Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 29. Juni 2017 - W 1 K 17.30523
Tenor
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Ziffern 4,5 und 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. Dezember 2016 verpflichtet festzustellen, dass bei den Klägern ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 15. Dezember 2016 zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
die Klage abzuweisen.
Gründe
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 29. Juni 2017 - W 1 K 17.30523
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 29. Juni 2017 - W 1 K 17.30523
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht Würzburg Urteil, 29. Juni 2017 - W 1 K 17.30523 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. September 2016 - A 5 K 5074/16 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
| |||
|
Entscheidungsgründe
| ||||
| ||||
|
| |||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
| |||
|
| |||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
| |||
|
| |||
| ||||
|
Gründe
| ||||
| ||||
|
| |||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
| |||
|
| |||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
| |||
|
| |||
| ||||
|
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
I.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg
II.
Die Beklage hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Von den Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht haben die Kläger ¾ und die Beklagte ¼ zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
Die Berufung wird hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsschutzes zugelassen.
Gründe
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 22. Juni 2009 geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt in allen Instanzen der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Der am … 1972 in Kabul/Afghanistan geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, tadschikischer Volks- und schiitischer Religionszugehörigkeit. Eigenen Angaben zufolge verließ er am 20. September 1998 Afghanistan und reiste am 27. September 1998 auf dem Luftweg nach Deutschland ein. Hier beantragte er am 28. September 1998 seine Anerkennung als Asylberechtigter.
2Am 19. Oktober 1998 wurde der Kläger vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt), angehört. Dort machte er u.a. folgende Angaben: Er habe in Kabul die Schule nach der zwölften Klasse mit dem Abitur beendet. In seiner Jugendzeit in der Schule sei er aktives Mitglied der Jugendorganisation der kommunistisch geprägten Demokratischen Volkspartei Afghanistans (DVPA) gewesen. 1992 sei er nach Mazar-e-Sharif gegangen und habe dort bis zu seiner Ausreise als Lehrer an einer Oberrealschule gearbeitet, die Klassen 2 und 3 unterrichtet und davon finanziell gut leben können. Die Taliban hätten bei einer Hausdurchsuchung bei ihm Unterlagen über seine Lehrertätigkeit und die Tätigkeit bei der DVPA gefunden. Dies hätten sie zum Anlass genommen, seinen Bruder vor den Augen der Eltern zu töten. Letzteres habe seine Schwester ihm mitgeteilt.
3Mit Bescheid vom 1. Februar 1999 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers ab und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG 1990 nicht vorliegen. Darüber hinaus enthält der Bescheid die Feststellung, dass hinsichtlich Afghanistan ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990 vorliegt, jedoch im Übrigen keine Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG 1990. Zur Begründung dieser Feststellung führte das Bundesamt aus, es sei von erheblichen, individuellen und konkreten Gefahren für den Antragsteller wegen seiner Religionszugehörigkeit und seiner Tätigkeit für die früheren Machthaber auszugehen. Weitere Abschiebungshindernisse auch in Bezug auf andere Staaten seien nicht ersichtlich.
4Die hiergegen (verfristet) erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Wiesbaden mit Gerichtsbescheid vom 20. Januar 2000 ab. Seinen Folgeantrag vom 10. August 2001 nahm der Kläger mit Schriftsatz seiner damaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 24. September 2002 zurück.
5Mit Schreiben vom 9. Januar 2007 teilte das Bundesamt dem Kläger die Absicht mit, den gewährten Abschiebungsschutz gemäß § 73 AsylVfG (jetzt AsylG) zu widerrufen und festzustellen, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG in der Fassung vom 30. Juli 2004 vorliegen. Zur Begründung dafür führte es aus, dass dem Kläger aufgrund der veränderten Situation in Afghanistan zumindest im Raum Kabul keine erhebliche oder gar extreme Gefahr für Leib oder Leben drohe.
6Nachdem der Kläger hierauf - mit Ausnahme eines Akteneinsichtsgesuchs seines Verfahrensbevollmächtigten - nicht reagiert hatte, widerrief das Bundesamt mit Bescheid vom 3. April 2008 die mit Bescheid vom 1. Februar 1999 getroffene Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990 und stellte gleichzeitig fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG in der Fassung vom 25. Februar 2008 nicht vorliegen. Zur Begründung führte das Bundesamt u.a. aus, die in dem Bescheid vom 1. Februar 1999 getroffene Feststellung eines Abschiebungshindernisses habe im Wesentlichen darauf beruht, dass dem Kläger wegen der damaligen allgemeinen Situation eine Gefährdung im Sinne des § 53 Abs. 6 AuslG 1990 gedroht habe. Diese Voraussetzungen lägen nicht mehr vor. Eine Gefährdung im Sinne des § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG 1990 bzw. eine erhebliche konkrete Gefährdung im Sinne des § 53 Abs. 6 AuslG 1990 habe der Kläger nicht geltend gemacht. Auch eine extreme Gefahrenlage, die bei verfassungskonformer Auslegung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG 1990 zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990 führen würde, liege nicht mehr vor. Die Sicherheits- und Versorgungslage sei zumindest im Raum Kabul nicht derart schlecht, dass jeder Rückkehrer „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“.
7Gegen den am 7. April 2008 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 21. April 2008 Klage beim Verwaltungsgericht Minden erhoben, zu deren Begründung er u.a. Folgendes geltend gemacht hat: In seinem Heimatland herrsche ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt. Angesichts der schlechten Versorgungslage werde er im Falle einer Rückkehr seinen Lebensunterhalt weder in Kabul noch in einer anderen Provinz sicherstellen können. Zudem befürchte er, aufgrund seiner früheren Mitgliedschaft in der Jugendorganisation der DVPA und des den Taliban in die Hände gefallenen Filmmaterials über einen Folkloretanz mit ihm und jungen Frauen durch die Taliban verfolgt zu werden. In die Jugendorganisation der DVPA habe er allerdings eintreten müssen. Zu seiner Tätigkeit als Lehrer hat er in der mündlichen Verhandlung erklärt, in Afghanistan habe er nur in den unteren Klassen und diese auch unentgeltlich unterrichtet, weil er selbst keine abgeschlossene Schulausbildung habe. Er sei von Beruf Bauer. Zu seinem Bruder hat er in der mündlichen Verhandlung angegeben, der Nachbar habe ihm erzählt, dass der Bruder von den Taliban mitgenommen worden sei. Was aus ihm geworden sei, wisse er nicht. Auf Vorhalt hat der Kläger ergänzt, der Nachbar habe ihm erzählt, dass sein Bruder vor den Augen der Eltern getötet worden sei. Die Schwester sei zum Nachbarn gekommen und er habe es dann über sie erfahren. Außerdem sei er hier in Deutschland mit einer georgischen Frau verheiratet gewesen, von der er jedoch zwischenzeitlich geschieden sei.
8Der Kläger hat beantragt,
9die Beklagte unter entsprechender Aufhebung ihres Bescheides vom 3. April 2008 zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der Fassung vom 25. Februar 2008 vorliegen, und Afghanistan als Zielstaat zu bezeichnen, in den er nicht abgeschoben werden darf,
10hilfsweise
11die Beklagte unter entsprechender Aufhebung ihres Bescheides vom 3. April 2008 zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, und Afghanistan als Zielstaat zu bezeichnen, in den er nicht abgeschoben werden darf.
12Die Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. Juni 2009 mit dem Hauptantrag abgewiesen und hat ihr mit dem Hilfsantrag stattgegeben, indem es die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 3. April 2008 verpflichtet hat, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt, und Afghanistan als Zielstaat zu bezeichnen, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten, soweit mit ihm unter Widerruf des Bescheides vom 1. Februar 1999 festgestellt worden sei, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der Fassung vom 25. Februar 2008 nicht vorliegen würden. Er sei hingegen rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, soweit mit ihm festgestellt worden sei, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliege. Zwar sei für den Raum Kabul der Grad bürgerkriegs- oder guerilliaähnlicher Kampfhandlungen, die die Annahme eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts rechtfertigten, nicht erreicht. Der Kläger habe aber aufgrund der allgemeinen Lebensverhältnisse in Afghanistan einen aus Verfassungsrecht ableitbaren Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Denn bei einer Rückkehr dorthin sei er mit Blick auf seinen langjährigen Aufenthalt im westlichen Ausland und den damit einhergehenden Verlust sozialer und familiärer Netzwerke einer extremen Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt, da er voraussichtlich nicht in der Lage wäre, sich im alltäglichen Existenzkampf zu behaupten.
15Nach Zulassung der Berufung der Beklagten hat der Senat mit Urteil vom 26. August 2014 das verwaltungsgerichtliche Urteil geändert, soweit es die Beklagte verpflichtet hat, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt, und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, das Bundesamt sei im Rahmen des Widerrufsbescheids unzutreffend davon ausgegangen, dass die allgemeine Situation maßgeblich für den ihm gewährten Abschiebungsschutz gewesen sei. Daher enthalte dieser keinen auf die ursprünglichen Anerkennungsvoraussetzungen bezogenen Vergleich zwischen den damaligen und den aktuellen Verhältnissen. Es fehle demzufolge an dem für den Widerruf nach § 73 c Abs. 2 AsylVfG erforderlichen und von der Beklagten zu erbringenden Nachweis, dass sich die Sachlage mit Blick auf die ursprünglich angenommene Gefährdung des Klägers wegen seiner schiitischen Religionszugehörigkeit und seiner Tätigkeit für die früheren Machthaber so verändert habe, dass die Voraussetzungen für das festgestellte Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990 (jetzt § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) entfallen seien. Der Widerrufsbescheid sei daher rechtswidrig. Der diesbezügliche Vortrag im Berufungsverfahren ändere daran nichts. Ein Nachschieben von Gründen komme nicht in Betracht, da dies zu einer Wesensänderung des Bescheides führen würde.
16Nach Zulassung der Revision der Beklagten hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Senats durch Urteil vom 29. Juni 2015 - 1 C 2.15 - aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Widerrufsbescheid sei umfassend auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen. Das Gericht habe dabei auch vom Kläger nicht geltend gemachte Anfechtungsgründe sowie von der Behörde nicht angeführte Widerrufsgründe einzubeziehen. Die Aufhebung eines nicht im Ermessen stehenden Verwaltungsakts setze nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO seine objektive Rechtswidrigkeit voraus; daran fehle es auch dann, wenn er aus einem im Bescheid oder im Verfahren nicht angesprochenen Grund rechtmäßig sei. Liege der im Widerrufsbescheid allein angeführte Widerrufsgrund nicht vor, so sei eine Klage erst dann begründet, wenn der Bescheid unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten nicht haltbar sei und er den Adressaten in seinen Rechten verletze, insbesondere also, wenn andere in Betracht kommende Widerrufsgründe ausschieden. Dies entspreche der im Asylverfahren geltenden Konzentrations- und Beschleunigungsmaxime, nach der alle in einem Asylprozess typischerweise relevanten Fragen in einem Prozess abschließend geklärt werden sollen. Diese Grundsätze seien gleichermaßen gültig für den Widerruf der Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 73c Abs. 2 AsylVfG.
17Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen vor: Die Begründung, mit der das Verwaltungsgericht zugunsten des Klägers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG angenommen habe, widerspreche der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen. Denn danach bestehe in Afghanistan für Rückkehrer - abgesehen von Ausnahmekonstellationen, die durch das Hinzutreten besonderer Umstände gekennzeichnet seien - auch dann keine extreme Gefahrenlage, wenn die Aufnahme in einen funktionierenden Familienverband nicht gewährleistet sei. Der Kläger könne zudem auch freiwillig unter Inanspruchnahme von der für diesen Fall zur Verfügung gestellten Starthilfe in Höhe von 750 € zurückkehren. Damit sei selbst eine längere Übergangsphase überbrückbar. Der Kläger habe zum Zeitpunkt des Widerrufs des Abschiebungsschutzes weder mit Blick auf seine kommunistische Vergangenheit noch auf seine tadschikische Volkszugehörigkeit mehr mit Verfolgung rechnen müssen. Er sei im Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids bereits seit 10 Jahren nicht mehr in Afghanistan gewesen. Dass sich zu dieser Zeit noch jemand an seine kommunistische Vergangenheit oder an die angeblich den Taliban in die Hände gefallenen Filmaufnahmen erinnere oder dies erfahren hätte, sei höchst unwahrscheinlich. Auch eine Gefährdung wegen seiner tadschikischen Volkszugehörigkeit habe bereits 2008 nicht bestanden.
18Die Beklagte beantragt,
19die Klage unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Minden vom 22. Juni 2009 abzuweisen.
20Der Kläger beantragt,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Zur Begründung verweist er auf die nach wie vor prekäre Sicherheits- und Versorgungslage in Kabul, die sich speziell für Rückkehrer gefahrerhöhend auswirke und die Gewährung von Abschiebungsschutz gebiete. Außerdem lägen bei ihm gefahrerhöhende Umstände vor, da den Taliban Filmmaterial in die Hände gefallen sei, auf dem er beim Tanz mit jungen Mädchen zu sehen sei, er Mitglied der Jugendorganisation der DVPA gewesen sei sowie ein Bruder von ihm von den Taliban mitgenommen worden sei. Überdies sei er - der Kläger - mit einer Frau aus Georgien verheiratet gewesen, was auf erheblichen Widerstand in der afghanischen Gesellschaft stoße. Aus dieser Beziehung seien zudem eine 2001 geborene Tochter und ein 2003 geborener Sohn hervorgegangen. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für seine Kinder habe seine Frau. Sie seien jedoch gemeinsam sorgeberechtigt. Zu seinem Sohn bestehe eine starke persönliche Verbundenheit. Er habe zu seinem Sohn regelmäßig Kontakt und übernehme einen erheblichen Anteil an der Erziehung. Mit seiner Ausreise wäre ein notwendiger weiterer Kontakt nicht mehr möglich. Schon aus Gründen des Art. 6 GG sei mindestens die weitere Aussetzung der Abschiebung dringend geboten. Eine Abschiebung würde zudem gegen Art. 8 EMRK verstoßen.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben und die Beklagte unter entsprechende Aufhebung des Bescheides vom 3. April 2008 verpflichtet, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt, und Afghanistan als Zielstaat zu bezeichnen, in den der Kläger nicht abgeschoben werden darf.
26Gegenstand des Berufungsverfahrens ist vorrangig die Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheids der Beklagten vom 3. April 2008. Der Klageantrag ist bei verständiger Würdigung unter Berücksichtigung seiner Formulierung in der Klageschrift vom 21. April 2008 im Lichte des Klagebegehrens sowie mit Blick darauf, dass es sich bei dem nationalen Abschiebungsschutz um einen einheitlichen, in sich nicht weiter teilbaren Streitgegenstand handelt, dahin auszulegen, dass es dem Kläger in erster Linie um die Aufhebung des Widerrufsbescheids geht (1.) und er lediglich hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten begehrt, festzustellen, dass Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (2.).
27Vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Juni 2015 - 1 C 2.15 -, juris, Rn. 14, vom 29. September 2011 - 10 C 2.10 - , juris, Rn. 16 und 9, und vom 8. September 2011 - 10 C 14/10 -, juris, Rn. 17.
281.
29Der so verstandene Hauptantrag ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 3. April 2008 ist, soweit darin der Widerruf der Feststellung, dass ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG 1990 vorliegt, erfolgt (Ziffer 1), rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Abzustellen ist für die Entscheidung über die Berufung gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, hier also auf das Asylgesetz in der Fassung vom 2. Februar 2016 sowie das Aufenthaltsgesetz in der Fassung vom 17. Februar 2016; die Änderungen während des Berufungsverfahrens haben nicht zu einer Änderung des Streitgegenstands geführt.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2015 - 1 C 2.15‑, juris, Rn. 11; OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2014 - 9 A 2561/10.A -, juris, Rn. 26; Sächsisches OVG, Urteil vom 29. April 2014 - A 4 A 104/14 -, juris, Rn.16. ff., jeweils für die wesentliche Änderung durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU.
31Rechtsgrundlage und Prüfungsmaßstab des angefochtenen Bescheids ist danach § 73c Abs. 2 AsylG, wonach die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG (früher: § 53 Abs. 6 AuslG 1990) zu widerrufen ist, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Durch diese über Art. 1 Nr. 48 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474) in das Asylverfahrensgesetz eingefügte Regelung sind die Rechtsfolgen des Widerrufs der Feststellung nationaler Abschiebungshindernisse ohne materielle Änderungen aus der Vorgängerregelung des § 73 Abs. 3 AsylVfG a. F. ausgelagert worden.
32Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 17/13063, S. 23.
33Der Widerruf des Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990 (jetzt: § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) in dem Bescheid vom 3. April 2008 ist formell rechtmäßig. Die Überschreitung der Jahresfrist des § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG i.V.m. § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG zwischen der Einleitung des Anhörungsverfahrens und der Widerrufsentscheidung steht dem nicht entgegen, da diese Frist im Rahmen des § 73c Abs. 2 AsylG, ebenso wie auf den Widerruf der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft, keine Anwendung findet. Auch diese Entscheidung knüpft allein an den Wegfall der Voraussetzungen eines zuvor festgestellten Abschiebungshindernisses und damit an die objektive Sach- und Rechtslage an.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2015 - 1 C 2.15 -, juris, Rn. 12, m.w.N.
35Der in Ziff. 1 des Bescheides der Beklagten erfolgte Widerruf ist auch materiell rechtmäßig.
36Nach § 73 c Abs. 2 AsylG ist die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Auf diese Vorschrift ist auch der Widerruf eines Abschiebungsverbots nach § 53 Abs. 6 AuslG 1990 zu stützen, dem § 60 Abs. 7 AufenthG in der Fassung vom 17. Februar 2016 inhaltlich entspricht.
37Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2015 - 1 C 2.15 -, juris, Rn. 11; BayVGH, Urteil vom 16. Januar 2014 ‑ 13a B 13.30025 ‑, juris.
38Dies erfordert die Feststellung einer derartigen Veränderung der Sachlage, dass die Voraussetzungen für das festgestellte Abschiebungshindernis - hier nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990 (jetzt: § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG) - entfallen sind. § 73c Abs. 2 AsylG verlangt dabei ebenso wie vormals § 73 Abs. 3 AsylVfG eine beachtliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse. Durch neue Tatsachen muss sich eine andere Grundlage für die Gefahrenprognose bei dem jeweiligen Abschiebungsverbot ergeben. Sind danach die tatsächlichen Voraussetzungen für das konkret festgestellte Abschiebungsverbot entfallen, ist zudem zu prüfen, ob nationaler zielstaatsbezogener Abschiebungsschutz aus anderen Gründen besteht (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG einschließlich der verfassungskonformen Anwendung von Satz 1 und Satz 2 in der Fassung vom 17. Februar 2016).
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 ‑ 10 C 24.10 -, juris, Rn. 17, zu § 73 Abs. 3 AsylVfG.
40Im Anfechtungsprozess gegen den Widerruf von Abschiebungsschutz nach nationalem Recht nach § 73c Abs. 2 AsylG hat das Verwaltungsgericht den Widerrufsbescheid umfassend auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen und dabei auch vom Kläger nicht geltend gemachte Anfechtungsgründe sowie von der Behörde nicht angeführte Widerrufsgründe einzubeziehen.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2015 - 1 C 2.15 -, juris, Rn. 14; und vom 31. Januar 2013 - 10 C 17.12 -, juris, Rn. 9.
42In Anwendung dieser Grundsätze sind die tatsächlichen Voraussetzungen des konkret festgestellten Abschiebungsverbots entfallen und auch aus anderen Gründen besteht kein nationaler zielstaatsbezogener Abschiebungsschutz.
43Das Bundesamt hat im Bescheid vom 1. Februar 1999 das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, also das Vorliegen einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit für den Kläger in Afghanistan mit seiner Religionszugehörigkeit zu den Schiiten und seiner Tätigkeit für die früheren Machthaber begründet sowie zum Beleg dafür auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 3. November 1998 verwiesen.
44Diese angenommene Gefährdungslage hat sich zwischenzeitlich beachtlich geändert.
45Im Gegensatz zu den Verhältnissen im Jahr 1999 ist nicht mehr davon auszugehen, dass die Religionszugehörigkeit zu den Schiiten (auch nicht in Verbindung mit seiner tadschikischen Volkszugehörigkeit) für den Kläger eine erhebliche, individuelle Gefahr i.S.v. (dem § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990 entsprechenden) § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründet.
46Zwar war die schiitische Minderheit, der etwa 15% der afghanischen Bevölkerung angehören, traditionell Diskriminierungen ausgesetzt, die auch heute teilweise noch anhalten. Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und Sunniten im Alltagsleben sind jedoch selten. Eine Anschlagsserie auf schiitische religiöse Stätten gab es anlässlich des schiitischen Aschura-Festes am 6. Dezember 2011 (Kabul, Mazar-e-Scharif und Kandahar). Allerdings konnten (auch) dadurch nach Auffassung des Auswärtigen Amtes Auswirkungen auf das nicht ganz spannungsfreie, aber insgesamt doch verträgliche Zusammenleben nicht beobachtet werden. In den Folgejahren verlief das Fest zudem friedlich. Ferner sind Vertreter der Schiiten auch an namhafter Stelle im Parlament, der Regierung sowie in sonstigen öffentlichen Ämtern, wie dem Rat der Religionsgelehrten und dem Hohen Friedensrat, repräsentiert. Auch können Schiiten grundsätzlich ohne Einschränkungen am öffentlichen Leben teilnehmen.
47Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand November 2015, S.12; UNHCR-Richtlinien vom 6. August 2013 zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, S. 51.
48Dass der Kläger darüber hinaus heute noch in Anknüpfung an seine schiitische Religionszugehörigkeit gezielt durch die Taliban verfolgt würde, ist nicht ersichtlich. Maßnahmen der Taliban gegen Schiiten (Übergriffe, Tötungen, Verschleppungen), wie sie vor der Ausreise des Klägers im Jahre 1998 in Mazar-e-Sharif in großer Zahl verübt wurden,
49vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Afghanistan, Stand November 1998, II. S. 3,
50und die eine konkrete Betroffenheit des Klägers auslösen, sind seit dem Ende der Taliban-Herrschaft im Jahre 2001 weder in Kabul noch in Mazar-e-Sharif vorgekommen.
51Im Hinblick auf die Tätigkeiten des Klägers für die früheren (kommunistischen) Machthaber ist ebenfalls eine beachtliche Änderung der Sachlage eingetreten. Die vom Kläger geltend gemachten Vorfälle - das Erscheinen von Taliban erst bei ihm zu Hause in Mazar-e-Sharif und später bei seinen Eltern, die Beschlagnahme von Unterlagen über seine Lehrertätigkeit sowie seine Tätigkeit bei der Jugendorganisation der Demokratischen Volkspartei Afghanistans (DVPA) - sollen sich vor ca. 17 Jahren ereignet haben. Sie erfolgten danach im Jahr 1998, in dem die Taliban Mazar-e-Sharif eroberten. Im Zusammenhang damit soll es zu einer großen Zahl von Übergriffen, Tötungen und Verschleppungen von Schiiten gekommen sein. Es sollen mehrere Tausend Schiiten in Mazar umgekommen sein.
52Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Afghanistan, Stand November 1998, II. S. 3.
53Die Tätigkeit für die Jugendorganisation der DVPA betrifft zudem einen Zeitraum weit davor bis spätestens Ende 1991. Das war vor mittlerweise fast 25 Jahren. In Anbetracht des Vorstehenden und unter Berücksichtigung, dass der Kläger weder ein Funktionsträger der Partei oder von deren Jugendorganisation noch ein besonderer Repräsentant des früheren kommunistischen Regimes war, kann nicht angenommen werden, dass dem Kläger bei Rückkehr nach Afghanistan deshalb (noch) eine extreme Gefahrenlage droht. Diese Umstände sind im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weggefallen. Dies ergibt sich auch aus der Auskunftslage. So führt das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht 1998 noch aus, es sei damit zu rechnen, dass Personen, die persönlich für Gewalttaten während der kommunistischen Zeit verantwortlich gemacht werden, Opfer von Repressalien und Racheakten würden. Repressalien hätten mit großer Wahrscheinlichkeit auch prominente Funktionäre des kommunistischen Regimes und des früheren Geheimdienstes KHAD zu erwarten. Dies gelte jedoch mit wachsendem Zeitabstand zum Sturz des kommunistischen Regimes (1992) mit abnehmender Wahrscheinlichkeit, die für niedrige Funktionäre und einfache Mitläufer noch weiter abnehme.
54Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Afghanistan, Stand November 1998, II. S. 3.
55Im Lagebericht 2007 heißt es, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die afghanische Regierung ehemalige Kommunisten verfolge. Eine Gefährdung - auch an Leib und Leben - hochrangiger früherer Repräsentanten der Demokratischen Volkspartei Afghanistans (DVPA) oder ehemaliger führender Geheimdienst-, Militär- und Polizeirepräsentanten durch private Racheakte könne nach Auffassung internationaler Beobachter nicht ausgeschlossen werden. Zum Teil würden diese auch durch Polizei- und Geheimdienstmitarbeiter verübt, die als Mudschahedin gegen das DVPA-Regime gekämpft hätten. Es bestünden Hinweise darauf, dass einzelne Regierungsmitglieder „privat“ Verfolgung, Repression und auch Tötung ehemaliger Feinde billigten. Einige ehemalige Kommunisten, die sich in Kabul aufhielten, könnten dies nur deshalb gefahrlos tun, weil sie über entsprechende Netzwerke und Kontakte, auch zu Regierungsvertretern, verfügten.
56Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand Februar 2007, S. 11.
57Im aktuellen Lagebericht von Ende 2015 heißt es dann nur noch, ehemalige Kommunisten versuchten in der Regel, ihre Vergangenheit zu verbergen. Viele von ihnen seien allerdings weiterhin in der afghanischen Politik aktiv. Zu ihrer Überzeugung würden sie sich in der breiten Öffentlichkeit ebenso wenig bekennen wie säkular-demokratisch denkende Politiker.
58Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand November 2015, S. 8.
59Daraus ergibt sich zum einen, dass die Bedrohung ehemaliger Kommunisten insgesamt immer weniger wahrscheinlich ist und ohnehin mit abnehmender Bedeutung der Person im kommunistischen Regime nachlässt. Auch der UNHCR führt in seinen Richtlinien diese Personengruppe nicht als gefährdete Gruppe auf.
60Vgl. UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, August 2013, S. 34 ff.
61Fraglich ist zudem, ob der Kläger nach der langen Zeit in Afghanistan überhaupt erkannt werden würde, zumal er nicht im ländlichen Bereich gewohnt hat, sondern ausschließlich in Großstädten (Kabul, Mazar-e-Sharif). Es ist daher schon nicht für Mazar-e-Scharif und erst recht nicht für Kabul von einer gezielten Verfolgung des Klägers auszugehen.
62Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist dem Kläger Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG auch nicht aus anderen Gründen zu gewähren.
63Hinsichtlich der früheren Ehe des Klägers, die er in Deutschland mit einer georgischen Frau geschlossen hatte, ist eine Gefährdung nicht anzunehmen. Eine solche könnte allenfalls dann vorliegen, wenn er noch mit der Frau verheiratet wäre und diese mit ihm nach Afghanistan ausreisen würde.
64Vgl. etwa für eine Russin Auskunft Dr. Danesch an das VG Augsburg vom 15. April 2008.
65Dies ist aber nicht der Fall, denn er ist zwischenzeitlich geschieden.
66Der Vortrag zum Schicksal seines Bruders ist bereits widersprüchlich und daher schon unglaubhaft. Aber selbst wenn der Bruder von den Taliban vor nunmehr 17 Jahren in Mazar-e-Sharif verschleppt oder gar getötet worden sein sollte, ist nicht anzunehmen, dass daraus für den Kläger noch eine Gefährdung i.S.v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG resultiert, zumal der Zeitpunkt der Verschleppung zusammentrifft mit der Einnahme der Stadt Mazar-e-Sharif durch die Taliban, die gerade in diesem Zuge viele Schiiten verletzten, töteten oder verschleppten (s.o.).
67Die vom Kläger geltend gemachte Gefährdung aufgrund der allgemeinen Versorgungs- und Sicherheitslage führt ebenfalls nicht zu einem Abschiebungsverbot. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst grundsätzlich nur einzelfallbezogene, individuell bestimmte Gefährdungssituationen. Gefahren, denen die Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppen allgemein ausgesetzt ist bzw. sind, werden ausschließlich bei Entscheidungen über eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG berücksichtigt, selbst wenn sie den Einzelnen konkret und individualisierbar zu treffen drohen. Eine verfassungskonforme Auslegung unter Berücksichtigung der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs.1 GG gebietet es jedoch, trotz der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der Fassung vom 2. Februar 2016 und einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in den Fällen zu gewähren, in denen der Ausländer bei einer Rückkehr in sein Heimatland aufgrund der dortigen Existenzbedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.
68Vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Juli 2001 - 1 C 2.01 -, vom 26. Juni 2010 - 10 C 10.09 - und vom 29. September 2011 - 10 C 24.10 -; OVG NRW, Urteil vom 27. Januar 2015 ‑ 13 A 1201/12.A -, Beschluss vom 10. September 2014 ‑ 13 A 984/14.A -, jeweils veröffentlicht in juris.
69Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Dieser hohe Wahrscheinlichkeitsgrad ist ohne Unterschied in der Sache in der Formulierung damit umschrieben, dass die Abschiebung dann ausgesetzt werden muss, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde". Schließlich müssen sich die Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 10 C 24.10 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 27. Januar 2015 - 13 A 1201/12.A -, juris.
71Dabei sind die Verhältnisse im ganzen Land in den Blick zu nehmen und zunächst die Verhältnisse am Zielort der Abschiebung zu prüfen.
72Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, juris, Rn. 38.
73Der Kläger lebte zuletzt mehrere Jahre mit seiner Familie (Eltern, Geschwister) in Mazar-e-Sharif, zuvor in Kabul. Zielort der Abschiebung wäre höchstwahrscheinlich Kabul, weil dieses von Deutschland aus relativ unkompliziert angeflogen werden kann. Es ist davon auszugehen, dass er bei einer Rückkehr entweder in Kabul bleibt oder sich in seinen letzten Heimatort vor der Ausreise, also nach Mazar-e-Sharif, begibt. Letzteres ist auch grundsätzlich möglich, weil Mazar-e-Sharif über einen Flughafen verfügt, der auch von zivilen Fluggesellschaften angesteuert wird.
74Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand November 2015, S. 27.
75Der Senat geht auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisquellen davon aus, dass trotz der nach wie vor teilweise äußerst schlechten allgemeinen Versorgungs- und Sicherheitslage mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass nicht jeder Rückkehrer aus Europa den Tod oder schwerste Gesundheitsschäden bei einer Rückführung nach Kabul erleiden müsste. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats und auch der sonstigen obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung. In seinem Urteil vom 26. August 2014 - 13 A 2998/11 - hat der Senat die Sicherheits- und Versorgungslage in Kabul zusammenfassend dargestellt. Ergänzende Ausführungen hat der Senat u.a. im Urteil vom 27. Januar 2015 - 13 A 1201/12.A - und im Beschluss vom 20. Juli 2015 - 13 A 1531/15.A - gemacht. Hierauf wird verwiesen. Dass sich zwischenzeitlich grundlegende Veränderungen ergeben haben, ist auf der Basis aktueller Erkenntnisse nicht anzunehmen. Daraus ist zwar eine Verschlechterung der Sicherheitslage auch in Kabul ersichtlich, die sich allerdings nicht als derartig prekär darstellt, als dass aufgrund dessen jedem dort Lebenden mit hoher Wahrscheinlichkeit schwerste Gesundheitsschäden oder der Tod droht.
76Vgl. zur aktuellen Sicherheitslage u.a. EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation, Januar 2016, S. 30 ff.; ai, Amnesty International Report 2014/15 - The State of The World’s Human Rights - Afghanistan; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand November 2015, S. 4, 23 f.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage, 13. September 2015, S. 3ff., 10, 22.
77Gleiches gilt auch für eine Rückkehr nach Mazar-e-Sharif. Die Stadt befindet sich in der Region Balkh, die trotz einer Verschlechterung der Sicherheitslage im Vergleich mit anderen Landesteilen relativ sicher ist und auch wirtschaftlich moderat prosperiert.
78Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand November 2015, S. 4; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage, 13. September 2015, S. 10; EASO, Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation, Januar 2016, S. 135 f.
79Die Stadt Mazar-e-Sharif schließlich ist eine der sichersten Städte Afghanistans, viel sicherer noch als Kabul. Mit Blick auf die günstige geografische Lage und die Tatsache, dass die Stadt von dem Konflikt der letzten 10 Jahre im Wesentlichen verschont geblieben ist, wird deren politisches und ökonomisches Gewicht immer größer.
80Vgl. EASO, Country of Origin Information Report, Afghanistan, Security Situation, Januar 2016, S. 136.
81Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen droht dem Kläger wegen seines günstigen Risikoprofils weder in Mazar-e-Sharif noch in Kabul eine extreme Gefahrenlage im o.a. Sinne. Zwar ist die humanitäre Lage im Allgemeinen weiterhin äußerst schwierig. Das Verelendungsrisiko einzelner Bevölkerungsgruppen weicht indes stark voneinander ab. Jedenfalls ein arbeitsfähiger, gesunder, alleinstehender Mann ist regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen oder familiären Rückhalt im Falle der Rückkehr nach Afghanistan in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten in seiner Heimatregion oder in Kabul ein kleines Einkommen zu erzielen und damit wenigstens ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten.
82Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - 10 B 16/12 -, juris, Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 26. August 2014 - 13 A 2998/11.A -, juris, Rn. 245; BayVGH, Urteil vom 12. Februar 2015 - 13 a B14.30309 -, juris Rn. 17 m.w.N.; Hess.VGH, Urteil vom 30. Januar 2014 - 8 A 119/12.A -, juris, Rn. 49 ff.; Nds.OVG Urteil vom 28. Juli 2014 - 9 LB 2/13 -, juris, Rdnr. 45.
83Davon geht auch der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen aus, der in seinen Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender ausführt, die einzige Ausnahme von der Anforderung der externen Unterstützung seien alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne festgestellten Schutzbedarf, die unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semiurbanen Umgebungen leben können, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung bieten und unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle stehen.
84Vgl. UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013, S. 9.
85Der Kläger ist gesund, im arbeitsfähigen Alter und alleinstehend. Er trägt keine Unterhaltslasten. Zudem verfügt er über Fähigkeiten, die es ihm in Afghanistan erleichtern dürften, eine Erwerbsgrundlage zu finden. Er hat 12 Jahre die Schule besucht, was ihn von der Mehrheit der afghanischen Bevölkerung unterscheidet. In Afghanistan ist nach wie vor die Analphabetenrate sehr hoch.
86Vgl. Schweizerische Flüchlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage, 13. September 2015, S. 20.
87Außerdem arbeitet der Kläger bereits seit 13 Jahren im Gastronomiebereich und hat dort demzufolge langjährig Berufserfahrung gesammelt. Desweiteren kommt ihm zugute, dass er seine gesamte Jugend in Kabul verbracht und dort zur Schule gegangen ist und sich damit jedenfalls rudimentär in Kabul auskennt. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt auf einem nach westlichen Maßstäben niedrigen Niveau wird sicherstellen können.
88Damit kann auch dahinstehen, ob der Kläger in Afghanistan nicht mehr über Familienangehörige verfügt, auf die er zurückgreifen könnte.
89Der Vortrag des Klägers zum Umgang mit seinem fast 13jährigen, in Deutschland lebenden Sohn, zu dem er regelmäßigen Kontakt pflege, begründet kein - hier zu prüfendes - zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot. Bei einer Vater-Kind-Beziehung mit tatsächlich bestehender persönlichen Verbundenheit, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist, kommt wegen der aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen von Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK ggfs. eine Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG als vorübergehende Aussetzung der Abschiebung in Betracht. Die Entscheidung darüber obliegt jedoch der für den Kläger zuständigen Ausländerbehörde, vgl. § 71 Abs. 1 AufenthG. Das Bundesamt prüft im Rahmen der Entscheidung über den Widerruf von Abschiebungsverbote ausschließlich die zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (vgl. § 73c Abs. 3 i.V.m. § 73 Abs. 3 AsylG).
902.
91Auch der Hilfsantrag des Klägers, gerichtet auf die Verpflichtung der Beklagen zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, ist unbegründet. Der Kläger hat keinen derartigen Anspruch, was sich bereits aus den Ausführungen zu 1. ergibt.
92Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
93Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
94Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Tenor
I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg
II. Die Beklage hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg
II.
Die Beklage hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Von den Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht haben die Kläger ¾ und die Beklagte ¼ zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.