. Sofern der Antrag nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, übermittelt die Vergabekammer dem Auftraggeber eine Kopie des Antrags und fordert bei ihm die Akten an, die das Vergabeverfahren dokumentieren (Vergabeakten). Der Auftraggeber hat die Vergabeakten der Kammer sofort zur Verfügung zu stellen. Die §§ 57 bis 59 Absatz 1 bis 4, § 59a Absatz 1 bis 3 und § 59b sowie § 61 gelten entsprechend.

(1) Die Vergabekammer entscheidet, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken.

(2) Ein wirksam erteilter Zuschlag kann nicht aufgehoben werden. Hat sich das Nachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder in sonstiger Weise erledigt, stellt die Vergabekammer auf Antrag eines Beteiligten fest, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat. § 167 Absatz 1 gilt in diesem Fall nicht.

(3) Die Entscheidung der Vergabekammer ergeht durch Verwaltungsakt. Die Vollstreckung richtet sich, auch gegen einen Hoheitsträger, nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder. Die Höhe des Zwangsgeldes beträgt mindestens 1 000 Euro und höchstens 10 Millionen Euro. § 61 Absatz 1 und 2 gilt entsprechend.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Grundlage dafür ist eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt. Das wirtschaftlichste Angebot bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Zu dessen Ermittlung können neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte berücksichtigt werden.

(2) Verbindliche Vorschriften zur Preisgestaltung sind bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots zu beachten.

(3) Die Zuschlagskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen. Diese Verbindung ist auch dann anzunehmen, wenn sich ein Zuschlagskriterium auf Prozesse im Zusammenhang mit der Herstellung, Bereitstellung oder Entsorgung der Leistung, auf den Handel mit der Leistung oder auf ein anderes Stadium im Lebenszyklus der Leistung bezieht, auch wenn sich diese Faktoren nicht auf die materiellen Eigenschaften des Auftragsgegenstandes auswirken.

(4) Die Zuschlagskriterien müssen so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen. Lassen öffentliche Auftraggeber Nebenangebote zu, legen sie die Zuschlagskriterien so fest, dass sie sowohl auf Hauptangebote als auch auf Nebenangebote anwendbar sind.

(5) Die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung müssen in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen aufgeführt werden.

(1) Der Zuschlag wird nach Maßgabe des § 127 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt.

(2) Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots erfolgt auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses. Neben dem Preis oder den Kosten können auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Zuschlagskriterien berücksichtigt werden, insbesondere:

1.
die Qualität, einschließlich des technischen Werts, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Zugänglichkeit der Leistung insbesondere für Menschen mit Behinderungen, ihrer Übereinstimmung mit Anforderungen des „Designs für Alle“, soziale, umweltbezogene und innovative Eigenschaften sowie Vertriebs- und Handelsbedingungen,
2.
die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann, oder
3.
die Verfügbarkeit von Kundendienst und technischer Hilfe sowie Lieferbedingungen wie Liefertermin, Lieferverfahren sowie Liefer- oder Ausführungsfristen.
Der öffentliche Auftraggeber kann auch Festpreise oder Festkosten vorgeben, sodass das wirtschaftlichste Angebot ausschließlich nach qualitativen, umweltbezogenen oder sozialen Zuschlagskriterien nach Satz 1 bestimmt wird.

(3) Der öffentliche Auftraggeber gibt in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen an, wie er die einzelnen Zuschlagskriterien gewichtet, um das wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln. Diese Gewichtung kann auch mittels einer Spanne angegeben werden, deren Bandbreite angemessen sein muss. Ist die Gewichtung aus objektiven Gründen nicht möglich, so gibt der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien in absteigender Rangfolge an.

(4) Für den Beleg, ob und inwieweit die angebotene Leistung den geforderten Zuschlagskriterien entspricht, gelten die §§ 33 und 34 entsprechend.

(5) An der Entscheidung über den Zuschlag sollen in der Regel mindestens zwei Vertreter des öffentlichen Auftraggebers mitwirken.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Grundlage dafür ist eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers, ob und inwieweit das Angebot die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllt. Das wirtschaftlichste Angebot bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Zu dessen Ermittlung können neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte berücksichtigt werden.

(2) Verbindliche Vorschriften zur Preisgestaltung sind bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots zu beachten.

(3) Die Zuschlagskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen. Diese Verbindung ist auch dann anzunehmen, wenn sich ein Zuschlagskriterium auf Prozesse im Zusammenhang mit der Herstellung, Bereitstellung oder Entsorgung der Leistung, auf den Handel mit der Leistung oder auf ein anderes Stadium im Lebenszyklus der Leistung bezieht, auch wenn sich diese Faktoren nicht auf die materiellen Eigenschaften des Auftragsgegenstandes auswirken.

(4) Die Zuschlagskriterien müssen so festgelegt und bestimmt sein, dass die Möglichkeit eines wirksamen Wettbewerbs gewährleistet wird, der Zuschlag nicht willkürlich erteilt werden kann und eine wirksame Überprüfung möglich ist, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen. Lassen öffentliche Auftraggeber Nebenangebote zu, legen sie die Zuschlagskriterien so fest, dass sie sowohl auf Hauptangebote als auch auf Nebenangebote anwendbar sind.

(5) Die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung müssen in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen aufgeführt werden.

(1) Für Amtshandlungen der Vergabekammern werden Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung ist anzuwenden.

(2) Die Gebühr beträgt mindestens 2 500 Euro; dieser Betrag kann aus Gründen der Billigkeit bis auf ein Zehntel ermäßigt werden. Die Gebühr soll den Betrag von 50 000 Euro nicht überschreiten; sie kann im Einzelfall, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch ist, bis zu einem Betrag von 100 000 Euro erhöht werden.

(3) Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die Kosten zu tragen. Mehrere Kostenschuldner haften als Gesamtschuldner. Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden. Hat sich der Antrag vor Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, ist die Hälfte der Gebühr zu entrichten. Die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, erfolgt nach billigem Ermessen. Aus Gründen der Billigkeit kann von der Erhebung von Gebühren ganz oder teilweise abgesehen werden.

(4) Soweit ein Beteiligter im Nachprüfungsverfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen. Die Aufwendungen der Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, soweit sie die Vergabekammer aus Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt. Hat sich der Antrag durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, erfolgt die Entscheidung, wer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen anderer Beteiligter zu tragen hat, nach billigem Ermessen; in Bezug auf die Erstattung der Aufwendungen der Beigeladenen gilt im Übrigen Satz 2 entsprechend. § 80 Absatz 1, 2 und 3 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend. Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht statt.