Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 14. Juli 2016 - W 3 K 15.195

published on 14.07.2016 00:00
Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 14. Juli 2016 - W 3 K 15.195
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Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Juli 2011 über die Erhebung einer Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag für die Erneuerung der F … Straße betreffend Grundstück Fl.Nr. …1 der Gemarkung … in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Unterfranken vom 4. Februar 2015 wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Verfahrens hat der Kläger 4/5 und die Beklagte 1/5 zu tragen.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch den Kläger im Vorverfahren war notwendig.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger ist Eigentümer des bebauten Grundstücks Fl.Nr. …9 der Gemarkung … mit der postalischen Anschrift F … Straße … Zudem ist der Kläger Erbbau-Berechtigter des Grundstücks Fl.Nr. …1, welches unmittelbar an das Grundstück Fl.Nr. …9, nicht aber an die F … Straße angrenzt. Die Beklagte nimmt Straßenbaumaßnahmen in dem Bereich vor, in welchem das Grundstück Fl.Nr. …9 gelegen ist. Die Parteien streiten um Bescheide über die Erhebung einer Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag.

Im Bereich des Stadtteils … der Stadt … führt die als F … Straße bezeichnete Staats Straße (St) 2 … von der Einmündung der W1 …straße bis zur Stadtgrenze bei der Einmündung H … in ost-westlicher Richtung.

Etwa im Bereich des Anwesens F … Straße … öffnet sich nördlich der Staats Straße eine dreieckige Fläche. In ihrem südlichen Bereich ist sie von der St 2 … begrenzt, auf der annähernd nördlichen Seite befindet sich Bebauung, u.a. auch das Grundstück Fl.Nr. …9 des Klägers, auf der westlichen Seite wird die Fläche durch die von der St 2 … rechtwinklig nach Norden abzweigende S …straße begrenzt. Ihr südwestlicher Bereich ist mit einem Pavillon bebaut. Über die Fläche führt, von der St 2 … ausgehend, eine Fahrbahn, über die man die S…straße kreuzend geradeaus in die W2 …straße gelangt. Die Fläche ist als Orts Straße gewidmet und trägt ebenfalls die Bezeichnung F … Straße, in den Widmungsunterlagen jedoch die Bezeichnung W2 …straße (im Folgenden: F … Straße - Orts Straße), im Volksmund „… Marktplatz“ genannt.

Die Beklagte baut Teile des nördlich der St 2 … gelegenen Gehwegs beginnend an W1 …straße, die F … Straße - Orts Straße und den hiervon westlich gelegenen Teil der S …straße aus. Hierbei wird die Breite der Fahrbahn der F … Straße - Orts Straße von etwa 8 bis 9 Meter auf 3,5 Meter reduziert, im Gegenzug werden die Fußgängerbereiche verbreitert. Zudem ist eine Begrünung mit Bäumen geplant.

Das klägerische Grundstück Fl.Nr. …9 liegt mit seiner südlichen Grundstücksgrenze an der F … Straße - Orts Straße an. Mit seiner nördlichen Grundstücksgrenze ist es an der parallel zur F … Straße verlaufenden W3 …Straße gelegen. Das Grundstück Fl.Nr. …1 befindet sich unmittelbar westlich des Grundstücks Fl.Nr. …9; es liegt ebenfalls an der W3 …Straße, nicht aber an der F … Straße an. Die Grenze zwischen den Grundstücken Fl.Nrn. …9 und …1 ist überbaut; allerdings gelangt man aus dem dort befindlichen Gebäude nicht direkt zur F … Straße - Orts Straße; hierfür ist zunächst die Überquerung eines auf Grundstück Fl.Nr. …9 gelegenen Innenhofs erforderlich.

Mit Bescheid vom 19. Juli 2011 erhob die Beklagte vom Kläger für Grundstück Fl.Nr. …9 eine Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag für die Erneuerung der F … Straße im Abschnitt von F … Straße … bis S …straße in Höhe von 131.993,74 EUR (Grundstücksgröße: 2.952 m²; Nutzungsfaktor: 2,75; Beitragssatz: 20,324239 EUR pro m²; hiervon 80% als Vorauszahlung).

Mit Bescheid vom 19. Juli 2011 erhob die Beklagte vom Kläger für Grundstück Fl.Nr. …1 eine Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag für die Erneuerung der F … Straße im Abschnitt von F … Straße … bis S …straße in Höhe von 36.957,60 EUR (Grundstücksgröße: 957 m²; Nutzungsfaktor: 2,375; Beitragssatz: 20,324239 EUR pro m²; hiervon 80% als Vorauszahlung).

Gegen beide Bescheide vom 19. Juli 2011 ließ der Kläger am 17. August 2011 Widerspruch erheben und damit begründen, die Umgestaltung des „… Marktplatzes“ stelle sich als außenwirksames städteplanerisches Projekt der Beklagten dar, die die Anlieger über Gebühr belaste. Neue wirtschaftliche Sondervorteile auf der Grundlage der Ausbaumaßnahme seien für die Anlieger nicht erkennbar. Die Bewertung der F … Straße - Orts Straße als Anliegerstraße sei bedenklich. Vorliegend handele es sich nicht um eine Erneuerungsmaßnahme, sondern um eine vollständige, stadtplanerisch betriebene Umgestaltung des streitgegenständlichen Bereichs. Dies sei jedoch nicht beitragsfähig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2015 wies die Regierung von Unterfranken die Widersprüche gegen die Bescheide der Beklagten vom 19. Juli 2011 für die Grundstücke Fl.Nrn. …9 und …1 zurück. Dies wurde damit begründet, maßgebliche Anlage sei die F … Straße - Orts Straße von der Abzweigung von der St 2 … bis zur Einmündung in die S …straße. Bei den Baumaßnahmen handele es sich um beitragsfähige Verbesserungs-/Erneuerungsmaßnahmen. Zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses sei die Beitragsschuld noch nicht entstanden gewesen und somit die Erhebung von Vorauszahlungen zulässig. Das Grundstück Fl.Nr. …9 sei bebautes Anliegergrundstück zur F … Straße - Orts Straße und liege somit zweifellos im Abrechnungsgebiet. Auf der Grundlage der Grundstücksfläche zuzüglich 0,3 je zusätzliches Vollgeschoss zur eingeschossigen Bebauung sehe die einschlägige Ausbaubeitragssatzung in § 8 Abs. 10 einen Gewerbezuschlag u.a. für überwiegend gewerblich genutzte Grundstücke vor. Als überwiegend gewerblich genutzt oder nutzbar in diesem Sinne gelte auch ein Grundstück, das überwiegend geschäfts-, büro-, praxis-, unterrichts-, heilbehandlungs- oder ähnlich genutzte Räume beherberge. Für diese Fälle entfalle die Eckgrundstücksermäßigung. Für Grundstück Fl.Nr. …9 sei bei einer tatsächlichen Bebauung mit fünf Vollgeschossen vom Nutzungsfaktor 2,2 ausgegangen worden und dieser Nutzungsfaktor um den Zuschlag für überwiegend gewerblich genutzte Grundstücke auf 2,75 erhöht worden. Die Erhebung des Gewerbezuschlags rechtfertige sich daraus, dass als gewerblich genutzt auch solche Grundstücke gälten, auf denen eine Tätigkeit ausgeübt werde, die typischerweise auf einen Besucherverkehr abstelle und deshalb eine intensivere Inanspruchnahme der Anbau Straße verursachten. Hierunter falle auch das auf dem Grundstück vorhandene heilpädagogische Seminar mit Fachakademie für Heilpädagogik/Erziehungsberatungsstelle, dem therapeutischen Heim …, der …Schule und dem Bürogebäude. Diese Nutzungen lösten typischerweise im Vergleich zur Wohnnutzung einen erhöhten Ziel- und Quellverkehr aus.

Das Grundstück Fl.Nr. …1 gehöre als bebautes, nicht gefangenes Hinterliegergrundstück zum Abrechnungsgebiet. Allerdings bilde es keine wirtschaftliche Einheit mit Grundstück Fl.Nr. …9. Zwar sei das Grundstück Fl.Nr. …1 Anliegergrundstück zur W3 …Straße. Es bestehe allerdings über das Grundstück Fl.Nr. …9 eine hinreichend verlässliche Inanspruchnahmemöglichkeit der F … Straße - Orts Straße. Zwar bestehe zwischen dem Anliegergrundstück Fl.Nr. …9 und dem Hinterliegergrundstück Fl.Nr. …1 keine Eigentümeridentität; der Kläger sei hinsichtlich Grundstück Fl.Nr. …9 Eigentümer und hinsichtlich Grundstück Fl.Nr. …1 Erbbauberechtigter. Es bestehe aber vom Hinterliegergrundstück aus eine hinreichend gesicherte Inanspruchnahmemöglichkeit der Straße über das Grundstück Fl.Nr. …9, so dass keine rechtliche Sicherung des Zugangs erforderlich sei. Zwar hätten nicht gefangene Hinterliegergrundstücke bei der Aufwandsverteilung grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben, wenn sie aufgrund planungsrechtlicher, sonstiger rechtlicher oder tatsächlicher Umstände eindeutig erkennbar auf die Straße ausgerichtet seien, an die sie angrenzten; anders sei dies allerdings, wenn es Anhaltspunkte dafür gebe, dass die abzurechnende Straße über das Anliegergrundstück vom Hinterliegergrundstück aus ungeachtet dessen direkter Anbindung an seiner „eigene Straße“ in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen werde. Im vorliegenden Fall seien die Gebäude auf den Grundstücken Fl.Nrn. …9 und …1 baulich miteinander verbunden. In diesem Gebäude sei das therapeutische Heim untergebracht. Zu- und Ausgang könne von jedem Grundstück aus erfolgen. Auch besuchten die Heimbewohner die Schule auf Grundstück Fl.Nr. …9. Auf dem Grundstück Fl.Nr. …9 befinde sich ein angelegter Zugang zur F … Straße - Orts Straße von dem Altbau des therapeutischen Wohnheimes und der Schule aus. Damit seien genügend Anhaltspunkte vorhanden, dass auch die F … Straße - Orts Straße mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vom Grundstück Fl.Nr. …1 aus in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen werde.

Zu Recht sei das Grundstück Fl.Nr. …1 mit vier Vollgeschossen (Nutzungsfaktor 1,9) und einer Erhöhung des Nutzungsfaktors um den Gewerbezuschlag berücksichtigt worden. Unter den Begriff der gewerbeähnlichen Nutzung falle auch das auf dem Grundstück vorhandene therapeutische Heim.

Der Widerspruchsbescheid wurde den Klägerbevollmächtigten am 11. Februar 2015 zugestellt.

II.

Am 5. März 2015 ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 19. Juli 2011 betreffend eine Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag für Grundstück Fl.Nr. …9 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Juli 2011 betreffend eine Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag für Grundstück Fl.Nr. …1 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Unterfranken vom 4. Februar 2015 aufzuheben.

Zur Begründung wurde ausgeführt, mit der streitgegenständlichen Baumaßnahme sei weniger ein Sondervorteil für die Anlieger intendiert als eine Stärkung eines bestimmten Bereichs zum Wohl der Allgemeinheit. Damit wäre der Erlass einer Sondersatzung erforderlich gewesen. Die Baumaßnahme habe weder etwas mit einer Erneuerung noch mit einer Verbesserung zu tun, sondern führe aufgrund seiner Neukonzeption zur Schaffung eines aliud gegenüber dem früheren Zustand. Damit sei die Maßnahme nicht beitragsfähig.

Es sei versäumt worden, den Halbteilungsgrundsatz anzuwenden. Darüber hinaus sei das Abrechnungsgebiet fehlerhaft festgelegt worden; auch die Anlieger südlich der F … Straße hätten herangezogen werden müssen.

Mit der Baumaßnahme sei kein Gehweg hergestellt worden, vielmehr sei ein Mehrzweckstreifen hergestellt worden, dies mangels deutlicher baulicher Trennung zwischen Fahrbahn und Gehwegbereich.

Fehlerhaft sei die Einstufung der Straße als Anliegerstraße, auch deshalb, weil sie für den direkten Weg von der Staats Straße in die W2 …straße oder in die S …straße genutzt werde.

Fehlerhaft sei Grundstück Fl.Nr. …1 zu einer Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag herangezogen worden. Eigentümer des Grundstücks sei … und nicht der Kläger. Allerdings sei der Kläger Erbbauberechtigter. Das Grundstück Fl.Nr. …1 habe keine direkte Verbindung zur F … Straße. Die Erschließung erfolge ausschließlich und direkt über die W3 …Straße. Eine rechtlich dauerhafte Sicherung einer Inanspruchnahmemöglichkeit der F … Straße von Grundstück Fl.Nr. …1 aus fehle. Aus pädagogischen Gründen solle kein Verkehr von den klägerischen Grundstücken zur F … Straße entstehen, weshalb das dort vorhandene Tor auch verschlossen sei.

Auch das Grundstück Fl.Nr. …9 werde zu weitesten Teilen über die W3 …Straße erschlossen.

Der Ansatz eines Gewerbezuschlags sei fehlerhaft. Bei einem derartigen Zuschlag komme es auf die durch die überwiegend gewerbliche Tätigkeit ausgelöste Erhöhung von Ziel- und Quellverkehr an. Gerade dieses sei vorliegend nicht der Fall. Insbesondere das therapeutische Heim und die …Schule seien nicht mit dem typischen Bring- und Abholverkehr verbunden. Es handele sich um integrierte Einrichtungen auf dem Grundstück; jeder Schüler wohne auch im therapeutischen Heim. Damit sei die Nutzung einer Wohnnutzung gleichzusetzen. Es bestünden familienähnliche Verhältnisse und Wohnungen. Es gebe so gut wie keinen Besucherverkehr. Beide Einrichtungen seien in den Ferien praktisch nicht besetzt, so dass in dieser Zeit überhaupt kein Verkehr entstehe. Diese Umstände rechtfertigten eine Einzelfallbetrachtung. Aufgrund der Struktur des Lebenssachverhalts stelle sich die Frage nach dem Kriterium der Verhältnismäßigkeit.

Dem Café … werde kein Gewerbeaufschlag auferlegt.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, die natürliche Betrachtungsweise ergebe, dass die F … Straße - Orts Straße nach Abschluss der Bauarbeiten eine eigenständige Anlage bilde. Darüber hinaus sei auch aufgrund der unterschiedlichen Verkehrsbedeutung von unterschiedlichen Verkehrsanlagen auszugehen. Bei der durchgeführten Straßenausbaumaßnahme handele es sich um eine beitragsfähige Erneuerung und/oder Verbesserung. Die übliche Nutzungsdauer sei abgelaufen. Durch die Umgestaltungsmaßnahmen sei es zudem zu einer Verbesserung in verkehrstechnischer Hinsicht gekommen.

Der Erlass einer Sondersatzung sei nicht erforderlich und auch nicht zulässig.

Bei der F … Straße - Orts Straße handele es sich um eine Anliegerstraße, der vorhandene Verkehr sei überwiegend Ziel- und Quellverkehr der angrenzenden Grundstücke. Auch aufgrund des Ausbauprofils mit einer Fahrbahnbreite von nur 3,5 Metern und ihrer Führung im Verkehrsnetz sowie im Rahmen des gesamten Planungskonzepts sei die Anlage nicht als Haupterschließungsstraße vorgesehen und geeignet. Gerade durch die nunmehr vorgenommenen Umgestaltungsmaßnahmen solle der Durchgangsverkehr entfallen. Im Übrigen sei der Gehweg durch das 2 cm hohe Niederbord ausreichend von der Fahrbahn abgegrenzt.

Das Grundstück Fl.Nr. …9 gehöre als bebautes Anliegergrundstück zur F … Straße - Orts Straße zweifellos zum Abrechnungsgebiet. Das Grundstück Fl.Nr. …1, für welches der Kläger ein Erbbaurecht habe, liege nicht direkt an der streitgegenständlichen Anlage. Es stelle sich zur streitgegenständlichen Anlage als nicht gefangenes Hinterliegergrundstück dar. Es gebe hinreichende Anhaltspunkte für den Schluss, die F … Straße - Orts Straße werde über Grundstück Fl.Nr. …9 vom Hinterliegergrundstück Fl.Nr. …1 aus ungeachtet dessen direkter Anbindung an seine „eigene“ Anbau Straße (W3 …Straße) in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen. Die Gebäude auf Grundstücken Fl.Nrn. …9 und …1, in denen das therapeutische Heim untergebracht ist, seien baulich miteinander verbunden, so dass ein Zu- und Ausgang von jedem Grundstück aus erfolgen könne. Auch besuchten die Heimbewohner die Schule auf Grundstück Fl.Nr. …9. Auf dem Anliegergrundstück Fl.Nr. …9 befinde sich ein angelegter Zugang zur F … Straße - Orts Straße von dem Altbau des therapeutischen Wohnheimes und von der Schule aus.

Zu Recht sei ein Gewerbezuschlag erhoben worden. Gewerblich genutzt in diesem Sinne sei ein Grundstück dann, wenn auf ihm eine Tätigkeit ausgeübt werde, die typischerweise z.B. auch auf einen Besucherverkehr abstelle und deshalb eine intensivere Inanspruchnahme einer Anbau Straße verursache. Hierunter fielen auch soziale und schulische Einrichtungen. Diese lösten typischerweise im Gegensatz zu reinen Wohngrundstücken einen erhöhten Ziel- und Quellverkehr aus. Selbst der Kläger stelle die Nutzung des Heilpädagogischen Seminars/der Erziehungsberatungsstelle und die Büroflächen im überregionalen Beratungszentrum als gewerbliche Nutzung in diesem Sinne nicht in Frage. Darüber hinaus ergebe sich ein erhöhter Ziel- und Quellverkehr für das therapeutische Heim und die Schule aus der Betreuung, Unterrichtung oder Verpflegung der Heimbewohner/Schüler sowie für die Verwaltung.

Das Grundstück mit Café … werde zwar sowohl gewerblich wie auch zu Wohnzwecken genutzt, es überwögen jedoch die der Wohnnutzung unterliegenden Geschossflächen deutlich. Daher sei kein Gewerbezuschlag festgesetzt worden.

Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 14. Juli 2016, auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf die einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten und der Regierung von Unterfranken sowie auf die Gerichtsakte im Verfahren W 2 K 11.643, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage mit der sich der Kläger gegen die Bescheide der Beklagten vom 19. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2015 wendet, ist zum Teil begründet. Der auf Grundstück Fl.Nr. …1 bezogene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er war daher aufzuheben. Demgegenüber erweist sich der auf Grundstück Fl.Nr. …9 bezogene Bescheid als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl. S. 264), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2014 (GVBl. S. 70) - KAG - können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und den Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch Gemeindestraßen i.S.d. Art. 46 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Oktober 1981 (BayRS 91-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2007 (GVBl. S. 958) - BayStrWG -.

Für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen sollen gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG solche Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch zu erheben sind.

Rechtsgrundlage für die Erhebung einer Vorauszahlung ist Art. 5 Abs. 5 KAG, ohne dass es einer ortsrechtlichen Umsetzung durch die gemäß Art. 5 Abs. 1 KAG erhebungsberechtigte Körperschaft bedürfte. Danach dürfen Vorauszahlungen auf einen Beitrag verlangt werden, wenn - wie hier - mit der Ausführung der Maßnahmen begonnen worden ist, für die der Beitrag erhoben werden soll.

Aus dem Wesen der Vorauszahlung als einer Zahlung vor Entstehung einer Beitragspflicht und aus der darin begründeten Abhängigkeit von einer künftigen Beitragsschuld nach Grund und Höhe fordert ihre Festsetzung jedoch das Vorhandensein der gültigen Beitragsregelung in Gestalt einer Abgabesatzung nach Art. 2 Abs. 1 KAG, weil nur so die rechtlichen Voraussetzungen für die spätere Begründung einer Beitragspflicht geschaffen werden können (BayVGH, st.Rspr.; vgl. z.B. U.v. 1.6.2011 - 6 BV 10.2467 - BayVBl. 2012, 2016 m.w.N.; 240; Ecker, Kommunalabgaben in Bayern, Stand: Januar 2014, Nr. 2.7.11.3).

Eine solche Regelung hat die Beklagte mit ihrer zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2015, anwendbaren Satzung über die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung von Straßen, Wegen, Plätzen, Parkplätzen, Grünanlagen und Kinderspielplätzen vom 10. Juli 2007 (Ausbaubeitragssatzung - ABS -) erlassen. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Satzung sind nicht ersichtlich; auch in materiell-rechtlicher Hinsicht liegen keine Fehler auf der Hand.

Auf der Grundlage dieser Satzung erweist sich der Auf Grundstück Fl.Nr. …9 bezogene Bescheid vom 19. Juli 2011 als rechtmäßig. Die von der Beklagten verlangte Vorauszahlung ist weder dem Grunde nach noch in der Höhe zu beanstanden.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der F … Straße - Orts Straße um eine eigenständige Erschließungsanlage handelt.

Gegenstand einer beitragsfähigen Ausbaumaßnahme ist grundsätzlich die einzelne Orts Straße als die maßgebliche öffentliche Einrichtung im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG. Wie weit eine solche Orts Straße reicht (und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt), bestimmt sich nicht nach den Straßennamen, sondern grundsätzlich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter im Hinblick auf Straßenführung, Straßenbreite und -länge sowie Straßenausstattung vermitteln. Zugrunde zu legen ist dabei der Zustand im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten, also nach Durchführung der Ausbaumaßnahme. Bei der - hier in Streit stehenden - Erhebung von Vorauszahlungen, die begrifflich immer vor dem Entstehen der endgültigen sachlichen Beitragspflichten erfolgt, ist demnach prognostisch nach der Erkenntnislage im Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung zu bewerten, wie die Orts Straße sich nach vollständiger Umsetzung des gemeindlichen Bauprogramms insbesondere im Verhältnis zu den sich anschließenden Straßen darstellen wird (vgl. im Einzelnen BayVGH, U.v. 1.6.2011 - 6 BV 10.2467 - BayVBl. 2012, 206/208 m.w.N.). Von dem Grundsatz der natürlichen Betrachtungsweise können spezifisch ausbaubeitragsrechtliche Umstände allerdings eine Ausnahme verlangen (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 31 Rn. 10). Eine Ausnahme ist insbesondere dann geboten, wenn mehrere Verkehrsanlagen unterschiedlichen Verkehrsfunktionen dienen, die zu unterschiedlichen Gemeindeanteilen führen. In einer solchen Fallgestaltung handelt es sich ausbaubeitragsrechtlich um zwei selbständige Einrichtungen, auch wenn sie nach ihrem Erscheinungsbild als eine einzelne Anlage erscheinen (st.Rspr. vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2009 - 6 ZB 07.2228 - juris RdNr. 4; BayVGH, B.v. 8.4.2010 - 6 ZB 09.2308 - juris - Rn. 5).

Im vorliegenden Fall ergibt schon die natürliche Betrachtungsweise, dass die F … Straße - Orts Straße nach Abschluss der Bauarbeiten eine selbständige Anlage bilden wird, die sich von der St 2 … unterscheidet. Während letztere in einer Breite von über 15 m mit integrierten Straßenbahngleisen durch den Stadtteil … führt, ist die F … Straße - Orts Straße durch ihre lediglich 3,5 m breite Fahrbahn mit 2 cm hohen Bordsteinen, durch breite Fußgängerbereiche, durch eine deutliche Begrünung und insbesondere durch die Befestigung mit Großpflaster augenfällig abgegrenzt. Dies gilt auch für die Abgrenzung zur W2 …straße, denn die beschriebene Gestaltung bezieht sich auf den gesamten Bereich der F … Straße - Orts Straße, während die sich anschließende W2 …straße keine derartige der Verkehrsberuhigung dienende Gestaltung besitzt.

Darüber hinaus musste die Beklagte auch - unabhängig von der Tatsache, dass es sich bei der St 2 … um eine Staats Straße und der  … Straße - Orts Straße um eine Orts Straße handelt (vgl. Driehaus, a.a.O., § 31 Rn. 8) - wegen der unterschiedlichen Verkehrsbedeutung beider Straßen von unterschiedlichen Verkehrsanlagen ausgehen. Denn zu Recht stuft die Beklagte die St 2 … als Hauptverkehrsstraße und die F … Straße - Orts Straße als Anliegerstraße ein. Es ist nachvollziehbar, dass aufgrund der Neugestaltung und hier insbesondere der verkehrsberuhigenden Maßnahmen der Durchgangsverkehr, der von der St 2 … kommend in die S …straße bzw. in die W2 …straße (oder umgekehrt) gelangen will, nicht mehr die F … Straße - Orts Straße benutzen wird. Vielmehr wird er unter Umgehung dieser nur noch langsam zu befahrenden Anlage von der St 2 … direkt in die S …straße abbiegen.

Damit ist festzuhalten, dass die Einschätzung der Beklagten, die F … Straße - Orts Straße werde zumindest nach Abschluss der Baumaßnahmen eine eigenständige Erschließungsanlage bilden, nicht zu beanstanden ist.

Demgegenüber kann die südlich der Fahrbahn der F … Straße - Orts Straße gelegene Fläche nicht nochmals separat als eigenständige Anlage, nämlich als „… Marktplatz“ gesehen werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass nach § 5 Abs. 1 Nr. 1.3 d) ABS bei der Berechnung des Beitrags eine Straßenbreite (Fahrbahn, Rad- und Gehwege ohne Begleitgrün) von bis zu 23 m herangezogen werden darf (nach der Mitteilung der Beklagten liegt die Geschossflächenzahl in diesem Quartier über 1,6), die maximale Breite der F … Straße - Orts Straße jedoch bei 19 m liegt. Aufgrund dieser Vorgabe der Satzung wird deutlich, dass eine die Fahrbahn begleitende Fläche, die nur für den Fußgängerverkehr konzipiert ist, bis zur genannten Breite in der Regel als ein die Fahrbahn begleitender Gehweg abgerechnet werden muss. Anhaltspunkte dafür, dass dies im vorliegenden Fall anders gesehen werden müsste, liegen nicht vor.

Bei der beabsichtigten Ausbaumaßnahme handelt es sich um eine beitragsfähige Erneuerung und/oder Verbesserung im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 3 KAG, § 1 ABS.

Die übliche Nutzungszeit, die nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das Gericht anschließt, hinsichtlich der Fahrbahn wie der Gehwege 20 bis 25 Jahre beträgt (vgl. BayVGH, U.v. 14.7.2010 - 6 B 08.2254 - juris - Rn. 29), ist bei der mehrere Jahrzehnte alten Straße spürbar überschritten. Nach der Aktenlage, insbesondere auch mit Blick auf den Prüfbericht der L. GmbH vom 17. November 2004, war die Straße auch tatsächlich abgenutzt. Dort ist ausgeführt und dokumentiert, dass Schäden am Oberbau bestanden und die Schichtdicken für eine dauerhafte Nutzung nicht ausreichend waren. Auch wenn die Schäden am Oberbau relativ geringfügig gewesen sein mögen, so sprechen sie doch zumal unter Berücksichtigung der Indizwirkung der bisherigen Nutzungsdauer in ausreichender Weise für einen Erneuerungsbedarf. Dass die Straße noch verkehrssicher war, ist ohne Belang; denn die Erneuerungsbedürftigkeit setzt nicht eine fehlende Verkehrssicherheit voraus. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Eintritt der Funktionsunfähigkeit abzuwarten (BayVGH, B.v. 27.7.2009 - 6 ZB 07.812 - juris - Rn.3). Die Beklagte durfte umso mehr von einem Erneuerungsbedarf ausgehen, als die Straße durch die Kanalarbeiten weiter verschlissen wurde; denn ein Erneuerungsbedarf kann ohne Weiteres auch durch Kanalbauarbeiten ausgelöst werden, die zum „Lebensschicksal“ einer Straße gehören (vgl. BayVGH, U.v. 14.7.2010 - a.a.O. - Rn. 31 m.w.N.).

Es handelt sich bei den Baumaßnahmen um eine Erneuerung und nicht lediglich um eine Um- und Neugestaltung der Fahrbahn sowie der Gehwege. Eine Erneuerung begnügt sich zwar mit der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Einrichtung, welcher durch den Gebrauch verschlechtert wurde, ohne dass damit zwangsläufig eine Verbesserung mit Blick auf die ursprüngliche Anlage verbunden sein muss (BayVGH, B.v. 22.9.2009 - 6 ZB 08.788 - juris - Rn. 3). Der Beitragstatbestand der Erneuerung verlangt jedoch nicht, dass die Befestigungsart im Vergleich mit dem ursprünglichen Zustand gleichartig ist. Die Beklagte darf vielmehr bei der Ersetzung der ursprünglichen Straße bzw. Teileinrichtung technische Fortschritte in der Art der Straßenbefestigung und Änderung verkehrstechnischer Konzeptionen angemessen berücksichtigen, so dass eine beitragsfähige Erneuerung auch vorliegt, wenn ein andersartiger Zustand geschaffen wird, der dem früheren Zustand gleichwertig ist (vgl. Driehaus, a.a.O., § 32 Rn. 20 m.w.N.).

Selbst wenn aber die Baumaßnahme den Rahmen einer Erneuerung ganz oder teilweise überschreiten sollte, ist sie - unabhängig vom Erneuerungsbedarf der Straße - auch als Verbesserung i.S.d. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG beitragsfähig. Bei der Sanierung einer älteren Straße kann eine Gemeinde die Straße auf den neuesten Stand der Straßenbautechnik bringen (vgl. BayVGH, B.v. 22.9.2009, a.a.O.). Die Verwendung besserer Materialien sowie die Herstellung eines frostsicheren Oberbaus mit 60 cm Stärke bringt eine technische Verbesserung der jahrzehntealten Straße mit sich.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die anfallenden Kosten angemessen sind, steht der Gemeinde ein weiter Ermessensspielraum zu. Die Gemeinde ist nicht gehalten, die kostengünstigste Ausbaumöglichkeit zu wählen. Unangemessen sind die entstandenen Kosten erst dann, wenn sich die Gemeinde offensichtlich nicht an das Gebot der Wirtschaftlichkeit gehalten hat und dadurch augenfällige Mehrkosten entstanden sind, d.h. wenn die Kosten in für die Gemeinde erkennbarer Weise eine grob unangemessene Höhe erreichen, also sachlich unvertretbar sind (Driehaus, a.a.O., § 33 Rn. 46 m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Eine Pflasterung ist eine durchaus übliche, keineswegs luxuriöse Art der Befestigung; zudem hat die Beklagte nachvollziehbare Gründe für deren Einsatz dargelegt, nämlich künftige geringere Unterhaltskosten und gestalterische Aspekte (vgl. Driehaus, a.a.O., zum Einsatz von Granitbelag).

Darüber hinaus wird durch die Umgestaltungsmaßnahmen und die Änderung des Straßenquerschnitts eine Verbesserung in verkehrstechnischer Hinsicht, nämlich die Verkehrsberuhigung und Stärkung des Fußgängerverkehrs erfolgen (vgl. zur beitragsfähigen Verbesserung auch durch Verkehrsberuhigung BayVGH, U.v. 11.12.2003 - 6 B 99.1270 - juris - Rn. 28 ff.; U.v. 5.2.2007 - 6 BV 05.2153 - BayVBl 2007, 597).

Die der Berechnung der Vorauszahlung zugrundegelegten Kosten sind grundsätzlich beitragsfähig. Diesbezüglich wurden klägerseits keine Fehler behauptet.

Zu Recht hat die Beklagte die auszubauende Orts Straße als Anliegerstraße im Sinn des § 7 Abs. 4 Nr. 1 ABS eingestuft und ihren Eigenanteil bei der Berechnung der Vorauszahlungen dementsprechend nach § 7 Abs. 1 Nr. 1.1 ABS bestimmt.

Dieser beläuft sich auf 75% (Fahrbahn) bzw. 80% (Gehweg, Straßenentwässerung, Straßenbeleuchtung, Begrünung) des umlagefähigen Aufwandes, da die F … Straße - Orts Straße zu Recht als Anliegerstraße eingestuft wird. Demgegenüber ist diese Verkehrsanlage nicht gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 6 ABS als verkehrsberuhigte Straße mit einer Beteiligung der Eigentümer von 70% des umlagefähigen Aufwandes einzustufen. Dies ergibt sich daraus, dass die F … Straße - Orts Straße nicht nach § 45 Abs. 1b Nr. 3 der Straßenverkehrsordnung vom 6. März 2013 (BGBl. I 2013, 367), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Oktober 2014 (BGBl. I 2014, 1635) - StVO - als verkehrsberuhigter Bereich gekennzeichnet wird (mit Verkehrsschild gemäß StVO, Anlage 3 [zu § 42 Abs. 2], lfd. Nr. 12, Zeichen 325.1), sondern gemäß § 45 Abs. 1d StVO als zentraler städtischer Bereich mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion und somit als verkehrsberuhigter Geschäftsbereich gilt. In diesem Bereich darf nach der genannten Vorschrift eine Zonen-Geschwindigkeitsbegrenzung von weniger als 30 km/h angeordnet werden (StVO, Anlage 2 [zu § 41 Abs. 1], lfd. Nr. 50, Zeichen 274.1). Die Beklagte hat erläutert, dass sie nach Abschluss der Baumaßnahmen eine derartige Anordnung beabsichtigt. Ob das Vorhaben der Beklagten tatsächlich wie geplant umgesetzt wird, bleibt einer möglichen Kontrolle in einem Verfahren um den künftigen endgültigen Ausbaubeitragsbescheid vorbehalten.

Das Gericht kann auch der Ansicht des Klägers nicht folgen, die Beklagte hätte eine Sondersatzung erlassen müssen. Dies ergibt sich daraus, dass gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 3 KAG Satzungen nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG (also Ausbaubeitragssatzungen) eine vorteilsgerecht abgestufte Eigenbeteiligung einheitlich für das gesamte Gemeindegebiet vorzusehen haben. Nach Art. 5 Abs. 3 Satz 4 KAG bedarf es nicht ergänzender Einzelsatzungen.

Unabhängig davon käme eine Sondersatzung nur in Betracht, wenn es um die Abrechnung eines Straßentyps geht, bei dem die in der Stammsatzung festgelegten Eigenbeteiligungen die nach der Möglichkeit der Inanspruchnahme zu bemessenden Vorteile für die Allgemeinheit verfehlen (vgl. BayVGH, U.v. 5.2.2007 - 6 BV 05.2153 - BayVBl 2007, 597). Hierfür ist aber auch mit Blick auf das mit der Neugestaltung verfolgte Ziel, die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum zu steigern, kein greifbarer Gesichtspunkt ersichtlich.

Zu Recht hat die Beklagte bei der Verteilung der umlagefähigen Kosten die an der südlichen Seite der St 2 … gelegenen Grundstücke nicht berücksichtigt. Diese sind Anlieger eben dieser Staats Straße und damit beitragspflichtig für Ausbaumaßnahmen z.B. am südlich der St 2 … gelegenen Gehweg; sie sind jedoch nicht Anlieger der F … Straße - Orts Straße und somit auch nicht von dieser Anlage erschlossen. Allein hierauf kommt es jedoch nach § 6 Abs. 3 Satz 1 ABS an, denn nach dieser Vorschrift bilden die von einer Einrichtung erschlossenen Grundstücke das Abrechnungsgebiet.

Auf dieser Grundlage kann auch nicht der Freistaat Bayern als Eigentümer der St 2 … zu einem Ausbaubeitrag herangezogen werden, denn die Grundflächen anderer Erschließungsanlagen bleiben bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes unberücksichtigt. Dies ergibt sich daraus, dass die Verkehrsfläche selbst infolge ihrer Widmung öffentlich genutzt wird. Deshalb kann ihr durch die an sie angrenzende Erschließungsanlage kein Sondervorteil zukommen, der eine Beitragserhebung rechtfertigen würde (Driehaus, a.a.O., § 17 Rn. 30 und § 55 Rn. 32 jeweils m.w.N.).

Auch wenn aufgrund dieser Sachlage die F … Straße - Orts Straße in ihrem östlichen Teil lediglich einseitig anbaubar ist, kommt bei dieser Konstellation der Halbteilungsgrundsatz nicht zur Anwendung. Dieser besagt, dass Eigentümer von an der Straße anliegenden Grundstücken nicht mit erschließungs- oder ausbaubeitragsfähigen Kosten belastet werden sollen, die sie nichts angehen, weil sie für Teilflächen der Verkehrsanlage entstanden sind, die für eine hinreichende Erschließung ihrer Grundstücke entbehrlich sind. Dieser Grundsatz kommt beispielsweise dann zum Tragen, wenn eine Straße zunächst nur einseitig zum Anbau bestimmt ist, weil die gegenüberliegende Seite an den Außenbereich grenzt. Der Halbteilungsgrundsatz ist jedoch schon vom Ansatz her nicht anzuwenden, wenn eine Straßenseite einem Anbau auf Dauer entzogen ist (beispielsweise wegen ihrer Lage an einer Felswand), die Straße jedoch auch insoweit überwiegend die Funktion hat, den erschlossenen Grundstücken die Verbindung zum Straßennetz zu verschaffen (Driehaus, a.a.O., § 12 Rn. 46 ff., 47, 51 m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall, denn die südliche Seite der F … Straße - Orts Straße ist in ihrem östlichen Teil einer Bebauung durch die Widmung dieser Seite zur Staats Straße auf Dauer entzogen; eine Änderung dieses Zustandes ist auch auf lange Sicht nicht zu erwarten.

Zu Recht hat die Beklagte mit Bescheid vom 19. Juli 2011 das Grundstück Fl.Nr. …9 zu einer Vorauszahlung auf den Beitrag für den Ausbau der F … Straße - Orts Straße herangezogen. Denn das Grundstück liegt unmittelbar an der F … Straße - Orts Straße an, hat also durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Straße einen besonderen Vorteil i.S.d. Art.5 Abs. 1 Satz 1 KAG und gehört somit zwangsläufig dem Grunde nach zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke.

Auch die Höhe der erhobenen Vorauszahlung ist nicht zu beanstanden.

Von der Klägerseite unwidersprochen hat die Beklagte eine Grundfläche von 2.952m² angesetzt. Auch der Nutzungsfaktor von 2,75 ist nicht zu beanstanden.

Der Nutzungsfaktor errechnet sich auf der Grundlage der in § 8 ABS enthaltenen Vorschriften. Ist - wie im vorliegenden Fall - in einem Abrechnungsgebiet eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig, wird der nach § 6 ABS ermittelte Aufwand nach Abzug des Anteils der Stadt … (§ 7 Abs. 2) auf die Grundstücke des Abrechnungsgebiets (§ 6 Abs. 3) nach den Grundstücksflächen, vervielfacht mit einem Nutzungsfaktor, verteilt, der im Einzelnen beträgt: … (2.) bei mehrgeschossiger Bebaubarkeit zuzüglich je weiteres Vollgeschoss 0,3.

Auf dieser Grundlage hat die Beklagte zu Recht fünf Vollgeschosse auf Grundstück Fl.Nr. …9 berücksichtigt, was zunächst zu einem Nutzungsfaktor von 2,2 führt.

Zusätzlich hat die Beklagte auf der Grundlage von § 8 Abs. 10 i.V.m. Abs. 12 ABS einen Gewerbezuschlag in Höhe von 0,55 berücksichtigt. Dies ist entgegen der Meinung des Klägers nicht zu beanstanden. Nach der genannten Vorschrift sind die in § 8 Abs. 2 ABS zu ermittelnden Nutzungsfaktoren bei überwiegend gewerblich genutzten Grundstücken um je 25 v.H. zu erhöhen, wenn bei der Abrechnung derartiger Einrichtungen wie der vorliegenden in einem Abrechnungsgebiet außer überwiegend gewerblich genutzten Grundstücken oder Grundstücken, die nach den Festsetzungen eines Bebauungsplan in einem Kern-, Gewerbe- oder Industriegebiet liegen, auch andere beitragspflichtige Grundstücke erschlossen werden. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall gegeben.

Streitig ist allein die Frage, ob das Grundstück Fl.Nr. …9 „überwiegend gewerblich genutzt“ im Sinne der Vorschrift ist.

In diesem Zusammenhang ist im Rahmen der Anwendung der Bemessungsgrundlagen für den Verteilungsmaßstab zu beachten, dass die Höhe der auf die einzelnen Grundstücke entfallenden Anteile am umlagefähigen Aufwand sich an der Höhe der Erschließungsvorteile zu orientieren hat, die diesen Grundstücken durch die beitragsfähige Anlage vermittelt werden. Für die Bewertung dieser Inanspruchnahmemöglichkeit ist darauf abzustellen, in welchem Umfang erfahrungsgemäß eine Inanspruchnahme der Anlage von den jeweiligen Grundstücken ausgelöst wird, d.h. auf die wahrscheinliche Inanspruchnahme. Je mehr die Anlage von einem Anliegergrundstück aus erfahrungsgemäß in Anspruch genommen wird, desto wertvoller ist die durch die Anlage gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit und desto größer ist der besondere Vorteil. Die Höhe des durch eine beitragsfähige Anlage vermittelten Vorteils ist mithin abhängig von der Bewertung der Inanspruchnahmemöglichkeit mit Hilfe der Wahrscheinlichkeit (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 18 Rn. 3 m.w.N.). Als Anknüpfungsmerkmal für die Ausnutzbarkeit des Grundstückes bietet sich zum einen das Maß der Ausnutzbarkeit an, das sich in der bloßen Grundstücksgröße manifestiert; zum anderen kommt es auch auf die Art der Ausnutzbarkeit an. Beides lässt einen Rückschluss auf den Umfang der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der Anlage vom Grundstück aus, das erschlossen wird, zu (Driehaus, a.a.O., Rn. 4).

Unter „Art“ der Nutzung ist die Verwendung des Grundstücks für bestimmte Zwecke, wie etwa Wohnzwecke, gewerbliche Zwecke oder Industriezwecke, zu verstehen. Dabei reicht es aus, wenn grundsätzlichen Unterschieden Rechnung getragen wird, d.h. differenziert wird nach Nutzungsarten, die erfahrungsgemäß insbesondere auf den Umfang der zu erwartenden Inanspruchnahme der Anlage von Einfluss sind. Dem entspricht eine Unterscheidung zwischen den beiden „Hauptnutzungsarten“, nämlich der Wohnnutzung einerseits und der gewerblichen Nutzung als sogenannte qualifizierte Nutzung andererseits (Driehaus, a.a.O., Rn. 27 und 49 jeweils m.w.N.). Entscheidendes Merkmal ist demnach die gegenüber der Wohnnutzung deutlich intensivere Inanspruchnahme der Erschließungsanlage (Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand: Januar 2016, Rn. 921).

Der Begriff „Gewerbe“ im Sinne einer grundstücksbezogenen Artzuschlagsbestimmung ist grundsätzlich weiter als der entsprechende Begriff im Gewerbe- bzw. Gewerbesteuerrecht. Denn es kommt im Sinne des Differenzierungsgebotes allein auf die voraussichtliche stärkere Belastung der Grundstücke im Vergleich zu den der Wohnnutzung vorbehaltenen Grundstücken an. In diesem Sinne sind außer den Grundstücken, die „typische“ gewerbliche Bauten aufweisen, „gewerblich genutzt“ im Sinne einer solchen Satzungsbestimmung jedenfalls auch Grundstücke, auf denen eine Tätigkeit ausgeübt wird, die typischerweise auf einen Besucherverkehr abstellt und deshalb eine intensivere Inanspruchnahme einer Anbau Straße verursacht (Driehaus, a.a.O., Rn. 59). Eine gewerbliche Nutzung liegt somit beispielsweise vor bei Praxen von Ärzten, Anwälten oder Architekten (Driehaus, a.a.O., m.w.N.), bei Pflegeheimen (Driehaus, a.a.O., Rn. 62; Matloch/Wiens, a.a.O., Rn. 925) oder bei Schulen (Matloch/Wiens, Rn. 925) (vgl. hierzu auch § 8 Abs. 12 ABS).

Ein „Überwiegen“ der gewerblichen Nutzung ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch dann anzunehmen, wenn ein Grundstück zu mehr als 50 v.H. in einer bestimmten Weise genutzt wird (Driehaus, a.a.O., Rn. 63). Dem Grundsatz nach ist bei einem gemischt genutzten Grundstück für den Vergleich der jeweiligen Nutzungsarten maßgebend allein auf die Geschossflächen abzustellen, also auf die Flächen, die den in dem Gebäude ausgeübten Nutzungen zuzurechnen sind; die Freiflächen bleiben grundsätzlich außer Betracht (BayVGH, B.v. 8.2.2010 - 6 ZB 08.2719 - juris Rn. 6 m.w.N.; VG Würzburg, U.v. 19.11.2015 - W 3 K 14.1391 - juris Rn. 74 m.w.N., u.a. auch zur Ausnahme der Berücksichtigung auch der Grundstücksflächen; vgl. zur gesamten Problematik auch BayVGH, U.v. 8.3.2001 - 6 B 98.2837 - juris; B.v. 8.2.2010 - 6 ZB 08.2719 - GKBay 2010/136; B.v. 8.1.2015 - 6 ZB 13.577 - GKBay 2015/141 jeweils m.w.N.).

Auf dieser Grundlage ist das Gericht davon überzeugt, dass das Grundstück Fl.Nr. …9 überwiegend gewerblich genutzt im dargestellten Sinne ist. Unproblematisch und von der Klägerseite nicht in Frage gestellt ist die Einordnung der Grundstücksnutzung für Zwecke des psychotherapeutischen Beratungsdienstes und des heilpädagogischen Seminars als gewerbliche Nutzung i.S.v. § 8 Abs. 10 i.V.m. Abs. 12 ABS. Denn diese Nutzungsarten sind typischerweise mit einem erhöhten Besucherverkehr verbunden.

Auch das auf Grundstück Fl.Nr. …9 betriebene Kinderheim … stellt nach Auffassung des Gerichts eine gewerbliche Nutzung des hierfür verwendeten Gebäudes dar. Nach Angaben der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung wird das sowohl auf Grundstück Fl.Nr. …9 (Altbau) als auch auf Grundstück Fl.Nr. …1 (Neubau) gelegene Gebäude einheitlich als therapeutisches Heim genutzt, das aus sechs familienähnlichen Gruppen (davon zwei im Altbau auf Grundstück Fl.Nr. …9) besteht und für das zusätzlich zu den Wohnräumen weitere Räume wie Hausaufgabenzimmer, Ruheraum oder Spielzimmer (im auf Grundstück Fl.Nr. …9 befindlichen Altbau gelegen) besteht. Eine anderweitige Wohnnutzung des auf Grundstück Fl.Nr. …9 befindlichen Gebäudes (Hausmeisterwohnung) findet nach Angaben des Klägers nicht (mehr) statt. Die im therapeutischen Heim entstehende schmutzige Wäsche wird nach Angaben des Klägers auf dem Grundstück gewaschen; eine Küche im Erdgeschoss versorgt alle Gruppen. Die Lebensmittel werden angeliefert. Betreuer, Therapeuten, Reinigungskräfte und Küchenpersonal sind für den Betrieb des Hauses erforderlich und vorhanden.

Auf dieser Grundlage gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass das auf Grundstück Fl.Nr. …9 befindliche therapeutische Heim i.S.d. § 8 Abs. 10 i.V.m. Abs. 12 ABS gewerblich genutzt wird. Dies ergibt sich daraus, dass die das therapeutische Heim bewohnenden Kinder - anders als z.B. beim betreuten Wohnen - sich nicht in erster Linie zu Wohnzwecken im Heim aufhalten. Vielmehr leben sie vorübergehend (nach Auskunft des Klägers bis zu zwei Jahren) aufgrund ihres therapeutischen Bedarfs im Heim. Anders als Erwachsene bedürfen Kinder - schon unabhängig vom therapeutischen Bedarf - einer intensiven Betreuung in familienähnlichen Strukturen, die durch entsprechendes Personal (das schichtweise wechselt) sichergestellt wird. Darüber hinaus benötigen die Kinder im vorliegenden Fall - anders als in einem „bloßen“ Kinderheim - aufgrund ihrer besonderen behandlungsbedürftigen Situation eine intensivere Betreuung sowie intensive therapeutische Maßnahmen. Hierfür ist zusätzliches entsprechendes Personal erforderlich. Darüber hinaus sind - anders als in einer rein familiären Wohnstruktur - für die Reinigung des Hauses ausschließlich Reinigungskräfte erforderlich. Auch wird in den Gruppen - anders als in familiären Strukturen - nicht gekocht; vielmehr wird die Versorgung mit Nahrungsmitteln über eine zentrale Küche sichergestellt, in der entsprechendes Personal arbeitet. Hinzu kommt, dass die Eltern der das Heim bewohnenden Kinder oftmals in die Therapie mit einbezogen sind und deshalb ebenfalls das Gebäude aufsuchen. Darüber hinaus ist ein Anlieferverkehr zumindest für die Lebensmittel vorhanden.

All dies macht deutlich, dass es sich beim therapeutischen Heim nicht um eine typische Wohnnutzung mit entsprechender typischer Nutzung der Erschließungsanlage handelt, sondern um eine Nutzung, die typischerweise zu deutlich erhöhtem Verkehr führt, dies zum einen wegen des benötigten Personals, zum anderen wegen des Anlieferverkehrs. Damit wird deutlich, dass ein therapeutisches Heim wie das vorliegende typischerweise gewerblich genutzt wird.

Der erdgeschossige Anbau an das mehrgeschossige therapeutische Heim wird nach Angaben des Klägers als Bürogebäude sowohl für die Verwaltung des Kinderheims wie auch …, also des Klägers, und damit gewerblich genutzt.

Auch das auf Grundstück Fl.Nr. …9 befindliche Gebäude, in welchem sich die …Schule befindet, wird entgegen der Meinung des Klägers gewerblich genutzt. Vom Grundsatz her gelten Gebäude, die Unterrichtsräume beherbergen, als gewerblich genutzt, da wegen des entsprechenden Ziel- und Quellverkehrs die Erschließungsanlage intensiv in Anspruch genommen wird (vgl. Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand: Januar 2016, Rn. 925 m.w.N.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 18 Rn. 60 m.w.N.; BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl. 2014, 241). So hat dies die Beklagte auch in § 8 Abs. 12 ABS bestimmt. Hiergegen wendet sich der Kläger mit dem Argument, es handle sich vorliegend nicht um eine typische Schule mit dem entsprechenden Bring- und Holverkehr, sondern um eine Heimschule, die ausschließlich von Kindern besucht werde, die im auf demselben Grundstück gelegenen therapeutischen Heim lebten.

Zwar liegt auf der Hand, dass aufgrund dieser Tatsache der Bring- und Holverkehr bezüglich der die Schule besuchenden Schüler entfällt; demgegenüber gilt dies nicht für die in der Schule beschäftigten Unterrichtskräfte. Nach Angaben des Klägers besteht die Schule aus vier Klassen mit jeweils bis zu acht Kindern; jede Klasse wird in der Regel von einer Lehrkraft und einem Heilpädagogen unterrichtet. Dies bedeutet, dass dieses Personal regelmäßig das Grundstück Fl.Nr. …9 aufsucht und wieder verlässt; dies ist zumindest vergleichbar mit entsprechenden Büroräumen. Hinzu kommt der regelmäßige Reinigungsbedarf, der naturgemäß von externen Reinigungskräften und nicht von den Schülern selbst erfüllt wird. Damit muss auch ein von einer Heimschule genutztes Gebäude als gewerblich genutzt i.S.v. § 8 Abs. 10 i.V.m. Abs. 12 ABS angesehen werden.

Demgegenüber kann sich der Kläger nicht darauf berufen, die gewerbliche Nutzung des therapeutischen Heims … sowie der …Schule dürfe deswegen nicht berücksichtigt werden, weil der durch die gewerbliche Nutzung verursachte Ziel- und Quellverkehr nicht über die abzurechnende F … Straße - Orts Straße, sondern ausschließlich über die W3 …Straße abgewickelt werde. Hierauf könnte sich der Kläger nur dann berufen, wenn die ausschließliche Abwicklung des gewerblichen Verkehrs über die W3 …Straße durch die äußere Gestaltung des Grundstücks eindeutig erkennbar wäre. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn das Grundstück Fl.Nr. …9 zwischen dem zur F … Straße - Orts Straße ausgerichteten Vordergebäude einerseits und dem Schulgebäude und dem therapeutischen Heim andererseits durch bauliche Einrichtungen (z.B. fester Zaun mit intensiver Bepflanzung) derart abgetrennt wäre, dass der jeweils andere Grundstücksteil nicht mehr erreichbar wäre (vgl. BVerwG, U.v. 23.1.1998 - 8 C 12.96 - BverwGE 105, 147 [151 f.]; BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl. 2014, 241). Diese Konstellation ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Vielmehr ist ein fußläufiger Verkehr zwischen dem zur F … Straße - Orts Straße ausgerichteten Gebäude und den Gebäuden, die Schule und Heim beherbergen, problemlos möglich (vgl. hierzu die vom Gericht gefertigten Lichtbilder 18, 23 und 24, Blatt 129, 130 Gerichtsakte, sowie die Luftbildaufnahme und der Lageplan Blatt 146, 147der Gerichtsakte). Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass sowohl der Ausgang vom zur F … Straße - Orts Straße ausgerichteten Gebäude in den Hof (vgl. Lichtbild 17, Blatt 129 der Gerichtsakte und Lichtbild 12, Blatt 127 der Gerichtsakte) als auch das Gittertor (vgl. Lichtbild 14, 15 und 16, Blatt 128 der Gerichtsakte) ständig verschlossen seien und somit ein Zugang von der F … Straße - Orts Straße zur Schule und zum Heim nicht möglich sei. Jedoch sind dies keine verfestigten baulichen Maßnahmen; eine verschlossene Tür kann jederzeit geöffnet werden. Darüber hinaus war zumindest zu dem Zeitpunkt, zu dem das Gericht die Lichtbilder gefertigt hat, das zur F … Straße - Orts Straße ausgerichtete Gittertor nicht verschlossen, so dass man ohne weiteres auf das Grundstück und damit auch zum Schulgebäude und zum Heimgebäude gelangen konnte.

Aus alledem ergibt sich, dass die Beklagte zu Recht einen Gewerbezuschlag gemäß § 8 Abs. 10 i.V.m. Abs. 12 ABS zu Lasten von Grundstück Fl.Nr. …9 angesetzt hat. Damit entfällt gemäß § 8 Abs. 11 Satz 2 ABS der für nicht überwiegend gewerblich genutzte Grundstücke anzusetzende Abschlag für eine Mehrfacherschließung.

Damit ist die im Vorauszahlungsbescheid vom 19. Juli 2011 angesetzte Höhe der Vorauszahlung auf den Ausbaubeitrag von 13.993,74 EUR nicht zu beanstanden. Auf dieser Grundlage erweist sich der auf Grundstück Fl.Nr. …9 bezogene Bescheid der Beklagten vom 19. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Februar 2015 als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit war die Klage abzuweisen.

Demgegenüber gehört das Grundstück Fl.Nr. …1 nicht zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke.

Das Grundstück Fl.Nr. …1 liegt nicht direkt an der F … Straße - Orts Straße an, sondern an der W3 …Straße. Der Kläger hat an diesem Grundstück ein Erbbaurecht. Grundstück Fl.Nr. …1 und …9 sind über die Grundstücksgrenzen hinweg mit dem Gebäude bebaut, in welchem das therapeutische Heim … betrieben wird.

Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass die Grundstücke eine wirtschaftliche Einheit bilden würden mit der Folge, dass sie beitragsrechtlich zusammenzufassen und damit beide Grundstücke zu einem Straßenausbaubeitrag heranzuziehen wären. Nach überwiegend in der Rechtsprechung vertretener Ansicht ist im Ausbaubeitragsrecht - wie im Erschließungsbeitragsrecht - im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit der bürgerlich-rechtliche Begriff des Grundstücks im Sinne des Grundbuchrechts (formeller Grundstücksbegriff) maßgebend (BVerwG, U.v. 15.1.1988 - 8 C 111/86 - juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 17.12.1999 - 6 B 96.2241 - juris Rn. 31; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 35 Rn. 6). Ein ausnahmsweises Abweichen von diesem Grundstücksbegriff ist nach der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 20.6.1973 - IV C 62.71 - juris Rn. 16; U.v. 12.12.1986 - 8 C 9/86 - juris Rn. 33; U.v. 3.2.1989 - 8 C 78/88 - juris Rn. 21) nur dann gerechtfertigt, wenn es gröblich unangemessen wäre, daran festzuhalten. Dies ist dann der Fall, wenn die Anwendung des formellen Grundstücksbegriffs dazu führt, dass ein Grundstück bei der Verteilung des Aufwandes völlig unberücksichtigt bleiben müsste, obwohl es - mangels hinreichender Größe allein nicht bebaubar - zusammen mit einem oder mehreren Grundstücken desselben Eigentümers ohne weiteres baulich genutzt werden darf (BVerwG, U.v. 12.12.1986 - 8 C 9/86 - juris Rn. 33; U.v. 15.1.1988 - 8 C 111/86 - juris Rn. 13; U.v. 3.2.1989 - 8 C 78/88 - juris Rn. 21; BayVGH, U.v. 17.12.1999 - 6 B 96.2241 - juris Rn. 31).

Auch die Ausbaubeitragssatzung der Beklagten geht in ihrem § 8 Abs. 3 grundsätzlich vom formellen Grundstücksbegriff aus. So gilt gemäß Nr. 1 dieser Vorschrift als Grundstücksfläche bei Grundstücken, die insgesamt oder teilweise im Geltungsbereich eines Bebauungsplans und mit der Restfläche innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegen, die Gesamtfläche des Grundstücks im bürgerlich-rechtlichen Sinne. Eine Ausnahme hiervon kann nur dann gelten, wenn aneinander grenzende selbständig nicht bebaubare oder benutzbare Buchgrundstücke desselben Eigentümers einheitlich wirtschaftlich genutzt werden.

Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Sowohl das Grundstück Fl.Nr. …1 als auch das Grundstück Fl.Nr. …9 sind für sich selbstständig, also ohne das Hinzutreten weiterer Grundstücke, baulich nutzbar, auch wenn sie gegenwärtig einheitlich genutzt und bebaut sind. Insoweit kommt es nämlich nicht auf die im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht tatsächlich bestehende oder vom Eigentümer gewünschte oder für ihn wirtschaftlich besonders interessante bauliche Nutzung an, sondern darauf, ob das Grundstück zu diesem Zeitpunkt überhaupt isoliert baulich nutzbar ist, und sei es mit einem kleineren als dem gegenwärtig bestehenden und unterhalb der Festsetzungen des Bebauungsplans etwa hinsichtlich der zulässigen Geschosshöhe bleibenden Gebäude. Dies ist hier der Fall. Vor diesem Hintergrund erweist es sich nicht als gröblich unangemessen, am formellen Grundstücksbegriff festzuhalten. Liegen - wie hier - selbstständig bebaubare Grundstücke vor, können etwaige gröblich unangemessene Ergebnisse mithilfe des Hinterliegerbegriffs durch Heranziehung des betreffenden Grundstücks als Hinterliegergrundstück vermieden werden (vgl. Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand: Januar 2016, Rn. 803 a.E.). Selbst bei Eigentümeridentität bildet daher allein die einheitliche Nutzung mehrerer (selbstständig bebaubarer) aneinander grenzender Grundstücke keine hinreichende Bedingung für ein Abgehen vom formellen Grundstücksbegriff, auch wenn die Grundstücksgrenze - wie hier - durch ein Bauwerk überbaut ist (BVerwG, U.v. 15.1.1988 - 8 C 111/86 - juris Rn. 13; vgl. a. BayVGH, B.v. 27.9.2001 - 6 CS 01.1950 - juris Rn. 8, der diese Frage aber letztlich offen lässt; VG München, U.v. 22.6.2004 - M 2 S. 04.2999 - juris Rn. 21; Matloch/Wiens, a.a.O., Rn. 803 a.E., 2163).

Im Fall des Grundstücks Fl.Nr. …1 ergibt sich eine Straßenausbaubeitragspflicht in Bezug auf den Ausbau der F … Straße - Orts Straße und damit eine Pflicht zur Vorauszahlung auch nicht aus der Anwendung der Grundsätze zur Heranziehung von Hinterliegergrundstücken. Bei dem Grundstück Fl.Nr. …1 handelt es sich um ein nicht gefangenes Hinterliegergrundstück, also um ein Grundstück, das einerseits an das an der F … Straße - Orts Straße gelegene Grundstück Fl.Nr. …9 und andererseits an die W3 …Straße angrenzt. Für die Beantwortung der Frage, ob dem Eigentümer bzw. Erbbauberechtigten eines nicht gefangenen Hinterliegergrundstücks durch den Straßenausbau ein beitragsrelevanter Sondervorteil geboten wird, ist nach der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 15.4.2010 - 6 B 08.1846 - juris Rn. 24; U.v. 25.10.2012 - 6 B 10.133 - juris Rn. 43) eine Bewertung der Inanspruchnahmemöglichkeit geboten, die ausschließlich nach dem Umfang der (wahrscheinlichen) tatsächlichen Inanspruchnahme der ausgebauten Straße zu erfolgen hat. Nicht gefangene Hinterliegergrundstücke haben bei der Aufwandsverteilung grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben, wenn sie aufgrund planungsrechtlicher, sonstiger rechtlicher oder tatsächlicher Umstände eindeutig erkennbar auf die Straße ausgerichtet sind, an die sie angrenzen, wenn es also im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten an irgendwelchen Anhaltspunkten fehlt, die den Schluss erlauben, die abzurechnende Straße werde über das Anliegergrundstück vom Hinterliegergrundstück aus ungeachtet dessen direkter Anbindung an seine „eigene“ Straße in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen werden (BayVGH, U.v. 15.4.2010 - 6 B 08.1846 - juris Rn. 25; U.v. 25.10.2012 - 6 B 10.133 - juris Rn. 43; Driehaus, a.a.O., § 35 Rn. 24). Als Anhaltspunkt für den Schluss auf eine nennenswerte Inanspruchnahme kommt insbesondere eine tatsächlich angelegte Zufahrt oder ein tatsächlich angelegter Zugang über das Anliegergrundstück in Betracht (BayVGH, U.v. 15.4.2010 - 6 B 08.1846 - juris Rn. 25; U.v. 25.10.2012 - 6 B 10.133 - juris Rn. 43; Driehaus, a.a.O., § 35 Rn. 24). Bei nicht gefangenen Hinterliegergrundstücken reicht nämlich ausnahmsweise - anders als bei Anliegergrundstücken - allein der Umstand, dass deren Eigentümer über die Anliegergrundstücke eine hinreichend gesicherte Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße haben, nicht für deren Teilnahme an der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes aus. An dem die Beitragserhebung rechtfertigenden Vorteilsausgleich sind Grundstücke nur zu beteiligen, wenn und soweit ihnen durch die Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße ein nennenswerter Vorteil zuwächst. Ist die gebotene Inanspruchnahmemöglichkeit für ein Hinterliegergrundstück objektiv wertlos, weil nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten ist, dass von diesem Grundstück aus die ausgebaute Straße in einem relevanten Umfang in Anspruch genommen werden wird, dann hat dieses Grundstück aus einer gebotenen Inanspruchnahmemöglichkeit keinen Sondervorteil und scheidet deshalb aus dem Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke aus (BayVGH, U.v. 15.4.2010 - 6 B 08.1846 - juris Rn. 24 f.; U.v. 25.10.2012 - 6 B 10.133 - juris Rn. 43).

Diese Voraussetzungen für die Heranziehung eines nicht gefangenen Hinterliegergrundstücks liegen im Hinblick auf das Grundstück Fl.Nr. …1 nicht vor. Es ist aufgrund seiner gegenwärtigen Gestaltung eindeutig erkennbar auf die Straße ausgerichtet, an die es angrenzt (W3 …Straße). Es sind keine Anhaltspunkte erkennbar, die den Schluss erlauben, die abzurechnende F … Straße - Orts Straße werde über das Anliegergrundstück (Fl.Nr. …9) vom Hinterliegergrundstück (Fl.Nr. …1) aus ungeachtet dessen direkter Anbindung an seine „eigene“ Straßen in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen werden.

Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Grundsätze zur Heranziehung von nicht gefangenen Hinterliegergrundstücken auch für die vorliegende Konstellation gelten, in welcher der Kläger hinsichtlich des einen Grundstücks (Fl.Nr. …9) Eigentümer ist, hinsichtlich des anderen Grundstücks (Fl.Nr. …1) jedoch lediglich ein Erbbaurecht besitzt, denn es besteht kein Anhaltspunkt für eine nennenswerte Inanspruchnahme der  … Straße - Orts Straße von Grundstück Fl.Nr. …1 aus.

Zwar ist es möglich, von der F … Straße - Orts Straße aus über das Grundstück Fl.Nr. …9 zum Grundstück Fl.Nr. …1 zu gelangen, dies zum einen durch das Gebäude hindurch, das auf Grundstück Fl.Nr. …9 direkt an der F … Straße - Orts Straße gelegen ist, und zum anderen durch das Gittertor, durch welches man von der F … Straße - Orts Straße ohne Durchquerung des Hauses auf Grundstück Fl.Nr. …9 gelangt. Auch kann man sodann das Grundstück Fl.Nr. …9 überqueren, Grundstück Fl.Nr. …1 betreten und durch den Hintereingang in das darauf befindliche Gebäude gelangen. Allerdings ist kein Hinweis darauf vorhanden, dass das Grundstück Fl.Nr. …1 ungeachtet dessen eigener Anbindung an die W3 …Straße von der F … Straße - Orts Straße aus über die aufgezeigten Wege in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen wird. Dies geht aus der Gestaltung der Örtlichkeiten hervor. Vom Haupteingang des auf Grundstück Fl.Nr. …9 an der F … Straße - Orts Straße gelegenen Gebäudes gelangt man nicht ohne weiteres in den Hof und damit zu Grundstück Fl.Nr. …1. Die Tür aus dem Vordergebäude in den Hof (vgl. Lichtbilder 12 und 17, Blatt 127 und 129 der Gerichtsakte) ist verschlossen. Im an der F … Straße - Orts Straße gelegenen Gebäude besteht kein Hinweisschild auf das auf Grundstück Fl.Nr. …1 gelegene Gebäude mit dem therapeutischen Heim (vgl. Lichtbild Nr. 11, Blatt 127 der Gerichtsakte). Das genannte Gittertor (vgl. Bilder Nr. 14, 15 und 16, Blatt 128 der Gerichtakte) mit dem Zugang zum Hof auf Grundstück Fl.Nr. …9 ist ohne jegliche Kennzeichnung. Damit besteht kein von der Klägerseite bewusst gewollter und in nennenswertem Umfang genutzter Durchgang von der F … Straße - Orts Straße über Grundstück Fl.Nr. …9 zu Grundstück Fl.Nr. …1. Dieses ist vielmehr auf die W3 …Straße hin ausgerichtet (vgl. Lichtbilder 5 und 7, Blatt 126 der Gerichtsakte). Dies gilt auch für die Situation innerhalb des Gebäudes auf Grundstück Fl.Nr. …1 (Lichtbild 3 und insbesondere Lichtbild 4, Blatt 125 der Gerichtsakte, welches den Hinterausgang aus dem Gebäude auf Grundstück Fl.Nr. …1 zum Hof zeigt, vgl. auch Lichtbild 19, Blatt 129 der Gerichtsakte und Lichtbild 22, Blatt 130 der Gerichtsakte, welchen diesen Hinterausgang von außen zeigen). Dieser ist eher dafür angelegt, um den Sitz Platz mit Grillstelle auf Grundstück Fl.Nr. …1 zu nutzen (vgl. Lichtbild 20, Blatt 129 der Gerichtsakte).

Sonstige Anhaltspunkte, die auf eine (wahrscheinliche) tatsächliche Inanspruchnahme schließen lassen könnten, liegen nicht vor. Die einheitliche Nutzung der Anlieger- und Hinterliegergrundstücke als Betriebsgelände in der Hand eines einzigen Eigentümers/Erbbauberechtigten reicht hierzu nicht aus (BayVGH, U.v. 25.10.2012 - 6 B 10.133 - juris Rn. 47). An seiner früheren anders lautenden Rechtsprechung hält der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich nicht mehr fest (vgl. BayVGH, U.v. 25.10.2012 - 6 B 10.133 - juris Rn. 47). Eine einheitliche Nutzung ist ebenso wie eine Eigentümeridentität als solche neutral und lässt für sich betrachtet nicht den Schluss zu, die abzurechnende Straße werde von einem nicht gefangenen Hinterliegergrundstück aus über das Anliegergrundstück in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen (BayVGH, U.v. 25.10.2012 - 6 B 10.133 - juris Rn. 47). Hinzukommen muss vielmehr noch ein tatsächliches Element, das, wie oben ausgeführt, nicht vorhanden ist.

Nach diesen Verhältnissen kann es keine berechtigte Erwartung der anderen Anlieger der F … Straße - Orts Straße geben, dass das Grundstück Fl.Nr. …1 zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke gehört (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 12.11.2014 - 9 C 4.13 - juris Rn. 21).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Erkenntnis, dass sämtliche auf Grundstück Fl.Nr. …9 befindlichen Gebäude gewerblich genutzt werden, welche das Gericht darauf gestützt hat, der der gewerblichen Nutzung zuzurechnende Verkehr insbesondere des therapeutischen Heims … im zur W3 …Straße gelegenen Bereich des Grundstücks Fl.Nr. …9 könne auch über die F … Straße - Orts Straße abgewickelt werden (vgl. oben). Denn die Konstellation eines mehrfach erschlossenen Grundstücks im Zusammenhang mit der Frage, ob der auf diesem Grundstück durch dessen gewerbliche Nutzung entstehende Verkehr (teilweise) ausschließlich über die nicht abzurechnende Straße abgewickelt wird, zu unterscheiden von der Konstellation eines nicht gefangenen Hinterliegergrundstücks im Zusammenhang mit der Frage, ob über das Vorderliegergrundstück mittels eines eigens angelegten Zugangs/einer eigens angelegten Zufahrt Verkehr in nennenswertem Maße zur abzurechnenden Straße hin abgewickelt wird. Denn Grundlage der Beurteilung der Mehrfacherschließungssituation ist die Hinwegdenkenstheorie des Bundesverwaltungsgerichts, die aber im Rahmen der Frage nach der Zulässigkeit des Artzuschlags keine Rolle spielt (vgl. BVerwG, U.v. 23.1.1998 - 8 C 12.96 - BverwGE 106, 147, 151). Dies bedeutet also, dass die Maßstäbe für die Beurteilung eines Artzuschlags einerseits und für die Beurteilung eines nicht gefangenen Hinterliegergrundstücks andererseits unterschiedlich sind.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass das Grundstück Fl.Nr. …1 als nicht gefangenes Hinterliegergrundstück hinsichtlich der abzurechnenden F … Straße - Orts Straße nicht beitragspflichtig ist. Damit erweist sich der auf Grundstück Fl.Nr. …1 bezogene Bescheid der Beklagten vom 19. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2015 als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit war der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 19.11.2015 00:00

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Würzburg Aktenzeichen: W 3 K 14.1391 Im Namen des Volkes Urteil vom 19. November 2015 3. Kammer Sachgebiets-Nr: 1132 Hauptpunkte: Straßenausbaubeitrag; Vor
published on 08.01.2015 00:00

Tenor I. Der Antrag der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 28. Dezember 2012 - B 4 K 10.602 - wird abgelehnt. II. Die Beigeladene hat die Kosten des Zulassungsverfahr
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum,
2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße,
3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen,
5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie
6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner

1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten,
2.
in Luftkurorten,
3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung,
4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen,
4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes,
4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden,
5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie
6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können.

(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen

1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen,
2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen,
2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen,
3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen,
4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie
5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.

(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.

(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.

(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.

(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.

(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.

(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.

(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.

(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.

(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.

(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.

(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.

(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,
6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz,
8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
Satz 3 gilt ferner nicht für Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 Nummer 3 zur Beseitigung oder Abmilderung von erheblichen Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz hervorgerufen worden sind. Satz 3 gilt zudem nicht zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen nach Absatz 1f.

(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.

(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.