Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 20. Dez. 2016 - W 5 S 16.1159

bei uns veröffentlicht am20.12.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheids des Landratsamts Würzburg vom 11. Oktober 2016 in Ziffer 3 dieses Bescheids wird aufgehoben.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Landratsamts Würzburg, mit dem ihr die Nutzung ihrer Grundstücke als Pferdekoppel bzw. zur Haltung (auch temporär) von Pferden einschließlich Ponys untersagt wurde.

1. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücke N … und … in …, Fl.Nr. …11 und …12 der Gemarkung … Diese liegen im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „E …“ des Marktes …, in Kraft getreten am 7. August 1998. Der Bebauungsplan weist die fraglichen Grundstücke wie auch die sie umgebenden Grundstücke als „Reines Wohngebiet § 3 BauNVO 1990“ aus. Die beiden Grundstücke, die zusammen eine Größe von ca. 50 m × 35 m aufweisen, sind im Wesentlichen bisher unbebaut. Die in nordwestlicher, nordöstlicher und südöstlicher Richtung angrenzenden Grundstücke sind mit Wohnhäusern bebaut. In südwestlicher Richtung schließt sich die Siedlungs Straße („N …“) an.

Bereits im April 2012 teilte ein Nachbar mit, dass die vorgenannten Grundstücke zu einer Pferdekoppel mit einem Pferdeunterstand umgestaltet worden seien und dort drei Ponys gehalten würden und er hierdurch massiv beeinträchtigt werde. Nachdem sich diese Angaben im Rahmen einer Baukontrolle vom 9. Mai 2012 bestätigt hatten, forderte das Landratsamt Würzburg mit Schreiben vom 16. August 2012 die Antragstellerin auf, die Nutzung der Grundstücke zur Pferdehaltung und als Pferdekoppel zu unterlassen sowie die errichteten baulichen Anlagen zu entfernen und die Tiere anderweitig unterzubringen. Mit Schreiben vom 12. September 2012 teilte die Antragstellerin mit, dass sie die Tiere zwischenzeitlich anderweitig untergebracht und den Elektrozaun entfernt habe. Zur Klärung der Zulässigkeit des Zeltes wolle sie eine Bauvoranfrage stellen.

Anlässlich einer Ortseinsicht vom 24. November 2014 zeigte sich ein gegenüber der letzten Ortseinsicht unveränderter Zustand. Die Einzäunung und das Zelt waren noch vorhanden, Pferde waren nicht ersichtlich. Bei einer weiteren Ortseinsicht am 9. Mai 2016 zeigte sich der Grundstückzustand ebenfalls unverändert; es waren drei Pferde ersichtlich.

Mit Schreiben vom 19. Juni 2016 wandte sich ein weiterer Nachbar an die Bauaufsichtsbehörde mit einer Beschwerde bezüglich der auf den Grundstücken der Antragstellerin durchgeführten Tierhaltung bzw. der von dieser ausgehenden akustischen sowie geruchlichen Belästigung.

Daraufhin teilte das Landratsamt Würzburg mit Schreiben vom 24. Juli 2016 der Antragstellerin mit, dass der Erlass einer Beseitigungsanordnung bzw. einer Nutzungsuntersagung beabsichtigt sei, zu deren Erlass sie sich bis spätestens 15. Juli 2016 äußern könne.

Mit Schriftsatz vom 16. August 2016 teilte die Bevollmächtigte der Antragstellerin dem Landratsamt Folgendes mit: Die drei im Eigentum der Antragstellerin stehenden Minishetlandponys würden täglich von der Antragstellerin mit Kindern, die überwiegend in der Nachbarschaft wohnten, von einer gepachteten Weide, die ca. 100 m von den Grundstücken der Antragstellerin entfernt liege, zu den beiden Grundstücken gebracht. Dort befänden sich die Ponys von Montag bis Freitag von ca. 16:00 Uhr bis 20:00 Uhr und samstags und sonntags von etwa 14:00 Uhr bis 20:00 Uhr. Ab September würden die Ponys schon um 19:00 Uhr zurückgebracht. Die Ponys hielten sich auf den beiden Grundstücken lediglich während der Sommermonate zu den vorgenannten Zeiten auf. Den Spätherbst und Winter verbrächten die Tiere in einem Offenstall in Würzburg. Von einer Tierhaltung, also der dauerhaften Unterbringung auf den fraglichen Grundstücken, könne angesichts dieses deutlich eingeschränkten zeitlichen Umfangs des Aufenthalts nicht gesprochen werden. Auch in reinen Wohngebieten seien im Übrigen Anlagen zur Tierhaltung als Nebenanlagen gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zulässig. Es komme hinzu, dass die Kinder, die auf den beiden Grundstücken spielten und sich mit den Ponys beschäftigten, in Familien in der Nachbarschaft zu den beiden Grundstücken lebten. Auch in reinen Wohngebieten seien nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO Anlagen zur Kinderbetreuung zulässig. Es werde eine Unterschriftenliste überreicht, mit der insgesamt 46 Anwohner ausdrücklich darum bäten, den Zustand aufrecht zu erhalten, damit die Kinder weiterhin eine Fläche hätten, auf der sie im Freien spielen könnten.

2. Mit Bescheid vom 11. Oktober 2016 untersagte das Landratsamt Würzburg der Antragstellerin ab sofort, die Grundstücke Fl.Nr. …11 und …12 der Gemarkung … als Pferdekoppel bzw. zur Haltung (auch temporär) von Pferden einschließlich Ponys zu nutzen oder durch Dritte nutzen zu lassen (Ziffer 1) und erklärte, dass für den Fall, dass die Antragstellerin entgegen der Ziffer 1 die Nutzung des Grundstücks als Pferdekoppel bzw. zur Pferdehaltung nicht ab sofort unterlasse, ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,00 EUR fällig werde (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 dieses Bescheides wurde angeordnet (Ziffer 3).

Zur Begründung der genannten Anordnungen führte es im Wesentlichen aus: Würden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften benutzt, so könne diese Benutzung untersagt werden (Art. 76 Satz 2 BayBO). Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO seien im vorliegenden Fall erfüllt, da die betreffende Pferdehaltung auf den genannten Grundstücken planungsrechtlich unzulässig sei. Die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 BauGB seien nicht erfüllt, da die Pferdehaltung hinsichtlich der Art der Nutzung den Festsetzungen des Bebauungsplans „E …“ widerspreche. Denn in dem festgesetzten reinen Wohngebiet sei die Pferdehaltung grundsätzlich unzulässig. Eine Zulässigkeit ergebe sich auch nicht aus einer analogen Anwendung des § 14 BauNVO. Eine Pferdehaltung sei aufgrund der damit typischerweise verbundenen Störungen bereits in einem allgemeinen Wohngebiet nicht zulässig. Seien die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO erfüllt, stehe der Erlass einer Anordnung im pflichtgemäßen Ermessen der Bauaufsichtsbehörde. Dieses Ermessen sei im Fall der Missachtung nachbarschützender Bestimmungen regelmäßig auf ein Einschreiten gegenüber baurechtswidrigen Anlagen und/oder deren Nutzung reduziert. Vorliegend könnten sich die Beschwerde führenden Nachbarn auf den sog. Gebietserhaltungsanspruch berufen, dem nachbarschützende Wirkung zukomme. Das öffentliche Interesse sowie das Interesse der von den mit der Anlage verbundenen Störungen betroffenen Nachbarn an der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände sei höher zu werten, als das Interesse der Betroffenen an der Beibehaltung der planungsrechtlich unzulässigen Verhältnisse. Einem Rechtsmittel gegen die Ziffer 1 dieses Bescheides sei die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zu versagen, da die sofortige Vollziehung dieses Bescheides im öffentlichen Interesse geboten sei. Insbesondere im Hinblick auf die mit der rechtswidrigen Nutzung der Grundstücke verbundenen Beeinträchtigungen der Nachbarn sei ein Zuwarten bis zum Abschluss eines möglichen Rechtsmittelverfahrens nicht vertretbar.

3. Gegen den Bescheid vom 11. Oktober 2016, der Antragstellerin zugestellt am 14. Oktober 2016, ließ die Antragstellerin durch ihre Bevollmächtigte am 14. November 2016 Klage erheben (W 5 K 16.1158). Im hiesigen Verfahren stellte sie den Antrag,

die sofortige Vollziehung des Bescheids des Landratsamt Würzburg vom 11. Oktober 2016 aufzuheben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen unter Vertiefung des Vortrags im Verwaltungsverfahren Folgendes vorgebracht: Die im Bescheid unter Ziffer 3 angeordnete sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO sei formell rechtswidrig und darüber hinaus überwiege das öffentliche Vollzugsinteresse nicht das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage, so dass der Sofortvollzug aufzuheben sei. Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO sei das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Ein solches besonderes Vollzugsinteresse sei im Bescheid nicht dargelegt. Stattdessen werde lediglich auf die „Beeinträchtigungen für die Nachbarn“ verwiesen, wobei es sich aber allenfalls um das Interesse eines Einzelnen handele. Jedenfalls fehle es an der Darlegung eines besonderen, zusätzlichen Vollzugsinteresses, das über das Erlassinteresse hinausgehe. Ein derartiges Interesse könne im Übrigen schon deshalb gar nicht vorhanden sein, da die Ponys derzeit in ihrem regulären Winterquartier seien. Es fehle an den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO, nämlich an einer Anlage in diesem Sinn. Bei dem Aufenthalt der Mini-Ponys handele es sich nicht um eine bauliche Anlage und der temporäre Aufenthalt stelle ebenfalls keine Anlage oder Einrichtung im Sinn des Art. 1 Satz 2 BayBO dar. Von einer „Pferdehaltung“ - wie vom Antragsgegner formuliert - könne nicht die Rede sein, denn die Ponys befänden sich nur temporär dort, würden hier weder gefüttert noch anderweitig gepflegt oder versorgt. Es gebe hier weder Pferdemist noch Heu. Der stundenweise Aufenthalt der drei Ponys auf dem Grundstück der Antragstellerin widerspreche auch nicht dem Gebietscharakter eines reinen Wohngebiets. Denn auch in reinen Wohngebieten seien Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebietes dienten, zulässig.

4. Das Landratsamt Würzburg stellte für den Antragsgegner den Antrag,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde vorgetragen: Die auf § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO gestützte Anordnung der sofortigen Vollziehung sei weder formell noch materiell rechtswidrig. Der in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO aufgestellten Anforderung sei in dem Bescheid vom 11. Oktober 2016 Genüge getan. So sei dort ausgeführt, dass die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse geboten sei. Insbesondere im Hinblick auf die mit der rechtswidrigen Nutzung der Grundstücke verbundenen Beeinträchtigungen der Nachbarn sei ein Zuwarten bis zum Abschluss eines möglichen Rechtsmittelverfahrens nicht vertretbar. Hieraus sei für die Antragstellerin konkret ersichtlich, dass Belange betroffener Nachbarn der widerrechtlichen Nutzung und Errichtung von baulichen Anlagen auf ihren Grundstücken entgegenstünden. Es müsse für den Betroffenen nur erkennbar sein, welche Gründe die Behörde veranlasst hätten, die sofortige Vollziehung anzuordnen. Vorliegend ergebe sich dies zweifelsfrei aus der Begründung. Auch materiell ergäben sich keine Bedenken gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Ein überwiegendes öffentliches Interesse sei u.a. bei Verwaltungsakten gegeben, die sich gegen eine - wie hier -angemaßte Rechtsposition richteten. Eine überschlägige Interessenabwägung ergebe zudem, dass das Vollziehungsinteresse das Aussetzungsinteresse überwiege. Die Klage habe mangels Begründetheit keine Aussicht auf Erfolg. Insbesondere lägen die Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO vor. Anders als die Antragstellervertreterin vortrage, handele es sich bei den in Rede stehenden Grundstücken um Anlagen im Sinne des Art. 76 Satz 2 BayBO. Vorliegend seien die Grundstücke mit einem Elektrozaun eingezäunt; hierbei handele es sich um „andere Anlagen“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Satz 4 BayBO. Zudem befänden sich auf den Grundstücken mehrere Trainings- und Spielgeräte für Kinder und Pferde, die als Einrichtungen im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Satz 4 BayBO zu qualifizieren seien. Die og. Anlagen würden auch im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, weil die streitgegenständliche Pferdehaltung auf den Grundstücken der Antragstellerin planungsrechtlich unzulässig sei. Vorliegend handele es sich entgegen der Auffassung der Antragstellervertreterin durchaus um Pferdehaltung.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der gestellte Antrag auf Aufhebung der sofortigen Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheids des Landratsamts Würzburg vom 11. Oktober 2016 in Ziffer 3 dieses Bescheids hat in der Sache Erfolg.

Denn die Vollziehungsanordnung vom 11. Oktober 2016 genügt nicht dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Vollziehungsanordnung war deshalb aufzuheben, ohne dass es einer ausdrücklichen Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 des Bescheids vom 11. Oktober 2016 bedurft hätte. Im Einzelnen:

1. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO entfällt die grundsätzlich nach § 80 Abs. 1 VwGO bestehende aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage, wenn die Behörde die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders anordnet. Das Gericht kann die aufschiebende Wirkung auf Antrag des Betroffenen wiederherstellen. Bei seiner Entscheidung über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene, originäre Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung aufgrund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei die Interessen des Antragstellers und des Antragsgegners gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens eine besondere Bedeutung zukommt.

Ist wie hier der Sofortvollzug behördlicherseits angeordnet worden, so hat das Gericht allerdings zunächst zu überprüfen, ob die behördliche Begründung dieser Anordnung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt.

Danach hat die Behörde das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Die Begründungspflicht hat eine Warn- und Unterrichtungsfunktion. Die Begründung soll nachvollziehbar machen, warum nach Auffassung der Behörde mit dem Vollzug des Verwaltungsaktes nicht bis zu seiner Bestandskraft bzw. bis zu dem Zeitpunkt zugewartet werden kann, in dem der Verwaltungsakt gemäß § 80b Abs. 1 VwGO kraft Gesetzes vollziehbar wird. Ferner soll die Begründungspflicht der Behörde den Ausnahmecharakter von Entscheidungen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Interesse im Raum steht, das es rechtfertigt, das Prinzip der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen nach § 80 Abs. 1 VwGO zu durchbrechen. Nicht zuletzt soll die Begründungspflicht nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO dem Gericht die Prüfung der Überlegungen der Behörde ermöglichen.

Soll die Begründung diesen Zielsetzungen gerecht werden, muss sie das überwiegende Vollzugsinteresse grundsätzlich anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles nachvollziehbar darlegen. Pauschale, formelhafte und für eine beliebige Vielzahl von Fallgestaltungen anwendbare Formulierungen genügen deshalb den gesetzlichen Anforderungen grundsätzlich nicht (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 80 Rn. 84 f.). Nur wenn diese einzelfallbezogene Abwägung ergibt, dass das öffentliche Vollzugsinteresse, abweichend von der Wertung des Gesetzgebers für den Regelfall, im konkreten Fall überwiegt, kann die Behörde gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung anordnen (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 18.9.2001 - 1 DB 26.01 - juris; Thüringer Oberverwaltungsgericht, B.v. 28.7.2011 - 1 EO 1108/10 - juris). Aus dem Zweck der Begründungspflicht folgt, dass die Behörde die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen darlegen muss, die im konkreten Einzelfall zur Bejahung eines besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO geführt haben (vgl. BayVGH, B.v. 29.9.2003 - 9 CS 03.1815 und vom 15.1.2004 - 13 AS 03.2997 - beide juris).

2. Unter Beachtung der vg. Grundsätze genügt die Begründung in Ziffer II. des angefochtenen Bescheides vom 11. Oktober 2016 den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht, wobei die Kammer nicht verkennt, dass die Begründung gerade der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung durchaus knapp gehalten sein darf (vgl. Simon/Busse, BayBO, Stand Aug. 2016, Art. 76 Rn. 330). Denn die Begründung lässt nicht erkennen, dass sie das Ergebnis einer Abwägung aller im konkreten Fall betroffenen öffentlichen und privaten Interessen ist und welche Gründe für ein Überwiegen des öffentlichen Interesses, d. h. für ein „besonderes“ Vollziehungsinteresse sprechen. So fehlt es schon an jeglicher Gegenüberstellung öffentlicher Interessen und an einer Abwägung mit den privaten Interessen der Antragstellerin. Die privaten Interessen der Antragstellerin werden mit keinem Wort erwähnt. Darüber hinaus erschöpft sich die Begründung der sofortigen Vollziehung in zwei Sätzen, wobei der erste Satz („Einem Rechtsmittel gegen die Ziffer 1 dieses Bescheides war die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zu versagen, da die sofortige Vollziehung dieses Bescheides im öffentlichen Interesse geboten ist“) eine reine Wiederholung des Gesetzeswortlauts darstellt. Der zweite Satz, wonach „insbesondere im Hinblick auf die mit der rechtswidrigen Nutzung der Grundstücke verbundenen Beeinträchtigungen der Nachbarn (…) ein Zuwarten bis zum Abschluss eines möglichen Rechtsmittelverfahrens nicht vertretbar“ sei, besteht lediglich aus einer pauschalen und formelhaften Formulierung. Aus der Sicht der Kammer ist hier mit einer derart vagen Formulierung aber nicht hinreichend dargetan, weshalb die Vollstreckung im öffentlichen Interesse dringlich sein soll, zumal die Zustände auf den Grundstücken der Antragstellerin dem Landratsamt Würzburg seit über vier Jahren bekannt sind und trotz mehrfacher Kontrollen bisher nicht eingeschritten wurde.

3. Weil die Begründung der Behörde zur Vollziehungsanordnung selbst maßgeblich ist, kommt es auf die ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz des Antragsgegners vom 22. November 2016 nicht weiter an. Ohnehin dürfte eine Heilung der unzureichenden Begründung der Vollziehungsanordnung durch spätere Darlegungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht möglich sein. Denn nach umstrittener, aber wohl herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur kann eine fehlende oder unzureichende Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO mit heilender Wirkung nicht nachgeholt werden (vgl. BayVGH, B.v. 29.9.2003 - 9 CS 03.1815 - juris; VGH Baden-Württemberg, B.v. 25.8.1976 - X 1318/76 - NJW 1977, 165; Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 87; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 80 Rn. 249; jeweils mit weiteren Nachweisen). Denn mit dem Schutzzweck des Begründungszwangs nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO aufgrund der Abwägung der gegenseitigen Interessen, dem Erfordernis des Bewusstseins der Sondersituation des konkreten Einzelfalls im Zeitpunkt der Anordnung, ist es nicht vereinbar, eine Heilung der Begründung aufgrund schriftlicher Einlassung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu gestatten (vgl. BayVGH, B.v. 29.9.2003 - 9 CS 03.1815 - juris).

4. Die Anordnung des Sofortvollzugs ist damit mangels hinreichender Begrün-dung i.S. des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO formell rechtswidrig und kann bereits deshalb keinen Bestand haben, ohne dass es darauf ankommt, ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Anordnung besteht. Ob das Gericht bei einem Verstoß gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs wiederherstellt oder die fehlerhafte Vollziehbarkeitsanordnung aufhebt, ist zwar umstritten. Die Kammer schließt sich insoweit der letztgenannten, von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B.v. 23.12.1996 - 26 CS 96.2760 - juris) sowie anderer Oberverwaltungsgerichte (vgl. bspw. VGH Baden-Württemberg, B.v. 17.7.1990 - 10 S 1121/90 und OVG Thüringen; B.v. 28.7.2011 - 1 EO 1108/10; beide juris) und der überwiegend in der Kommentarliteratur (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 93 m.w.N. zur Rspr. und Lit.) vertretenen Auffassung an. Für diese spricht, dass bereits durch die Tenorierung der gerichtlichen Entscheidung zum Ausdruck kommt, dass dem Antrag nur wegen eines formellen Mangels und nicht deswegen stattgegeben wird, weil das Gericht bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen zu einem anderen Ergebnis gekommen ist als die Behörde.

5. Als Unterlegener hat der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen. (3) Ausnahmsweise können zugelassen werden 1. Läden und nicht störende Handwerksbe

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 14 Nebenanlagen; Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen


(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht wide

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(1) Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage endet mit der Unanfechtbarkeit oder, wenn die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist, drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die

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(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage endet mit der Unanfechtbarkeit oder, wenn die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist, drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die abweisende Entscheidung gegebenen Rechtsmittels. Dies gilt auch, wenn die Vollziehung durch die Behörde ausgesetzt oder die aufschiebende Wirkung durch das Gericht wiederhergestellt oder angeordnet worden ist, es sei denn, die Behörde hat die Vollziehung bis zur Unanfechtbarkeit ausgesetzt.

(2) Das Rechtsmittelgericht kann auf Antrag anordnen, daß die aufschiebende Wirkung fortdauert.

(3) § 80 Abs. 5 bis 8 und die §§ 80a und 80c gelten entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.